TE OGH 1986/9/9 2Ob643/86

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Veröffentlicht am 09.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 17. Juni 1985 verstorbenen, zuletzt in 1190 Wien, Flotowgasse 7/4 wohnhaft gewesenen Pensionisten Johann S***, infolge Revisionsrekurses der mj. Elke S***, vertreten durch den Vater Karl S***, Elektriker, 2231 Straßhof, Flugfeldstraße 40, dieser vertreten durch Dr. Walter Keil, öffentlicher Notar, Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 10. Juli 1986, GZ 47 R 414/86-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 10. April 1986, GZ 1 A 411/85-28, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß wieder hergestellt wird.

Text

Begründung:

Der am 17. Juni 1985 verstorbene Johann S*** hatte am 11. Jänner 1977 beim Notar Dr. Walter K*** ein schriftliches Testament errichtet, in welchem er seine Ehefrau als Alleinerbin einsetzte und als deren Ersatzerbin deren Nichte Gerda T*** bestimmte. Am 18. Oktober 1984 errichtete er vor dem genannten Notar ein weiteres schriftliches Testament, in dem er alle früheren letztwilligen Verfügungen ausdrücklich widerrief und als Universalerbin die mj. Elke S*** sowie als Ersatzerbin wiederum Gerda T***, verehelichte E***, berief. Das Testament vom 11. Jänner 1977 hatte er bereits am 19. Juli 1984 vor dem Notar Dr. K*** vernichtet.

Das Erstgericht nahm mit seinem Beschluß ON 9 vom 19. August 1985 die bedingte Erbserklärung der mj. Elke S*** an. Die am 16. Dezember 1985 von Gerda E***, geborene T***, auf Grund des in Fotokopie vorgelegten schriftlichen Testamentes vom 11. Jänner 1977 abgegebene bedingte Erbserklärung wies es mit der Begründung zurück, diese Erbserklärung stützte sich auf einen nicht existenten Erbrechtstitel, sodaß sie keinesfalls zu einer Einantwortung führen könne.

Auf Grund des von Gerda E***, geborene T***, erhobenen Rekurses änderte das Rekursgericht die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß die Erbserklärung der Rekurswerberin zu Gericht angenommen wurde. Zur Begründung führte es aus, im Sinne des § 122 AußStrG sei jede in der vorgeschriebenen Form ausgestellte Erbserklärung vom Gericht anzunehmen, eine Zurückweisung komme nur in Betracht, wenn von vornherein zweifelsfrei feststehe, daß ein Erbrecht des Bewerbers nicht bestehe. Vorliegendenfalls sei es aber, obschon entsprechende Behauptungen fehlten, doch nicht denkunmöglich, daß das Testament vom 18. Oktober 1984 erfolgreich angefochten werde und dadurch der von der Rekurswerberin bezogene Erbrechtstitel zu einer Einantwortung führen könne, zumal die genauen Umstände der Vernichtung dieses Testamentes noch nicht geklärt erschienen. Die erst im Rekurs aufgestellte Behauptung eines weiteren mündlichen Testamentes vom 11. Jänner 1977 könne daher auf sich beruhen.

Im Revisionsrekurs der mj. Elke S*** wird vorgebracht, auf Grund der festgestellten Vernichtung des Testamentes vom 11. Jänner 1977 sei dessen Vorlage im Original unmöglich, woraus sich aber im Sinne des erstgerichtlichen Rechtsstandpunktes ergebe, daß eine auf Grund dieses Testamentes abgegebene Erbserklärung nicht zur Einantwortung führen könne. Es werde daher beantragt, in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß wieder herzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gerechtfertigt.

Nach ständiger Judikatur genügt für die Annahme einer Erbserklärung die Berufung auf eine dem Inhalt und der äußeren Form nach vorschriftsmäßige letzte Willenserklärung. Notwendig ist also der Ausweis eines rein formell und inhaltlich den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Erbrechtstitels (5 Ob 251/75, 7 Ob 687/77, 1 Ob 503/82 u.a.). Eine Zurückweisung der Erbserklärung kommt nur in Betracht, wenn von vornherein zweifelsfrei feststeht, daß das behauptete Erbrecht des Bewerbers nicht besteht, weil das Vorliegen eines gültigen Erbrechtstitels und damit die behauptete Erbeinsetzung mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden kann (5 Ob 254/65, 6 Ob 246/68, 6 Ob 502/80, 1 Ob 846/82 u.a.). Vorliegendenfalls hat Gerda E***, geborene T***, die Fotokopie des Testamentes des Erblassers vom 11. Jänner 1977 vorgelegt, ihre Erbserklärung ausdrücklich auf diesen Titel gestützt und behauptet (AS 66), das Original befinde sich beim Notar Dr. K***. Von diesem Testament steht aber fest, daß es der Erblasser vor dem Notar vernichtet und er in der Folge ein notarielles Testament errichtet hat, in welchem er alle früheren letztwilligen Anordnungen auch ausdrücklich widerrief. Somit kommt die Annahme eines - von Gerda E*** selbst gar nicht behaupteten - zufälligen Unterganges (§ 722 ABGB) des Testamentes vom 11.Jänner 1977 nicht in Frage. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß dieses Testament auf Grund eines vor dem Notar gesetzten Willensaktes des Erblassers nicht mehr existiert. Damit scheidet es nach der konkreten Aktenlage als Erbrechtstitel jedenfalls aus. Dies hat Gerda E*** in ihrem gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs offenbar auch erkannt, denn sie stützt ihre Erbserklärung in diesem nicht mehr, wie in erster Instanz, auf ein schriftliches Testament, sondern behauptet, es handle sich bei dem in Fotokopie vorgelegten Testament vom 11.Jänner 1977 um ein mündliches Testament. Dem ist zu entgegnen, daß das in Fotokopie vorgelegte Testament vom 11.Jänner 1977 im Sinne des § 579 ABGB ein schriftliches Testament darstellt und keinerlei Anhaltspunkte für ein mündliches Testament gemäß § 585 ABGB enthält, somit insbesondere auch die äußere Form eines mündlichen Testamentes fehlt.

Da Gerda E*** ihre Erbserklärung somit auf keinen die formalgesetzlichen Erfordernisse erfüllenden Erbrechtstitel gestützt hat, war in Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung der erstgerichtliche Beschluß auf Zurückweisung ihrer Erbserklärung wieder herzustellen.

Anmerkung

E08978

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00643.86.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19860909_OGH0002_0020OB00643_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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