TE OGH 1986/9/11 7Ob651/86

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Veröffentlicht am 11.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedl, Dr.Wurz und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Brigitte S***, Kindergärtnerin, Graz, Vogelweiderstraße 38, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck u.a., Rechtsanwälte in Graz, wider den Antragsgegner Dipl.Ing. Wilhelm S***, Universitätsassistent, Weiz, Werksweg 28/1/2, wegen §§ 81 ff. EheG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 14.Juli 1986, GZ 1 R 210/86-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 22.April 1986, GZ 31 F 5/86-22, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 26.Juni 1985, 24 Cg 147/85-5, rechtskräftig gemäß § 55 a EheG geschieden. In der der Scheidung zugrundeliegenden Vereinbarung ist unter anderem festgehalten, daß sämtliche Rechte an der bisherigen Ehewohnung - es handelt sich um eine Mietwohnung der B*** im Haus Graz, Vogelweiderstraße 38 - ab sofort auf die Frau übergehen sollen und der Mann verpflichtet ist, alle für diesen Übergang erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Vermieter abzugeben. Gegebenenfalls werde es erforderlich sein, ein gerichtliches Erkenntnis zu erwirken.

Die 85 m 2 große Ehewohnung wurde dem Antragsgegner am 29. Juli 1983 auf Grund seiner Tätigkeit als Universitätsassistent von der B*** als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Der monatliche Gesamtmietzins beträgt derzeit 3.192 S, wovon 1.193,40 S auf den Hauptmietzins (ca. 14 S/m 2 ) und der Rest auf die Heizungskosten entfallen. Der ortsübliche Mietzins für eine derartige Wohnung würde 35 S je m 2 Wohnnutzfläche, daher insgesamt 2.975 S monatlich, betragen.

Die Antragstellerin und der im Jahre 1976 geborene eheliche Sohn Martin benötigen die ehemalige Ehewohnung zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses.

Die B*** hat sich gegen eine Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin mit der Begründung ausgesprochen, es handle sich um eine Dienstwohnung. Außerdem sei zufolge eines zweckgewidmeten äußerst günstigen Kredites ein erheblich verminderter Hauptmietzins zu bezahlen.

Die Vorinstanzen haben nach rechtskräftiger Bejahung der grundsätzlichen Zulässigkeit der Stellung eines Antrages nach den §§ 81 ff EheG den Antrag mit der Begründung abgewiesen, gemäß § 88 Abs. 1 Z 2 EheG könne eine Zuweisung der ehemaligen Ehewohnung an jenen Ehegatten, der nicht Bundesbediensteter ist, nur mit Zustimmung der B*** erfolgen, weil der tatsächlich zu entrichtende Mietzins geringfügig im Sinne der erwähnten Gesetzesbestimmung sei. Der von der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes, das den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt hat, erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Daß es sich bei der vorliegenden Wohnung um eine solche im Sinne des § 88 Abs. 1 EheG handelt, haben die Vorinstanzen richtig erkannt (siehe MietSlg. XXXVI/16, 2 Ob 507/86, 2 Ob 516/86). Dies wird im Revisionsrekurs auch nicht bestritten.

Bei einer Wohnung im Sinne des § 88 Abs. 1 EheG darf das Gericht eine Anordnung hinsichtlich der Benützung der Wohnung nur mit Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers treffen, wenn die Wohnung unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt wird. Entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin versteht die Bestimmung des § 88 Abs. 1 Z 2 EheG unter einem "bloß geringfügigen Entgelt" nicht nur ein solches, das absolut geringfügig ist, also nahezu kein echtes Entgelt darstellt, sondern, wie der Zusatz "wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegend" dartut, ein Entgelt, das wesentlich vom ortsüblichen Entgelt, das für Wohnungen vergleichbarer Größe und Qualität bezahlt wird, abweicht (siehe die genannten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes). Die gegenteilige Rechtsansicht der Antragstellerin übersieht, daß der sprachliche Aufbau der fraglichen Gesetzesbestimmung nicht zwei alternative Tatbestände nennt, sondern daß die Worte "wesentlich unter dem ortsüblichen Maß" nur eine nähere Umschreibung dessen darstellen, was der Gesetzgeber unter einem bloß geringfügigen Entgelt verstanden hat. Eine andere Auslegung wäre nur möglich, wenn anstelle des Beistriches zwischen "geringfügiges" und "wesentlich" das Wort "oder" stünde. Auch der Sinn der Gesetzesbestimmung spricht für eine Gegenüberstellung des tatsächlich geforderten Entgeltes und des ortsüblichen. Dem § 88 Abs. 1 Z 2 EheG liegt nämlich die Erwägung zugrunde, daß das Band zwischen dem Dienstverhältnis und der Benützung der Wohnung in der Regel dann besonders eng ist, wenn der Dienstgeber die Wohnung unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges Entgelt zur Verfügung stellt (siehe Bericht des Justizausschusses XIV. GP 916 BlgNR). Daraus kann geschlossen werden, daß beim Fehlen jeglichen echten Entgeltes die Bindung eine besonders enge ist, daß aber auch bei Vereinbarung eines im Vergleich zum ortsüblichen Zins geringen Entgeltes noch immer eine für die Beurteilung des Zustimmungsrechtes des Dienstgebers ausreichend starke Bindung vorliegt. Richtig ist also diese Bestimmung dahin auszulegen, daß ein bloß geringfügiges Entgelt ein solches ist, das im Verhältnis zum ortsüblichen wesentlich geringer ist (Pichler in Rummel, Rdz 5 zu §§ 87, 88 EheG).

Richtig haben die Vorinstanzen auch erkannt, daß im Falle des § 88 Abs. 1 EheG die Zuweisung der Wohnung an jenen Ehegatten, für den die Voraussetzungen der Überlassung der Wohnung durch den Wohnungsgeber nicht vorliegen, nur mit Zustimmung des Wohnungsgebers möglich ist. Dies zeigt schon der Wortlaut der Bestimmung "so darf das Gericht eine Anordnung nur mit Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers treffen". § 88 Abs. 2 EheG hat nur Fälle im Auge, in denen der Wohnungsgeber nicht durch § 88 Abs. 1 EheG berechtigt seine Zustimmung zur Zuweisung der Wohnung verweigert hat. Gegenteiliges wird auch im Revisionsrekurs nicht behauptet.

Anmerkung

E09056

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00651.86.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19860911_OGH0002_0070OB00651_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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