TE OGH 1986/9/16 5Ob571/85

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Veröffentlicht am 16.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***

Vertriebs-GesmbH & Co KG, Linz, Sinzendorferstraße 9, vertreten durch Dr. Erich Wöhrle, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Peter E***, Inhaber einer Bauspenglerei, Linz, Löwenzahnweg 7, vertreten durch Dr. Otto Haselauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 95.955,44 s.A. infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8. März 1985, GZ 13 R 139/85-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 18.Oktober 1984, GZ 10 C 1205/83-25, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

In Stattgebung der Revision der klagenden Partei wird das erstgerichtliche Endurteil wiederhergestellt; soweit die Revision darüber hinausgeht, wird sie zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.301,95 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 228,- an Barauslagen und S 279,45 an Umsatzsteuer) und die mit S 4.597,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.200,- an Barauslagen und S 308,85 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten für zwischen November 1979 und März 1980 gelieferte Waren einen Betrag von S 95.955,44 samt stufenweisen Zinsen (ON 1 und AS 13 f).

Der Beklagte bemängelte die Zinsenforderung wegen Nichtberücksichtigung des ihm eingeräumten Zahlungszieles von 30 Tagen und wendete eine Gegenforderung von S 127.575,50 aufrechnungsweise bis zur Höhe der Klageforderung ein. Die Gegenforderung begründete er zusammengefaßt wie folgt (AS 11 f, 62 ff, 65, 77 f):

Im Frühjahr 1978 habe ihm die Klägerin eine Kunstkautschukplane geliefert, die er zur Isolierung des Daches einer Tiefgarage benötigt habe. Diese Plane sei infolge winzig kleiner Perforationen wasserdurchlässig gewesen, welchen Mangel er sofort nach dessen Bekanntwerden gegenüber der Klägerin gerügt habe. Über Verlangen seines Auftraggebers habe er die mangelhafte Plane teilweise entfernen und durch eine neue ersetzen müssen. Dadurch seien ihm Kosten in der Höhe von S 127.575,50 entstanden, die er der Klägerin zunächst mündlich und sodann mit Rechnung vom 25.3.1980 schriftlich bekanntgegeben habe. Die Haftung der Klägerin für diese Mangelfolgeschäden werde auf den Titel des Schadenersatzes sowie auf jeden anderen möglichen Rechtsgrund gestützt; insbesondere werde auf die Produkthaftpflicht verwiesen. Die Klägerin sei Produzentin. Sie verarbeite das vom Erzeuger aus der Bundesrepublik Deutschland in Rollen gelieferte Material durch Vulkanisieren zu Planen verschiedener Größe. Dabei seien offenbar Schäden entstanden. Jedenfalls hätte die Klägerin das gelieferte Material als Bearbeiterin auf dessen Mängelfreiheit überprüfen müssen. Bei entsprechender Prüfung hätte die Klägerin erkennen können, daß es nicht einwandfrei sei und Perforationen aufweise. Die Klägerin treffe ein Fahrlässigkeitsverschulden.

Die Klägerin bestritt die Gegenforderung. Sie sei nicht Produzentin; die Bearbeitung des vom Erzeuger aus der Bundesrepublik Deutschland in Rollen gelieferten Materials durch sie sei nur geringfügig gewesen. Die dem Material anhaftenden Herstellungsmängel hätten erst durch die im gegenständlichen Verfahren durchgeführte elektronenmikroskopische Untersuchung festgestellt werden können. Eine derart weitgehende Prüfungspflicht habe sie nicht getroffen. Im übrigen wäre auch der Beklagte als Fachmann zur Überprüfung der Mängelfreiheit des von ihm verwendeten Materials verpflichtet gewesen.

Der Beklagte entgegnete, daß er als Verleger der von der Klägerin gelieferten Planen nach der Verkehrsübung nicht zu einer derart eingehenden Untersuchung verpflichtet gewesen sei, um die vorhandenen winzigen Perforationen erkennen zu können. Mit Teilurteil vom 29.8.1980 verurteilte das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung des Betrages von S 95.955,44. Die Entscheidung über das Zinsenbegehren (und die Gegenforderung) behielt es dem Endurteil vor.

Mit Endurteil vom 18.10.1984 sprach das Erstgericht unter Abweisung des auf die Nichtberücksichtigung eines 30-tägigen Zahlungsziels zurückzuführenden Zinsenmehrbegehrens aus, daß die Klageforderung auch mit dem stufenweisen Zinsenbegehren zu Recht, die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung aber (bis zur Höhe der Klageforderung) nicht zu Recht bestehe. Es verurteilte den Beklagten daher auch zur Zahlung des zu Recht bestehenden stufenweisen Zinsenbegehrens. Es wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Im Frühjahr 1978 nahm der Beklagte beim Bauvorhaben Linz,

Klausenbachstraße der G*** W***- UND

S*** B*** Wohnstätte eine Dachisolierung

vor. Hiezu verwendete er eine SG-tan-Kunstkautschukplane, die von der Klägerin geliefert wurde. Produzentin dieser Plane war die S***-Gummi-Werke GmbH in Wadern-Büschfeld in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Klägerin lieferte die bestellte Plane auf der Baustelle ab. Dort wurde sie von den Leuten des Beklagten verlegt. Vor der Verlegung konnten diese Leute keinerlei Fehler feststellen. Auch von einem Techniker des Bauherrn wurden keine Fehler festgestellt. Die Plane wurde als Dachisolierung eines Flachdaches über einer Garage aufgelegt. An den Sockeln der Lichtkuppeln sowie an den Anschlüssen und Fundamenten der Blumentröge wurde sie hochgezogen und abisoliert. Auch an den Stoßstellen wurde die Plane ausreichend isoliert. Während der Verlegearbeiten und bis zum Anbringen der Wärmeisolierung wurde die Plane sowohl von Arbeitern des Beklagten als auch von anderen dort tätigen Handwerkern betreten. Über die Wärmeisolierplatten wurden dann Waschbetonplatten verlegt. Die Blumentröge wurden mit einem Kran auf ihre Fundamente gestellt. Kurze Zeit danach wurde der Beklagte vom Bauherrn über Wassereintritte informiert. Zuerst wartete man noch zu, weil man eine Baufeuchtigkeit vermutete. Als aber während des ganzen Jahres 1978 weiter Wasser in die Garage eindrang, wurde noch im Jahre 1978 die Klägerin hievon verständigt. Dann wurde das Dach teilweise wieder geöffnet. Der Beklagte und Ing. W***, ein Angestellter der Klägerin, besichtigten die Plane, stellten aber keine sichtbaren Schäden fest. Zur Vorsicht wurde an jenen Stellen, wo die Planen überlappten, zusätzlich mit Nahtpaste isoliert. Dennoch trat weiterhin Wasser ein.Diesmal wurde das Dach zur Gänze geöffnet. Nach Abwaschen der Plane konnte man bei genauestem Ansehen und Befühlen feststellen, daß über die ganze Fläche unregelmäßig verteilt winzige Löcher vorhanden waren. Diese Löcher waren mit freiem Auge kaum erkennbar. Beim Glattstreichen der Folie mit der Hand quoll die darunter befindliche Feuchtigkeit durch die Löcher. Es wurden einige Proben der Plane entnommen und an das Erzeugerwerk zur labortechnischen Überprüfung eingeschickt. Die S***-Gummi-Werke gelangten zur Ansicht, daß die Wassereintritte durch mechanische Schäden an der Plane verursacht worden wären.

Wegen der guten Geschäftsbeziehung wurde zwischen den Parteien vereinbart, daß die Klägerin kostenlos eine neue Plane in der Größe zur Verfügung stellt, die ausreicht, um auf den von den Arbeitern begangenen Teilen des Flachdaches die Plane neu zu verlegen. Der Beklagte sollte die Kosten der Abnahme der alten und der Verlegung der neuen Plane selber tragen. Die gesamte Plane wurde deswegen nicht ausgewechselt, weil man die Beschädigungen für mechanische hielt, die nur dort aufgetreten sein konnten, wo Arbeiter die Plane betreten haben. Im September 1979 wurde die neue Plane mit besonderer Sorgfalt verlegt. Trotzdem trat wieder Wasser ein; der Bauherr verlangte eine rasche Lösung. Der Beklagte entfernte daher die gesamte Folie und isolierte das Dach mit Bitumen. Seither ist das Dach dicht.

Die verlegte Plane wies über die ganze Fläche verteilt zwei Arten von Löchern auf. Auf Grund eines Produktionsfehlers gab es winzige, nur mit dem Elektronenmikroskop erkennbare Löcher. Zum andern war die Plane mechanisch beschädigt, vermutlich dadurch, daß auf der verlegten Plane gearbeitet wurde, z.B. Gerüststeher oder Arbeitstische aufgestellt, Gasflaschen bewegt wurden usw. Beschädigungen der Plane vor, bei und nach dem Verlegen scheinen sehr wahrscheinlich.

Mechanische Beschädigungen bei der Verarbeitung durch die Klägerin sind äußerst unwahrscheinlich. Die S***-Gummi-Werke GmbH, ein renommiertes Unternehmen, liefern die Plane frei Grenze. Die Plane ist gerollt, jeder Ballen PVC-verpackt. Je vier Rollen stehen auf einer Palette und sind mit einer Schrumpffolie wiederum verpackt. Bei der Klägerin werden die Planen auf einem 22 m langen und 1,50 m breiten metallenen Arbeitstisch ausgezogen. Zwei Planen werden übereinandergelegt, überlappt und zusammengeschweißt. Das geschieht im Hot-Ponding-Verfahren, das ist ein Vulkanisieren durch Erwärmung und Druck. Danach werden die Planen zusammengefaltet und die einzelnen Packen auf einer Palette zu den Baustellen transportiert. Auf der Baustelle wurde die Plane von den Leuten des Beklagten übernommen und verlegt. Daß die Beschädigungen bei der Klägerin geschehen sind, kann zwar nicht 100 %-ig ausgeschlossen werden, ist aber mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht der Fall. Die Gegenforderung des Beklagten über S 127.575,50 rührt daher, daß der Beklagte Aufwendungen zur Sanierung des Daches in dieser Höhe machte, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Plane undicht war. Im einzelnen handelt es sich um folgendes:

Abtragen der Waschbetonplatten         S  24.160,--

Abtragen der Wärmedämmung              S   6.040,--

Reinigen der beschädigten Plane

und Verlegung der als Ersatz neu

gelieferten Plane                      S  12.600,--

Wiederanbringen der Wärmedämmung       S   6.040,--

Neuverlegung der Waschbetonplatten     S  42.280,--

Neubeistellung von durch das Abtragen

beschädigten Roof-Mate-Platten         S   7.595,--

40 Regiestunden für laufende

Besichtigungen und Reparaturversuche   S   9.400,--

                                   S 108.115,--

zuzüglich 18 % Umsatzsteuer            S  19.460,--

                                   S 127.575,50.

Die vorgenannten Beträge sind angemessen und waren zur Sanierung erforderlich.

Eine Prüfung der von den S***-Gummi-Werken gelieferten Planen durch die Klägerin hat nur insoweit stattgefunden, als die Planen bei der Verarbeitung angeschaut wurden. Eine nähere Überprüfung, bei der die Produktionsfehler erkannt worden wären, fand nicht statt. Eine solche wäre auch mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln nur schwer denkbar. Eine ordentliche Firma, die fachgerecht arbeitet, hätte die produktionsbedingten Löcher in der Plane nicht entdeckt. Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Mit seiner Gegenforderung mache der Beklagte einen Mangelfolgeschaden geltend, dessen Ersatz er nur bei Verschulden der Klägerin begehren könne. Der Produktionsfehler sei von der Klägerin nicht verursacht worden. Mit wirtschaftlich sinnvollen Mitteln habe sie die gelieferten Planen auch nicht auf Dichtheit überprüfen können. Eine Prüfpflicht der Klägerin müsse als wirtschaftlich untunlich und unüblich verneint werden. Mechanische Beschädigungen könnten bei der Klägerin praktisch ausgeschlossen werden. Die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung bestehe daher nicht zu Recht. Wegen eines im Wirtschaftsleben üblichen Zahlungszieles von 30 Tagen habe nur ein Teil des Zinsenbegehrens bezüglich der schon mit Teilurteil rechtskräftig erledigten Klageforderung zugesprochen werden können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte den erstgerichtlichen Ausspruch über das Zurechtbestehen des Zinsenbegehrens (Punkt 1 lit.a), sprach aus, inwieweit das Zinsenbegehren der Klägerin nicht zu Recht bestehe (Punkt 1 lit.b), änderte die erstgerichtliche Entscheidung teilweise dahin ab, daß sie zu lauten habe: "2.) Die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung besteht mit S 63.787,75 zu Recht und darüber hinaus bis zur Höhe der als zu Recht bestehend erkannten Klageforderung nicht zu Recht. 3.) Der Anspruch der klagenden Partei aus dem Teilurteil des BG Linz vom 29.8.1980 ist sohin hinsichtlich eines Teilbetrages von S 61.728,12 durch Aufrechnung erloschen, bleibt aber im übrigen hinsichtlich eines Teilbetrages von S 34.227,32 aufrecht. Der Beklagte ist ferner schuldig, der klagenden Partei 12 % Zinsen aus S 3.293,62 seit 27.3.1980, aus S 24.357,56 seit 29.3.1980, aus S 3.953,-- seit 20.4.1980 und aus S 2.623,14 seit 27.4.1980 samt 18 % Ust. aus den Zinsen binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen", wies das Zinsenzahlungsmehrbegehren der Klägerin ab (Punkt 4) und erklärte die Revision gemäß § 502 Abs.4 Z 1 ZPO für zulässig. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte zur Rechtsrüge des Beklagten aus:

Dem Beklagten sei der Nachweis eines der Höhe nach unbekämpften Mangelfolgeschadens gelungen. Bedingt durch die Produktionsmängel sei die von der Klägerin dem Beklagten gelieferte Sache mangelhaft gewesen. Die Lieferung einer mangelhaften Sache sei für einen Mangelfolgeschaden adäquat (typische Folge). Der Sanierungsaufwand (Arbeitskosten usw.) sei durch die Wasserdurchlässigkeit der Plane verursacht worden. Diese Wasserdurchlässigkeit habe ihre Ursache in einem Produktionsfehler und in den dem Beklagten zuzurechnenden mechanischen Beschädigungen der Plane gehabt. Diese mehreren Schadensursachen hätten gleichzeitig gewirkt. Das sei einer kumulativen Kausalität vergleichbar, bei deren Vorliegen mehrere Schädiger solidarisch hafteten.

Ganz allgemein hätten Vertragspartner ihre Erfüllungshandlungen so vorzunehmen, daß der andere Teil nicht an seinen Gütern geschädigt werde. Der Schuldner handle pflichtwidrig, wenn er die Leistung mangelhaft erbringe und dadurch sonstige Güter des Gläubigers schädige (positive Vertragsverletzung). Der Vertragspartner hafte dann auch für die Folgeschäden nach Vertragsgrundsätzen, sofern dem anderen nicht ein Mitverschulden zur Last falle.

Die Rechtsprechung gehe von Kontrollpflichten aus, wobei an den Fachhändler strengere Anforderungen zu stellen seien, diese aber nicht überspannt werden dürften. An einen Vertragshändler ausländischer Produkte (an den Repräsentanten der Erzeugerfirma) würden besonders strenge Anforderungen gestellt. Ein Fachhändler habe auch dem Fachmann erkennbare Gefahren mitzuteilen. Besitze er die erforderlichen Kenntnisse nicht, so habe er sich diese anzueignen. Bydlinski meine nun in Klang 2 IV/2, 174, daß der Händler auf die Beschaffenheit der Ware in der Regel gar keinen Einfluß zu nehmen pflege und daher seine Kontrollmöglichkeiten begrenzt seien oder sogar (bei original verpackter Ware) praktisch ganz fehlten; nach dem ganz typischen Ablauf der wirtschaftlichen Austauschvorgänge müsse sich der Händler auf die Ungefährlichkeit und Fehlerfreiheit der von ihm bezogenen Sachen ebenso verlassen können wie der Konsument.

Im vorliegenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, daß die Klägerin die vom deutschen Hersteller auf Rollen gelieferten Planen nicht bloß weiterverkauft, sondern durch Zusammenschweißen zu größeren Flächen verarbeitet habe. Ob zwischen den Prozeßparteien ein Kauf- oder Werkvertrag, bzw. Werklieferungsvertrag vorliege, könne dahingestellt bleiben, weil § 1167 letzter Satz ABGB ohnehin auf § 932 ABGB verweise, nach dessen Abs.1 letzter Satz der Ersatz eines Mangelfolgeschadens auf jeden Fall begehrt werden könne. Die den Wünschen des Bestellers entsprechende Verarbeitung durch die Klägerin erfordere es aber, daß sie das Produkt einer Überprüfung zuführe, und zwar vor der Verarbeitung auf die Tauglichkeit des Materials und nach der Verarbeitung auf den Erfolg der eigenen Leistung.

Sowohl die S***-Gummi-Werke GmbH in der Bundesrepublik Deutschland als auch die Klägerin seien Kaufleute iS des § 6 HGB, so daß auf deren Vertragsbeziehung § 377 HGB mit der Verpflichtung der Klägerin, wahrnehmbare Mängel sofort zu rügen, anwendbar erscheine. Nun sei bei der Klägerin nur eine oberflächliche Betrachtung der zu verarbeitenden Planen, nicht jedoch eine weitere Untersuchung vorgenommen worden. Vergleichbar mit dieser Untersuchungspflicht seien die Prüf- und Warnpflichten des Unternehmers gemäß § 1168 a ABGB, wenn dem Unternehmer der Stoff vom Besteller zur Verfügung gestellt worden sei. Für den Sorgfaltsmaßstab sei § 1299 ABGB maßgebend, wobei der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe heranzuziehen sei. Ein einem Fabrikationsbetrieb zur Verfügung stehendes Prüflabor werde nicht zu fordern sein. Allerdings werde eine dem Material (Massenware) gemäße äußerliche Probe - wie Besehen, Befühlen und andere leicht vorzunehmende

Untersuchungen - vorzunehmen sein.

Das Erstgericht habe festgestellt, daß eine nähere Überprüfung, bei welcher die Produktionsfehler erkannt worden wären, mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln nur schwer denkbar sei. Eine ordentliche Firma, die fachgerecht arbeite, hätte die produktionsbedingten Löcher in der Plane nicht entdeckt. Diese Feststellungen könnten nur im Zusammenhang mit dem Sachverständigengutachten dahingehend verstanden werden, daß das Erstgericht von optischen Untersuchungen, bzw. der vom Sachverständigen in seinem mündlichen Gutachten vom 6.6.1984 genannten Wasserprobe ausgegangen sei.

Nun sei zu beachten, daß eben bloß eine Stichprobe erforderlich gewesen wäre, um die ohnedies über die gesamte Fläche verstreuten produktionsbedingten Löcher festzustellen. Die Planen müßten bei der Klägerin ohnedies von den Rollen abgerollt und auf längeren Arbeitstischen ausgezogen werden. Da anläßlich des Entfernens der mangelhaften Plane beim Glattstreichen mit der Hand die darunter befindliche Feuchtigkeit durch die Löcher gequollen sei, also zunächst schon die Schwerkraft ausgereicht haben müsse, das Wasser durch die flach verlegte Plane durchtreten zu lassen, und dann geringe Kräfte genügt hätten, das Wasser durch diese Löcher wieder nach oben steigen zu lassen, hätte schon das Aufspannen einer geringen Planenfläche auf einem Rahmen und das Einfüllen von Wasser auf die durch die Schwerkraft sich in der Mitte nach unten senkende Planenfläche offenkundig ausgereicht, um die Plane auf Wasserdichtheit zu überprüfen, bzw. im vorliegenden Fall das Durchsickern von Wasser durch die kleinen Öffnungen festzustellen. Wenn diese einfache Prüfmethode für die Klägerin trotz der Möglichkeit der Verwendung eines glatten Rahmens und der Heranziehung eines Randstückes der Plane nicht ohne Gefahr einer mechanischen Beschädigung der Plane durchführbar gewesen sein sollte, so hätte sie vorsorglich beim Hersteller eine kleinere Probefläche zusätzlich zu dieser Lieferung bestellen müssen, was ebenfalls angesichts der verarbeiteten Menge durchaus zumutbar erscheine.

Geschuldet sei auf Grund des erkennbaren Vertragszweckes eine wasserdichte Plane gewesen. Wenn nicht schon die ohne Hilfsmittel vorgenommene optische Überprüfung der Ware Mängel ergeben habe, habe die Klägerin daher diese einfache, billige und die Wasserdichtheit der Probefläche unter normalen Umständen ergebende Probe durchführen müssen. Die Unterlassung einer derartigen Untersuchung durch die Klägerin, die nicht bloß reine Händlerin gewesen sei, ergebe jedenfalls die Rechtswidrigkeit der Vorgangsweise der Klägerin. Da die Klägerin ihre Erfüllungshandlungen so vorgenommen habe, daß der Beklagte in seinen Gütern geschädigt worden sei, also eine positive Vertragsverletzung vorliege, trete gemäß § 1298 ABGB bezüglich des Verschuldens eine Beweislastumkehr ein. Die Klägerin hätte sich durch den Nachweis der Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt von der Haftung befreien können. Für diesen Freibeweis sei hier allerdings die Einhaltung der von § 1299 ABGB geforderten objektiven Sorgfalt heranzuziehen. Im vorliegenden Fall sei der Klägerin dieser Entlastungsbeweis schon deshalb nicht gelungen, weil sie die vorgenannte, einfach und billig durchzuführende Überprüfung eines Planenstückes auf Wasserdichtheit nicht vorgenommen habe. Wegen dieser rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung der Überprüfungspflicht hafte also die Klägerin dem Beklagten grundsätzlich für den Mangelfolgeschaden.

Zu berücksichtigen sei allerdings, daß die Klägerin im Verfahren erster Instanz vorgebracht habe, der Beklagte sei selbst Fachmann, auch er hätte die vorhandenen angeblichen mechanischen Beschädigungen erkennen müssen. Dies stelle den Einwand eines Mitverschuldens dar. Das Mitverschulden des Geschädigten an der Herbeiführung seines eigenen Schadens setze iS des § 1304 ABGB nicht die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens, sondern nur die Sorglosigkeit gegenüber eigenen Gütern voraus.

Auch für den Beklagten habe es, vom Zweck der Verlegung dieser Kunstkautschukplane her betrachtet, darauf ankommen müssen, daß damit eine absolut dichte Flachdachabdeckung erzielt werde. Von seinen Gehilfen sei nur eine optische Überprüfung durchgeführt worden. Nun sei es einleuchtend, daß bei einem elastischen Material wie im vorliegenden Fall kleine Löcher kaum oder gar nicht ohne optische Hilfsmittel zu entdecken seien, also eine andere Prüfmethode anzuwenden sein werde. Auch für den Beklagten, der nicht im Handelsregister eingetragen, sondern als Bauhandwerker zu betrachten sei, für den auch zufolge der Verbindung der Plane mit dem Gebäude die §§ 377, 381 Abs.2 HGB nicht anzuwenden seien, der aber als Fachmann mit solchen Materialien vertraut sein müsse, wäre die obgenannte einfache und billige Überprüfung auf Wasserdichtheit leicht durchführbar gewesen. Hinzu komme, daß die Gehilfen des Beklagten so sorglos gearbeitet hätten, daß letztlich die dem Beklagten zuzurechnenden mechanischen Beschädigungen verursacht worden seien, die wiederum Mitursache für die Wasserdurchlässigkeit der Plane und damit für die Sanierungskosten gewesen seien. Berücksichtige man dieses Verhalten bzw. Unterlassen beider Parteien, so erscheine gemäß § 1304 ABGB eine Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1 angemessen. Die Gegenforderung bestehe demnach mit der Hälfte des aufrechnungsweise eingewendeten Betrages zu Recht. Diese Schadenersatzforderung sei mit dem Zugang der sie erstmals beziffernden Rechnung am 27.3.1980 fällig geworden, so daß vorher fällig gewordenes Kapital der Klageforderung sowie vorher aufgelaufene Zinsen aus der Klageforderung durch Aufrechnung getilgt seien und später fällig gewordene Kapitalsforderungen sofort mit Fälligkeit durch diese Aufrechnung als aufgehoben anzusehen seien (Rückwirkung der Aufrechnung). Die Anrechnung der Gegenforderung auf die einzelnen, die Klageforderung zusammensetzenden Posten richte sich nach § 1416 ABGB.

Die Revision sei gemäß § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zuzulassen gewesen, weil die vorliegende Entscheidung von der Lösung von erheblichen Rechtsfragen abhänge. Während einerseits beim bloßen Händler im Regelfall ganz geringe Prüfpflichten angenommen würden, werde im Falle des § 1168 a ABGB eine relativ strenge Prüf- und Warnpflicht des Unternehmers angenommen. Von wesentlicher Bedeutung sei die Frage, welchen Umfang diese Pflichten bei einem die Ware in mehr oder minder großem Umfang be- bzw. verarbeitenden Händler annähmen. Andererseits, und damit korrespondierend, habe sich die weitere wesentliche Rechtsfrage gestellt, inwieweit den eine solche Ware abnehmenden Bauhandwerker eine ähnliche Überprüfungspflicht treffe. Gegen den Punkt 1 lit.a, den Punkt 2 insoweit, als nicht die gesamte eingewendete Gegenforderung als zu Recht bestehend erklärt wurde, den Punkt 3 insoweit, als nicht ausgesprochen wurde, daß der Anspruch der Klägerin aus dem Teilurteil vom 29.8.1980 zur Gänze durch Aufrechnung erloschen sei, und eine Verurteilung zur Zahlung von Zinsen erfolgte, und den Punkt 5 (Kostenentscheidung) des Berufungsurteils richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die geltend gemachte Zinsenforderung der Klägerin als nicht zu Recht bestehend, hingegen die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung bis zur Höhe der Klageforderung als zu Recht bestehend erkannt und ausgesprochen werde, daß der Anspruch der Klägerin aus dem Teilurteil zur Gänze durch Aufrechnung erloschen sei.

Gegen den Punkt 1 lit.b, den Punkt 2 (offenbar insoweit, als die eingewendete Gegenforderung zum Teil als zu Recht bestehend erklärt wurde), den Punkt 3 mit Ausnahme des Ausspruches, daß das Teilurteil hinsichtlich eines Teilbetrages von S 34.227,32 aufrecht bleibe (und offenbar der darin enthaltenen Verurteilung zur Zahlung von Zinsen), und die Punkte 4 und 5 des Berufungsurteils richtet sich die auf die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß auch die unter Punkt 1 lit.b angeführte Zinsenforderung als zu Recht, hingegen der unter Punkt 2 genannte Teilbetrag der Gegenforderung von S 63.787,75 als nicht zu Recht bestehend erkannt werde, daß ausgesprochen werde, der Anspruch der Klägerin aus dem Teilurteil sei auch hinsichtlich eines Teilbetrages von S 61.728,12 nicht durch Aufrechnung erloschen, sowie daß der Klägerin auch das in Punkt 4 abgewiesene Zinsenmehrbegehren unter Ersatz der gesamten Kosten aller Verfahrnsabschnitte zuerkannt werde.

Beide Parteien beantragen, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

1.) Zur Revision des Beklagten:

Rechtliche Beurteilung

Da sich die Revision des Beklagten gegen den bestätigenden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung richtet, hinsichtlich dessen der für die Revisionszulässigkeit maßgebliche Streitwert (§ 502 Abs.3 ZPO) S 60.000,-- nicht übersteigt - der Beklagte selbst gibt den Revisionsstreitwert zutreffend mit S 34.227,32 s.A. an - , war diese Revision als unzulässig zurückzuweisen. Der Antrag der Klägerin auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung war abzuweisen, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat.

2.) Zur Revision der Klägerin:

Die Revision der Klägerin war insoweit wegen eingetretener Teilrechtskraft zurückzuweisen, als die Klägerin mehr als die Wiederherstellung des von ihr unangefochten gelassenen erstgerichtlichen Endurteils begehrt. Im übrigen war der Revision im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Endurteils stattzugeben.

Soweit die unter dem Gesichtspunkt des § 503 Abs.1 Z 3 ZPO erstatteten Revisionsausführungen den Tatsachenbereich betreffen, ist auf sie nicht einzugehen, weil der Oberste Gerichtshof im Zulassungsbereich nur (iS des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO erhebliche) Rechtsfragen zu prüfen hat. Zu der in der Revision unter beiden angerufenen Revisionsgründen aufgeworfenen erheblichen Rechtsfrage, ob die Klägerin ihre Prüfungspflicht rechtswidrig und schuldhaft verletzt habe, ist wie folgt Stellung zu nehmen:

In SZ 52/74 wurde unter Hinweis auf die einschlägige Lehre ausgesprochen, daß der Händler dem Käufer gegenüber nur für die Erfüllung der ihn selbst treffenden Pflichten (Auswahl eines geeigneten Erzeugers, einwandfreie Lagerung der Ware, Hinweis auf Gefahren, ordnungsgemäße Verpackung) einzustehen hat. Da der Händler nach dem Inhalt des Kaufvertrages nicht zur Herstellung der Kaufsache verpflichtet ist, haftet er nicht für jedes Verschulden des Produzenten. Der Erzeuger ist nicht der Erfüllungsgehilfe des Händlers. Den Händler trifft hinsichtlich der Qualität der Ware wohl eine gewisse Prüfungspflicht, wobei auch an einen Fachhändler entsprechend strengere Anforderungen gestellt werden müssen. Der Käufer kann aber vom Händler regelmäßig nicht erwarten, daß dieser eine eigene kostspielige technische Kontrolle der Kaufsache vornimmt. Auch in SZ 54/13 wurde unter Berufung auf Lehre und Rechtsprechung betont, daß dem Verkäufer, der die Kaufsache nicht selbst hergestellt hat, eine Verletzung der Sorgfaltspflicht nicht bei der Fabrikation, sondern nur bei der Kontrolle der gehandelten Ware oder bei der nötigen Aufklärung des Käufers unterlaufen sein kann. Das Ausmaß der einem Händler obliegenden Sorgfaltspflicht ist unter Anlegung des durch den Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe und durch die Erwartungen des Verkehrs bestimmten objektiven Sorgfaltsmaßstabes des § 1299 ABGB nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen; es darf nicht überspannt werden. Im allgemeinen kann der Käufer nicht erwarten, daß der Händler eigene kostpielige Versuche zur Prüfung der Tauglichkeit der Ware bei gewissen Verwendungen vornimmt. Der Händler muß sich insoweit regelmäßig auf die ihm vom Produzenten gegebenen Hinweise verlassen können, sofern er nicht auf Grund ihm bereits bekannt gewordener Schadensfälle Zweifel an deren Richtigkeit haben muß. In SZ 54/116 wurde gleichfalls die Auffassung, der Händler hafte uneingeschränkt für die durch ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten des Produzenten verursachten Mangelfolgeschäden, weil dieser als Erfüllungsgehilfe des Händlers anzusehen sei, abgelehnt, und ebenso wie in SZ 54/13 ausgeführt, daß der Händler dem Käufer bloß für die Erfüllung der ihn als solchen treffenden - nicht zu überspannenden - Kontroll- und Aufklärungspflichten nach dem Maßstab des § 1299 ABGB hafte. Es wäre wirtschaftlich sinnlos, wenn nicht nur der Fabrikationsbetrieb, sondern jeder einzelne (Zwischen-)Händler kostspielige Maßnahmen zur Kontrolle der Produkte treffen müßte. Der Händler müsse sich insoweit regelmäßig auf die ihm vom Produzenten gegebenen Hinweise verlassen können, sofern er nicht auf Grund der ihm bereits bekannt gewordenen Schadensfälle Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Produzenten haben muß. Die engen Grenzen und die geringe Intensität der eigenen Kontrollpflicht des Händlers werden insbesondere von Bydlinski in Klang 2 IV/2, 175 und 180 sowie von Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 II 91 hervorgehoben (vgl. auch Posch, Produzentenhaftung in Österreich, 81 ff). Strengere Anforderungen sind diesbezüglich an den Vertragshändler (Repräsentanten) eines (ausländischen) Produzenten zu stellen (SZ 54/13).

Anders sind die Kontroll- und Warnpflichten zu beurteilen, wenn der Lieferant einer Sache gegenüber dem Kunden auch als Produzent auftritt. In einem solchen Fall sind die von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Produzentenhaftung anwendbar. Der Oberste Gerichtshof hat in SV 1980, 13 - insbesondere gestützt auf SZ 49/14 mwN - dargelegt, daß Produzent im Sinne dieser Grundsätze derjenige ist, der im Zusammenhang mit der gelieferten Ware dem Kunden gegenüber als solcher bezeichnet wird. Ihm wird das Vertrauen des Kunden in die Mängelfreiheit der gelieferten Sache entgegengebracht, das zur Grundlage des Schutzpflichtverhältnisses gehört. Gleichgültig ist daher, ob das fragliche Produkt wirklich vom nominellen Produzenten oder von einem selbständigen Zulieferer hergestellt wurde. Wer als Produzent auftritt, den treffen die Überwachungs- und Kontrollpflichten eines solchen, denn ihm wird vertraut. Hat ein selbständiger Teil einer zusammengesetzten Sache den Schaden verursacht, so kommt es darauf an, ob für sie ein selbständiger Produzent in Erscheinung tritt. Ist dies der Fall, dann ist dieser Partner des Schuldverhältnisses der Schutzpflicht; andernfalls ist es der Hersteller der Gesamtsache. Maßgebend ist eben, wem das "Warenvertrauen" entgegengebracht wurde. Der als alleiniger Produzent Auftretende hat also für Mängel der Sache, die bei Anwendung gebotener Sorgfalt vermeidbar gewesen wären, auch dann einzustehen, wenn der fehlerhafte Teil von einem von ihm herangezogenen - wenn auch selbständigen - Subunternehmer hergestellt wurde; er kann sich daher durch die Berufung auf die seinen Subunternehmer treffenden Sorgfaltspflichten nicht entlasten. Zwischen dem als "alleiniger" Produzent einer Ware Benannten und dessen Kunden ist ein konkretes Schutzverhältnis anzunehmen, das zur Anwendung der entsprechenden Haftungsregeln, insbesondere jener der §§ 1313 a und 1298 ABGB, führt. In Ansehung der aus dem zuvor umschriebenen Schutzpflichtverhältnis gegenüber den Begünstigten entspringenden Obliegenheiten hat der als (alleiniger) Produzent Auftretende auch für das Verschulden des von ihm herangezogenen Subunternehmers als seines Erfüllungsgehilfen einzustehen. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen lieferte die Klägerin, die sich als Flachdachvertriebsgesellschaft (mbH & Co KG) bezeichnet, dem Beklagten, der Inhaber einer Bauspenglerei ist, eine Kunstkautschukplane, deren Produzentin die S***-Gummi-Werke GmbH mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland ist. Die Bearbeitungstätigkeit der Klägerin beschränkt sich darauf, daß sie die ihr vom Herstellerwerk in Ballen gerollt und PVC-verpackt gelieferte (1,3 m breite) Plane - wenn ihr Abnehmer eine größere Planenbreite benötigt - entrollt, so viele Planen durch Vulkanisieren zusammenschweißt, als nötig ist, um die von ihrem Abnehmer benötigte Planenbreite zu erzielen, und sodann die zusammengeschweißten Planen gefaltet auf einer Palette zu den Baustellen transportiert. Die über die gesamte Planenfläche verteilten winzigen, nur mit dem Elektronenmikroskop sichtbaren Löcher, die - neben den vom Beklagten zu vertretenden mechanischen Beschädigungen der Plane - die Wasserdurchlässigkeit der Plane zur Folge hatten, sind auf einen Produktionsfehler zurückzuführen, der im Herstellerwerk unterlaufen ist. Ein Sachverhalt, auf Grund dessen davon ausgegangen werden könnte, daß die Klägerin dem Beklagten gegenüber als alleinige Produzentin der Plane aufgetreten wäre und der Beklagte der Klägerin das "Warenvertrauen" nach der Verkehrsauffassung auch hinsichtlich der Mängelfreiheit der (zusammengeschweißten) Planen selbst entgegenbringen hätte können, wurde nicht vorgebracht und kam im Verfahren auch nicht hervor. Die Annahme einer Produzentenhaftung der Klägerin nicht nur für die Wasserdichtheit der Schweißnähte, sondern auch der einzelnen (zusammengeschweißten) Planen selbst scheidet daher aus.

Entsprechende Parteienbehauptungen oder Verfahrensergebnisse in der

Richtung, daß die Klägerin die erhöhten Pflichten eines

Vertragshändlers oder Repräsentanten des Herstellers im Sinne der

Entscheidung SZ 54/13 treffen könnten, liegen gleichfalls nicht vor.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Klägerin ihrer gegenüber

dem Beklagten bestehenden Prüfpflicht als Händlerin hinsichtlich der

Mängelfreiheit (Wasserdichtheit) der von den S***-Gummi-Werken

gelieferten Planrollen nachgekommen ist, ist bedeutsam, daß sie zwar

diese Rollen nicht original verpackt an den Beklagten

weiterlieferte, aber durch eine Besichtigung der ausgepackten und

entrollten Planen mit freiem Auge irgendwelche Hinweise auf deren

Wasserundichtheit nicht erkennen konnte (Letzteres nimmt übrigens

auch der Beklagte für sich in Anspruch). Da weder vorgebracht wurde

noch feststeht, daß die Klägerin auf Grund vorangegangener

Schadensfälle Zweifel an der Wasserdichtheit der ihr von einem

renommierten Herstellerwerk gelieferten Plane hegen mußte und eine

Beschädigung der Planen durch das Zusammenschweißen höchst unwahrscheinlich ist, ist von ihr nach der Verkehrsauffassung eine intensivere Untersuchung der Plane - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes auch eine solche mittels der sogenannten Wasserprobe - weder vor noch nach dem Zusammenschweißen zu verlangen. Strengere Anforderungen an die Prüfpflicht der Klägerin lassen sich weder aus § 377 HGB noch aus § 1168 a ABGB ableiten. Da die in § 377 HGB geforderte Untersuchung der Ware nur die Erfüllung der Obliegenheit des Käufers zur unverzüglichen Rüge der Ware zwecks Wahrung seiner Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer vorbereiten soll und § 1168 a ABGB die Prüf- und Warnpflicht des Unternehmers nur in bezug auf den vom Besteller beigegebenen Stoff oder die Anweisungen des Bestellers normiert, kann es auf sich beruhen, ob die (sinngemäße) Anwendung der genannten Vorschriften auf die Kontroll- und Warnpflichten des Händlers überhaupt zu einer Verschärfung dieser Pflichten führen würde. Da es bereits an einer Verletzung der Prüfpflicht der Klägerin fehlt, kann dem Beklagten auch § 1298 ABGB nicht zustatten kommen.

Die Gegenforderung des Beklagten besteht demnach zur Gänze nicht zu Recht. Dies führt zur Wiederherstellung des erstgerichtlichen Endurteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO, jene über die Kosten des Revisionsverfahrens auf § 43 Abs.2, § 50 ZPO.

Anmerkung

E09029

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00571.85.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19860916_OGH0002_0050OB00571_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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