TE OGH 1986/9/16 4Ob388/85

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Veröffentlicht am 16.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, Hallein, Neualmerstraße 13, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*** A*** Gesellschaft m.b.H., Wien 3., Erdbergstraße 29, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 4.Juli 1985, GZ 1 R 112/85-48, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18.Februar 1985, GZ 17 Cg 78/83-41, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der Klägerin wird nicht Folge gegeben. Der Revision der Beklagten wird teilweise Folge gegeben; die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"1. Die Beklagte ist bei Exekution schuldig, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Vertrieb und/oder der Werbung für Schuhpflegemittel es zu unterlassen, bildliche Darstellungen in Verkehr zu bringen, bei denen auf die Minderwertigkeit der Konkurrzenzprodukte der Beklagten durch Hervorhebung starker Gehfalten hingewiesen wird, insbesondere wenn einer derartigen bildlichen Darstellung ein mit 'pico-bello' gepflegter Schuh ohne oder nur mit ganz geringen Gehfalten gegenübergestellt wird.

2. Das Mehrbegehren der Klägerin, die Beklagte sei auch schuldig, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Vertrieb und/oder der Werbung für Schuhpflegemittel jede schriftliche und/oder mündliche Äußerung zu unterlassen, in der auf Testvergleiche und/oder Prüfungen durch Versuchsanstalten hingewiesen wird, wenn die Art des Testvergleiches und/oder die Gutachten bzw. die Angabe 'geprüft' nicht derart erläutert ist, daß den angesprochenen Verkehrskreisen klar ist, welche Art Testvergleich bzw. welche Prüfung durchgeführt worden ist, wird abgewiesen.

3. Die Klägerin wird ermächtigt, den stattgebenden Teil dieses Urteilsspruches auf Kosten der Beklagten innerhalb von 6 Monaten nach Rechtskraft je einmal in den Zeitungen 'Kurier', 'Neue Kronen-Zeitung', 'Oberösterreichische Nachrichten', 'Kleine Zeitung', 'Vorarlberger Tageszeitung', 'Salzburger Nachrichten', 'Tiroler Tageszeitung', 'Neue Tiroler Tageszeitung', 'Vorarlberger Nachrichten' und 'frau + freizeit - Österreichjournal' in üblicher Schriftgröße zu veröffentlichen.

Das auf (zum Teil) mehrmalige Einschaltung sowie auf Veröffentlichung in der Gesamtgröße der beanstandeten Inserate gerichteten Veröffentlichungs-Mehrbegehren wird abgewiesen."

Die Verfahrenskosten aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Beide Parteien befassen sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schuhpflegemitteln. Während die Klägerin auch sogenannte herkömmliche Schuhcreme (Dosenware) vertreibt, bringt die Beklagte ein flüssiges Pflegemittel "pico-bello mit Lanolin" auf den Markt. Für dieses Produkt warb sie im Frühjahr 1983 in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften mit Großinseraten folgenden Inhalts (Beilage K):

Unterhalb der Überschrift "Der Testvergleich *) beweist:" war ein Paar Schuhe abgebildet, wobei der rechte Schuh - anders als der besser glänzende linke Schuh - unansehnliche, durch schwarze Pfeile besonders hervorgehobene Gehfalten aufwies. Quer über der Abbildung dieses rechten Schuhs waren - in schwarzen Buchstaben auf weißem Grund - die Worte "Gewöhnliche Schuhpasta: Pflegeschicht wird rissig" zu lesen, quer über der Abbildung des linken Schuhs - in schwarzen Buchstaben auf gelbem Grund - der Werbetext: "Die neue pico-bello-Pflege: Gleichmäßiger elastischer Schutz". Diese Aussagen wurden durch insgesamt vier graphische Darstellungen erläutert, von denen zwei dem einen und zwei dem anderen Schuh zuzuordnen waren. Dabei zeigte das jeweils obere Bild den Schuh mit angehobener Ferse und dadurch auftretenden, auch hier durch schwarze Pfeile hervorgehobenen Gehfalten, das untere Bild hingegen den Schuh in Ruhestellung. Die dazugehörigen Texte lauteten im linken, den mit "gewöhnlicher Schuhpasta" behandelten Schuh darstellenden Bilderpaar: "Gewöhnliche Schuhpasta - wird teilweise aus den Gehfalten herausgequetscht" (oberes Bild) und "Die Pflegeschicht wird rissig, daher weniger Schutz" (unteres Bild); in diesen beiden Bildern war das vordere Schuhprofil mit einer grau-punktierten, im Knickbereich unterbrochenen Verstärkung dargestellt. Im rechten, den mit "pico-bello" gepflegten Schuh betreffenden Bildpaar hieß es dagegen: "pico-bello mit Lanolin - schmiegt sich elastisch in die Falten" (oberes Bild) und "Gleichmäßiger Schutz hält das Leder länger schön" (unteres Bild); hier war das Schuhprofil jeweils von einer ununterbrochenen gelben Linie verstärkt. Unterhalb dieser bildlichen Darstellungen folgte - in kleinen, nur schwer lesbaren Buchstaben - der Hinweis: " *) Rechts-Links-Vergleich auf Schuhen aus Büffelkalb-Anilin-Leder". Am rechten Rand des Inserates war ferner eine "pico-bello"-Tube abgebildet, auf deren Drehverschluß die Aufschrift: "Geprüft - Versuchsanstalten für Leder" zu lesen war. Am unteren Ende dieser Tube und ebenso am unteren Rand des Inserates befand sich noch der von der Beklagten verwendete Slogan:

"Pflegt den Schuh - glänzt im Nu".

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten,

"im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Vertrieb und/oder der Werbung für Schuhpflegemittel jede schriftliche und/oder mündliche Äußerung zu unterlassen, in der auf Testvergleiche und/oder Prüfungen durch Versuchsanstalten hingewiesen wird, wenn die Art des Testvergleiches und/oder die Gutachten bzw. die Angabe 'geprüft' nicht derart erläutert ist, daß den angesprochenen Verkehrskreisen klar ist, welche Art Testvergleich bzw. welche Prüfung durchgeführt worden ist, weiters es zu unterlassen, bildliche Darstellungen in Verkehr zu bringen, bei denen auf die Minderwertigkeit der Konkurrenzprodukte der Beklagten durch Hervorhebung starker Gehfalten hingewiesen wird, insbesondere wenn einer derartigen bildlichen Darstellung ein mit 'pico-bello' gepflegter Schuh ohne oder nur mit ganz geringen Gehfalten gegenübergestellt wird";

überdies begehrt die Klägerin die Ermächtigung, das stattgebende Urteil auf Kosten der Beklagten "je dreimal in den Zeitungen 'Kurier' und 'Neue Kronen-Zeitung' samt Bundesländerausgaben, 'Oberösterreichische Nachrichten', 'Kleine Zeitung', 'Vorarlberger Tageszeitung', 'Salzburger Nachrichten', 'Tiroler Tageszeitung', je zweimal im 'Kurier-Markt', in der 'Neuen Tiroler Tageszeitung' und in den 'Vorarlberger Nachrichten', sowie einmal in der Zeitschrift 'frau - + freizeit - Österreich-Journal' zu veröffentlichen, und zwar in der Gesamtgröße der klagsgegenständlichen Inserate, wie aus Beilage 9 ersichtlich, bzw. bei den kleinformatigen Zeitungen wie aus Beilage O ersichtlich, dies innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils".

Die beanstandete Werbung verstoße gegen §§ 1 und 2 UWG: Die Behauptung der Beklagten, daß bei der Schuhpflege mit "pico-bello" Gehfalten, wie sie bei Verwendung einer anderen Schuhcreme entstünden, vermieden werden könnten, sei unrichtig und grob irreführend; sie richte sich erkennbar gegen die Produkte der Klägerin, und zwar sowohl gegen deren "N***-Selbstglanzmittel" als auch gegen die herkömmlichen "E***"-Schuhpasten. Vergleichende Werbeaussagen der Beklagten würden von den Konsumenten in erster Linie auf die Klägerin als Marktführerin bezogen, zumal sich deren ernstlich in Betracht kommende Mitbewerber auf dem Sektor der Schuhpflege "an den Fingern einer Hand abzählen ließen". Die von der Beklagten offenbar gewollte Einschränkung ihrer Werbeaussage auf "Schuhe aus Büffelkalb-Anilin-Leder" wäre nur wirksam, wenn sie in ähnlicher Weise hervorgehoben würde wie der vorhergehende Bildvergleich. Rechtlich entscheidend sei aber die Herabsetzung der Erzeugnisse der Klägerin durch die Beklagte, welche in den beanstandeten Inseraten den Hausfrauen vor Augen führen wolle, daß die mit "E***"-Produkten gepflegten Schuhe bald in einen traurigen Zustand gerieten, wenn nicht "pico-bello" verwendet werde. Da die Beklagte das beanstandete Inserat in den Jahren 1983 und 1984 wiederholt in den im Spruch angeführten Zeitungen und Zeitschriften eingeschaltet habe, bedürfe es zur Aufklärung des Publikums einer Veröffentlichung des Urteils in dem von der Klägerin beantragten Ausmaß.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Das beanstandete Inserat enthalte einen den Tatsachen entsprechenden kritischen Systemvergleich, dessen Zulässigkeit sich daraus ergebe, daß er die tatsächlichen Unterschiede sachlich wiedergebe und sich dabei jeder ironisierenden oder herabsetzenden Kritik des herkömmlichen Pflegesystems enthalte. Soweit die Klägerin gleichfalls Selbstglanzmittel herstelle, sei sie durch den Vergleich nicht betroffen; als Herstellerin von Schuhpflegemitteln schlechthin sei sie aber unter ihren zahlreichen Mitbewerbern nicht erkennbar bezeichnet worden. Von einer "Testwerbung" im üblichen Sinn könne hier nicht gesprochen werden, weil die Beklagte durch den von ihr Angestellten, von jedermann unschwer nachvollziehbaren Vergleich die angesprochenen Interessenten zu eigenen Vergleichen aufgefordert habe, ohne sich dabei auf eine bestimmte Autorität zu berufen; die Zulässigkeit einer Werbung mit Gutachten, Prüfungen oder dgl., wie sie der auf der Verschlußßkappe der Tube erkennbare Hinweis "Geprüft - Versuchsanstalten für Leder" enthalte, setze nur das objektive Zustandekommen des Prüfungsergebnisses voraus, nicht aber auch eine ins einzelne gehende Beschreibung der angewendeten Untersuchungsmethoden.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Unterlassungsbegehrens und ermächtigte die Klägerin, das stattgebende Urteil innerhalb von 6 Monaten nach seiner Rechtskraft auf Kosten der Beklagten je einmal in den von der Klägerin angeführten Zeitungen und Zeitschriften - ausgenommen die Bundesländerausgaben der "Neuen Kronen-Zeitung" und den "Kurier-Markt" - in üblicher Schriftgröße zu veröffentlichen; das Veröffentlichungs-Mehrbegehren wurde abgewiesen. Dieser Entscheidung liegen folgende weitere Feststellungen zugrunde:

Bei einer vom umworbenen Durchschnittspublikum als normal empfundenen Pflege und Beanspruchung von Lederschuhen tritt bei Pflege mit herkömmlicher Schuhpasta (Dosenware) keine Rißbildung in der Pflegeschicht und auch keine stärkere Gehfaltenbildung auf, als dies bei Verwendung von "pico-bello mit Lanolin" der Fall ist. Die beanstandete Werbung der Beklagten ist demnach "in wesentlichen Aussagen unrichtig".

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die beanstandete Werbung beim angesprochenen Durchschnittspublikum den Eindruck erwecke, bei Verwendung gewöhnlicher Schuhpasta - zu welcher auch die von der Klägerin vertriebene Dosenware gehöre - werde die Pflegeschicht der Schuhe rissig und dadurch die Bildung häßlicher Gehfalten gefördert, während bei Verwendung von "pico-bello mit Lanolin" diese Nachteile nicht entstünden. Da dies nach den Ergebnissen des Sachverständigengutachtens nicht zutreffe, könne von einem - sonst grundsätzlich zulässigen - kritischen Systemvergleich nicht gesprochen werden. Die einmalige Veröffentlichung des Urteilsspruches in den einzelnen Zeitungen und Zeitschriften reiche auch dann zur Aufklärung des Publikums aus, wenn sie in der üblichen Form und Größe vorgenommen werde.

Den dagegen von beiden Parteien erhobenen Berufungen gab das Berufungsgericht nur im Kostenpunkt teilweise Folge; im übrigen bestätigte es das Urteil der ersten Instanz und sprach aus, daß der Wert des von der jeweiligen Bestätigung betroffenen Streitgegenstandes jeweils S 60.000,- und der Gesamtstreitwert S 300.000,-- übersteigt. Auf der Grundlage der als unbedenklich übernommenen Sachverhaltsfeststellungen des Ersturteils erweise sich die nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen als Einheit zu beurteilende Werbung der Beklagten als wahrheitswidrig und damit - auch unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Werbung, etwa eines Systemsvergleiches, eines Warenvergleiches oder dergleichen - als unzulässig. Stehe aber fest, daß die von der Beklagten behauptete bessere Qualität ihres Schuhpflegemittels gegenüber "gewöhnlicher Schuhpasta" in Wahrheit nicht vorhanden ist, dann seien auch Angaben wie "Der Testvergleich beweist" oder "Geprüft - Versuchsanstalten für Leder" zumindest als wahrheitswidrige Werbebehauptungen zur Irreführung des Publikums geeignet. Daß aber durch die Bilddarstellungen und die dazugehörigen Werbetexte die Konkurrenzprodukte der Beklagten und damit erkennbar auch die Erzeugnisse der Klägerin unrichtig und ohne Notwendigkeit in sittenwidriger Art und Weise (§ 1 UWG) herabgesetzt wurden, bedürfe keiner weiteren Begründung. Das Veröffentlichungs-Mehrbegehren der Klägerin sei zu Recht abgewiesen worden, weil durch die - ohnehin sehr

umfangreiche - Veröffentlichungsermächtigung auch unter Berücksichtigung des Umfanges und der Art der beanstandeten Werbung alle Zwecke einer Urteilsveröffentlichung erreicht werden könnten; die mehrmalige Einschaltung des Urteils in einzelnen Druckwerken sei daher ebenso entbehrlich wie eine über die übliche Schriftgröße hinausreichende Veröffentlichung.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von beiden Parteien mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung - von der Beklagten auch wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens - angefochten. Die Klägerin wendet sich gegen die Teilabweisung ihres Veröffentlichungsbegehrens und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihrem Urteilsantrag auch in diesem Punkt vollinhaltlich stattgegeben werde. Die Beklagte bekämpft die Urteile der Vorinstanzen insoweit, als sie damit schuldig erkannt wurde,

a) "im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Vertrieb und/oder der Werbung für Schuhpflegemittel jede schriftliche und/oder mündliche Äußerung zu unterlassen, in der auf Testvergleiche und/oder Prüfungen durch Versuchsanstalten hingewiesen wird, wenn die Art des Testvergleiches und/oder die Gutachten bzw. die Angabe 'geprüft' nicht derart erläutert ist, daß den angesprochenen Verkehrskreisen klar ist, welche Art Testvergleich bzw. welche Prüfung durchgeführt worden ist" sowie

b) im Zusammenhang mit spruchgemäßen bildlichen Darstellungen nicht auf die Minderwertigkeit der "Konkurrenzprodukte der Beklagten" hinzuweisen.

Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung teilweise, und zwar dahin abzuändern, daß der erste Teil des Unterlassungsbegehrens (Verbot des Hinweises auf nicht näher erläuterte Testvergleiche und/oder Prüfungen) abgewiesen und im zweiten Teil des Unterlassungsbegehrens (Verbot irreführender bildlicher Darstellungen) die Worte "bei denen auf die Minderwertigkeit der Konkurrenzprodukte der Beklagten...hingewiesen wird" durch die Worte "bei denen auf die Minderwertigkeit gewöhnlicher Schuhpasta....hingewiesen wird," ersetzt werde; hilfsweise begehrt die Beklagte das Verbot eines Hinweises auf nicht näher erläuterte Testvergleiche und/oder Prüfungen "nur im Zusammenhang mit den unangefochten untersagten bildlichen Darstellungen auszusprechen" und die angefochtene Entscheidung im Umfang der übrigen Anfechtung sowie im Veröffentlichungsausspruch aufzuheben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen beide Parteien, dem Rechtsmittel des jeweiligen Prozeßgegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision der Beklagten:

Soweit die Beklagte eine Einschränkung des Verbotes irreführender Vergleichswerbung auf solche bildliche Darstellungen anstrebt, bei denen auf die Minderwertigkeit "gewöhnlicher Schuhpasta" - und nicht "der Konkurrenzprodukte der Beklagten" - hingewiesen wird, kann ihr nicht gefolgt werden. Richtig ist, daß in den beanstandeten Inseraten nicht auf bestimmte Erzeugnisse von Mitbewerbern der Beklagten, sondern nur auf "gewöhnliche Schuhpasta" Bezug genommen wird. Da jedoch auch diese - als Erzeugnis von Mitbewerbern der Beklagten, darunter insbesondere auch der Klägerin - zu den "Konkurrenzprodukten der Beklagten" gehört, bestehen gegen die dem Urteilsantrag der Klägerin folgende Fassung des Unterlassungsgebotes durch die Vorinstanzen keine Bedenken.

Mit Recht wendet sich jedoch die Beklagte gegen das von den Vorinstanzen ausgesprochene Verbot einer Werbung mit nicht näher erläuterten Testvergleichen oder Prüfungsergebnissen. Das Berufungsgericht verweist zur Begründung dieses Unterlassungsgebotes darauf, daß angesichts der Unrichtigkeit des von der Beklagten angestellten Warenvergleiches nicht nur die Behauptung "Der Testvergleich beweist", sondern auch die auf der Verschlußkappe der "pico-bello"-Tube zu lesenden Worte: "Geprüft - Versuchsanstalten für Leder" zumindest als unrichtige Werbeangaben zur Irreführung des Publikums geeignet seien. Es übersieht dabei, daß die Klägerin ein Verbot derartiger Werbebehauptungen nicht etwa nur für den Fall anstrebt, daß diese mit einer sachlich unrichtigen und daher zur Irreführung geeigneten Vergleichswerbung verbunden werden, sondern nach dem klaren Wortlaut ihres Urteilsantrages ("...jede schriftliche oder mündliche Äußerung zu unterlassen,..., weiters es zu unterlassen,...") eine in Ansehung der Art der vorgenommenen Testvergleiche oder Prüfungen nicht näher erläuterte Werbung mit Test- oder Prüfungsergebnissen schlechthin - ohne Rücksicht auf ihren Wahrheitsgehalt und ohne Zusammenhang mit anderen, möglicherweise irreführenden Werbebehauptungen - verboten wissen will. Demgegenüber verweist aber die Beklagte in ihrer Revision mit Recht darauf, daß eine Werbung mit Testergebnissen oder Gutachten zwar vollständig und wahr sein muß und keinen falschen Anschein erzwecken darf, daß aber die der jeweiligen Wertung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen in der Regel ebensowenig angegeben zu werden brauchen wie die Art der durchgeführten Untersuchung. Besondere Umstände, auf Grund deren im konkreten Fall das Fehlen solcher erläuternder Hinweise die Gefahr einer Irreführung der angesprochenen Verbraucherkreise begründen könnte, sind bei der beanstandeten Inseratenwerbung nicht zu erkennen. Die als Überschrift gewählten Worte "Der Testvergleich beweist:" werden von den Lesern dieser Anzeigen zwanglos auf einen - von wem immer durchgeführten - Vergleich mit "gewöhnlicher Schuhpasta" gepflegter Schuhe einerseits und mit "pico-bello" gepflegter Schuhe andererseits bezogen werden, dessen Ergebnis im folgenden in Wort und Bild dargestellt wird. Das nach dem Wort "Testvergleich" angebrachte Sternchen im Zusammenhang mit der weiter unten, wenngleich auch nur in ganz kleinem Druck, gebotenen Erläuterung:

"Rechts-Links-Vergleich auf Schuhen aus Büffelkalb-Anilin-Leder" gibt darüber hinaus noch Aufschluß über die bei dem "Testvergleich" verwendete Ledersorte. Im Zusammenhang damit wird aber der auf der Verschlußkappe der "pico-bello"-Tube aufscheinende Hinweis auf eine "Prüfung" durch "Versuchsanstalten für Leder" gleichfalls auf den das Inserat in Wort und Bild beherrschenden "Testvergleich" bezogen werden. Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird nämlich vermuten, daß dieser Vergleich eben in einer oder mehreren solcher Anstalten durchgeführt worden ist. Daß der bezogene "Testvergleich" erwiesenermaßen unrichtig und zur Irreführung der angesprochenen Verbraucherpreise geeignet war, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidungswesentlich; das selbständig erhobene, mit dem zweiten Teil des Sicherungsantrages in keiner Weise zusammenhängende Begehren der Klägerin, der Beklagten jede Werbung mit Test- oder Prüfungsergebnissen zu untersagen, bei der nicht gleichzeitig die Art dieser Tests oder Prüfungen näher erläutert wird, muß vielmehr aus den angeführten Erwägungen erfolglos bleiben. Der Revision der Beklagten war daher insoweit Folge zu geben und in teilweiser Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dieser Teil des Urteilsbegehrens der Klägerin abzuweisen.

II. Zur Revision der Klägerin:

Die Klägerin hält auch weiterhin daran fest, daß angesichts des Umfanges der beanstandeten Werbung und der Schwere der dabei begangenen Wettbewerbsverstöße der Zweck einer Maßnahme nach § 25 Abs.3 UWG nur durch die von ihr beantragte Art und Weise der Publikation erreicht werden könne. Demgegenüber hat aber schon das Berufungsgericht mit Recht hervorgehoben, daß die der Klägerin in erster Instanz zuerkannte Befugnis zu einer je einmaligen Publikation des stattgebenden Teiles des Urteilsspruches in nicht weniger als zehn Zeitungen und Zeitschriften völlig ausreicht, um das von der beanstandeten Werbung angesprochene breite Publikum über den Gesetzesverstoß der Beklagten zu informieren und ein weiteres Umsichgreifen irriger Vorstellungen zu verhindern. Der von der Klägerin beantragten mehrmaligen Einschaltung in bestimmten Zeitungen und Zeitschriften bedarf es dazu - auch bei Berücksichtigung des Ausmaßes der beanstandeten

Anzeigenwerbung - ebensowenig wie einer Veröffentlichung des Urteilsspruches in der "Gesamtgröße" dieser Inserate. Der unbegründeten Revision der Klägerin mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs.1 ZPO.

Anmerkung

E09188

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00388.85.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19860916_OGH0002_0040OB00388_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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