TE OGH 1986/9/17 9Os137/86

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Veröffentlicht am 17.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.September 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Weitzenböck als Schriftführer in der Strafvollzugssache des Strafgefangenen Johann Z*** über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichts Krems an der Donau (als Vollzugsgericht) vom 21. März 1986, GZ 13 b Ns 67/86-3, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Vollzugsgericht vom 21.März 1986, GZ 13 b Ns 67/86-3, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 115 StVG.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird gemäß §§ 288 Abs. 2 Z 3, 292 StPO in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag des Leiters der Strafvollzugsanstalt Stein vom 13. März 1986, die vom Strafgefangenen Johann Z*** vom 12.Feber bis 9. März 1986 im Hausarrest zugebrachte Zeit gemäß § 115 StVG ganz oder teilweise nicht in die Strafzeit einzurechnen, wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Johann Z*** verbüßt in der Strafvollzugsanstalt Stein (bzw. seit 12.März 1986 in der Strafvollzugsanstalt Graz) die über ihn vom Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 4 d Vr 5596/81 verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren; das voraussichtliche Strafende fällt auf den 12.November 1989.

Am frühen Morgen des 11.Feber 1986 flüchtete er mit drei Zellengenossen aus der Strafvollzugsanstalt, konnte jedoch noch am Abend desselben Tages (um 20.15 Uhr) in Wien von Polizeibeamten festgenommen werden. Die Rücküberstellung in die Strafvollzugsanstalt Stein erfolgte am nächsten Tag. Für den 11. Feber 1986 war Z*** von der Arbeit (im Betrieb Kunst II) befreit (Bericht der Strafvollzugsanstalt Stein vom 2.Juni 1986, GZ 4161-0-2/86).

Wegen der Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z 1 StVG wurde über Johann Z*** mit Straferkenntnis des Leiters der Strafvollzugsanstalt Stein (ua) die Strafe des strengen Hausarrests in der Dauer von 25 Tagen verhängt, welche in der Zeit vom 12.Feber bis 9.März 1986 vollzogen wurde (S 2 dA).

Mit dem (in Rechtskraft erwachsenen) Beschluß vom 21.März 1986, GZ 13 b Ns 67/86-3, ordnete das Kreisgericht Krems an der Donau als Vollzugsgericht an, daß die gesamte wegen dieser Ordnungswidrigkeit im Hausarrest zugebrachte Zeit gemäß § 115 StVG nicht in die Strafzeit einzurechnen ist.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich die von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt:

§ 115 StVG sieht vor, daß einem Strafgefangenen, der sich durch eine Selbstbeschädigung oder eine andere Ordnungswidrigkeit - so auch durch Flucht aus der Anstalt (§ 107 Abs. 1 Z 1 StVG) - vorsätzlich seiner Arbeitspflicht entzogen hat, die deshalb im Hausarrest zugebrachte Zeit ganz oder teilweise nicht in die Strafzeit einzurechnen ist. Die Nichteinrechnung kommt jedoch - unbeschadet der generellen Verpflichtung jedes (arbeitsfähigen) Strafgefangenen, Arbeit zu leisten (§ 44 Abs. 1 StVG) - nur dann in Betracht, wenn sich der Strafgefangene einer ihn im Tatzeitpunkt tatsächlich treffenden (speziellen) Arbeitspflicht vorsätzlich entzogen hat, er mithin im Zeitpunkt der Begehung der Ordnungswidrigkeit zur Arbeit eingeteilt war (vgl. EvBl. 1972/110; ÖJZ-LSK 1975/210; SSt. 53/52; 13 Os 172/83; Onder-Lachner, StVG, Kunst, StVG und Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht 2 , jeweils Anm. 2 zu § 115 StVG). Da Johann Z*** am 11.Feber 1986, jenem Tag, an dem er geflüchtet ist und den er (bis zu seiner Wiederergreifung um 20.15 Uhr) in Freiheit verbrachte, nicht zur Arbeit eingeteilt war, konnte er sich durch die von ihm begangene Ordnungswidrigkeit nicht einer ihn im Tatzeitpunkt treffenden (speziellen) Arbeitspflicht entziehen, womit aber die vom Vollzugsgericht verfügte Nichteinrechnung der im Hausarrest zugebrachten Zeit mit der Vorschrift des § 115 StVG nicht im Einklang steht. Daran ändert nichts, daß Z*** erst am 12.Feber 1986 in die Strafvollzugsanstalt rücküberstellt wurde: Daß der Strafgefangene während der Verbüßung des Hausarrests nicht zur Arbeit herangezogen werden kann, stellt keine unmittelbar durch die begangene Ordnungswidrigkeit bewirkte Arbeitspflichtentziehung im Sinn des § 115 StVG dar (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 5 zu § 115 StVG); das muß aber wohl auch für jene Zeit gelten, die der Strafgefangene nach seiner Wiederaufgreifung bis zur Rücküberstellung in die Anstalt außerhalb dieser in behördlichem Gewahrsam zugebracht hat und auf deren Dauer er keinen Einfluß hat.

Die sohin dem Gesetz widersprechende Entscheidung des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Vollzugsgericht wirkt sich infolge der dadurch erfolgten Verlängerung der Strafzeit (um 25 Tage) zum Nachteil des Strafgefangenen aus, weshalb in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen war.

Anmerkung

E09076

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00137.86.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19860917_OGH0002_0090OS00137_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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