TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/26 2004/11/0070

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Veröffentlicht am 26.07.2005
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
20/03 Sachwalterschaft;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs1 Z2;
AVG §67c Abs2;
AVG §67c Abs3;
AVG §79a Abs2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs2;
MRK Art2;
MRK Art3;
PersFrSchG 1988 Art1 Abs3;
PersFrSchG 1988 Art1 Abs4;
PersFrSchG 1988 Art2 Abs1 Z5;
SPG 1991 §46 Abs1;
SPG 1991 §46 Abs2;
SPG 1991 §46 Abs3;
SPG 1991 §46;
SPG 1991 §88 Abs1 idF 2002/I/104;
SPG 1991 §88 Abs2 idF 2002/I/104;
SPG 1991 §91 Abs1 Z1;
UbG §10;
UbG §3 Z1;
UbG §3 Z2;
UbG §3;
UbG §8;
UbG §9 Abs1;
UbG §9 Abs2;
UbG §9 Abs3;
UbG §9;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2004/11/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerden 1. des Bundesministers für Inneres (protokolliert zur hg. Zl. 2004/11/0070) und 2. der N in W, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19 (protokolliert zur hg. Zl. 2004/11/0071), gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Jänner 2004, Zl. UVS- 02/13/6598/2003, betreffend Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I.a) in Ansehung der Wortfolge "nach Art und Dauer unverhältnismäßigen, lebensgefährdenden" und in seinem Spruchpunkt I.b) in Ansehung der Wortfolge "unbeschadet der ursprünglich gegebenen Voraussetzungen, in Anbetracht ihres Zeitpunkts und der konkreten Umstände ihrer Durchführung unter Außerachtlassung des körperlichen Zustandes des Betroffenen" wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird im Übrigen und die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zur Gänze abgewiesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 25,75 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 15. Juli 2003 verstarb der aus Mauretanien stammende Cheibani Wague, nachdem Organe der Bundespolizeidirektion Wien versucht hatten, den Genannten zur ärztlichen Untersuchung in die psychiatrische Abteilung der Krankenanstalt Baumgartner Höhe zu bringen.

Gegen die versuchte Verbringung in die Anstalt und die damit verbundene Freiheitsentziehung sowie gegen weitere Maßnahmen, die dabei von Organen der Bundespolizeidirektion Wien gesetzt wurden, erhob die Witwe des C.W. (die nunmehrige Zweitbeschwerdeführerin) mit Schriftsatz vom 26. August 2003 Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (UVS).

Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gab der UVS (die belangte Behörde) der Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG teilweise Folge und erklärte die bekämpften Maßnahmen für rechtswidrig hinsichtlich:

"a) der nach Art und Dauer unverhältnismäßigen, lebensgefährdenden Fixierung des Ehegatten der Beschwerdeführerin am Boden;

b) der Fußfesselung, unbeschadet der ursprünglich gegebenen Voraussetzungen, in Anbetracht ihres Zeitpunkts und der konkreten Umstände ihrer Durchführung unter Außerachtlassung des körperlichen Zustandes des Betroffenen;

c) der Misshandlung des zu Boden gedrückten Betroffenen durch mehrere Faustschläge gegen Kopf, Nacken- und oberen Rückenbereich, samt der die Schläge begleitenden Beschimpfung."

Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wies der UVS die an ihn gerichtete Beschwerde "im Übrigen, insbesondere was die Freiheitsentziehung zum Zwecke der Unterbringung sowie die Handfesselung anbelangt" als unbegründet ab und entschied unter Spruchpunkt III. über die Verfahrenskosten.

Begründend stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der durchgeführten Verhandlung und einer Stellungnahme eines Lungenfacharztes der zuständigen Wiener Magistratsabteilung vom 25. September 2003 sowie unter Zugrundelegung eines Amateurvideobandes betreffend einen Teil der Amtshandlungen folgenden (hier auf das Wesentliche zusammengefassten) Sachverhalt als erwiesen fest:

Vor seinem Tod habe C.W. mit der Zweitbeschwerdeführerin in aufrechter Ehe gelebt und zuletzt in einem im Wiener Stadtpark errichteten Afrika-Kulturdorf gearbeitet, wo er sich auch in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2003 aufgehalten habe. Nachdem der Leiter des Afrika-Kulturdorfes bereits in den Tagen davor wiederholt Gemütszustände an C.W. wahrgenommen habe, die er nicht habe deuten können und die sich im Streit mit anderen Mitarbeitern geäußert hätten, habe er in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2003 wegen einer neuerlichen Meinungsverschiedenheit mit C.W. die Rettung angerufen, weil er psychiatrische Hilfe für notwendig erachtet habe. Als nun C.W. schreiend mit erhobenen Händen auf den Leiter des Afrika-Kulturdorfes zugekommen sei, habe letzterer den Bürocontainer zugesperrt und die Örtlichkeit mit dem Auto, in dem bereits seine Lebensgefährtin gewartet habe, verlassen wollen. Daraufhin habe sich C.W. schreiend auf die Motorhaube des Autos geworfen, aufs Autodach und auf die Scheiben eingeschlagen und einen Einkaufswagen gegen das Heck gestoßen und damit offenbar versucht, das Wegfahren des Leiters des Afrika-Kulturdorfes zu verhindern. Der Letztgenannte habe deshalb über sein Mobiltelefon zwei Mal die Polizei angerufen und sei langsam aus dem Stadtpark zur dort angrenzenden öffentlichen Straße ("Am Heumarkt") gefahren. C.W. habe versucht mitzulaufen und sich dabei an der Türöffnerklappe festgehalten. Diese sei in der Folge abgebrochen und C.W. zu Boden gestürzt, wobei er sich verletzt habe. Um 0.41 Uhr des 15. Juli 2003, als der Leiter des Afrika-Kulturdorfes mit dem Auto gerade die Straße erreicht habe, seien etwa gleichzeitig ein Notarztwagen, ein Rettungstransportwagen und ein Streifenwagen der Bundespolizeidirektion Wien eingelangt, kurz danach ein zweiter Streifenwagen. Die Polizeibeamten hätten sich sogleich zu C.W. begeben, der inzwischen aufgestanden sei und nur schwer Luft bekommen habe. Als C.W. auf den Leiter des Afrika-Kulturdorfes habe zugehen wollen, sei er von einem Polizeibeamten zurückgehalten worden. Dabei sei Blut auf die Kleidung des Polizeibeamten gelangt, das von den Verletzungen des C.W. vor dem Einlangen der Polizei gestammt habe. Während sich einige der Polizeibeamten - inzwischen war ein weiterer Streifenwagen hinzugekommen - mit etwas Abstand rund um C.W. aufgestellt hätten, um diesen zu beruhigen und um ihn zu hindern, zum Leiter des Afrika-Kulturdorfes zu gelangen, habe einer der Polizeibeamten abseits mit dem Notarzt gesprochen. Dabei sei vor ihren Füßen ein blutverschmierter Stein zu liegen gekommen, der zuvor ein Auto mit hörbarem Knall getroffen habe. In der Zwischenzeit habe C.W. seine Tasche ausgeleert, seine Oberbekleidung ausgezogen, sei herumgetanzt und habe Worte unverständlichen Sinngehalts von sich gegeben. Als einem Mitarbeiter des Afrika-Kulturdorfes Gelegenheit gegeben worden sei, mit C.W. zu reden, habe sich dieser zunächst beruhigt, danach aber wieder in einen Erregungszustand hineingesteigert. Der Notarzt habe ihm deshalb Psychopax-Tropfen vermischt mit Trinkwasser verabreichen wollen, habe davon jedoch über Ersuchen einer Polizeibeamtin Abstand genommen, weil diese beabsichtigt habe, C.W. in unverändertem Zustand dem Amtsarzt vorzuführen. Schließlich sei dann dem Vorschlag des Notarztes, C.W. direkt ins Psychiatrische Krankenhaus Baumgartner Höhe zu bringen, seitens eines Polizeibeamten zugestimmt worden. C.W. habe sich, so die belangte Behörde in der Bescheidbegründung weiter, deutlich erkennbar in einem außergewöhnlichen Erregungszustand befunden. Keiner der Anwesenden habe ernstliche Zweifel daran gehabt, dass C.W. psychisch schwer beeinträchtigt gewesen sei. Auch der Notarzt habe eine Psychose nicht ausgeschlossen, aus seiner Sicht habe der Erregungszustand des C.W. dringend eine medizinische Behandlung erfordert, was er den Polizeibeamten auch zu verstehen gegeben habe. Rettungssanitäter und der Notarzt hätten auch darauf bestanden, dass Polizeibeamte im Rettungstransportwagen hätten mitfahren sollen. Daher hätten Sanitäter und Polizeibeamte nun gemeinsam versucht, C.W. zum Einsteigen in den Rettungstransportwagen zu bewegen. Dieser sei, nachdem er sich wieder beruhigt habe, zunächst mit ihnen gegangen. Kurz vor der bereits herausgebrachten Transportliege sei C.W. jedoch auf die Straßenfahrbahn geflüchtet, wo er in zweiter Spur eingeholt und zum Zurückgehen habe bewegt werden können. Der Notarzt habe nunmehr die Fesselung des Patienten an den Händen zu dessen eigener Sicherheit und zur Sicherheit der begleitenden Sanitäter während des Transports für erforderlich gehalten und dies den Polizeibeamten mitgeteilt. In weiterer Folge habe sich C.W. freiwillig auf die aus dem Rettungsauto geschobene Transportliege gesetzt und habe sich erst gewehrt, als seine Hände am Rücken gefesselt worden seien. Auf dieser Transportliege wurde C.W. in Bauchlage und mit einem Gurt über seinen Unterschenkeln von hinten ins Rettungsauto geschoben. Die seitliche Schiebetüre des Rettungsautos sei dabei offen geblieben, daneben habe sich ein Polizeibeamter aufgestellt. Im Zuge eines folgenden Gespräches seien die Polizeibeamten zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Streifenwagen zur Begleitung genügen werde. Als die Besatzung der anderen Streifenwagen um 1.01 Uhr des 15. Juli 2003  ihren Einsatz mittels Funk bereits für beendet erklärt hätten, sei C.W., der sich auf der Transportliege inzwischen umgedreht und den Beingurt abgestreift habe, durch die seitliche Schiebetür aus dem Rettungsauto gesprungen. Dabei habe er den dort stehenden Polizeibeamten mit dem Kopf zur Seite gestoßen und sei in Richtung des Notarztwagens, der unmittelbar vor dem Rettungsauto gestanden sei, gelaufen. Noch vor Erreichen des Notarztwagens sei C.W. von herbei eilenden Polizeibeamten aufgehalten, gegen die Wand des Rettungsautos gedrückt und sodann zwischen dem Rettungsauto und dem Notarztwagen zu Boden gebracht worden. Nach den (hier anonymisierten) Feststellungen im angefochtenen Bescheid sei C.W. nun - auf dem Bauch liegend - von Polizeibeamten und Sanitätern in folgender Weise fixiert worden:

"L. drückte ihn am Rücken zu Boden, wobei er auch sein linkes Knie zu Hilfe nahm, sich mit dem rechten Bein außen abstützte und solcherart mit nahezu seinem gesamten Körpergewicht auf den Brustkorb des C.W. Druck ausübte. Br. drückte mit beiden Händen den rechten Arm des am Rücken gefesselten C.W. nieder, O. die rechte Schulter; beide befanden sich mit den Füßen auf dem Boden.

G. drückte den Kopf seitlich nieder, J. stellte sich zumindest zeitweise wohl mit beiden Beinen, jedenfalls aber mit nahezu seinem gesamten Körpergewicht auf den linken Oberschenkel des C.W., W. fixierte mit einem Bein den linken Unterschenkel, L., H. und Ba. fixierten in ähnlicher Weise das rechte Bein des C.W. Dabei wurde nach Fußfesseln gerufen, möglicherweise liefen einzelne Beamte kurz weg, um nach solchen zu sehen, gleichzeitig wurde der Notarzt aufgefordert, C.W. eine Spritze zu geben."

Während ein Sanitäter über Auftrag des Notarztes eine Spritze mit Haldol aufgezogen habe, seien über Funk Fußfesseln angefordert worden. Auch nach Verabreichung der Spritze hätten sich wieder sechs Polizeibeamte und drei Sanitäter auf und über C.W. befunden. So habe sich etwa eine Polizeibeamtin gleich nach Verabreichung der Spritze mit beiden Beinen auf C.W. im Bereich dessen rechten Oberschenkels gestellt, eine weitere Person befand sich mit einem bzw. zeitweise mit beiden Beinen ebenfalls auf einem Oberschenkel des C.W. Spätestens ab dem genannten Zeitpunkt, als die Fußfesseln angefordert worden seien, sei C.W. im wörtlichen Sinne am Boden fixiert gewesen, habe aber möglicherweise noch aktiv versucht, dieser Fixierung und den damit verbundenen Restriktionen seiner Atmung auszuweichen. Bereits kurze Zeit nach Verabreichung der Spritze seien Bewegungen des C.W. nicht mehr erkennbar gewesen. Die geschilderte Belastung des Körpers des C.W. sei erst nach mindestens drei Minuten Fixierungsdauer sukzessive verringert worden. Ein Polizeibeamter habe sich aber während eines Zeitraumes von mindestens 4 Minuten und 25 Sekunden nach Beginn der Fixierung mit dem größten Teil seines Körpergewichts auf dem Rücken des C.W. befunden und "bis wenige Sekunden davor" sei der Oberkörper des C.W. außerdem noch durch zwei weitere Polizeibeamte fixiert worden. Spätestens nachdem C.W. auf die bereits außerhalb des Rettungswagens gebrachte Transportliege gelegt worden sei, habe der Notarzt den klinischen Tod festgestellt. Über Anordnung des Notarztes seien dann "nach längerer Verzögerung endlich" die Handfesseln abgenommen und im Rettungswagen Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet worden.

Die belangte Behörde stellte überdies fest, dass Polizeibeamte mit der Faust mehrere Schläge gegen den Hinterkopf, den Nacken- und gegen den oberen Rückenbereich des C.W. versetzt hätten, dies einerseits zu jenem Zeitpunkt, nachdem man ihn zu Boden gebracht habe und andererseits nach Verabreichung der Spritze, kurz bevor C.W. in Reglosigkeit verfallen sei. Dabei habe einer der Beamten gerufen: "Diese Sau!" oder "Du Sau" und etwa "Gibst du noch immer keine Ruhe?". Schließlich wurde im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die beschriebene Art der Fixierung des C.W. lebensgefährlich sei.

In der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides (S. 18 bis 35) stützte die belangte Behörde ihre Feststellungen zur Fixierung des C.W. vor allem auf das aus dem Fenster eines angrenzenden Gebäudes aufgenommene Amateurvideoband und begründete die Lebensgefährlichkeit dieser Maßnahme zum einen mit dem Allgemeinwissen bezüglich des Umstandes, dass ein "derart massives Zu-Boden-Drücken", vor allem eine derartige Behinderung der Brustkorb- und Zwerchfellatmung, zum Tod führen könne. Dies decke sich zum anderen auch mit der eingeholten Stellungnahme eines Lungenfacharztes der Stadt Wien vom 25. September 2003, wonach eine massive Atmungsbehinderung eines Menschen (nach der Stellungnahme: "eine Fixierung von Menschen in Bauchlage") zum (Erstickungs-)Tod führen könne. Ihre übrigen Feststellungen stützte die belangte Behörde vor allem auf die Aussagen der Zeugen in der Verhandlung vor dem UVS. Was dabei die - generelle - Aussageverweigerung der als Zeugen geladenen Polizeibeamten anlange, so vertrat die belangte Behörde zunächst die Ansicht, dass das gesetzliche Entschlagungsrecht von Zeugen nur hinsichtlich der Beantwortung konkreter Fragen bestehe, nicht aber bezüglich der Zeugenaussage schlechthin. Eine rechtswidrige Aussageverweigerung eines Beamten könne daher grundsätzlich als faktisches Eingeständnis und zum Nachteil der Behörde, der das Verhalten des Beamten zuzurechnen sei, gewürdigt werden. Für den gegenständlichen Fall sei "allerdings festzuhalten, dass der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Hilfe dieser Würdigung zu keinen anderen Feststellungen gelangt als ohne sie".

In ihrer rechtlichen Beurteilung erörterte die belangte Behörde zunächst die Beschwerdelegitimation der Zweitbeschwerdeführerin und den Maßnahmencharakter der in der Beschwerde relevierten Beleidigungen des C.W. sowie der behaupteten Unterlassung der Prüfung der Vitalfunktionen des C.W. durch die Polizeibeamten. Auf das letztgenannte Versäumnis müsse die belangte Behörde nach ihrer Überzeugung nicht gesondert eingehen, weil es bereits durch die festgestellte lebensgefährliche Gewaltanwendung "konsumiert" worden sei. Was die unter Spruchpunkt I.a) des angefochtenen Bescheides für rechtswidrig erklärte Fixierung des C.W. betrifft, so erachtete die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte die Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der unbedingten Erforderlichkeit als entscheidend. Bei der Beurteilung dieser Maßnahme nach den genannten Kriterien sei vom damaligen Wissensstand der handelnden Organe auszugehen, somit von einer ex-ante-Betrachtungsweise, sodass es nicht darauf ankomme, ob die bekämpften Maßnahmen tatsächlich kausal für den Tod des C.W. gewesen seien. Einzubeziehen sei auch das Verhalten der Sanitäter, weil Handlungen, durch welche die Polizeibeamten unterstützt oder die von diesen geduldet worden seien, ebenfalls der Behörde, konkret der Bundespolizeidirektion Wien, zugerechnet werden müssten. Das Beurteilungsergebnis der Unverhältnismäßigkeit und der fehlenden Notwendigkeit der Fixierung des C.W. begründete die belangte Behörde zusammengefasst damit, dass die Polizeibeamten zwar einerseits von der "Selbst- und Fremdgefährlichkeit" des C.W. sowie von seinem bereits erfolgten Fluchtversuch trotz Handfesselung hätten ausgehen können, dass aber andererseits habe berücksichtigt werden müssen, dass der Betroffene schon vor dem Anlegen der Handfesseln von den anwesenden Beamten habe gehindert werden können, zu anderen Personen des Afrika-Kulturdorfes zu gelangen. Daher wäre es umso leichter gewesen, den ohnehin bereits mit den Händen am Rücken gefesselten und auf dem Bauch liegenden C.W. mit geringem Kraftaufwand durch wenige Polizeibeamte festzuhalten. Die massive Fixierung des C.W. am Boden, nämlich das massive Zu-Boden-Drücken, "bei der vier wenigstens durchschnittlich kräftige Personen den Oberkörper und Kopf des C.W. zu Boden drückten und wovon wenigstens einer nahezu sein gesamtes Körpergewicht im Rücken des C.W. einsetzte, während zwei bis drei Personen auf C.W.s Oberschenkeln standen und zwei weitere seine Unterschenkel fixierten", sei somit nicht erforderlich und gleichzeitig "eindeutig außer Verhältnis" zum Anlass der Fixierung, nämlich C.W. wegen der dringenden Gefahr der Selbstbeschädigung in das psychiatrische Krankenhaus zu bringen, gestanden. Auch habe es keinen zwingenden Grund gegeben, dem am Boden Liegenden jeden Bewegungsspielraum zu nehmen und praktisch alle seine Gliedmaßen und Körperregionen einzeln zu fixieren. Schon die geschilderte Art der Fixierung bewirke die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme, sodass es auf die festgestellte Dauer der Fixierung ("5 Minuten plus oder minus einer halben Minute") gar nicht ankomme. Die zusätzliche Berücksichtigung der Dauer der Fixierung führe lediglich dazu, dass die Maßnahme nicht nur als unverhältnismäßig, sondern darüber hinaus auch als lebensgefährlich zu betrachten sei, dies wegen der bereits genannten massiven Behinderung der Brust- und Zwerchfellatmung während dieses Zeitraumes.

Zur unter Spruchpunkt I.b) des angefochtenen Bescheides für rechtswidrig erklärten Fußfesselung vertrat die belangte Behörde zunächst die Auffassung, diese sei "im Hinblick auf die Geschehnisse bis zur vereitelten Flucht des C.W. aus dem Rettungswagen grundsätzlich wohl zu rechtfertigen". Da die Maßnahme aber vor dem Hintergrund der konkreten Umstände zu beurteilen sei und im gegenständlichen Fall die Fußfesseln erst knapp nach dreieinhalbminütiger Fixierungsdauer - der Betroffene habe sich zu diesem Zeitpunkt schon seit knapp eineinhalb Minuten nicht mehr geregt - angelegt worden seien, hätte das Anlegen der Fußfesseln zuerst die Vergewisserung, dass alle wesentlichen Lebensfunktionen noch aufrecht gewesen seien, erfordert. Da dies nicht geschehen sei, sei diese Fesselung "in ihrer konkreten Anwendung zum gegebenen Zeitpunkt rechtswidrig" gewesen.

Die im angefochtenen Bescheid unter Spruchpunkt I.c) für rechtswidrig erklärte Misshandlung des C.W. qualifizierte die belangte Behörde als von vornherein nicht notwendig und somit als nicht verhältnismäßig. Die Faustschläge hätten insbesondere nicht zur Abwehr von irgendwelchen Gefahren gedient. Auch die begleitende Beleidigung mit dem Ausdruck "Sau" könne nicht als verständliche Empörung gewertet werden, seien doch nach Ansicht der Polizeibeamten bei C.W. die Unterbringungsvoraussetzungen erfüllt gewesen und sei dieser daher für sein Verhalten nicht verantwortlich zu machen gewesen. Die Schläge seien daher nicht nur als rechtswidrige Misshandlung zu beurteilen, sondern sie verstießen in Verbindung mit der Beleidigung "darüber hinaus noch" gegen Art. 3 EMRK.

In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides erörterte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht, weshalb sie die übrigen Maßnahmen unter Spruchpunkt II. als rechtmäßig angesehen und die Maßnahmenbeschwerde daher insoweit abgewiesen habe:

Was die Freiheitsentziehung des C.W. im Rahmen der versuchten Unterbringung betrifft, so ging die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung von den §§ 8 und 9 des Unterbringungsgesetzes (UbG) aus, die im Wesentlichen dem § 46 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) entsprächen. Voraussetzung für die Freiheitsentziehung zum Zwecke der Unterbringung sei demnach zunächst die "Fremdgefährlichkeit" bzw. "Selbstgefährlichkeit" des Betroffenen, die die belangte Behörde im vorliegenden Fall einerseits in den Handlungen des C.W. gegenüber dem Leiter des Afrika-Kulturdorfes und andererseits in der "selbstbeschädigenden Vorgangsweise" des C.W. erblickte. Auch das nach § 9 iVm § 3 Z. 1 UbG erforderliche Tatbestandselement des Vorliegens einer psychischen Krankheit sei aus der Sicht der Polizeibeamten anzunehmen gewesen, hätten diese doch zum einen auf Grund der Schilderungen des Leiters des Afrika-Kulturdorfes vom Verhalten des C.W. am Abend des 14. Juli 2003 Kenntnis gehabt, das mit ihren eigenen Wahrnehmungen übereingestimmt habe. Hervorzuheben sei dabei, dass C.W. nach dem Eintreffen der Polizei die Situation nicht zu erklären versucht habe, sondern vielmehr getanzt und eine unverständliche Verhaltensweise an den Tag gelegt habe. Zum anderen sei auch auf Grund der Äußerungen des Notarztes das Vorliegen einer psychischen Krankheit vertretbar gewesen. Ob hingegen, so die Begründung des angefochtenen Bescheides weiter, auch die Voraussetzung des §§ 3 Z. 2 UbG, nämlich das Fehlen von Behandlungsalternativen, erfüllt gewesen sei, sei von den Beamten allein nicht zu klären gewesen und habe nach Ansicht der belangten Behörde in diesem Stadium "noch keiner Abklärung bedurft".

Zur Frage, ob auch das Vorliegen von Gefahr im Verzug Voraussetzung für das behördliche Einschreiten gewesen sei, meinte die belangte Behörde, dass die Amtshandlung "im gegebenen Stadium", nämlich des Versuchs der zwangsweisen Vorführung zum Zweck der Unterbringung, "lediglich" den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 erster Satz "oder" des § 9 Abs. 2 UbG entsprechen habe müssen (Bescheid S. 46). In diesem Zusammenhang wies die belangte Behörde darauf hin, dass es zwar Absicht gewesen sei, den Betroffenen direkt ins psychiatrische Krankenhaus zu bringen, es sei aber andererseits nicht auszuschließen, dass die Beamten "allenfalls am Zielort" einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt beigezogen hätten. "Diesfalls" bräuchte die Verbringung ins psychiatrische Krankenhaus nicht mit Gefahr im Verzug gerechtfertigt zu werden, sondern es "genügten die allgemeinen (Unterbringungs-)Voraussetzungen". "Davon abgesehen" - so die belangte Behörde weiter - sei aber im vorliegenden Fall auch das Vorliegen besonderer Dringlichkeit im Sinn des § 9 Abs. 2 UbG grundsätzlich vertretbar gewesen. Gefahr im Verzug liege nämlich dann vor, wenn die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ihrer Pflicht zur Abwehr einer Gefahr im Sinn des § 3 Z. 1 UbG nur durch eine unmittelbare Überstellung des Betroffenen in die Anstalt nachkommen könnten. Davon sei gegenständlich nicht nur auf Grund der Fluchtversuche des offensichtlich verwirrten C.W., sondern auch auf Grund der durch sein Verhalten nicht unerheblich herbeigeführten Selbstbeschädigung auszugehen gewesen.

Was schließlich das unter Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides für rechtmäßig erachtete Anlegen von Handfesseln betreffe, so habe angesichts der erfolgten Selbstverletzung des C.W. mit der Möglichkeit gerechnet werden müssen, dass dieser während der Fahrt mit den Rettungstransportwagen eine weitere Gefahr, und zwar auch für die mitfahrenden Sanitäter bzw. den Arzt darstellen könnte. So sei insbesondere die Befürchtung berechtigt gewesen, dass C.W. während der Fahrt hätte fliehen wollen oder dass er sicherheitsgefährdende Panikreaktionen gesetzt hätte.

Gegen Spruchpunkt I. und III. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, zur Zl. 2004/11/0070 protokollierte Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer), gegen Spruchpunkt II. erhob die Witwe des verstorbenen C.W. (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin) die zur Zl. 2004/11/0071 protokollierte Bescheidbeschwerde.

Beide Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und nach Vorlage des Verwaltungsaktes durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2002 lauten (auszugsweise):

"2. Hauptstück

Organisation der Sicherheitsverwaltung

Besorgung der Sicherheitsverwaltung

§ 2. (1) Die Sicherheitsverwaltung obliegt den Sicherheitsbehörden.

(2) Die Sicherheitsverwaltung besteht aus der Sicherheitspolizei, dem Pass- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten.

Vorführung

§ 46. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Menschen, von denen sie aus besonderen Gründen annehmen, dass sie an einer psychischen Krankheit leiden und im Zusammenhang damit ihr Leben oder ihre Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährden, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt vorzuführen, sofern dies notwendig ist, um eine Untersuchung des Betroffenen durch diesen Arzt zu ermöglichen. Weiters sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, solche Menschen einer Krankenanstalt (Abteilung) für Psychiatrie vorzuführen, sofern der Arzt die Voraussetzungen für eine Unterbringung bescheinigt.

(2) Bei Gefahr im Verzug sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, den Betroffenen auch ohne Untersuchung und Bescheinigung einer Krankenanstalt (Abteilung) für Psychiatrie vorzuführen.

(3) Im Übrigen ist in diesen Fällen gemäß § 9 UbG vorzugehen.

...

Beschwerden wegen Verletzung subjektiver Rechte

§ 88. (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate erkennen über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG).

(2) Außerdem erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.

(3) ...

Amtsbeschwerde

§ 91. (1) Der Bundesminister für Inneres kann gegen

1. Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden gemäß den §§ 88 und 89 oder

2. ...

sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Betroffenen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung an die Behörde."

Die für den vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes (UbG), in der Fassung BGBl. I Nr. 12/1997, lauten (auszugsweise):

"Geltungsbereich

§ 2. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie (im folgenden Anstalt), in denen Personen in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden (im folgenden Unterbringung).

Voraussetzungen der Unterbringung

§ 3. In einer Anstalt darf nur untergebracht werden, wer

1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und

2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.

Unterbringung ohne Verlangen

§ 8. Eine Person darf gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine Anstalt gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im Einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet.

§ 9. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind berechtigt und verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt (§ 8) zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine Anstalt zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.

(2) Bei Gefahr im Verzug können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung in eine Anstalt bringen.

(3) Der Arzt und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. Sie haben, soweit das möglich ist, mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb einer Anstalt zusammenzuarbeiten und erforderlichenfalls den örtlichen Rettungsdienst beizuziehen."

Zur Beschwerdelegitimation:

Das Handeln von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Verbringung einer Person in eine Krankenanstalt (Abteilung) für Psychiatrie nach § 46 Abs. 1 und 2 SPG und nach § 9 UbG (vgl. § 46 Abs. 3 SPG) erfolgt im Rahmen der Besorgung der Sicherheitsverwaltung (§ 2 SPG), die dabei ausgeübte Befehls- und Zwangsgewalt kann daher gemäß § 88 Abs. 1 SPG mit Beschwerde an den zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft werden. Gemäß § 91 Abs. 1 Z. 1 SPG kommt dem Bundesminister für Inneres gegen die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates das Recht der Amtsbeschwerde zu (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1994, Zl. 93/11/0035).

Das Beschwerderecht der Zweitbeschwerdeführerin als Witwe des verstorbenen C.W. ist im Hinblick auf die Verletzung von Rechten nach dem UbG, die eine Ausgestaltung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK darstellen, zu bejahen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 2001, VfSlg. 16.109).

Zum Prüfungsumfang:

Vorweg ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts zu überprüfen hat und diese Tatsachenannahmen nur bezüglich ihrer Schlüssigkeit überprüfen kann.

Zur Freiheitsentziehung (versuchte Verbringung in die Anstalt):

Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid (S. 14 und 46) war das Ziel der hier zu beurteilenden Maßnahmen der einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, C.W. direkt in das Psychiatrische Krankenhaus Baumgartner Höhe (konkret: in die psychiatrische Abteilung dieser Krankenanstalt, somit in eine Anstalt im Sinn des § 2 UbG) zu bringen. Dies war, weil dafür offenbar das Einverständnis des Betroffenen fehlte, mit der Entziehung seiner Freiheit verbunden, sodass zu prüfen ist, ob dieser Freiheitsentzug auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Z 5 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrG) erfolgt ist. Der Gesetzgeber hat in den §§ 8 und 9 UbG (und im Wesentlichen gleich lautend in § 46 SPG) die Voraussetzungen für die Verbringung einer Person in eine Anstalt ohne deren Verlangen geregelt. Anhand dieser Vorschriften ist gegenständlich nicht nur das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verbringung in die Anstalt zu prüfen, sondern, sofern diese erfüllt waren, auch zu beurteilen, ob die Art und Weise der versuchten Verbringung in die Anstalt mit der Rechtsordnung (§ 9 Abs. 3 UbG) im Einklang stand. Vorauszuschicken ist dabei, dass die Verbringung in die Anstalt ohne Verlangen des Betroffenen nach den §§ 8 und 9 UbG von der - allenfalls nachfolgenden - Unterbringung in der Anstalt (letztere darf nur unter den Voraussetzungen des § 10 UbG erfolgen und ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens) zu unterscheiden ist.

§ 8 UbG regelt den Fall, in dem eine Person - nachdem sie von einem Arzt im Sinne dieser Bestimmung untersucht wurde und nachdem dieser das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen bescheinigt hat - in eine Anstalt gebracht wird. Dieser Fall liegt gegenständlich schon deshalb nicht vor, weil eine ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen fehlte (vgl. zu den spezifischen inhaltlichen Anforderungen an eine solchen Bescheinigung das hg. Erkenntnis vom 27. November 2001, Zl. 2000/11/0320).

Im Beschwerdefall ist somit als Beurteilungsgrundlage für das Handeln der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes § 9 UbG heranzuziehen. Dort werden hinsichtlich der Voraussetzungen des Einschreitens der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zwei Fälle unterschieden: Während die genannten Organe gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz UbG berechtigt und verpflichtet sind, eine Person unter den dort genannten Voraussetzungen zum Arzt (als solcher ist im gegebenen Zusammenhang stets ein Arzt i.S. des § 8 UbG zu verstehen) zu bringen oder diesen beizuziehen (der dann seinerseits darüber zu entscheiden hat, ob der Betreffende in eine Anstalt zu verbringen ist), können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 9 Abs. 2 UbG bei Gefahr im Verzug die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung durch den Arzt unmittelbar in eine Anstalt bringen. In beiden Fällen (somit auch im Fall des § 9 Abs. 2 UbG - vgl. Kopetzki, Unterbringungsrecht II (1995), S. 539) ist es demnach erforderlich, dass aus besonderen Gründen die materiellen Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 UbG zulässigerweise für gegeben angesehen werden. Im Fall des § 9 Abs. 2 UbG - direkte Verbringung in eine Anstalt ohne ärztliche Untersuchung - muss überdies Gefahr im Verzug vorliegen. Im Beschwerdefall sind daher, weil der Betroffene C.W. direkt in eine Anstalt verbracht werden sollte, die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UbG maßgeblich. Daran ändert nichts, dass im Beschwerdefall ein Notarzt am Einsatzort anwesend war, wäre doch die Verbringung in eine Anstalt nur dann nach den (Gefahr im Verzug nicht erfordernden) Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UbG zu beurteilen, wenn die Unterbringungsvoraussetzungen bereits von einem Arzt im Sinn des § 8 UbG, somit von einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt, nach durchgeführter Untersuchung des Betroffenen bescheinigt worden wären. Dass es an einer solchen Bescheinigung fehlte, wurde bereits gesagt. Da somit gegenständlich schon unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden ärztlichen Bescheinigung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 UbG nicht zum Tragen kommen, kann dahingestellt bleiben, ob der Rettungs- bzw. Notarzt überhaupt als Arzt im Sinn des § 8 UbG anzusehen ist (verneinend Kopetzki, a.a.O., S. 534f.) und ob daher die Bescheinigung eines Rettungs- bzw. Notarztes - wäre sie vorgelegen - überhaupt ausgereicht hätte, um den Betroffenen unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UbG in eine Anstalt zu bringen. Sind aber gegenständlich, wie gesagt, nicht die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UbG, sondern jene des § 9 Abs. 2 UbG entscheidungsrelevant, dann musste sich die belangte Behörde - anders als die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vorbringt - nicht mit der Frage auseinander setzen, ob es im Sinn des Abs. 1 dieser Bestimmung ausgereicht hätte, einen Amtsarzt am Ort des Geschehens "beizuziehen", zumal, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, von einer ausreichenden Behandlung einer (noch gar nicht festgestellten) psychischen Krankheit außerhalb der Anstalt nicht ausgegangen werden konnte.

Gemäß dem hier entscheidungsrelevanten § 9 Abs. 2 UbG setzt die Rechtmäßigkeit der (versuchten) Verbringung des C.W. in die Anstalt und die Zulässigkeit der damit verbundenen Freiheitsentziehung nach dem Gesagten voraus, dass einerseits die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 UbG aus besonderen Gründen für gegeben annehmen durften und dass andererseits Gefahr im Verzug vorlag. Was die erstgenannte Voraussetzung betrifft, so ist von den einschreitenden Organen eine qualifizierte fachmedizinische Beurteilung der Unterbringungsvoraussetzungen freilich nicht zu erwarten. Vielmehr genügt - als Minimalvoraussetzung - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes aus besonderen Gründen die Voraussetzungen für eine Unterbringung vertretbar annehmen konnten (vgl. zum Vertretbarkeitskalkül das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2003, Zl. 2001/11/0162, und das dort zitierte Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 94/11/0340; in diesem Sinne und zur ex-ante-Betrachtungsweise auch Kopetzki, a.a.O., S. 532). Die genannte Annahme muss aber, wie die Zweitbeschwerdeführerin zutreffend mit Bezug auf § 3 Z. 2 UbG anmerkt, das Vorliegen sämtlicher Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 UbG umfassen (vgl. die bereits zitierten hg. Erkenntnisse Zlen. 94/11/0340 und 2000/11/0320). Was dabei § 3 Z. 1 UbG anlangt, so ist es nach dem letztgenannten Erkenntnis erforderlich, dass das Leben oder die Gesundheit des Betreffenden oder Anderer ernstlich und erheblich gefährdet ist. Es genügt sohin nicht bloß die vage Möglichkeit einer Selbst- oder Fremdbeschädigung, sondern es ist ein hohes Maß der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts notwendig.

Überträgt man nun diese Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UbG auf den vorliegenden Beschwerdefall, so ist zunächst auf die (insoweit unstrittigen) Feststellungen im angefochtenen Bescheid (S. 13) hinzuweisen, wonach sich C.W. noch im Afrika-Kulturdorf des Stadtparks in äußerst erregtem Zustand auf die Motorhaube des Autos, mit dem der Leiter dieses Kulturdorfes habe wegfahren wollen, geworfen und dort auf die Scheiben und das Autodach geschlagen habe. Nachdem die Rettungssanitäter, der Notarzt und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes eingetroffen waren, habe C.W. seine Tasche ausgeleert, seine Oberbekleidung ausgezogen, Worte unverständlichen Sinngehalts von sich gegeben und sei herumgetanzt. Auch durch das Zureden eines weiteren Mitarbeiters dieses Kulturdorfes konnte C.W. offenbar nur vorübergehend beruhigt werden, hat sich sein Erregungszustand nach den behördlichen Feststellungen doch danach wieder gesteigert. Angesichts dieses Verhaltens und der Auffassung des Notarztes, der eine Psychose bei C.W. einerseits nicht ausschloss, und der andererseits auf Grund des Erregungszustandes des Betroffenen aus medizinischer Sicht eine Behandlung für dringend erforderlich hielt, was den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auch zu verstehen gegeben wurde, ist es entgegen der Auffassung der Zweitbeschwerdeführerin nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Ansicht gelangte, die einschreitenden Organe hätten vertretbar davon ausgehen dürfen, dass C.W. an einer psychischen Krankheit leide.

Ebenso wenig hegt der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Gesagten Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, die einschreitenden Organe hätten wegen der "selbstbeschädigenden Vorgangsweise" des C.W. auch vertretbar von einer ernstlichen und erheblichen Selbstgefährdung im Sinn des § 3 Z. 1 UbG ausgehen dürfen. Unstrittig ist nämlich, dass sich C.W. nicht nur auf die Motorhaube des Autos warf und auf dieses einschlug, sondern auch dem danach wegfahrenden Auto nachlief, sich daran festhielt und sich dadurch in der Folge verletzt hat. Auf den Umstand, dass C.W. dabei - wie die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Beschwerde geltend macht - nicht "vorsätzlich in Selbstverletzungsabsicht" gehandelt habe, kommt es nicht an, weshalb dieser Beschwerdeeinwand der vertretbaren Annahme der Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 Z. 1 UbG nicht entgegen steht. Bei diesem Ergebnis ist es auch unerheblich, ob, was die Zweitbeschwerdeführerin bestreitet, überdies auch eine von C.W. ausgehende Fremdgefährdung angenommen werden durfte (wobei der Vollständigkeit halber auf die behördlichen Feststellungen über das Auftreffen eines geworfenen Steines - Bescheid S. 13 - und auf die Aussagen des Notarztes im Protokoll vom 4. Dezember 2003, S. 21, zu verweisen ist, wonach C.W. eine Polizistin attackiert und einen eigroßen blutverschmierten Stein geworfen habe).

Zutreffend führt die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, wie bereits erwähnt, ins Treffen, gegenständlich sei die (versuchte) Verbringung in eine Anstalt durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nur dann durch § 9 Abs. 2 UbG gedeckt, wenn die einschreitenden Organe vertretbar annehmen konnten, dass auch die in § 3 Z. 2 UbG genannte Unterbringungsvoraussetzung, nämlich das Fehlen einer ausreichenden ärztlichen Behandlungs- bzw. Betreuungsalternative, erfüllt gewesen sei. Mit dieser Tatbestandsvoraussetzung setzte sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid inhaltlich nicht weiter auseinander. Die Zweitbeschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang auf die Zeugenaussage des Notarztes (Verhandlungsprotokoll vom 4. Dezember 2003, S. 31), wonach die Möglichkeit bestanden habe, "dass dieser akute Erregungszustand auch durch Psychopax gemildert wird". Diese Vorgangsweise sei vom Notarzt auch "angedacht" gewesen, habe die belangte Behörde doch selbst festgestellt, dass der Notarzt nur über Ersuchen eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes davon Abstand genommen habe, dem C.W. Psychopax-Tropfen vermischt mit etwas Trinkwasser zu verabreichen. Der mit diesem Beschwerdevorbringen aufgezeigte Verfahrensmangel führt allerdings nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn dem Verfahrensfehler Relevanz zukommt. Letzteres ist aus folgenden Gründen nicht der Fall: Zwar findet sich an der genannten Stelle des Verhandlungsprotokolls die Aussage des Notarztes, es habe die "Möglichkeit" bestanden, durch Psychopax den akuten Erregungszustand des C.W. zu "mildern". Die Zweitbeschwerdeführerin übergeht dabei allerdings die unmittelbar daran anschließend protokollierte Aussage des Notarztes, dass der Wirkstoff Psychopax bei C.W. möglicherweise überhaupt nicht gewirkt hätte und dass (zu ergänzen: selbst im Falle des Einsetzens einer Wirkung) die Erregung des C.W. bei Nachlassen der Wirkung des Medikamentes möglicherweise "wieder aufgelebt" wäre. Diesen Aussagen des Notarztes tritt die Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerde nicht entgegen. Der Einwand einer alternativen Behandlungsmöglichkeit ist somit schon deshalb nicht zielführend, weil in der damaligen Situation nicht gesagt werden konnte, dass C.W. mit dem genannten Medikament in anderer Weise "ausreichend" im Sinn des § 3 Z. 2 UbG behandelt hätte werden können. Abgesehen davon kam eine medikamentöse Behandlung des C.W. als Alternative zur Verbringung in eine Anstalt auch deshalb nicht in Betracht, weil sich im Verwaltungsakt kein Anhaltspunkt und im Übrigen auch in der Beschwerde keine Behauptung dahingehend findet, dass C.W. einer ärztlichen Behandlung mit Medikamenten zugestimmt hätte (vgl. zur erzwungenen medizinischen Behandlung, soferne diese nicht "unbedingt notwendig" ist, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 1984, B 191/82, VfSlg. 10.051, und, darauf Bezug nehmend, Kopetzki, a.a.O., S. 521 und S. 530 zur Unzulässigkeit der medikamentösen Ruhigstellung im Stadium der Vorführung; siehe auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. September 1992 im Fall "Herczegfalvy gegen Österreich", ÖJZ 1993, 96, zur - im vorliegenden Beschwerdefall von vornherein fehlenden - "therapeutischen Notwendigkeit" der zwangsweisen Behandlung einer Person, die "völlig außerstande" ist, die notwendigen Entscheidungen zu treffen). Gegenständlich ergibt sich aus den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde geradezu gegenteilig, dass ein zielführendes Gespräch mit C.W. über seinen Zustand und seine Behandlung offensichtlich gar nicht möglich war, sodass für eine ärztliche Behandlung oder Betreuung außerhalb der Anstalt die notwendige Voraussetzung der Einsicht und der Einwilligung des Betroffenen fehlte (vgl.  dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 94/11/0340).

Damit bleibt bezüglich der Frage der Rechtmäßigkeit der Verbringung des C.W. in eine Anstalt durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ohne vorherige ärztliche Untersuchung und Bescheinigung das in § 9 Abs. 2 UbG vorausgesetzte Vorliegen von Gefahr im Verzug zu beurteilen. Diese Voraussetzung hat, wie erwähnt, die belangte Behörde (ungeachtet ihrer ersten Überlegungen auf S. 46 des angefochtenen Bescheides) letztlich doch geprüft. Sie hielt die Einschätzung, es liege Gefahr im Verzug vor, aus der Sicht der einschreitenden Organe u.a. deshalb für vertretbar, weil sich der Beschwerdeführer schon beim Eintreffen der Polizei am Einsatzort, wie bereits mehrfach erwähnt wurde, durch sein eigenes Handeln verletzt hatte. Die (nach den behördlichen Feststellungen offensichtlich blutende) Verletzung des C.W. wird auch von der Zweitbeschwerdeführerin nicht bestritten. Unter den gegebenen Umständen - auch der Notarzt hielt, wie erwähnt, eine medizinische Behandlung des Erregungszustandes des C.W. für dringend erforderlich - durften die einschreitenden Organe davon ausgehen, dass eine amtsärztliche Bescheinigung im Sinn des § 8 UbG nicht rechtzeitig hätte beigeschafft werden können, wäre doch beim Verhalten des C.W., wie es sich den Beamten darstellte, eine andauernde Selbstgefährdung bei weiterem Zuwarten gegeben gewesen und noch gestiegen. Da die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes somit vertretbar vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UbG ausgehen konnten, erweist sich der Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides, soweit er zunächst die Freiheitsentziehung zum Zweck der Unterbringung betrifft, als rechtmäßig.

Zu den weiteren Maßnahmen:

Die Frage der Rechtmäßigkeit der in den übrigen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides beurteilten Maßnahmen, die gleichfalls dazu dienen sollten, den Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin in eine Anstalt zu bringen (dies betrifft vor allem die Hand- und Fußfesselung sowie die Fixierung des C.W. am Boden) ist am Maßstab des § 9 Abs. 3 UbG zu beantworten. Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung haben (der Arzt und) die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen. § 9 UbG setzt damit für den im Art. 2 Abs. 1 Z. 5 PersFrG vorgesehenen Fall der Entziehung der persönlichen Freiheit das im Art. 1 Abs. 3 und Abs. 4 PersFrG verankerte Gebot der Verhältnismäßigkeit auf einfachgesetzlicher Ebene um. Zutreffend ist die belangte Behörde daher bei der Beurteilung der in Rede stehenden Maßnahmen von den Kriterien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ausgegangen.

Zur Handfesselung:

Die belangte Behörde hat die Handfesselung des Ehemannes der Zweitbeschwerdeführerin für rechtmäßig erachtet und die Maßnahmenbeschwerde in diesem Punkt abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 8. August 2002, Zl. 99/11/0327, - gleichfalls eine Verbringung in eine Anstalt nach dem UbG betreffend - ausgeführt, dass die Fesselung mit Handschellen im Rahmen einer Amtshandlung eine Vorgangsweise ist, die nur dann gerechtfertigt ist, wenn sie "unbedingt erforderlich (unabdingbar) ist". Eine Fesselung mit Handschellen sei etwa dann nicht gerechtfertigt, wenn auf Grund der näheren Umstände eine konkrete Gefährdung der körperlichen Sicherheit der einschreitenden Behördenorgane nicht ernstlich zu befürchten sei oder es diesen auf eine maßvollere Weise als durch Anlegen von Handfesseln möglich wäre, dem Widerstand einer Person zu begegnen.

Im vorliegenden Beschwerdefall ging der Handfesselung, wie dargestellt, das selbstverletzende Verhalten des C.W. voraus, aus der eine weitere Selbstgefährdung des Betroffenen abgeleitet werden durfte. Vor allem aber hat C.W. bereits vor dem Anlegen von Handfesseln einen (ersten) Fluchtversuch auf die Fahrbahn vor dem Stadtpark unternommen, als man ihn auf die Transportliege des Rettungswagens legen wollte. Der vorliegende Fall unterscheidet sich daher, anders als die Zweitbeschwerdeführerin meint, schon grundsätzlich von jenem Sachverhalt, der dem zitierten Erkenntnis Zl. 99/11/0327 zu Grunde lag. Gegenständlich musste nach dem Gesagten nicht nur von der Möglichkeit einer weiteren Selbstbeschädigung, sondern auch von der Gefahr ausgegangen werden, C.W. werde neuerlich versuchen, sich der Verbringung in die Anstalt zu widersetzen. Wenn die Zweitbeschwerdeführerin meint, es hätten auch gelindere Mittel ausgereicht und dabei eine Ruhigstellung ihres Ehemannes mit dem Gurt der Transportliege anspricht, so ist dem zu entgegnen, dass mit diesem Gurt ein Herabfallen von Personen vom Tragegerät verhindert werden soll (siehe dazu auch S. 17 des Verhandlungsprotokolls vom 15. Jänner 2004). Das bloße Anlegen des Gurtes der Transportliege gewährleistet noch nicht, dass ein Fluchtversuch selbst von bewachten Personen, sofern diese nicht von vornherein in ihrer Mobilität eingeschränkt sind (was bei C.W. offenbar nicht der Fall war), wirksam verhindert werden kann. Zu Recht hat die belangte Behörde im Beschwerdefall daher das Anlegen von Handfesseln als unabdingbare Vorkehrung im Sinn des § 9 Abs. 3 UbG angesehen.

Zur Fußfesselung:

Für das Fesseln der Füße eines Menschen gelten keine geringeren Zulässigkeitsvoraussetzungen als für die Handfesselung, ist doch die Fußfesselung mit einem deutlich höheren Eingriff in die persönliche Bewegungsfreiheit verbunden. Auch die Fußfesselung ist daher jedenfalls nur dann zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich, also unabdingbar ist, d.h. wenn ohne diese Maßnahme das Erreichen des rechtmäßigen Ziels des behördlichen Handelns nicht auf sichere Weise erreicht werden kann. Dies traf im vorliegenden Beschwerdefall - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - zu keinem Zeitpunkt zu. Wenn die belangte Behörde nämlich darauf hinweist, es sei C.W. mit bloßer Handfesselung bereits einmal gelungen, aus dem Rettungsauto zu entkommen, so lässt dies - angesichts der Begleitumstände dieses Fluchtversuchs - keineswegs den Schluss zu, dass es der zusätzlichen Fesselung auch der Füße des Betroffenen bedurfte, um ihn sicher in eine Anstalt bringen zu können. Bei dieser Betrachtungsweise lässt die belangte Behörde nämlich außer Acht, dass der von ihr angesprochene Fluchtversuch des C.W. aus dem Rettungswagen nach ihren eigenen Feststellungen (angefochtener Bescheid S. 15) aus der - damals offen gebliebenen - Seitentüre des Rettungsautos erfolgte, wobei C.W. zu diesem Zeitpunkt im Rettungsauto offenbar nicht durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bewacht wurde (vgl. damit übereinstimmend auch die Zeugenaussage des Notarztes auf S. 24 des Verhandlungsprotokolls vom 4. Dezember 2003: "... Es ist ausgemacht gewesen, dass ihn zwei Polizisten ins Rettungsauto begleiten und auch mitfahren, sie sind aber nicht hineingegangen. ... Auf Nachfrage: Ich habe mit den Polizisten - es waren mehrere, die Polizistin war auch dabei - vorher vereinbart gehabt, dass ich den Patienten mit den Polizisten, wovon zwei im Auto mitfahren sollten, auf die Baumgartner Höhe bringe. Ich weiß nicht, warum dann keiner von den Polizisten ins Rettungsauto gegangen (ist).").

Wäre daher der - ohnehin mit den Händen am Rücken gefesselte -

C.W. von im Rettungsauto mitfahrenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes entsprechend bewacht worden, so hätte dies (anders als in der Amtsbeschwerde, Seite 14, vertreten wird) als gelinderes Mittel das zusätzliche Anlegen von Fußfesseln erübrigt. In diesem Zusammenhang ist die belangte Behörde der Vollständigkeit halber auch auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid (S. 23) zu verweisen, wonach es der Lebenserfahrung entspreche, dass ein auf dem Rücken Gefesselter schon durch entschlossenen Zugriff unschwer aus dem Gleichgewicht gebracht werden könne.

Die Ansicht der belangten Behörde zur "ursprünglich gegebenen" Zulässigkeit der Fußfesselung ist daher unzutreffend. Soweit sie diese Ansicht unter Spruchpunkt I.b) des angefochtenen Bescheides - über die Rechtswidrigerklärung der konkreten Fußfesselung hinausgehend - in Form weiterer (trennbarer) Feststellungen zum Ausdruck gebracht hat, erweist sich diese Vorgangsweise als rechtswidrig. Wie vom Verwaltungsgerichtshof zu § 67c Abs. 3 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 nämlich bereits wiederholt ausgesprochen wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat den angefochtenen Verwaltungsakt "schlichtweg" für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist (vgl. das Erkenntnis vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/01/0388, mwN). Daher war der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt I.b) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit teilweise aufzuheben. Soweit die belangte Behörde in diesem Spruchpunkt die Fußfesselung des C.W. für rechtswidrig erklärt hat, war ihr nach dem Gesagten - im Ergebnis - nicht entgegenzutreten.

Zur Fixierung am Boden:

Was die von der belangten Behörde unter Spruchteil I. a) ihres Bescheides für rechtswidrig erklärte Fixierung des C.W. am Boden betrifft, so ist nach den insoweit unstrittigen behördlichen Feststellungen davon auszugehen, dass daran auch Rettungssanitäter mitgewirkt haben. Diese haben dabei im (stillschweigenden) Auftrag der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gehandelt, sodass auch das Handeln der Rettungssanitäter entgegen der Meinung des Erstbeschwerdeführers der Behörde (Bundespolizeidirektion Wien) zuzurechnen ist (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10.051).

In der Amtsbeschwerde wird gegen die Beweiswürdigung betreffend die Fixierung des C.W. zusammengefasst vorgebracht, die belangte Behörde sei zu Unrecht zum Ergebnis gelangt, dass der Betroffene spätestens ab dem Zeitpunkt, als die Fußfesseln angefordert worden seien, am Boden fixiert gewesen sei. Auch nach diesem Zeitpunkt habe C.W. nach den Aussagen mehrerer Zeugen noch Widerstand geleistet, was durch die Einschränkung seiner Bewegungsmöglichkeit "sukzessive, und damit möglichst maßhaltend" unterbunden worden sei. Auch die Feststellung des UVS, einer der Polizeibeamten habe mit nahezu seinem gesamten Körpergewicht Druck auf den Brustkorb des C.W. ausgeübt, sei nicht nachvollziehbar und durch die Amateurvideoaufnahme ebenso wenig verifizierbar wie die Feststellung zur "Intensität der Fixierung" des C.W. durch die beteiligten Personen. Auf dem Videoband sei vor allem ersichtlich, dass die beteiligten Sanitäter und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ihre Positionen im Zuge der Fixierung des C.W. mehrfach geändert hätten, sodass keine Rede davon sein könne, dass diese Fixierung in der von der belangten Behörde beschriebenen "massiven Art" mindestens 4 Minuten und 25 Sekunden aufrecht erhalten worden sei. Es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, Feststellungen darüber zu treffen, "mit welcher Krafteinwirkung" C.W. am Boden fixiert worden sei. Jedenfalls sei es auf Grund des "fortgesetzten renitenten" Verhaltens des C.W. erforderlich gewesen, ihn durch mehrere Personen festzuhalten, "um ihn zu überwältigen und so auf dem Boden zu fixieren, dass er keinen Widerstand mehr leisten konnte". Nach den Zeugenaussagen habe es länger gedauert, bis C.W. "zu Boden gerungen" habe werden können.

Der Erfolg dieses Beschwerdevorbringens setzt unter anderem voraus, dass die Rechtmäßigkeit der Fixierung des C.W. davon abhängt, auf welche Art, insbesondere durch wie viele Personen und mit konkret welcher Vorgangsweise die Fixierung des C.W. am Boden erfolgte. Darauf kommt es im vorliegenden Fall aber nicht an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes war gegenständlich nämlich gar keine Notwendigkeit gegeben, den nach seinem Fluchtversuch zwischen dem Rettungsauto und dem Notarztwagen wieder gefassten C.W. auf den Boden zu ringen und ihn dort zu fixieren, damit er, wie die Amtsbeschwerde vorträgt, "keinen Widerstand mehr leisten konnte". Das rechtmäßige Ziel der hier zu beurteilenden Maßnahmen lag vielmehr ausschließlich darin, den Betroffenen - allenfalls auch gegen seinen aufrechten Widerstand - in das bereit stehende Rettungsauto zu bringen und ihn damit in die Anstalt zu führen. Dies erforderte angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falles keineswegs, jeglichen Widerstand des C.W. auszuschalten. Dass nämlich (abgesehen von den anwesenden Sanitätern) sechs geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht in der Lage gewesen sein sollten, den bereits gefassten (nach der Beschwerde etwa 65 kg wiegenden) und mit den Händen am Rücken gefesselten Betroffenen gegen seinen Willen in ein unmittelbar daneben stehendes Rettungsauto zu tragen, kann nicht ernsthaft behauptet werden. Schon weil daher genügend Einsatzkräfte vor Ort waren, war es auch nicht unbedingt notwendig (unabdingbar), C.W. gegen seinen Willen eine Beruhigungsspritze zu verabreichen, um ihn in die Anstalt zu verbringen (vgl. zu den strengen Voraussetzungen einer zwangsweisen medizinischen Behandlung, konkret bezüglich einer zwangsweisen "Beruhigungsinjektion", abermals das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 1984, VfSlg. 10.051). Da somit die in Rede stehende Fixierung des C.W. auch nicht gerechtfertigt war, um ihm eine Beruhigungsspritze zu verabreichen oder, wie bereits dargelegt wurde, um ihm Fußfesseln anzulegen, bestehen gegen die Rechtswidrigerklärung dieser Fixierung im Ergebnis keine Bedenken.

Die weiteren Ausführungen der Amtsbeschwerde richten sich dagegen, dass die belangte Behörde die Fixierung des C.W. am Boden unter Spruchpunkt I.a) nicht nur für recht

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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