TE OGH 1986/9/18 13Os105/86

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Veröffentlicht am 18.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Karl B*** und Michael C*** wegen des Verbrechens der Körperverletzung nach §§ 83 ff. StGB. und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Michael C*** und die Berufung des Angeklagten Karl B*** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 17.März 1986, GZ. 1 c Vr 9528/85-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Michael C*** wird zurückgewiesen.

Über die Berufungen der Angeklagten Karl B*** und Michael C*** wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der am 28.November 1955 geborene Taxilenker Karl B*** und der am 4.September 1966 geborene Schüler Michael C*** wurden des Verbrechens der (schweren) Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, 85 Z. 3 StGB. (1 a) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. (1 b und c) und der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB. (2) schuldig erkannt. Darnach haben sie am 18.Juni 1985 in Wien als Mittäter nachgenannte Personen vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar Helmut J*** durch Schläge, Tritte und Werfen gegen eine Auslagenscheibe (Schnittverletzungen an der Innenseite des linken Oberarms samt Durchtrennung des Ellennervs und des Mittelnervs und Blutunterlaufungen am ganzen Körper), wobei diese Tat eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung und eine Berufsunfähigkeit des Geschädigten (für lange Zeit: S. 175) zur Folge hatte (1 a); Tamara B*** durch Schläge und Tritte (Blutergüsse und Hautabschürfungen an beiden Halsseiten, an der linken vorderen Thoraxseite, am linken Oberschenkel, am linken Knie, an der linken Schulter und in der rechten Scheitelgegend; 1 b) und Andrej R*** durch einen Schlag gegen dessen Kopf (Beule an der Stirn; 1 c). Schließlich haben sie durch das Hineinwerfen des Helmut J*** in die Auslagenscheibe des Einrichtungshauses "S*** 8" (siehe 1 a) die Glasscheibe zerbrochen sowie zahlreiche, im Auslagenraum ausgestellte Gegenstände zerstört und dadurch einen 5.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt (2).

Der Angeklagte Michael C*** bekämpft die Schuldsprüche wegen des Verbrechens der Körperverletzung (1 a) und wegen des Vergehens der Sachbeschädigung (2) mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge (Z. 5) richtet sich zunächst gegen die Feststellung, daß Helmut J*** von beiden Mitangeklagten erfaßt und durch eine ruckartige und stoßende Armbewegung gewaltsam in die Richtung der Auslagenscheibe befördert wurde (S. 165) und bestreitet, daß hier aus den vom Gericht zitierten Beweismitteln der Schluß einer Mitwirkung des Nichtigkeitswerbers gezogen werden könne. Dies zu Unrecht, denn gerade dieser Frage hat der Senat besondere Aufmerksamkeit zugewendet, wie die detaillierte Anführung der betreffenden Erkenntnisquellen und deren eingehende Würdigung beweisen. Er hat sich dabei nicht nur auf die Depositionen der Zeugen vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung gestützt, sondern auch die in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 147) polizeilichen Erhebungsergebnisse verwertet (S. 165, 166, 168, 170 bis 173). Daß der Zeuge Andrej R***, dessen Aussage das Gericht "große Bedeutung" beimaß (S. 170, 172), seine Wahrnehmung, daß J*** von beiden Tätern gegen die Auslage geschleudert wurde, mit, wie er sich ausdrückte, nur 99-prozentiger Sicherheit bewertete (S. 136, 137 unten), verschlägt nichts, weil dessen Beobachtungen auch durch andere Beweisresultate gestützt werden (S. 171). Im übrigen vermag im gedanklichen Bereich der Empirie eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, jene Überzeugung, die ihrerseits zufolge § 258 Abs. 2 StPO. die ausschließliche Grundlage der richterlichen Tatsachenentscheidung sein darf (SSt. 45/23 und viele andere, zuletzt 13 Os 42/86, 13 Os 116/86). Daß das Gericht auf dieser Beweisgrundlage die Überzeugung gewonnen hat, daß beide Mitangeklagten gemeinsam Helmut J*** gegen die Auslagenscheibe stießen, steht außer Frage. Ein Angriff auf den dieser Überzeugung zugrundeliegenden richterlichen Erkenntnisvorgang stellt sich als unzulässige Bekämpfung der unanfechtbaren Beweiswürdigung des Schöffengerichts dar. Die weitere Behauptung der Mängelrüge, es fehle eine Begründung für die Konstatierung des Vorsatzes, die Auslagenscheibe vorsätzlich zu beschädigen, ist ebensowenig stichhältig. Hat doch das Schöffengericht den hinsichtlich der Sachbeschädigung bedingten Vorsatz aus der eingehend geschilderten Vorgangsweise der Täter (S. 166), insbesondere "angesichts der kurzen Distanz zur Geschäftsfront" (S. 173), schlüssig abgeleitet und damit durchaus zureichend begründet.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a) geht mit der Behauptung, die Auslagenscheibe sei nur fahrlässig beschädigt worden, nicht von den gegenteiligen Urteilskonstatierungen aus; sie wird insoweit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Gleiches gilt von dem (sachlich § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. anrufenden) Einwand, das Schöffengericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen für ein Handeln des Rechtsmittelwerbers in Notwehr (§ 3 StGB.) nicht geprüft. Hat es doch die auf Notwehr abzielende Verantwortung des Angeklagten B*** ausdrücklich als widerlegt erachtet (S. 175, 176): Nach den Urteilskonstatierungen hatte J*** vor dem Stoß in die Auslagenscheibe mit einem "neuerlichen Angriff der Gewalttäter nicht gerechnet" und war, weil diese ihn von hinten angriffen, "unfähig, diesem Angriff entgegenzutreten oder ihn abzuwehren" (S. 166). Zusammenfassend ergibt sich, daß die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO., teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon in einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war.

Zur Verhandlung und Entscheidung über die des weiteren gegen die Strafaussprüche ergriffenen Berufungen der beiden Angeklagten wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs. 3 StPO.).

Anmerkung

E09503

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00105.86.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19860918_OGH0002_0130OS00105_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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