TE OGH 1986/9/29 4Ob379/86

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Veröffentlicht am 29.09.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schuhhaus S*** H*** & Co., Graz, Wiener Straße 205, vertreten durch Dr. Gerhard Benn-Ibler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Johannes H***, Kaufmann in Baden, Breyerstraße 3, vertreten durch Dr. Gernot Gruböck, Rechtsanwalt in Baden, wegen Markenrechtsverletzung (Streitwert im Provisorialverfahren S 100.000,-) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 18.April 1986, GZ 4 R 45/86-11, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 14.Jänner 1986, GZ 2 Cg 509/85-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung und ihres Revisionsrekurses vorläufig, der Beklagte die Kosten seines Rekurses und seiner Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Inhaberin der mit der Priorität vom 17.5.1984 (ua) für "Turn- und Sportartikel (mit Ausnahme von Bekleidungsstücken)" eingetragenen österreichischen Wortmarke Nr.107.597 "Sportland" (Beilage F). Sie vertreibt derartige Waren unter dieser Bezeichnung in zahlreichen Geschäften in ganz Österreich, darunter in Wien und in der SCS-Vösendorf; dabei wirbt sie mit der Bezeichnung "Sportland" in Verbindung mit dem Wort "KangaR***" (Beilagen L bis R).

Der Beklagte betreibt seit dem 1.9.1984 in Baden den Einzelhandel mit Sportartikeln unter der Geschäftsbezeichnung "Sportland husar baden". Er verwendet diese Bezeichnung auch auf seinem Geschäftspapier, in seinen Werbeprospekten, auf Werbetransparenten, auf seinem Firmenbus und auf Plastiktaschen (Beilagen A, C, D, E, G, K, 3, 4 I), vertreibt aber keine mit "Sportland" bezeichneten Waren, sondern verkauft in seinem Geschäft Waren verschiedener Herkunft unter den Namen ihrer Erzeuger. Mit der Behauptung, daß der Beklagte durch die Verwendung der Wortmarke "Sportland" ihr Ausschließungsrecht an diesem Zeichen verletzt habe, begehrt die Klägerin, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die mehrfach genannte Wortmarke oder dieser Marke ähnliche Zeichen zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen, für welche die genannte Marke eingetragen ist, oder gleichartiger Waren oder Dienstleistungen zu benützen.

Der Beklagte hat sich gegen diesen Antrag ausgesprochen. Er verwende die Wortmarke der Klägerin nicht zur Kennzeichnung der von ihm vertriebenen Waren, sondern ausschließlich zur Bezeichnung seines Unternehmens. Da er damit bereits im September 1984 begonnen und die Bezeichnung "Sportland husar" noch vor dem 4.12.1984 (Beginn der Schutzdauer der Marke der Klägerin) bei den in Frage kommenden Käuferschichten im Raum Baden Verkehrsgeltung erlangt habe, komme dem Zeichengebrauch des Beklagten die Priorität gegenüber dem Markenrecht der Klägerin zu. Im übrigen sei auch die Gefahr von Verwechslungen der beiderseitigen Zeichen auszuschließen, weil der Beklagte das Wort "Sportland" immer nur in Verbindung mit dem Namen "Husar" verwende, während die Klägerin ihre Werbung immer im Zusammenhang mit der Bezeichnung "S***" betreibe und dabei das Markenwort "Sportland" nur in Verbindung mit dem Wort "KangaR***" gebrauche.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Mit dem Tag der ordnungsgemäßen Anmeldung ihrer Marke (17.5.1984) komme der Klägerin die Priorität gegenüber dem erst später aufgenommenen Zeichengebrauch des Beklagten zu. Die Wortmarke der Klägerin habe Verkehrsgeltung erlangt; auch die nach § 9 UWG erforderliche Verwechslungsgefahr sei zu bejahen, weil der Beklagte gleichartige Produkte wie die Klägerin vertreibe. Daß der Beklagte das Wort "Sportland" nur als Unternehmensbezeichnung verwende, sei rechtlich bedeutungslos.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Die Klägerin selbst habe nicht einmal behauptet, daß der Beklagte ihre Wortmarke an den von ihm vertriebenen Waren gebraucht hätte oder daß er unter dieser Bezeichnung Dienstleistungen erbringe; auf das Unterlassen eines "kennzeichenmäßigen" Markengebrauches iS des § 13 MSchG sei jedoch die Klage nicht gerichtet.

Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte, welchem vom Obersten Gerichtshof die Beantwortung dieses Rechtsmittels freigestellt worden war, hat beantragt, den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben und die angefochtene Rekursentscheidung zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig: Gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist eine - nicht schon nach § 502 Abs 2 und 3 unzulässige und nicht schon nach § 502 Abs4 Z 2 oder Abs5 jedenfalls

zulässige - Revision (und gemäß § 528 Abs 2 ZPO auch ein entsprechender Revisionsrekurs) auch dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Auch Verfahrensfehler der zweiten Instanz von erheblicher Bedeutung unterliegen damit der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof. Eine solche erhebliche Bedeutung kommt der Entscheidung jedenfalls dann zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen. Dazu gehört aber auch die Anordnung des § 405 Satz 1 ZPO, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Eine Verletzung dieses Grundsatzes - auch in der Form, daß das Gericht einen bestimmten Zuspruch mit der unzutreffenden Begründung ablehnt, er sei durch das Urteilsbegehren des Klägers nicht gedeckt - ist eine erhebliche Verletzung einer verfahrensrechtlichen Vorschrift, welche die Rechtssicherheit gefährdet (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht RN 679). Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist somit zulässig; er ist aber auch berechtigt.

Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, ist im vorliegenden Fall ein "kennzeichenmäßiger Gebrauch" (§ 13 MSchG) der Wortmarke der Klägerin durch den Beklagten anzunehmen, weil diese Voraussetzung auch durch den Gebrauch des Zeichens "in Ankündigungen und Geschäftspapieren" erfüllt wird (ÖBl.1981, 162; ÖBl.1985, 46; ÖBl.1985, 158 ua). Die dem angefochtenen Beschluß zugrunde liegende Auffassung, daß "eine solche Untersagung" durch das Begehren der Klägerin nicht gedeckt wäre (§ 405 ZPO), ist aber verfehlt: Die Klägerin beantragt, dem Beklagten die Benützung ihrer Wortmarke "zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen" zu untersagen; als eine solche "Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung" ist aber gemäß § 13 MSchG (ua) auch der Gebrauch des Zeichens in Ankündigungen und Geschäftspapieren, wie er dem Beklagten hier zur Last liegt, zu verstehen. Eine Umformulierung des Spruches der einstweiligen Verfügung, welcher sich genau an den Wortlaut des Gesetzes hält, ist bei dieser Sachlage entbehrlich. In der Sache selbst ist dem Erstgericht darin zu folgen, daß der Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 9 Abs3 UWG zu Recht besteht. Der Beklagte hat nach seinem eigenen Vorbringen erst im September 1984 mit der Verwendung der beanstandeten Bezeichnung begonnen; damit kommt aber der schon am 17.5.1984 zur Eintragung angemeldeten Marke der Klägerin gegenüber dem Zeichengebrauch des Beklagten die Priorität zu. Daß die Klägerin selbst das Markenwort "Sportland" nur in Verbindung mit dem Wort "KangaR***" und ihrem Firmenschlagwort "S***" benützt, ist hier ohne rechtliche Bedeutung, weil es gemäß § 9 Abs3 UWG allein darauf ankommt, ob sich der Beklagte der registrierten Wortmarke der Klägerin in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise bedient hat.

Diese Voraussetzung trifft aber hier zu: Wird, wie diesmal, eine registrierte Marke vollständig in ein anderes Zeichen aufgenommen, dann ist nach ständiger Rechtsprechung in der Regel Verwechslungsgefahr anzunehmen, sofern nicht die ältere Marke innerhalb des jüngeren Zeichens eine nur untergeordnete Rolle spielt und gegenüber den sonstigen, den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägenden Bestandteilen ganz in den Hintergrund tritt (ÖBl.1984, 104 mit weiteren Nachweisen). Letzteres kann aber gerade im vorliegenden Fall nicht gesagt werden, wird doch in den Werbeankündigungen des Beklagten das Wort "Sportland" sogar noch erheblich größer und auffälliger hervorgehoben als die Bezeichnung "husar baden".

Dem berechtigten Revisionsrekurs der Klägerin war deshalb Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die einstweilige Verfügung der ersten Instanz wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung des Beklagten auf §§ 40, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.

Anmerkung

E09011

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00379.86.0929.000

Dokumentnummer

JJT_19860929_OGH0002_0040OB00379_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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