Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wulf-Dieter P***, Händler mit Mobilheimen und Wohnwagen, Wien 11., Laaerbergstraße 8, vertreten durch Dr. Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot. Fa. Helmut P***, Gmunden, Linzerstraße 138, vertreten durch Dr. Kurt Dallamaßl, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 500.000,-), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. April 1986, GZ. 5 R 37/86-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 26. November 1985, GZ. 3 Cg 5/85-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.834,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 960,- an Barauslagen und S 1.443,15 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Ankündigung von Preisen für Mobilheime der dem Modelljahrgang 1983 angehörigen Typen Mirage, Colorado, Cobra, Hudson und Tudor zu unterlassen, welche erheblich unter den vom Kläger für diese Typen von Mobilheimen bekanntgemachten Preisen liegen, sofern der Beklagte zur Lieferung dieser Typen von Mobilheimen insbesondere deshalb nicht in der Lage ist, weil dem Kläger diesbezüglich der Alleinvertrieb in Österreich vertraglich zugesichert ist (ON 6). Der Kläger macht ferner ein Urteilsveröffentlichungsbegehren geltend. Zur Begründung bringt er vor, der Beklagte kündige auf der Messe in Tulln für verschiedene Typen von Mobilheimen Preise an, die durchschnittlich um rund 20 % unter jenen des Klägers, der ebenfalls auf dieser Messe derartige Mobilheime ausstelle, liegen. Dies sei deshalb wettbewerbswidrig, weil dem Kläger vom ausländischen Erzeuger insoweit das Alleinvertriebsrecht in Österreich eingeräumt worden sei und der Beklagte zur Lieferung dieser Mobilheime außerstande sei. Der Beklagte stelle den Kläger auf diese Weise als einen wesentlich zu teuer anbietenden Mitbewerber hin. Dieses Verhalten sei eine Vorbereitungshandlung für den Versuch des Beklagten, den ausländischen Lieferanten zu einem Vertragsbruch zu verleiten, und sei zur Täuschung der Kunden geeignet. Der Beklagte habe überdies die Preisliste des Klägers sklavisch nachgeahmt, indem er die Maßangaben des Klägers bezüglich der Mobilheime auf den Zentimeter genau übernommen und die Preise um genau S 15.000,-
herabgesetzt habe. Das Verhalten des Beklagten verstoße gegen die §§ 1 und 2 UWG.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe von einem Alleinvertriebsrecht des Klägers keine Kenntnis gehabt und habe vom selben Lieferanten seit Jahnen Mobilheime, die ihm dieser angeboten habe, bezogen. Die Verkaufspreise des Beklagten seien handelsüblich kalkuliert worden, wogegen der Kläger einen höheren Preis verlange.
Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Es traf folgende noch wesentliche Feststellungen:
Die Prozeßparteien sind Mitbewerber beim Vertrieb von Mobilheimen. Sie versuchten auf der vom 18. bis 20.3. und vom 25. bis 27.3.1983 in Tulln stattgefundenen Ausstellung Vertragsabschlüsse zu erzielen. Der Beklagte stellte von den im Klagebegehren genannten Typen nur ein damals bereits ein Jahr altes Mobilheim der Type Mirage sowie außerdem drei Mobilheime der Type Boston aus. Der Kläger stellte Mobilheime der Typen Hudson, Tudor, Mirage, Excelsior und Cobra aus, und zwar durchwegs Modelle des Jahrganges 1983. Der Beklagte legte Prospekte des Modelljahrganges 1983 der Typen Mirage, Boston, Colorado, Cobra, Hudson, Tudor, Excelsior und Lokamobil auf. Diese Prospekte hatte er von dem für den europäischen Kontinent allein vertriebsberechtigten holländischen Großhändler, der Firma C*** I*** W***, erhalten, welcher die Mobilheime von den Erzeugern aus England bezog. Beide Prozeßparteien unterhielten zu diesem Großhändler bereits seit Jahren Geschäftsbeziehungen. Dieser Großhändler sicherte dem Kläger für die Zeit vom 1.9.1982 bis 31.8.1983 die exklusive Lieferung der Modelle des Jahrganges 1983 der Typen Mirage, Colorado, Cobra, Hudson, Tudor und Excelsior zu. Der Beklagte bezog seit 1978 zahlreiche Mobilheime auch dieser Typen. Die Lieferung eines Modells des Jahrganges 1983 durch den holländischen Großhändler an den Beklagten im Zeitraum August/September 1982 bis August/September 1983 kann nicht festgestellt werden. Der Beklagte hätte Wohnmobile des Jahrganges 1983 direkt bei englischen Großhändlern beziehen können, wodurch ihm allerdings näher festgestellte Mehrkosten entstanden wären. Hätte der Beklagte Modelle des Jahrganges 1983 der vom Alleinvertriebsrecht umfaßten Typen beim holländischen Großhändler bestellt, dann wären im Falle eines größeren Auftrages Lieferungen mit geringfügigen Modelländerungen erfolgt. Dem Beklagten war bekannt, daß gewisse Typen von Letztmodellen vom Großhändler lediglich an den Kläger geliefert werden.
Der Beklagte legte auf der Ausstellung in Tulln eine "Pusch-Mobilheime Diskontpreisliste 1983" auf, in welcher Modelle der Typen Boston, Mirage, Hudson, Tudor, Cobra und Colorado aufschienen. Die darin enthaltenen Preise lagen um S 15.000,- unter jenen des Klägers. Der Beklagte bestellte am 8.7.1983 beim genannten Großhändler ein Modell der Type Hudson 34/10. Am 16.4.1983 verkaufte er ein Mobilheim Hudson Brocklyn 28 und am 21.5.1983 ein solches der Type Mirage 23. Eine Auslieferung von Modellen des Jahrganges 1983 durch den Großhändler an den Beklagten kann nicht festgestellt werden.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten liege nicht vor. Eine das Alleinvertriebsrecht des Klägers verletzende Lieferung des Großhändlers an den Beklagten sei weder behauptet noch bewiesen worden. Der Beklagte hätte auch ohne Verletzung dieses Alleinvertriebsrechtes Mobilheime direkt aus Englang beziehen können, sodaß er zur Lieferung an Kunden imstande gewesen sei. Für eine Verleitung des Großhändlers zum Vertragsbruch liege kein Anhaltspunkt vor. Das Unterbieten der Preise von Mitbewerbern sei erlaubt, soweit dies nicht aus besonderen Gründen sittenwidrig erfolge. Derartige besondere Umstände lägen aber nicht vor. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- übersteigt. Es billigte auf der Grundlage der Feststellungen des Erstgerichtes im wesentlichen dessen rechtliche Beurteilung.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die nur aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Mit Recht legt der Revisionswerber das Schwergewicht seiner Ausführungen auf die vom Beklagten vorgenommene Ankündigung von Preisen, die erheblich, nämlich um S 15.000,-, unter jenen des Klägers lagen. Das Klagebegehren ist nämlich nicht etwa auf die Unterlassung des - das Alleinvertriebsrecht des Klägers angeblich verletzenden - Vertriebs von Mobilheimen, sondern vielmehr ausschließlich auf die Unterlassung der Ankündigung von Preisen für bestimmte Typen von Mobilheimen gerichtet, wenn diese erheblich unter den entsprechenden Preisen des Klägers liegen und wenn der Beklagte zur Lieferung dieser Typen von Mobilheimen - insbesondere infolge des Alleinvertriebsrechts des Klägers - nicht in der Lage ist. Der Kläger inkriminierte in seinem Unterlassungsbegehren daher weder das Preisunterbieten für sich allein noch allein einen Verstoß gegen das Alleinvertriebsrecht. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist daher nur eine bestimmte Kombination des behaupteten Verhaltens des Beklagten, nämlich das Ankündigen niedrigerer Preise für Mobilheime, wenn der Beklagte zu deren Lieferung nicht in der Lage ist. Die Frage, ob der Beklagte das Alleinvertriebsrecht des Klägers in wettbewerbswidriger Weise verletzt hat, ist somit nicht entscheidungswesentlich. Ein solches Verhalten liegt jedoch schon allein deshalb nicht vor, weil der Beklagte unabhängig vom Alleinvertriebsrecht des Klägers nach den Feststellungen in der Lage war, Mobilheime direkt von englischen Großhändlern zu beziehen. Ob ihm ein Bezug darüber hinaus auch von dem durch die Alleinvertriebsvereinbarung mit dem Kläger gebundenen holländischen Großhändler faktisch möglich war, ist für die Beurteilung des vom Kläger behaupteten Umstandes, der Beklagte sei zur Lieferung von Mobilheimen an Kunden nicht in der Lage gewesen, ohne Bedeutung.
Dazu kommt aber, daß auch das Unterbieten der Preise des Klägers durch den Beklagten nicht wettbewerbswidrig war. Grundsätzlich ist jeder Gewerbetreibender befugt, den Preis seiner Ware oder Leistung unter Bedachtnahme auf - hier nicht bestehende - gesetzliche oder vertragliche Preisbindungen frei zu bestimmen. Das Unterbieten der Preise der Mitbewerber oder das Verlangen von Preisen, die unter den Selbstkosten liegen, ist nur unter besonderen Umständen sittenwidrig. Diese Umstände können etwa darin bestehen, daß der Gewerbetreibende dabei in der Absicht handelt, die geschäftliche Existenz von Mitbewerbern zu vernichten, Gläubiger durch Vermögensverschleuderung zu schädigen oder die Kunden zu täuschen. Preisschleudern, also eine Preisherabsetzung auf einen Bruchteil des sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preises, muß aber auch dann als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG qualifiziert werden, wenn dafür keine sonstigen wirtschaftlichen Erwägungen des eigenen Geschäftsbetriebes maßgebend sind, sondern nur das Bestreben vorherrscht, auf jeden Fall billigere Preise zu verlangen als der Mitbewerber (ÖBl. 1980, 67 mwH).
Derartige die Sittenwidrigkeit indizierende Umstände liegen aber hier nicht vor; sie wurden vom Kläger nicht einmal behauptet. Der Beklagte hat seine Preise nicht etwa auf einen Bruchteil der sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preise herabgesetzt; die Preisherabsetzung soll nach dem Vorbringen des Klägers etwa 20 % betragen haben. Der Kläger hat auch nicht etwa behauptet, daß die Preise des Beklagten unter den Selbstkosten lägen. Von einem sittenwidrigen Unterbieten der Preise kann daher keine Rede sein. Schließlich ist mit den Hinweisen des Revisionswerbers auf eine Nachahmung seiner Preisliste durch den Beklagten für die Revision schon deshalb nichts gewonnen, weil das Verbot einer sittenwidrigen ("sklavischen") Nachahmung in das Klagebegehren nicht aufgenommen wurde. Es erübrigen sich daher dazu weitere Ausführungen. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E09184European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00365.86.0929.000Dokumentnummer
JJT_19860929_OGH0002_0040OB00365_8600000_000