TE OGH 1986/10/9 12Os61/86

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Veröffentlicht am 09.10.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Hörburger, Dr.Lachner und Dr.Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Kastner als Schriftführer in der Strafsache gegen Dipl.Ing.Otto K*** wegen des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12, 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31.Jänner 1986, GZ 12 b Vr 13.195/85-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Raabe zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und überdies auch gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das (nur) im Schuldspruch des Angeklagten Dipl.Ing.Otto K*** wegen Untreue als Beteiligter im Faktum "Rechnung 80/068 der H*** Malerei- und Raumausstattungs-GesmbH & Co KG vom 19.März 1980" mit einem Schaden von 40.343 S unberührt bleibt, im (darüber hinausgehenden) Schuldspruch sowie im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird im Umfang dieser Aufhebung

1. hinsichtlich der Anklagevorwürfe

a) Erhalt von 1,000.000 S am 23.Jänner 1981 als Akontozahlung für das Projekt "Varga II";

b) Doppelverrechnung eines Betrages von 293.225 S (ohne Umsatzsteuer) beim Projekt "Varga I" im Zusammenhang mit der Rechnung 390/80;

c) Mehrverrechnung mittels Rechnung 80/012 der H*** Fertigbau Hoch- und Tiefbau-GesmbH & Co KG vom 3.April 1980

sowie hinsichtlich der Strafneubemessung die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurückverwiesen;

2. im übrigen gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Dipl.Ing.Otto K*** wird von der (weiteren) Anklage, er habe in der Zeit vom Oktober 1979 bis Herbst 1981 in Eisenstadt, Wien und anderen Orten Österreichs als handlungsbefugtes Organ der Firma Fertigbau-GesmbH & Co KG bei den Geschäftsfällen "Puchberg", "Varga I" (mit Ausnahme der oben zu 1/b angeführten Doppelverrechnung eines Betrages von 293.225 S), "Landskrongasse" (mit Ausnahme der oben zu 1/c angeführten Mehrverrechnung sowie des unberührt gebliebenen Teiles des Schuldspruchs), "Sigleß", "Erlach", "Oberpullendorf", "Neusiedl/See", "Neudörfl" und "Eisenstadt" durch Forderung und Annahme von Geldbeträgen aus dem Vermögen der WBO jeweils nach vorheriger Absprache mit Dipl.Ing.Dr.Ernst R*** bzw. auch mit Dkfm. Horst T*** den Erstgenannten dazu bestimmt, unter wissentlichem Mißbrauch der ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumten Befugnis, über Vermögen der WBO zu verfügen, ohne entsprechende Gegenleistungen oder unter dem Vorwand an Vorauszahlungen an die H*** Fertigbau-GesmbH & Co KG bzw. an die H*** Malerei- und Raumausstattungs-GesmbH & Co KG Zahlungen zu leisten und hiedurch der WBO einen 100.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zuzufügen, und er habe (auch) hiedurch das Verbrechen der Untreue (als Beteiligter) nach §§ 12 zweiter Fall, 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB begangen,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

II. Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch im Faktum "Rechnung 80/068 der H*** Malerei- und Raumausstattungs-GesmbH & Co KG vom 19.März 1980" gerichtet ist, wird sie verworfen; im verbleibenden Umfang der Anfechtung wird der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde sowie desweiteren mit seiner Berufung auf die zu I. getroffene Entscheidungen verwiesen.

III. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dipl.Ing.Otto K*** - über den bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig erfolgten Schuldspruch hinaus - (im zweiten Rechtsgang) auch insoweit des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12, 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, als ihm zur Last gelegt wird, in den Jahren 1979 bis 1981 in Eisenstadt, Wien und anderen Orten Österreichs zum Verbrechen der Untreue des Dipl.Ing.Dr. Ernst R*** und des Dkfm. Horst T***, welche die ihnen als Obmann bzw. als leitender Angestellter der "W*** OST Gemeinnützige Baugenossenschaft, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung" (im folgenden kurz: WBO) eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbrauchten, indem sie aus dem Vermögen der WBO

a) wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Akonto-(Über-)Zahlungen von mindestens 3,335.000 S,

b) Zahlungen für fingierte Leistungen von mindestens 1,271.000 S erbrachten und solcherart der WBO einen 100.000 S übersteigenden Schaden zufügten, dadurch beigetragen zu haben, daß er diese Zahlungen forderte und annahm (US 2).

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch hat er Berufung ergriffen.

Rechtliche Beurteilung

I. Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof zunächst davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil insoweit zum Nachteil des Angeklagten mit einer (von den Parteien nicht gerügten) materiellen Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO) behaftet ist, als das Gericht (schuldspruchmäßig) auch über Anklagevorwürfe erkannt hat, über welche bereits im ersten Rechtsgang (der Sache nach) freisprechend (und vom öffentlichen Ankläger unbekämpft) abgesprochen worden war.

Die Staatsanwaltschaft lastete dem Angeklagten Dipl.Ing.Otto K*** Beteiligung an Untreuehandlungen des Dipl.Ing.Dr. Ernst R*** zum einen durch Zusicherung inhaltlich unrichtiger Buchungen (Punkt A/II/3/b/bb der Anklageschrift ON 3/Bd I) und zum anderen durch Forderung und Annahme von Geldbeträgen aus dem Vermögen der WBO (Punkt A/II/3/a/cc der Anklageschrift) an. Der erstgenannte Anklagevorwurf wurde im ersten Rechtsgang teils durch Schuldspruch, teils durch Freispruch rechtskräftig erledigt. Den letztgenannten Vorwurf gründete die Anklagebehörde darauf, daß Dipl.Ing.Otto K*** als handlungsbefugtes Organ der Firma Fertigbau-GesmbH & Co KG Dipl.Ing.Dr. R*** veranlaßt habe, in der Zeit von Oktober 1979 bis Herbst 1981 aus dem Vermögen der WBO ohne Gegenleistung oder unter dem Vorwand von (wirtschaftlich nicht gerechtfertigten) Vorauszahlungen zumindest 6,332.945 S an die Firmen Fertigbau-GesmbH & Co KG und H*** Malerei- und Raumausstattungs-GesmbH & Co KG zu bezahlen. Die in diesem Zusammenhang im einzelnen inkriminierten Tathandlungen wurden in der Begründung der Anklageschrift durch Bezeichnung der Bauprojekte (nämlich: "Puchberg", "Varga I", "Varga II", "Landskrongasse", "Sigleß", "Erlach", "Oberpullendorf", "Neusiedl am See", "Neudörfl", "Eisenstadt"), für welche die ungerechtfertigten Zahlungen geleistet worden seien, sowie durch Bezugnahme auf die eine Schadensberechnung enthaltende und die Zuordnung der einzelnen Geschäftsvorgänge zu bestimmten Untreuehandlungen ermöglichende Anzeige (ON 8/Bd IV = ON 579 des Stammaktes 7 Vr 841/82 des Landesgerichtes Eisenstadt) konkretisiert (Punkt A/II/3/a/cc in Verbindung mit Punkt A/I/2/a/bb des Anklagetenors sowie Seiten 112 ff der Anklagebegründung). Zu diesem Anklagepunkt erging im ersten Rechtsgang (Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20.April 1983, GZ 7 Vr 841/82-885) ein Schuldspruch des Dipl.Ing.Otto K*** (lediglich) hinsichtlich eines Schadensbetrages von mindestens 1,652.796,72 S, wobei die Tathandlungen, auf welche sich dieser Schuldspruch bezieht, in den Entscheidungsgründen des Urteils durch Bezeichnung nachstehender Geschäftsfälle individualisiert und damit als faktisches Geschehen (prozessual) erfaßt wurden (vgl. hiezu JBl. 1986, 397 = ÖJZ-LSK 1986/123):

a) Erhalt von 1,000.000 S am 23.Jänner 1981 als geforderte Akontozahlung für das Projekt "Varga II";

b) Doppelverrechnung eines Betrages von 293.225 S (ohne Umsatzsteuer) beim Projekt "Varga I" im Zusammenhang mit der Rechnung 390/80;

c) Mehrverrechnung eines Betrages von zumindest 127.419,75 S (ohne Umsatzsteuer) beim Projekt "Landskrongasse" mit Rechnung der H*** Malerei- und Raumausstattungs-GesmbH & Co KG 80/068 vom 19. März 1980;

d) Mehrverrechnung eines Betrages von zumindest 132.572,81 S (ohne Umsatzsteuer) beim Projekt "Landskrongasse" mit Schlußrechnung der H*** Fertigbau-GesmbH & Co KG 80/012 (vom 3.April 1980) (Punkt A/II/3/a/cc des Urteilssatzes sowie Seiten 135 ff und 394 ff der Urteilsausfertigung ON 885).

Aus den Gründen des in Rede stehenden Urteils geht hiezu hervor, daß das Landesgericht Eisenstadt im Zusammenhang mit sämtlichen anderen an "K***"-Firmen geleisteten Vorauszahlungen und Abrechnungsbeträgen (darunter ausdrücklich eine Doppelverrechnung beim Projekt "Puchberg" [US 398] und eine Rechnung der Firma H*** Malerei- und Raumausstattungs-GesmbH & Co KG 80/083 beim Projekt "Landskrongasse" [US 397 f] "zugunsten der Angeklagten" die Verwirklichung einer Untreue verneinte.

Die damit erfolgte Erledigung der über den (damaligen) Schuldspruch hinausgehenden Anklagevorwürfe hatte - auch wenn sie nicht durch einen formellen Urteilsspruch, sondern bloß in den Entscheidungsgründen ihren Niederschlag gefunden hat - materiell die Wirkung eines Freispruchs, der mangels Anfechtung durch den öffentlichen Ankläger in Rechtskraft erwachsen ist und demnach in diesem Umfang eine neuerliche Strafverfolgung des Angeklagten Dipl.Ing.Otto K*** ohne förmliche Wiederaufnahme des Verfahrens hindert (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 8 f zu § 281 Z 7, weiters ENr. 4 zu § 259 sowie auch ENr. 2 zu § 289). Aus der Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen Schuldspruchs des genannten Angeklagten und der (diesbezüglich) verfügten Verfahrenserneuerung mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 6. Dezember 1984, AZ 12 Os 156/83, ergab sich keineswegs, daß das im zweiten Rechtsgang tätige Gericht (nunmehr) befugt gewesen wäre, ungeachtet des materiell rechtskräftigen (Teil-)Freispruchs neuerlich über den gesamten ursprünglichen Anklagevorwurf (Punkt A/II/3/a/cc der Anklageschrift) zu verhandeln und zu entscheiden; es durfte vielmehr das Verfahren nur in jenem Umfang wiederholen und urteilsmäßig erledigen, der sich aus dem vom Obersten Gerichtshof kassierten kondemnierenden erstinstanzlichen Erkenntnis ergab, nämlich hinsichtlich der oben unter a) bis d) bezeichneten vier Geschäftsfälle. Vermeinte das Gericht, der - eine derartige Deutung nicht ausschließende und darum verfehlte - Hinweis des Staatsanwaltes im Schlußvortrag auf die "offene und unerledigt gebliebene Anklage" (S 274/Bd X) stelle einen den gesamten ursprünglichen Anklagevorwurf (Punkt A/II/3/a/cc) umfassenden Verfolgungsantrag dar, dann hätte es bezüglich der über die zuvor bezeichneten vier Fakten hinausgehenden Anklage wegen Verbrauchs des Verfolgungsrechtes (res judicata) mit einem Freispruch (§ 259 Abs. 3 letzter Fall StPO) vorgehen müssen.

Die sohin dem Urteil im aufgezeigten Umfang anhaftende, dem Angeklagten zum Nachteil gereichende materielle Nichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 18 zu § 281 Z 9 b) war gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen und die unterlaufene Gesetzesverletzung sogleich durch einen Freispruch zu sanieren. Daraus folgt, daß der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie gegen den hier in Rede stehenden Teil des Schuldspruchs gerichtet ist, auf die getroffene Entscheidung zu verweisen war.

II. Was jene Schuldspruchfakten anlangt, die auf Grund der seinerzeitigen Kassierung des Urteils des Landesgerichtes Eisenstadt den Gegenstand der Sachentscheidung im zweiten Rechtsgang gebildet haben, so ergibt sich hiezu folgendes:

1. Zur Leistung einer Akontozahlung von 1,000.000 S für das Projekt "Varga II" (Faktum a)) werden in den Gründen des angefochtenen Urteils (US 49 ff) bloß die Meinungen der Sachverständigen Dr. H*** und Prof.Dipl.Ing.Z*** wiedergegeben, wobei der Letztgenannte den in der Hauptverhandlung bekräftigten Standpunkt vertrat, daß hier zufolge der Anrechnung bei "Varga I" keine "spezifische Verletzung" vorliege (S 237/Bd X). Im übrigen konstatierte das Gericht (US 55 in Verbindung mit US 45 f), daß der Angeklagte Dipl.Ing.K*** für das Bauprojekt "Varga-Gründe" durch Befugnismißbrauch des Dipl.Ing.Dr. R*** und des Dkfm. T*** zum Nachteil der WBO geleistete Überzahlungen von zumindest 6,140.684,32 S erhalten hat, doch bezieht sich diese Annahme entsprechend der dafür herangezogenen Feststellungsgrundlage (US 46; Gutachten der Sachverständigen Dr. H*** und Dkfm.Dr. B*** ON 652

S 70/Bd VIII) nur auf "Varga I". Solcherart fehlt es aber an ausreichenden Konstatierungen, die einerseits eine Abgrenzung von nicht mehr dem Verfolgungsrecht des öffentlichen Anklägers unterliegenden Tathandlungen (Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO) und andererseits eine abschließende rechtliche Beurteilung des mit der Forderung und dem Erhalt des Betrages von 1,000.000 S verbundenen Sachverhalts (Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) ermöglichen.

Aber auch in Ansehung der dem Angeklagten angelasteten ungerechtfertigten (abermaligen) Geltendmachung eines schon in Rechnung 390/80 enthaltenen Betrages von 293.225 S (ohne Umsatzsteuer) beim Projekt "Varga I" mit (bezahlter) Rechnung (Schlußrechnung) vom 29.Jänner 1982 (Faktum b)) haften dem Urteil (US 51 ff) Feststellungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a bzw. Z 10 StPO) an, welche einer abschließenden rechtlichen Beurteilung des inkriminierten Sachverhalts - allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt eines Betruges - entgegenstehen. Die Auffassung des Erstgerichtes, der Angeklagte Dipl.Ing.K*** habe mit der konstatierten zweiten Verrechnung Dipl.Ing.Dr. R*** oder Dkfm. T*** zu einer Untreuehandlung zum Nachteil der WBO bestimmt, findet im angenommenen Sachverhalt schon deshalb keine Deckung, weil Dipl.Ing.Dr. R*** - wie das Gericht an anderer Stelle konstatierte (US 31) - schon ab 8.November 1981 nicht mehr Organ der WBO gewesen und auch die zeitlich nicht gesondert abgegrenzte Tätigkeit desrDkfm.T*** für die WBO nach der Aktenlkage (s. ON 3, S 33/Bd I) noch im Jahre 1981 beendet worden ist.

Da die demnach dee Schuldspruch in den Fakten a) und b) anhaftenden materiellen Nichtigkeiten vom Angeklagten nicht gerügt worden sind, waren sie (gleichfalls) gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, der Schuldspruch (auch) in diesem Umfang zu kassieren und insoweit (abermals) die Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen zu diesen Fakten eingegangen zu werden braucht.

2. Bezogen auf die Fakten c) und d) wird dem Angeklagten einerseits die Verrechnung eines überhöhten Entgelts durch die H*** Malerei- und Raumausstattungs-GesmbH & Co KG beim Projekt "Landskrongasse" mit Rechnung 80/068 vom 19.März 1980 hinsichtlich eines Schadens von 40.343 S (ohne Umsatzsteuer) (vgl. US 64, 66 und 69) und andererseits die Verrechnung eines überhöhten Entgelts durch die H*** Fertigbau Hoch- und Tiefbau-GesmbH & Co KG beim Projekt "Landskrongasse" mit Schlußrechnung 80/012 hinsichtlich eines Schadens von mindestens 58.000 S (US 61 bis 63 und 69) angelastet. Soweit der Angeklagte diese beiden Punkte des Schuldspruchs aus der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO bekämpft, entbehrt seine Beschwerde der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie nicht von dem im Urteil hiezu festgestellten Sachverhalt ausgeht (wobei - was der Vollständigkeit halber beigefügt sei - diesen Schuldspruchpunkten "auch keine von amtswegen wahrzunehmenden Nichtigkeiten anhaften). Die diesen Teil des Schuldspruchs betreffende Verfahrensrüge (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO) ist nicht berechtigt.

Den Verfahrensmangel erblickt der Angeklagte in der unterbliebenen Durchführung des von seinem Verteidiger gestellten, formell zwar nur die Schlußrechnung 80/012, der Sache nach aber ersichtlich auch die Rechnung 80/068 betreffenden Beweisantrages, mit welchem eine korrekte Verrechnung des Baumaterials und der LKW-Stunden unter Beweis gestellt werden sollte; zu diesem Zweck begehrte der Verteidiger, "für die Materialzuführungen an der Baustelle Landskrongasse angefallene Lieferscheine auszuheben". Eventualiter wurde (für den Fall der Unmöglichkeit der Beischaffung dieser Lieferscheine) ein Augenschein an der damaligen Baustelle unter Beiziehung eines Bausachverständigen und der dort tätig gewesenen Arbeiter beantragt (S 273/Bd X).

Wenngleich das Erstgericht entgegen der Vorschrifu des § 238 StPO in der Hauptverhandlung über diesen Beweisantrag nicht entschieden hat und die im Urteil (US 69, 70) für das Unterbleiben der Beweisaufnahme(n) nachgetragene Begründung - nämlich daß die an der Baustelle Landskrongasse vorgenommenen Überhöhungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wesentlich größer gewesen seien - keineswegs ausreicht, so ist nach Lage des Falles dennoch unzweifelhaft erkennbar, daß die Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Beschwerdeführer nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs. 3 StPO):

Das vom Schöffengericht für maßgeblich angesehene und vom Beschwerdeführer (s. S 257/Bd X) gar nicht in Zweifel gezogene Gutachten des Sachverständigen Prof.Dipl.Ing.Z*** beruht auf dem Befund, daß der Materialaufwand auf Grund der vorhandenen Unterlagen nicht überprüfbar war (ON 740/S 8). Wenn nun der Angeklagte - diesem Verfahrensergebnis zuwider - dennoch eine derartige Überprüfbarkeit behauptete, so hätte er schon bei der Antragstellung die Möglichkeit der Auffindung und der Zuordnung solcher Lieferscheine sowie ihrer Tauglichkeit zur Ableitung der verbrauchten Materialmengen begründet dartun müssen (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 19, 88 bis 90 zu § 281 Z 4). Dies umso mehr, als die Verantwortung des Angeklagten auf derartige Umstände überhaupt nicht eingegangen ist und auch sonst kein Hinweis auf die - von der Verteidigung selbst durch Stellung eines Eventualbegehrens angezweifelte - Erzielbarkeit eines brauchbaren Beweisergebnisses vorlag. Der eventualiter angestrebte Augenschein hinwieder konnte deshalb sanktionslos unterbleiben, weil nicht dargelegt wurde, weshalb aus einer solchen Beweisaufnahme andere Erkenntnisse zu gewinnen gewesen sein sollten als sie vom Sachverständigen bei Besichtigung der Arbeitsstelle gewonnen worden sind (S 255/Bd X; ON 740/S 3).

Durch das Unterbleiben der begehrten Beweisaufnahme(n) konnten somit Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt werden. Nicht zielführend ist auch die Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) bezüglich des Faktums c) (Rechnung 80/068 vom 19.März 1980). Die von der Beschwerde gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Rudolf S*** vorgebrachten Argumente gehen davon aus, daß der Genannte eine Anordnung des Angeklagten bekundet habe, "alle Rechnungen zu überhöhen". Den Depositionen des Zeugen S*** (S 152 ff, insb. S 154, 159/Bd X und ON 579 Blg. 29) kann jedoch bei Berücksichtigung des Sinnzusammenhanges eine derartige generelle Aussage keineswegs entnommen werden. Damit müssen aber - mangels aktenmäßiger Grundlage - die bezüglichen Beschwerdeeinwände von vornherein versagen.

Im Recht ist die Mängelrüge hingegen, soweit sie zum Faktum d) (Schlußrechnung 80/012) der Sache nach einwendet, daß die Entscheidungsgründe hiezu unvollständig geblieben sind und demnach dem Urteil in diesem Umfang ein formaler Begründungsmangel anhaftet. Der Zeuge Reinhard H*** hat unter anderem bekundet, daß die in Rede stehende Schlußrechnung "bis auf den letzten i-Punkt" mit einem Konzept übereinstimme, welches der Zeuge auf Grund ihm zugekommener Unterlagen erarbeitet habe, daß er die Berechnungsunterlage vom Zeugen H*** (und nicht vom Angeklagten) erhalten habe und daß ihm der Angeklagte auch keine Anleitung bei Erstellung des Rechnungskonzepts gegeben habe (S 161 ff, insb. S 163/Bd X sowie ON 579 Blg. 31). Mit diesen Beweisergebnissen, die gegen die Urteilsannahme sprechen, der Angeklagte habe anläßlich der Schlußrechnung 80/012 eine wissentliche Mehrverrechnung vorgenommen, hat das Schöffengericht nicht auseinandergesetzt. Dieser Mangel zwingt dazu, den betreffenden Teil des Schuldspruchs (in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde) zu kassieren und diesbezüglich gleichfalls (abermals) die Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Da die Nichtigkeitsbeschwerde zum Teil erfolglos geblieben ist, war der Angeklagte gemäß § 390 a StPO in den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu verfällen (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 11 zu § 390 a).

Anmerkung

E09487

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00061.86.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19861009_OGH0002_0120OS00061_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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