TE OGH 1986/10/9 8Ob41/86

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Veröffentlicht am 09.10.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***

U*** Wien 20., Adalbert-Stifter-Straße 65,

vertreten durch Dr. Leopold Hammer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Leopold L***, Baumeister, Michelhausen, Tullnerstraße 46, vertreten durch Dr. Werner Pennerstorfer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen S 254.328,77 und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1986, GZ 14 R 318/85-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13. September 1985, GZ 22 Cg 226/84-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 13.821,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 1.920,- und die Umsatzsteuer von S 1.081,95) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Jürgen S*** war am 3. Dezember 1982 auf dem betriebseigenen Areal der Firma L*** (Baustoffe) in Gablitz,

Linzerstraße 141 b, gemeinsam mit 3 Arbeitern beschäftigt, Rohre für einen Regenwasserkanal in einer ca. 3 m tiefen Künette zu verlegen. Um ca. 12,05 Uhr rutschte das Erdreich einer Seite der Künettenwand in einer Länge von ca. 6 m in den Künettengrund ab. Durch das eingestürzte Erdreich wurde S*** zur Gänze und sein Mitarbeiter Karl E*** bis zur Kniehöhe verschüttet. E*** konnte sich selbst befreien. S*** fand bei dem Vorfall den Tod. Die Klägerin hat den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt. Sie hat an die hinterbliebene Witwe Karoline S*** sowie an die beiden Waisen Thomas S***, geboren am 7. März 1970, und Christine S***, geboren am 14. Oktober 1972, laufend Rentenleistungen zu erbringen. Die Klägerin begehrte die Zahlung von S 254.328,77 s.A. sowie die Feststellung, daß der Beklagte schuldig sei, ihr sämtliche künftigen Aufwendungen aus Anlaß des Arbeitsunfalles von Jürgen S*** vom 3. Dezember 1982 in Gablitz, Linzerstraße Nr. 141 b, zu ersetzen: Der Beklagte sei gemäß § 334 ASVG zum Regreß der von ihr erbrachten Aufwendungen verpflichtet, weil er durch einen Verstoß gegen §§ 16, 17 BauarbeiterschutzVO den Arbeitsunfall grob fahrlässig verschuldet habe. Der mit den Unfallsarbeiten beauftragte Jürgen S*** habe keine entsprechende Ausbildung gehabt. Er habe daher die Gefahren bei einem Künettenbau nicht selbständig beurteilen können. So sei es erklärlich, daß die Künette etwa 3 m tief gewesen sei, wobei am Unfallsort das Aushubmaterial aufgeschüttet war. Die Künette sei eng ausgebaggert und nicht abgeböscht worden. Der Beklagte habe S*** nicht einmal entsprechendes Material für eine Pölzung zur Verfügung gestellt. Die Behauptung des Beklagten, er hätte den Auftrag erteilt, die Künette mit einem Winkel von 45 Grad herzustellen, sei offensichtlich eine reine Schutzbehauptung, weil der Baggerarbeiter davon nichts gewußt habe. S*** sei nach den Angaben des Beklagten vor dem Unfall ein halbes Jahr als Platzmeister tätig gewesen. Eine Erfahrung im Erdbau habe bei ihm nicht vorausgesetzt werden können. Trotzdem sei ihm vom Beklagten die Durchführung dieser Arbeiten übertragen worden. Künettenarbeiten seien ein besonders gefährliches Bauvorhaben, weil immer die Gefahr eines Einsturzes und damit von tödlichen Unfällen vorhanden sei. Diese Arbeiten müsse man daher entsprechend beaufsichtigen. Die Beaufsichtigung habe jedoch der Beklagte unterlassen. Daraus ergebe sich, daß sein Verhalten als grob fahrlässig zu beurteilen sei. Der Beklagte habe sich auch der Gefahren bewußt sein müssen, weil sich in seinem Betrieb bereits im Jahre 1973 bei Künettenarbeiten ein tödlicher Arbeitsunfall ereignet habe. In diesem Zusammenhang sei er von der Klägerin auf die nötigen Sicherheitsmaßnahmen aufmerksam gemacht worden.

Der Beklagte stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, beantragte jedoch dessen Abweisung und wendete ein: Es treffe ihn kein Verschulden am Arbeitsunfall. S*** sei beauftragt gewesen, einen alten Regenwasserkanal auf dem Betriebsgelände bis zum neuen Bett des Gablitzbaches zu verlängern. Er habe S*** genaue Anweisungen erteilt, und zwar habe ca. 2 m hoch angeschüttetes Erdmaterial im Bereich des Künettenverlaufes vorerst entfernt und sodann in den gewachsenen Boden ein Graben in einer Tiefe von 1 bis 1 1/2 m mit einem Böschungswinkel von ca. 45 Grad angelegt werden sollen. Jürgen S*** sei eine äußerst qualifizierte Arbeitskraft gewesen. Er habe sich daher darauf verlassen können, daß S*** seinen Anweisungen nachkommen werde. Richtig sei, daß auf der Baustelle Pölzmaterial nicht vorhanden gewesen sei, und zwar deswegen, weil er (Beklagter) den Auftrag erteilt habe, die Künettenwände in einem Winkel von 45 Grad abzuböschen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es

traf - zusammengefaßt dargestellt - nachstehende Feststellungen:

Der Beklagte ist Eigentümer einer Baufirma und eines Betonwerkes mit dem Geschäftssitz in Michelhausen. Eine Zweigstelle befindet sich in Gablitz, Linzerstraße 141 b, wo der Beklagte einen Lagerplatz mit Baustoffhandel unterhält. Im Jahre 1982 erwarb er ein an den Gablitzer Lagerplatz anschließendes Grundstück. Durch dieses Grundstück verlief zum Ankaufszeitpunkt das Bett des Gablitzbaches. Der Beklagte erhielt die baubehördliche und wasserrechtliche Genehmigung, eine Regulierung des Gablitzbaches im Bereich seiner Liegenschaft herbeizuführen. Im Mai 1982 meldete sich beim Beklagten über ein Inserat nach einem Platzmeister für das Betonwerk in Michelhausen Jürgen S***, der dem Beklagten erklärte, die HTL München abgeschlossen und zuletzt etwa 1 1/2 Jahre bei einer Kanalbaufirma Z*** tätig gewesen zu sein. Nach Ablauf einer Probezeit wurde Jürgen S*** vom Beklagten am 1. Juli 1982 angestellt und zur Sozialversicherung angemeldet. Der Beklagte wies S*** nachstehenden Aufgabenbereich zu: Platzmeister des Betonwerkes mit dem Aufgabenbereich, die Betonteilerzeugung durchzuführen, allfällige Rationalisierungsmaßnahmen im Betonwerk zu veranlassen und dergleichen. Da das Betonwerk weitgehend automatisiert war und der Beklagte wußte, daß die Arbeitskraft des S*** dadurch nicht ausgelastet sein werde, wurde S*** auch beauftragt, in der Umgebung von Michelhausen befindliche Baustellen des Bauunternehmens Ing. L*** zu beaufsichtigen, für Materialnachschub Sorge zu tragen und dergleichen. S*** unterstanden im Betonwerk 15 Mitarbeiter. Im Zuge seiner Tätigkeit in Michelhausen wurde unter Leitung S*** eine Fertigungshalle errichtet und weiters ein ca. 50 m langer Betriebskanal in einer 2 1/2 bis 3 m tiefen Künette verlegt. Diese Kanalbauarbeiten wurden mit Künettenpölzung durch S*** samt Arbeitspartie durchgeführt und ordnungsgemäß zu Ende gebracht. Nachdem der Beklagte im Herbst 1982 die behördlichen Genehmigungen zur Gablitzbachbettverlegung erhalten hatte, wies er Jürgen S*** an, mit einer Arbeitspartie die Bachregulierung durchzuführen. Zu diesem Zweck wurde im geplanten neuen Verlauf des Gablitzbaches das Bachbett mittels Baggerhilfe ausgehoben, und zwar derart, daß die Bachbettbreite mit 80 cm und die Bachbettböschungen in einem Winkel von 45 Grad hergestellt wurden. Diese Arbeiten erfolgten unter Leitung S*** an Hand eines vom Beklagten hergestellten und S*** erklärten Bauplanes. Das beim Aushub des neuen Gablitzbachbettes anfallende Erdmaterial wurde auf die vom Beklagten zugekaufte Liegenschaft aufgebracht, und zwar teilweise bis in eine Höhe von 2 m, ohne vorerst planiert zu werden. Da in das alte Gablitzbachbett eine Kanalleitung eines Anrainers einmündete, hatte der Beklagte darüber hinaus von der Gemeinde Gablitz den Auftrag erhalten, diese Kanalleitung bis zum Verlauf des neuen Gablitzbaches zu verlängern. Unter Verwendung des im Akt erliegenden Lageplanes instruierte der Beklagte Jürgen S*** von der Endlage des Anrainerkanals und wies ihn an, das in diesem Bereich aufgebrachte Aushubmaterial vorerst bis zum gewachsenen Boden beiseite zu baggern und mit diesem Material das alte Gablitzbachbett zuzuschütten, sodann im gewachsenen Grund eine Künette zum Zwecke der Verlegung des Anschlußkanals herzustellen. Der Beklagte informierte S*** dabei, daß seiner Meinung nach das Kanalrohr des Anrainers in einer Tiefe zwischen 1,1 und 1,5 m verlegt sein dürfte.

Unter Leitung S*** wurden die Arbeiten am 1. Dezember 1982 begonnen. Der Beklagte begab sich vor Beginn der Arbeiten zum Lagerplatz Gablitz und wies dort S*** nochmals an, das Aushubmaterial vor Beginn der Künettenarbeit im Bereich des zu verlegenden Regenwasserkanals vorerst in das alte Gablitzbachbett zu baggern und danach in den gewachsenen Boden die Kanalkünette zu graben. Der Beklagte erklärte bei dieser Gelegenheit S*** auch, die Künette zu böschen, da er die Kanalverlegung in einer Tiefe von etwa 1,1 bis 1,5 m erwartete. In der Folgezeit kümmerte sich der Beklagte bis zum Arbeitsunfall nicht mehr um die Baustelle. Bei Beginn der Arbeiten wurde vorerst die Lage des Anrainerkanalendes gesucht und der Kanal in etwa 1 m Tiefe aufgefunden. S*** bezeichnete daraufhin unter Verwendung von Löschkalk in der Natur seinem Baggerführer den Künettenverlauf und wies diesen an, mit dem Aushub zu beginnen. Da zum Verlauf des neuen Gablitzbachbettes hin ein Gefälle herrschte, wurde in der Folgezeit die Künette immer tiefer angelegt. Der Vorgang war so, daß Alois B*** als Baggerführer über Anweisung S*** die Aushubarbeiten durchführte und die Künette auf eine Länge von ein paar Metern öffnete. S*** verlegte daraufhin nacharbeitend eigenhändig die Kanalrohre im Bereich des Künettenbodens. Eine Beseitigung des Aushubmaterials wurde von S*** aus heute nicht mehr eruierbaren Gründen nicht durchgeführt, sondern auch im Aushubmaterialbereich die Künette bereits gegraben. Auch als man eine Künettentiefe von ca. 2 m erreicht hatte, wurde keine Böschung von den Seitenrändern des Künettenbodens her durchgeführt, sondern die Künette auf eine Höhe von ca. 1,5 m senkrecht ausgeführt und erst im oberen Bereich seitlich jeweils etwas Erdreich entfernt. Am 3. Dezember 1982 wurden diese Arbeiten sukzessive fortgesetzt. Man kam auf diese Weise im Zuge des Arbeitstages auf eine Künettentiefe von etwa 3,5 m. Diese setzte sich zusammen aus 2 m Anschüttmaterial verlaufend und 1,5 m tief im gewachsenen Boden liegend. In der auf einige Meter nunmehr offenen Künette arbeitete S*** am Künettenbodenende, als auf eine Länge von 6 bis 7 m vom Seitenrand der Künette etwa 6 bis 7 Kubikmeter Erdreich in die Künette hineinfielen und S*** begruben. Das in die Künette hineingestürzte Material bestand ausschließlich aus Aushubmaterial und nicht aus Material vom gewachsenen Boden. Der Künettenboden hatte in diesem Bereich eine Breite von etwa 70 bis 80 cm; der Neigungswinkel der Künettenwände betrug etwa 70 bis 75 Grad. Eine Pölzung war nicht vorgenommen worden.

Von Frühjahr 1976 bis Ende 1981 war S*** bei der Firma Z*** & S*** GesmbH beschäftigt gewesen und hatte dort als Filialleiter fallweise Aufsicht bei betriebsinternen Künettengrabarbeiten. Auf Baustellen führte S*** öfter Druckproben in geöffneten Künetten durch.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Vorschriften der §§ 16 ff der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. 267/1954, gröblichst mißachtet worden seien. Das Beweisverfahren habe ergeben, daß einerseits das Aushubmaterial nicht entfernt und andererseits selbst noch bei einer Künettentiefe von 3,5 m keine Pölzungsarbeiten vorgenommen wurden. Dem Beklagten könne aber ein Schuldvorwurf nicht gemacht werden. Er habe Jürgen S*** ausdrücklich angewiesen, das bis auf eine Höhe von 2 m aufgeschüttete Aushubmaterial vor Beginn der Künettenarbeiten zu entfernen und die Künette zu böschen. Jürgen S*** habe sich bei Kanalarbeiten zuvor bewährt und auch selbständig Bachbettregulierungen durchgeführt. Der Beklagte habe aufgrund der Ausbildung von S*** und der von ihm selbst wahrgenommenen Tüchtigkeit bei Durchführung dieser Arbeiten darauf vertrauen können, daß S*** die Arbeiten ordnungsgemäß und fachgerecht durchführen werde. Er habe nicht dahit rechnen müssen, daß S*** völlig unerwartet offensichtlich jegliche Vorsicht mißachten werde. Der Vorwurf eines groben Verschuldens könne dem Beklagten nicht gemacht werden. Die Klägerin sei daher zum Regreß nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Auf der Grundlage der als unbedenklich angesehenen Feststellungen des Erstgerichtes vertrat auch das Berufungsgericht die Auffassung, daß dem Beklagten keine grobe Fahrlässigkeit anzulasten sei. Der Beklagte hätte zwar die Pölzung der Künette anordnen müssen, weil er von vornherein damit rechnete, daß bei den Arbeiten die auszuhebende Künette allenfalls eine größere Tiefe als 1,25 m erreichen kann. Unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles könne ihm aber diese Unterlassung noch nicht als grobe Fahrlässigkeit angelastet werden. Nach dem festgestellten Sachverhalt habe der Beklagte Jürgen S*** jedenfalls die Anweisung erteilt, die Künette zu böschen. Da der Beklagte die Kanalverlegung in einer Tiefe von höchstens 1,5 m erwartete, habe er davon ausgehen können, daß auch ohne Pölzung durch diese Anordnung die Sicherheit seiner Arbeitnehmer hinlänglich gewährleistet ist. Er mußte nicht damit rechnen, daß Jürgen S***, der sich bereits zuvor bei Kanalarbeiten bewährt hatte und von dessen persönlicher Tüchtigkeit bei der Durchführung dieser Arbeiten er aufgrund eigener Wahrnehmungen überzeugt war, unerwartet jegliche Vorsicht außer acht lassen und seine Anordnungen, nämlich das in diesem Bereich lagernde Aushubmaterial wegzuschaffen und die Künette zu böschen, nicht befolgen würde. Das gänzlich unsachgemäße Verhalten des Jürgen S*** war für den Beklagten im konkreten Fall nicht vorhersehbar. Auch bei Verletzung einer ausdrücklichen Vorschrift könne grobes Verschulden im Sinne des § 334 ASVG nur dann vorliegen, wenn der Schadenüim Einzelfall als wahrscheinlich vorauszusehen war. Dies sei aber nach dem festgestellten Sachverhalt zu verneinen. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter Hinweis auf § 16 Abs 4 der BauarbeiterschutzVO BGBl. 1954/267, wonach die Künette bei der vorgesehenen Tiefe von mehr als 1,25 m auf alle Fälle gepölzt werden hätte müssen, stellt sich die Klägerin auf den Standpunkt, daß dem Beklagten - im Gegensatz zur Ansicht der Vorinstanzen - grobe Fahrlässigkeit anzulasten sei. Dazu war zu erwägen:

Das Berufungsgericht hat den Verstoß des Beklagten gegen die zitierte Schutzvorschrift als gegeben angenommen. Nach ständiger Rechtsprechung muß aber die Übertretung einer Schutzbestimmung noch keine grobe Fahrlässigkeit begründen (SZ 34/82; SZ 40/81 ua). Es kommt vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an; dabei ist zu prüfen, ob der Betreffende ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat (SZ 40/81; Arb. 10.087;

8 Ob 79, 80/84 uza). Grobe Fahrlässigkeit erfordert, daß ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist (ZVR 1974/309;

8 Ob 58/83; 8 Ob 79, 80/84 uza). Gerade dies hat aber das Berufungsgericht im vorliegenden Fall zutreffend verneint. Es hat zu Recht darauf verwiesen, daß Jürgen S*** mit solchen Arbeiten, wie er sie durchführte, seit Jahren vertraut war. Dies war dem Beklagten bekannt; er durfte mit Recht annehmen, daß sich S***, der in anderen Fällen selbst Druckproben an gefährdeten Künetten durchgeführt hatte, bei der erwarteten Tiefe von höchstens 1,5 m keiner Gefahr aussetzen werde. Damit, daß dieser im Zuge der Arbeiten schließlich in einer Künettentiefe von 3,5 m unter einem Aushubmaterial von 2 m Höhe arbeiten würde, rechnete er nicht und brauchte er unter den gegebenen Umständen auch nicht zu rechnen, weil dies weder vorgesehen noch von S*** bei seiner Sachkenntnis zu erwarten war.

Zutreffend haben daher die Vorinstanzen dem Beklagten keine grobe Fahrlässigkeit angelastet und das Klagebegehren abgewiesen. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E09241

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00041.86.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19861009_OGH0002_0080OB00041_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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