Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** K*** AN DER D*** registrierte Genossenschaft m.b.H., Gartenaugasse 5, 3500 Krems an der Donau, vertreten durch Dr. Peter Fiegl und Dr. Frank Riel, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 16. Dezember 1983 verstorbenen Johann E***, Pensionist, Kremserstraße 7-11, 3503 Imbach, vertreten durch Dr. Alfred Zaufal, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 738.100,-, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 14. Februar 1986, GZ. 14 R 218/85-24, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 22. Februar 1985, GZ. 3 Cg 266/84-6 bestätigt und eine Ergänzung des von der beklagten Partei gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurses zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte in ihrer Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 500.000,- aus dem Rechtsgrund der Rückzahlung gewährter Kredite.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. Februar 1985 erklärte die Klägerin zunächst, dieses Begehren auf Zahlung eines Betrages von S 500.000,- auf den Rechtsgrund der Verpflichtung aus der Übernahme einer Bürgschaft zu stützen. Die Beklagte sprach sich gegen diese Klagsänderung aus. Später brachte die Klägerin noch vor, daß trotz der von ihr erklärten "Berichtigung des Klagevorbringens" auch noch eine Forderung von S 238.100,- aus einem gewährten Kredit Klagsgegenstand sei; sie dehnte daher ihr Begehren um diesen Betrag auf S 738.100,- aus. Zu dieser Klagsausdehnung wurde von der Beklagten nichts vorgebracht. Das Erstgericht ließ mit Beschluß vom 22. Februar 1985 (ON 6) die im Wechsel des Rechtsgrundes hinsichtlich der Klagsforderung von S 500.000,- bestehende Klagsänderung zu. Diese Entscheidung wurde der Beklagten am 29. März 1985 zugestellt.
Am 15. April 1985 langte ein am 12. April 1985 zur Post gegebener Rekurs der Beklagten gegen diesen Beschluß beim Erstgericht ein.
Mit Beschluß vom 24. April 1985 (ON 13) berichtigte das Erstgericht ein sinnstörendes Wort aus der Begründung des Beschlusses vom 22. Februar 1985. Dieser Beschluß wurde der Beklagten am 9. Mai 1985 zugestellt.
Am 24. Mai 1985 langte daraufhin ein am 22. Mai 1985 zur Post gegebener Schriftsatz der Beklagten beim Erstgericht ein, den sie als "zulässige Ergänzung der Rekursausführungen gegen den dg. Beschluß ON 6" bezeichnete.
Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der Beklagten keine Folge und wies ihre Rekursergänzung zurück. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Beklagte im Sinne des § 235 Abs.2 ZPO über die geänderte Klage verhandelt habe und daher ihre Einwilligung zur Klagsänderung als vorhanden anzunehmen sei; im übrigen wären die Voraussetzungen des § 235 Abs.3 ZPO für die Zulassung der Klagsänderung gegeben. Jeder Partei stehe grundsätzlich nur eine einzige Rechtsmittelschrift zu; Nachträge und Ergänzungen seien auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der Rechtsmittelfrist angebracht würden. Im Fall der Berichtigung einer Entscheidung werde die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung der berichtigten Ausfertigung und nicht mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses in Gang gesetzt; dies gelte aber dann nicht, wenn der Rechtsmittelwerber auch ohne Berichtigungsbeschluß keinen Zweifel über den wirklichen Inhalt des richterlichen Ausspruches gehabt haben könne. Da dies im vorliegenden Fall für die Beklagte zutreffe, habe ihr durch die erfolgte Berichtigung der Entscheidung des Erstgerichtes nicht die Möglichkeit einer Ergänzung ihrer Rekursbegründung eröffnet werden können.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, "1) in Stattgebung dieses Rekurses die Zurückweisung der Rekursergänzung vom 21. Mai 1985 aufzuheben und die erwähnte Ergänzung zuzulassen, 2) auch in der Sache selbst zu entscheiden und die von der klagenden Partei in der mündlichen Streitverhandlung vom 22. Februar 1985, ON 5, vorgetragene Klagsänderung nicht zuzulassen und das bezügliche Klagebegehren zurückzuweisen".
Rechtliche Beurteilung
Dieses Rechtsmittel ist unzulässig.
Die Beklagte erklärt in ihrem Rechtsmittel zwar einleitend, die Zurückweisung ihrer Rekursergänzung durch das Rekursgericht zu bekämpfen, doch ergibt sich insbesondere aus Punkt 2) ihres wiedergegebenen Rechtsmittelantrages, daß sie die Entscheidung des Rekursgerichtes auch insoweit anficht, als die Zulassung der Klagsänderung durch das Erstgericht bestätigt wurde. Insoweit ist das Rechtsmittel der Beklagten gemäß § 528 Abs.1 Z 1 ZPO unzulässig. Der dieser Gesetzesstelle angefügte Klammerausdruck "§ 502 Abs.3" bedeutet nicht, daß der Revisionsrekurs gegen bestätigende Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz dann zulässig wäre, wenn der davon betroffene Streitgegenstand oder Teil des Streitgegenstandes an Geld oder Geldeswert S 60.000,- übersteigt. In den Fällen des § 528 Abs.1 ZPO ist der Revisionsrekurs vielmehr immer und unabhängig vom Wert des Streitgegenstandes unzulässig. Durch das Klammerzitat wird nur die in der bezogenen Bestimmung eingebaute Definition des Begriffes der bestätigenden Entscheidung übernommen, also klargestellt, daß auch im Rekursverfahren vom Grundsatz des JB 56 neu abgegangen wurde (SZ 56/165 mit weiteren Nachweisen uva.; zuletzt 3 Ob 126/85; 3 Ob 8/86).
Das Rechtsmittel der Beklagten ist aber auch unzulässig, soweit es sich gegen die Zurückweisung ihrer Rekursergänzung durch das Rekursgericht wendet.
Denn nach ständiger Rechtsprechung fehlt es an der für die Zulässigkeit jedes Rechtsmittels erforderlichen Beschwer des Rechtsmittelwerbers, wenn das Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch deren Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen kann; eine bloß abstrakt - theoretische Bedeutung der Rechtsmittelentscheidung kann die Beschwer schon deshalb nicht begründen, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, über nur noch theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen (RZ 1974, 47; SZ 49/22; SZ 53/86; 4 Ob 385,386/85 uva.).
Die Zulassung der von der Beklagten eingebrachten "Rekursergänzung" wäre - wenn überhaupt - höchstens für die Entscheidung über ihr Rechtsmittel gegen die Zulassung der Klagsänderung durch das Erstgericht von Bedeutung. Darüber wurde aber bereits durch das Rekursgericht im Sinne der Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichtes endgültig und unanfechtbar abgesprochen; diese Entscheidung des Rekursgerichtes wäre auch im Falle einer nachträglichen Zulassung der Rekursergänzung der Beklagten keiner weiteren Überprüfung mehr zugänglich. Der Prüfung der Frage, ob die Rekursergänzung der Beklagten zuzulassen gewesen wäre oder nicht, kommt daher keinerlei praktische, sondern nur mehr rein theoretische Bedeutung zu, die im Sinne der zitierten Rechtsprechung eine Beschwer der Beklagten nicht begründen kann. Ihr Rechtsmittel war daher auch insoweit, als es sich gegen die Zurückweisung ihrer Rekursergänzung durch das Rekursgericht richtet, als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
E09230European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00580.86.1009.000Dokumentnummer
JJT_19861009_OGH0002_0080OB00580_8600000_000