TE OGH 1986/10/9 13Os143/86

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Veröffentlicht am 09.10.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kuras als Schriftführers in der Strafsache gegen Albert M*** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 (§ 169 Abs 1) StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Kreisgerichts Wels als Schöffengerichts vom 16.Juli 1986, GZ. 11 Vr 116/86-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Der am 18.September 1952 geborene Landwirt Albert M*** wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB. in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er am 21.Jänner 1986 in Wendling unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB.), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, an dem im Eigentum seiner Mutter Hildegard M*** stehenden landwirtschaftlichen Anwesen ohne deren Einwilligung eine Feuersbrunst verursachte. Er entzündete vorsätzlich mit einem Streichholz in der Scheune gelagertes Stroh, worauf das Feuer die gesamte Scheune, den Rinder- und Schweinestall samt den darin gelagerten Geräten, Stroh und Heu vernichtete und auch noch auf das Nachbaranwesen übergriff.

Diese Anstaltseinweisung ficht der Betroffene sowohl mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4 und 5 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde als auch mit einer Berufung an.

Für das Schöffengericht stellte sich die zentrale Beweisfrage, ob das Feuer zufolge Brandstiftung durch Albert M*** in der im südlichen Teil des Vierkanthofes gelegenen Scheune ausbrach oder in dem im westlichen Teil des Hofs über dem Rinderstall gelegenen Getreideboden, wo Hildegard M*** zum Zeitpunkt des Brandausbruchs an einer elektrisch betriebenen Brechmühle arbeitete (vgl. Skizze S. 231). Unter ausführlicher Würdigung aller Beweisergebnisse konstatierten die Tatrichter schließlich - wie sie zusammenfassend ausführen (S. 373) - die Täterschaft des Betroffenen, wobei sie sich auf die Angaben seiner Mutter vor der Gendarmerie (Getreidemühle war bei Brandausbruch noch in Betrieb, Wahrnehmung des Lichtscheins im hinteren Teil des Bodens), auf die darauf aufgebauten Überlegungen des Brandsachverständigen (Fall des Schutzschalters bei Nichtansprechen der Sicherung) und die Wahrnehmungen der Zeugen über den Brandausbruch im südöstlichen Teil (Scheune) des Hofs und das Übergreifen des Feuers auf das in diesem Bereich liegende Nachbargehöft. Ergänzend wird bemerkt, daß mit diesen Ergebnissen auch die teilweise geständige, in ihrem Beweiswert zwar unbedeutende, aber auch nicht zu vernachlässigende Verantwortung des Betroffenen vor der Gendarmerie übereinstimme (S. 362, 373).

Im Bestreben, die Täterschaft des Betroffenen auszuschließen, stellte der Verteidiger am Ende der Hauptverhandlung unter ausdrücklicher Wiederholung des (nur teilweise erledigten) schriftlichen Beweisantrags (ON. 34) den Antrag auf Einvernahme eines elektrotechnischen Sachverständigen "insbesondere zum Nachweis der gegebenen Möglichkeit einer objektiven Brandursache im Bereich der elektrischen Anlagen am Brandobjekt". Weiters wurde der Antrag auf kriminologische Untersuchung der (dem Gericht übergebenen) von der Zeugin Hildegard M*** während des Brandes getragenen Kleidung zum Beweis dafür aufrecht erhalten, daß sich an dieser Kleidung noch immer Flecke von geschmolzenem Isoliermatieral, wie es für die Herstellung von Elektrokabeln Verwendung findet, feststellen lassen, womit zu beweisen sei, daß der Brand im Bereich des Rinderstalls, wo das Kabel zur Brechmühle verlegt war, ausgebrochen sein müsse (S. 341, 264, 265).

Diese Beweisanträge wurden unter Hinweis auf das dem Gericht schlüssig und widerspruchsfrei erscheinende Gutachten des Brandsachverständigen Ing. S*** und unter Bedachtnahme auf den aus dem Beweisverfahren hervorgekommenen Umstand abgewiesen, daß sich Hildegard M*** an den Rettungsarbeiten beteiligte, sodaß nachträglich nicht mehr zu klären ist, wann und wo diese Verunreinigung auf ihre Kleidung gelangt war (S. 342 in Verbindung mit den Ausführungen im Urteil S. 367).

Dem eine kriminaltechnische Untersuchung der Kleidungsstücke der Mutter des Betroffenen (die sich in der Hauptverhandlung einer Aussage entschlug) ablehnenden Zwischenerkenntnis ist beizupflichten, weil das gewünschte, die Brandentstehung durch einen Kurzschluß indizierende Beweisergebnis auch dann nicht vorläge, wenn die Untersuchung ergäbe, daß die Flecken vom abgeschmolzenen Isoliermaterial des Kabels stammen, das zur Brechmühle gelegt war. Wäre doch nicht auszuschließen, daß die Verunreinigungen erst auf die Kleidung gelangten, als die Zeugin nach Brandausbruch bei der Rettung der Haustiere aus den Ställen mithalf.

Wenn in der Beschwerde die Einholung eines kriminaltechnischen Gutachtens auch zur Überprüfung des auf Grund des Teilgeständnisses als erwiesen angenommenen Versuchs des Betroffenen, das von ihm durch Entzünden von Stroh entfachte Feuer noch mit den Gummistiefeln auszutreten (S. 354), begehrt wird, fehlt es diesbezüglich an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung, somit an der formalen Voraussetzung für die Geltendmachung einer Verfahrensrüge nach § 281 Abs 1 Z. 4 StPO.

Das Gericht konnte aber auch den Antrag auf (zusätzliche) Beiziehung eines elektrotechnischen Sachverständigen ohne Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze abweisen. Zum Beweisthema ist grundsätzlich darauf zu verweisen, daß der Sachverständige die theoretische Möglichkeit eines Kurzschlusses durchaus bejahte, dies im konkreten Fall aber im Hinblick auf die Erhebungsergebnisse ausschloß, wobei er - ebenso wie die Verteidigung (S. 341) - das Fallen des Schutzschalters erst durch die Brandeinwirkungen als wahrscheinlich unterstellte (S. 326). Das Begehren auf Zuziehung eines weiteren Sachverständigen wird aber schwergewichtig auf die - unbestrittene - Äußerung des Sachverständigen, als er während der Erhebungen kurz am Brandplatz anwesend war, gestützt, die Brandursache könne in einem Lichtbogenkurzschluß im Bereich des Elektromotors liegen. Hiezu ist vorweg festzuhalten, daß es sich hiebei noch um keine gutächtliche Äußerung im formellen Sinn gehandelt hatte und im übrigen das Gericht gerade diesen Umstand ausführlich gewürdigt und denkrichtig dargelegt hat, weshalb es dem in der Hauptverhandlung umfänglich erläuterten schriftlichen Gutachten folgte (S. 368 bis 371). Im Nichtigkeitsverfahren kann aber die sachliche Richtigkeit und die Überzeugungskraft eines von den Tatrichtern als unbedenklich beurteilten Sachverständigengutachtens nicht mit Erfolg angezweifelt oder bestritten werden (EvBl 1959/218, SSt. XLV/23, 9 Os 4/84, 11 Os 43/86 u.v.a.).

Voraussetzung für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens wäre gemäß § 126 Abs 1 StPO. in Verbindung mit § 125 StPO., daß das Gutachten des vernommenen Sachverständigen dunkel, unbestimmt, mit sich selbst oder den erhobenen Tatumständen in Widerspruch ist oder Schlüsse enthält, die aus den Vordersätzen nicht folgerichtig gezogen sind, sofern allfällige Bedenken nicht durch nochmalige Befragung des Sachverständigen zu beseitigen waren. Nun waren aber gerade die in der Beschwerde hervorgekehrten Äußerungen des Sachverständigen während der ersten Erhebungen Gegenstand einer umfangreichen Befragung desselben in der Hauptverhandlung, wobei Mängel der dargestellten Art nicht hervorkamen, vielmehr gerade die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen das Gericht voll überzeugten. Es bestand daher keine Veranlassung, eine weitere Begutachtung anzuordnen.

Auch im Rahmen der Mängelrüge (Z. 5) werden Widersprüche im Gutachten behauptet und im übrigen versucht, die vom Erstgericht zur Begründung seiner Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen herangezogenen und eingangs skizzierten Beweisergebnisse in Frage zu stellen, indem neuerlich die Möglichkeit der Brandentstehung im Rinderstall ventiliert und kritisiert wird, daß die (teilweise geständige) Einlassung des Betroffenen überhaupt berücksichtigt wurde. Damit wird aber der angezogene formale Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, sondern nur unzulässigerweise die Beweiswürdigung einer Kritik unterzogen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO., teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon in einer nichtöffentlichen Sitzung zurückzuweisen.

Für die Verhandlung und Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§§ 296 Abs 3, 433 Abs 1 StPO.).

Anmerkung

E09504

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00143.86.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19861009_OGH0002_0130OS00143_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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