TE Vfgh Beschluss 2001/9/24 V79/01

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Veröffentlicht am 24.09.2001
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö BauO 1996 §11

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Rückwidmung von Bauland in Grünland in einem örtlichen Raumordnungsprogramm aufgrund Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges seit Einführung des Instituts der Bauplatzerklärung auch im niederösterreichischen Baurecht

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller begehrt mit seinem auf Art139 B-VG gestützten Antrag, "das örtliche Raumordnungsprogramm 1995 der Marktgemeinde Pyhra vom 30. Mai 1995, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. November 1995, R/1-R-476/024, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Pyrha in der Zeit vom 27. Dezember 1995 bis 10. Jänner 1996, hinsichtlich des als Grünland-Landwirtschaft ausgewiesenen Grundstücks Nummer 355, EZ 68, 19480 Heuberg, als gesetz- bzw. verfassungswidrgig auf(zu)heben."

2. Zur Darlegung seiner Legitimation führt der Antragsteller aus, dass er grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 68, 19480 Heuberg, bestehend aus den Grundstücken Nr. 354 und 355, sei. Das im Flächenwidmungsplan vom 3. Juli 1980 teilweise als "Bauland-Wohngebiet" gewidmete Grundstück Nr. 355 sei mit dem örtlichen Raumordnungsprogramm 1995 in "Grünland-Landwirtschaft" rückgewidmet worden. Diese Umwidmung greife unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers ein. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei ihm ein förmliches Baubewilligungsansuchen - aufgrund der damit verbundenen Kosten - zur Geltendmachung seiner Normbedenken nicht zumutbar.

II. 1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

2. In ständiger Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, es könne zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, dass er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen lässt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwändigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage zu Flächenwidmungsplänen in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10.004/1984; hinsichtlich der Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse VfSlg. 11.317/1987, 12.395/1990; zur Rechtslage in Niederösterreich die Erkenntnisse VfSlg. 15.004/1997, vom 26. September 2000, V78/00 und vom 14. März 2001, V21/01).

Seit Inkrafttreten der 6. Novelle zur NÖ Bauordnung 1976 besteht auch in Niederösterreich das Institut der Bauplatzerklärung, welches - hinsichtlich der Voraussetzungen leicht modifiziert - in die NÖ Bauordnung 1996 (§11) übernommen wurde. Dem Antragsteller steht also im Verfahren zur Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-6, ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit des örtlichen Raumordnungsprogrammes der Marktgemeinde Pyhra an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. zB VfSlg. 15.004/1997, 13.872/1994).

Damit steht dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung des behaupteten rechtswidrigen Eingriffes in seine Rechtssphäre zur Verfügung. Der (Individual-)Antrag war somit mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Baurecht, Bauplatzgenehmigung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:V79.2001

Dokumentnummer

JFT_09989076_01V00079_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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