Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Hule, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann G***, Pensionist (früher Angestellter), 4820 Bad Ischl, Mozartstraße 8, vertreten durch Dr.Josef Raffl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wider die beklagte Partei Dr.Berndt S***, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Kaigasse 19/1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A*** M*** Gesellschaft mbH, wegen 127.265,67 S (brutto) s.Ng., infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 17.Juni 1986, GZ.5 R 126/86-17, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 12.Mai 1986, GZ.8 a Cg 20/84-14, inhaltlich abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß der ersten Instanz wiederhergestellt wird. Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen. Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen und der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 4.714,05 S (darin 428,55 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.
Text
Begründung:
In der vor dem Erstgericht am 13.12.1984 durchgeführten Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung über die auf 127.265,67 brutto s. A. gerichtete Klage wurde ein Verhandlungsprotokoll aufgenommen, das in Vollschrift die im § 207 Abs 1 Z 1, 2 und 3 ZPO vorgeschriebenen Angaben und die Feststellung enthält, daß der Einzelrichter von der Beiziehung eines Schriftführers abgesehen hat und sich für die Abfassung des Verhandlungsprotokolls eines Schallträgers bedient. Weiters ist darin in Vollschrift beurkundet, daß die Parteien ihr Einverständnis erklärten, daß die Aufnahme auf dem Schallträger nach Ablauf der Widerspruchsfrist des § 212 Abs 5 ZPO gelöscht wird, ausdrücklich auf die Einhaltung der einmonatigen Frist des § 212 a Abs 3 ZPO verzichten und daß das Protokoll gemäß den §§ 212 a Abs 2 und 212 Abs 1 ZPO nach Verzicht auf Wiedergabe der Aufnahme gefertigt wurde. Dieses Protokoll wurde von den Parteienvertretern und vom Einzelrichter unterschrieben. Daraus, daß im Protokoll eine Protokollabschriftgebühr von 10 S verzeichnet und zusammen mit der (halben) Protokollgebühr vom Klagevertreter auf dem Protokoll in Gerichtskostenmarken aufgeklebt wurde und der Einzelrichter nach Übertragung des Schallträgerprotokolls am 27.12.1984 die Zustellung von Protokollausfertigungen an die Parteienvertreter, darunter den nach § 10 Z 4 GJGebGes.persönlich gebührenbefreiten Masseverwalter verfügte, ergibt sich, daß beide Parteienvertreter bei der Tagsatzung eine Abschrift der Übertragung der Schallträgeraufnahme beantragten.
Die vom Einzelrichter unterschriebene Übertragung des auf Schallträger aufgenommenen Protokollteils enthält zunächst das beiderseitige tatsächliche Vorbringen unter Bezugnahme auf Klage und Klagebeantwortung sowie Urkundenvorlagen und -verlesungen. Dann ist eingetragen, daß die Parteien nach Erörterung folgenden Vergleich geschlossen haben:
"Vergleich:
1.) Das Dienstverhältnis zwischen Hermann G*** und der Gemeinschuldnerin Fa.A*** M***l GesmbH wird einvernehmlich mit 31.3.1985 beendet.
2.) Zur Abgeltung sämtlicher bis zu diesem Zeitpunkt noch offenen Forderungen der klagenden Partei wird festgestellt, daß zuzüglich zum bereits anerkannten Betrag hinaus die Forderung der klagenden Partei mit S 384.007,-- als Konkursforderung in der allgemeinen Klasse zu Recht besteht.
Die beklagte Partei verpflichtet sich bei Exekution, den Betrag von S 384.007,-- an die klagende Partei nach Zureichen der Masse zu bezahlen.
3.) Die beklagte Partei verpflichtet sich bei Exekution, der klagenden Partei die Prozeßkosten von S 12.263,80 (darin enthalten S 695,80 Umsatzsteuer und S 4.610,-- Barauslagen) nach Zureichen der Konkursmasse zu bezahlen.
4.) Dieser Vergleich wird nur rechtswirksam, wenn er nicht bis längstens 21.1.1985 einschließlich bei Gericht einlangend von einem der Streitteile widerrufen wird."
Am 18.2.1985 stellte der Einzelrichter fest, daß kein Widerruf eingelangt war, erklärte den Vergleich für wirksam und verfügte die Zustellung von Vergleichsausfertigungen an die Parteien, die Rückstellung der Beilagen und die Berücksichtigung des Vergleichsabschlusses im Register. Diese Verfügungen wurden am 18.3.1985 abgefertigt.
Am 9.1.1986 beantragte der frühere Kläger beim Titelgericht auf Grund des zitierten Vergleichs zur Hereinbringung von restlichen 180.030,01 S samt 12.263,80 S Kosten die Fahrnisexekution. Nachdem der frühere Beklagte mitgeteilt hatte, daß die verglichenen Prozeßkosten bezahlt worden seien, wies das Titelgericht den Exekutionsantrag mit Beschluß vom 14.1.1986 mit der Begründung zurück, daß im Vergleich festgestellt worden sei, daß 384.007 S als Konkursforderung in der allgemeinen Klasse zu Recht bestehen. Damit sei klargestellt, daß es sich nicht um eine Masseforderung handle, so daß die Exekutionsführung unzulässig und auf die Verteilung nach §§ 128 ff.KO zu verweisen sei. Einem dagegen erhobenen Rekurs der betreibenden Partei wurde nicht Folge gegeben.
Dagegen erhob der betreibende Gläubiger ein
als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnetes, nach § 528 Abs 1 Z 1 ZPO unzulässiges Rechtsmittel, das rechtskräftig zurückgewiesen wurde.
Nunmehr beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens und führte dazu aus, der in der Verhandlung vom 13.12.1984 geschlossene und auf Schallträger aufgenommene Vergleich sei von den Parteien bzw. deren Vertretern nicht unterfertigt und daher nicht wirksam geworden. Dabei berief er sich auf die im EvBl 1986/60 veröffentlichte Entscheidung 7 Ob 621/85.
Das Erstgericht wies diesen Antrag zurück.
Den Parteien müsse beim Abschluß eines gerichtlichen Vergleiches die Absicht unterstellt werden, vor dessen Unterfertigung nicht gebunden sein zu wollen. In der Regel reiche die Unterschrift der Parteien bzw. ihrer zum Vergleichsabschluß berechtigten Prozeßbevollmächtigten auf dem auch bei Verwendung eines Schallträgers nach § 212 a Abs 1 Satz 2 ZPO in Vollschrift aufzunehmenden Teil des Verhandlungsprotokolls zur Einhaltung der als vereinbart anzunehmenden Schriftform nicht aus. Im vorliegenden Fall habe aber der Klagevertreter weder nach Zustellung der Protokollübertragung noch nach Zustellung der mit der Rechtskraft (richtig Rechtswirksamkeits-)bestätigung versehenen Vergleichsausfertigung Einwände gegen den Vergleich erhoben, sondern auf Grund dieses Vergleiches Fahrnisexekution beantragt. Damit habe der Kläger durch seinen Vertreter hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, daß er sich trotz der Nichtunterfertigung der (den Vergleichstext enthaltenden) Protokollübertragung an den Vergleich gebunden erachte. Das Verfahren sei daher mit Rechtswirksamkeit des Vergleiches "rechtskräftig" beendet.
Dagegen erhob der Kläger einen auf Fortsetzung des Verfahrens gerichteten Rekurs. Darin vertrat er die Rechtsmeinung, der Umstand, daß er unter Nichtbeachtung der für die Wirksamkeit des Vergleichs erforderlichen Unterfertigung Fahrnisexekution beantragt habe, könne an der Ungültigkeit des Vergleiches nichts ändern.
Das Rekursgericht hob die Zurückweisung des Fortsetzungsantrages auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die Vereinbarung der Parteien, einen gerichtlichen Vergleich zu schließen, enthalte auch die Vereinbarung der Schriftform. Wenn sich aus der Parteienabrede nichts anderes ergebe, werde daher vermutet, daß die Parteien vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollten. Weil gerichtliche Vergleiche nach ständiger Übung von den Parteien unterschrieben würden, müsse diesen in der Regel die Absicht unterstellt werden, vor der Unterschrift nicht gebunden zu sein. Dies sei auch bei Verwendung eines Schallträgers so, so daß die Unterschrift der Parteien bzw. ihrer zum Vergleichsabschluß berechtigten Prozeßbevollmächtigten auf dem auch bei Verwendung eines Schallträgers gemäß § 212 a Abs 1 Satz 2 EO in Vollschrift aufzunehmenden Teil des Verhandlungsprotokolls zur Einhaltung der als vereinbart anzunehmenden Schriftform nicht ausreiche. Dazu sei grundsätzlich die Unterschrift unter dem Vergleichstext erforderlich. Die von den Parteien vereinbarte Möglichkeit, den Vergleich bis 21.1.1985 schriftlich zu widerrufen, habe trotz Zustellung von Protokollabschriften schon im Dezember 1984 nichts daran geändert, daß der Vergleich von den Parteien nicht unterfertigt worden sei. Auch dadurch, daß der Kläger auf Grund dieses Vergleiches Exekution beantragt habe, sei nicht rückwirkend eine prozeßbeendende Wirkung des Vergleichs eingetreten. Einerseits müsse auch dem Beklagten die Absicht unterstellt werden, vor seiner Unterschrift nicht gebunden zu sein, so daß eine einseitige Erklärung des Klägers nicht ausreichen würde. Andererseits müsse berücksichtigt werden, daß der Vergleich "in sich widersprüchlich und unklar" sei.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete die zweite Instanz damit, daß der vorliegende Sachverhalt doch wesentlich anders sei als die in den Entscheidungen SZ 42/61 und EvBl 1986/60 beurteilten Sachverhalte. Hier handle es sich nämlich um einen aufschiebend bedingten Vergleich. Andererseits habe der Kläger auf Grund dieses Vergleiches Exekution beantragt. Ob auch in einem solchen Fall die mangelnde Unterfertigung des Vergleichstextes eine prozeßbeendende Wirkung ausschließe, sei vom Obersten Gerichtshof nicht geprüft worden.
In seinem Revisionsrekurs beantragt der Beklagte die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung. Der Kläger erstattete eine Rekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 528 Abs 2 Satz 1 ZPO). Die Rekursbeantwortung ist unzulässig, weil sich der Rekurs nicht gegen eine Entscheidung des Rekursgerichtes richtet, mit der eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen oder ein Antrag auf Zurückweisung der Klage verworfen worden ist (§ 521 a Abs 1 Z 3 und Abs 2 ZPO).
Der Revisionsrekurs ist begründet.
In seiner mehrfach veröffentlichten Entscheidung vom 23.4.1969, 6 Ob 90/69 (EvBl 1969/378 = JBl 1970,319 = NZ 1970, 43 = SZ 42/61), hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, daß auf den gerichtlichen Vergleich, der den Charakter einer Prozeßhandlung und eines zivilrechtlichen Vertrages habe, soweit nicht Vorschriften des Prozeßrechtes entgegenstünden, auch die Vorschriften über die Form der Verträge und damit auch § 884 ABGB anzuwenden sei. Seien die Parteien übereingekommen, einen gerichtlichen Vergleich im Sinn des § 204 ZPO zu schließen, dann liege darin die Vereinbarung der Schriftform. Es werde daher mangels anderweitiger Vereinbarung, also im Zweifel, vermutet, daß sie vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollten. Nach § 886 ABGB werde zwar der schriftliche Abschluß des Vertrages durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung ersetzt. Das ändere aber nichts, weil gerichtliche Vergleiche nach ständiger Übung von den Parteien zum Zeichen ihres Einverständnisses unterschrieben würden, so daß in der Regel eine Absicht der Parteien, auch bei einem gerichtlichen Vergleich nicht vor Leistung der Unterschrift gebunden sein zu wollen, unterstellt werden müsse.
Unter Zitierung dieser Entscheidung bezeichnet Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht 2 227, die Unterfertigung (des Protokolls) durch die Parteien als unerläßlich.
Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1352 lehrt, daß die Unterschrift der Parteien vom Gesetz zwar verlangt, doch kein unbedingtes Gültigkeitserfordernis sei, hält aber die in der zitierten Entscheidung vertretenen Ansicht für sehr praktisch und zweckmäßig. Die Entscheidung vom 3.10.1985, 7 Ob 621/85, EvBl 1986/60, schließt sich der in der vorzitierten Entscheidung vertretenen Rechtsansicht an und führt aus, daß auch bei Verwendung eines Schallträgers davon auszugehen sei, daß die Parteien bei der Vereinbarung eines gerichtlichen Vergleichs in der Regel nicht vor Leistung der Unterschrift gebunden sein wollten. Die Unterschrift der Parteien bzw. ihrer zum Vergleichsabschluß berechtigten Prozeßbevollmächtigten, auf dem auch bei Verwendung eines Schallträgers gemäß § 212 a Abs 1 zweiter Satz ZPO in Vollschrift aufzunehmenden Teil des Verhandlungsprotokolls reiche zur Einhaltung der als vereinbart anzunehmenden Schriftform nicht aus, wenn dieser Teil nicht den Vergleichstext in Vollschrift enthalte. Nach Meinung des nunmehr erkennenden Senats ist der letzte (Rechts-)Satz im nunmehr zu entscheidenden Fall aus folgenden Gründen nicht anzuwenden:
Ob ein Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet wurde (und ob der abgeschlossene gerichtliche Vergleich einen Exekutionstitel im Sinn des § 1 Z 5 EO bildet), ist ausschließlich nach Prozeßrecht zu beurteilen, weil es insoweit um die Wirksamkeit einer Prozeßhandlung geht. Die prozessuale Unwirksamkeit eines Vergleichs kann von den Parteien durch einen Fortsetzungsantrag geltend gemacht werden (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1335 und 1340; Rechberger-Simotta, Zivilprozeßrecht 2 Rz 312; Holzhammer, Zivilprozeßrecht 2 229). Soweit nicht ein ausdrücklicher Widerspruch einer Partei vorliegt, liefert das in Gemäßheit der die Verhandlungsprotokolle betreffenden Bestimmungen der Zivilprozeßordnung - die folgenden Paragraphen sind solche dieses Gesetzes - errichtete Protokoll (als öffentliche Urkunde) über den Verlauf und Inhalt der Verhandlung vollen Beweis, wobei die Beobachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (§ 215 Abs 1 und 2; Fasching, Komm II,1003 f; derselbe, ZPR Rz 633).
Die Weigerung der Parteien, am Protokollierungsakt teilzunehmen, hindert die Vornahme der Beurkundung nicht (§ 210 Abs 3). Das aufgenommene Protokoll ist aber den Parteien zur Durchsicht vorzulegen oder vorzulesen und von ihnen zu unterschreiben (§ 212 Abs 1). Kann eine Partei gar nicht oder nur mittels eines Handzeichens unterfertigen, so ist deren Name dem Protokoll durch den Schriftführer beizusetzen (§ 213 Abs 1). Entfernt sich eine Partei vor Vornahme der Protokollierung oder wird die Unterfertigung des Protokolls von ihr abgelehnt, so sind diese Vorgänge sowie die von der Partei dafür geltend gemachten Gründe in einem Anhang zum Protokoll anzugeben (§ 213 Abs 2). Dem Protokoll hat der Vorsitzende oder der die Verhandlung leitende Einzelrichter, der Schriftführer und ein der Verhandlung etwa beigezogener Dolmetsch seine Unterschrift beizusetzen. Bei Verhinderung des Vorsitzenden unterschreibt an dessen Statt das älteste Mitglied des Senates (§ 213 Abs 3).
Daraus folgt, daß die Unterschrift der Parteien auf dem Verhandlungsprotokoll zwar erwünscht ist, aber - anders als wenigstens die Unterschrift des Vorsitzenden oder Einzelrichters - kein Gültigkeitserfordernis darstellt (Fasching, Komm II 1001 f; derselbe, ZPR Rz 628).
Hat das Gericht angeordnet, daß das Protokoll oder Teile davon vom Schriftführer nach den Angaben des Vorsitzenden in Kurzschrift aufgenommen werden (§ 209 Abs 5), oder bedient sich der Vorsitzende (Einzelrichter) für die Abfassung des Verhandlungsprotokolls eines Schallträgers (§ 212 a Abs 1), dann ist von dem in Kurzschrift bzw. auf Schallträger aufgenommenen Teil des Protokolls eine Übertragung in Vollschrift anzufertigen, die jedenfalls vom Richter zu unterschreiben und dem Protokoll als Beilage anzufügen ist (§ 212 Abs 5, bei Verwendung eines Schallträgers iVm § 212 a Abs 2). Die im § 212 Abs 5 vorgeschriebene Übertragung in Vollschrift entfällt, wenn die Rechtssache durch Vergleich, Zurücknahme der Klage oder Anerkenntnisurteil bei dieser Tagsatzung erledigt und keine Protokollsabschrift begehrt wurde. Der Vergleich, die Erklärung der Zurücknahme der Klage und das Anerkenntnis sind in solchem Falle in Vollschrift zu protokollieren (§ 212 Abs 6, bei Verwendung eines Schallträgers iVm § 212 a Abs 2). Aus der Formulierung "in solchem Falle" ergibt sich nach Auffassung des erkennenden Senates eindeutig, daß durch den 2.Satz die Protokollierung in Vollschrift nur angeordnet ist, falls keine Protokollsabschrift begehrt wurde; denn andernfalls wären die genannten Worte sinnlos (die "Fälle": Vergleich usw. sind ja auch im 2. Satz aufgezählt) bzw. hätte "in jedem Falle" formuliert werden müssen. Nur wenn die Übertragung in Vollschrift entfällt, ist somit der Vergleich in Vollschrift zu protokollieren.
Im vorliegenden Fall wurde - anders als in dem der Entscheidung EvBl 1986/60 zugrundeliegenden Verfahren - von beiden Parteien eine Protokollsabschrift begehrt.
Weil Vergleiche, die unter der aufschiebenden Bedingung des Nichtwiderrufs während bestimmter Frist geschlossen werden, erst mit dem ungenützten Ablauf der Widerrufsfrist wirksam werden (Fasching, ZPR Rz 1350), tritt auch ihre allfällige prozeßbeendende Wirkung erst in diesem Zeitpunkt ein (Fasching, ZPR Rz 1357; vgl. auch EvBl 1977/72 = JBl 1977, 428 u. JBl 1980, 378 = AnwZ 1980, 122). In einem solchen Fall wird daher - auch insofern anders als in der Entscheidung EvBl 1986/60 - die Rechtssache wirksam nicht bei, sondern - falls nicht fristgerecht widerrufen wird - erst nach der Tagsatzung, in der der aufschiebend bedingte Vergleich protokolliert wird, durch Vergleich erledigt.
Weil im vorliegenden Fall die im § 212 Abs 6 Satz 1 genannten Voraussetzungen, unter denen die im Abs 5 der zitierten Gesetzesstelle vorgeschriebene Übertragung in Vollschrift entfällt, nicht vorlagen, mußte der in der Tagsatzung vom 13.12.1984 zustandegekommene Vergleich nicht nach § 212 Abs 6 Satz 2 in Vollschrift protokolliert werden sondern durfte auf einem Schallträger protokolliert werden und hätte auch in Kurzschrift protokolliert werden dürfen.
Die vom Einzelrichter unterschriebene Übertragung des auch den Vergleichstext enthaltenden, auf Schallträger aufgenommenen Protokollteils in Vollschrift wurde dem Protokoll als Beilage angefügt, Abschriften der Übertragung den Parteien zugestellt. Es ist dabei weder von der Zivilprozeßordnung vorgesehen noch üblich, daß die Übertragung des in Kurzschrift oder auf Schallträger protokollierten Vergleichstextes von den Parteien(vertretern) zum Zeichen ihres Einverständnisses unterschrieben wird. Gesetzlich vorgesehen (§§ 212 Abs 1 und 4 und 212 a Abs 2) ist vielmehr, daß das Verhandlungsprotokoll, in dem der Vergleichstext in Kurzschrift aufgenommen ist oder bei Verwendung eines Schallträgers überhaupt nicht in Schriftzeichen aufscheint, den Parteien zur Durchsicht vorgelegt oder vorgelesen bzw. die Schallträgeraufnahme wiedergegeben wird, und daß das Protokoll von den Parteien, die Richtigstellungen verlangen und allenfalls Widerspruch gegen das Protokoll erheben können, unterschrieben wird. Von dem in Kurzschrift bzw. auf Schallträger aufgenommenen Teil des Protokolls ist sodann nach den §§ 212 Abs 5 und 212 a Abs 2 eine Übertragung in Vollschrift anzufertigen, wenigstens vom Richter zu unterschreiben und dem Protokoll als Beilage anzufügen. Sodann können die Parteien gegen die Übertragung Widerspruch erheben. Daraus ergibt sich, daß der in der Tagsatzung vom 13.12.1984 zustandegekommene bedingte Vergleich in einem "in Gemäßheit der die Verhandlungsprotokolle betreffenden Bestimmungen der Zivilprozeßordnung errichteten Protokoll" (§ 215) protokolliert wurde, so daß mit dem ungenützten Ablauf der Widerrufsfrist seine prozeßbeendende Wirkung eintrat.
Die Unterschrift der Parteien(vertreter) auf dem nach § 212 a Abs 1 sofort in Vollschrift aufgenommenen Teil des in der Tagsatzung vom 13.12.1984 gesetzgemäß aufgenommenen Verhandlungsprotokolls kann auch als die von der mehrfach veröffentlichten Entscheidung 6 Ob 90/69 geforderte Vollendung der für den gerichtlichen Vergleich vereinbarten Schriftform angesehen werden, ohne deren Erfüllung die Parteien nach dieser Entscheidung mangels anderweitiger Vereinbarung nicht gebunden sein wollen. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Bundesgesetz über die Verwendung von Schallträgern im zivilgerichtlichen Verfahren, 437 Blg.NR 13.GP, verwiesen, die u.a. ausführen:
"Ferner wird dafür Vorsorge getroffen, daß die wichtigen, im § 207 Abs 1 ZPO angeführten Angaben und Aufzeichnungen in Vollschrift festgehalten werden. Das ist notwendig, damit das Protokoll in seinem formellen Teil sofort vorliegt und von den Parteien unterschrieben werden kann".
Der vorliegende Rechtsstreit wurde daher durch den infolge ungenützten Ablaufs der Widerrufsfrist wirksam gewordenen, ordnungsgemäß protokollierten Vergleich vom 13.12.1984 mit Ablauf des 21.1.1985 beendet, weshalb der mit Unwirksamkeit dieses Vergleichs begründete Fortsetzungsantrag des Klägers vom Erstgericht mit Recht zurückgewiesen wurde.
Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben und der Beschluß der ersten Instanz wieder herzustellen.
Die Entscheidung über den Ersatz der Rekurskosten im Zwischenstreit über die Fortsetzung des Prozesses beruht auf den §§ 40, 41 und 50 und 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E09569European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00600.86.1015.000Dokumentnummer
JJT_19861015_OGH0002_0030OB00600_8600000_000