TE OGH 1986/10/21 11Os136/86

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Veröffentlicht am 21.10.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Oktober 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bittmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Albert S*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148, 2. Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9.Juli 1986, GZ 29 Vr 3.679/84-64, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer, des Angeklagten Albert S*** und des Verteidigers Dr. Stefan Pekofsky zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Februar 1932 geborene Albert S*** (früher: E***) im zweiten

Rechtsgang des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Zum weiteren Anklagevorwurf der Urkundenfälschung behielt das Erstgericht gemäß dem § 263 Abs 2 StPO dem öffentlichen Ankläger die selbständige Verfolgung vor.

Inhaltlich des Schuldspruchs liegt Albert S*** zur Last, im April 1985 in Hallein - mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung - Franz U*** und Helmut B*** unter

Vortäuschung eines redlichen, zahlungsfähigen und zahlungswilligen Autokäufers zur Übergabe eines Personenkraftwagens der Marke Talbot Solara SX im Wert von 48.000 S verleitet zu haben, wodurch er die Firma B*** am Vermögen in einem dem genannten Betrag entsprechenden Ausmaß schädigte; Albert S*** verübte diesen schweren Betrug und die im ersten Rechtsgang durch insoweit rechtskräftigen Schuldspruch (11 Os 42/86) festgestellten Betrügereien in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Der Angeklagte ficht den Schuldspruch mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an; gegen den Strafausspruch wendet er sich mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die zunächst bekämpfte Feststellung, daß der Angeklagte den gekauften Personenkraftwagen vereinbarungsgemäß bei Übernahme zu bezahlen gehabt hätte und das Fahrzeug schließlich unter der Vorspiegelung, binnen einer Stunde die Kaufsumme bringen zu wollen, herauslockte, wurde vom Schöffengericht auf der Grundlage der als verläßlich beurteilten Angaben der Zeugen U*** und B*** getroffen. Dabei zog die Tatsacheninstanz auch den Umstand in Erwägung, daß inhaltlich der schriftlichen Anzeige der H. B*** GesmbH & Co. KG vom 25.Juni 1985 (S 171) die fällige Kaufsumme nicht binnen einer Stunde, sondern binnen drei Tagen überbracht werden sollte, hielt diese Diskrepanz jedoch durch die Bekundung des Zeugen U*** für aufgeklärt, wonach von einer dreitägigen Frist zur Geldbeschaffung für den Fahrzeugkauf nicht anläßlich der Übergabe des Personenkraftwagens, sondern einige Tage vorher die Rede gewesen sei (S 375). Dem die Tragfähigkeit der letztgenannten Schlußfolgerung anzweifelnden Beschwerdeführer muß entgegengehalten werden, daß es in tatsachenmäßiger und rechtlicher Beziehung bedeutungslos ist, ob er die Zahlung für die nächste Stunde oder die nächsten drei Tage versprochen hatte, weil keine der beiden Varianten seine für widerlegt angesehene Verantwortung zu bestätigen vermag, wonach keineswegs die Kaufpreisentrichtung bei Übernahme des PKWs vereinbart gewesen sei, sondern vielmehr später unbestimmte Ratenzahlungen innerhalb eines Zeitraums von vermutlich drei Monaten zu leisten gewesen wären. Daher releviert der Beschwerdeführer insoweit bloß einen unerheblichen Nebenumstand, welcher für die Annahme, daß der Kaufpreis bei Übernahme des Fahrzeuges fällig war und der Personenkraftwagen bloß wegen der Vortäuschung einer Zahlungsbereitschaft und einer nicht ernst gemeinten Zahlungszusage ausgefolgt wurde, keine entscheidende Tatsache bildet und im Rahmen der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) keiner näheren Erörterung bedurfte.

Auch die Konstatierung der Absicht des Angeklagten, sich durch wiederholte Begehung auch schwerer Betrügereien fortlaufende kriminelle Nebeneinkünfte zu verschaffen, wurde vom Erstgericht mit der Mehrzahl der Fakten, der raschen Aufeinanderfolge von zwei betrügerischen Autokäufen und der aus einem Vorstrafakt ersichtlichen früheren gleichartigen Delinquenz des Täters logisch und empirisch einwandfrei begründet. Der in diesem Zusammenhang gegebene Hinweis auf die Lebensführung des Angeklagten (S 376) enthielt dem Beschwerdevorbringen zuwider keine unter die Begründungspflicht fallende Feststellung eines aufwendigen Lebenswandels, sondern bloß eine auf dem Mißverhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und eingegangenen Leistungsverpflichtungen einerseits sowie den früheren Betrugshandlungen anderseits beruhende resümierende Überlegung, die als solche eine Erwägung zur Beweiswürdigung, nicht aber eine Sachverhaltsannahme darstellt. Die teils ausdrücklich und teils der Sache nach erhobenen Rechtsrügen versagen ebenfalls:

Aus welchem Grund ein seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit vortäuschender Käufer, der den Kaufgegenstand ohne Bezahlung des Kaufpreises übergeben erhält, nur dann Betrug verantworten soll, wenn die Sachübergabe unter aufschiebender oder auflösender Bedingung stattfindet, kann den Beschwerdeausführungen nicht entnommen werden, weshalb sich dieser Einwand einer substantiellen Erwiderung entzieht.

Von gewerbsmäßiger Tatbegehung kann nicht erst dann gesprochen werden, wenn tatplanmäßig der wirtschaftliche Vorteil aus einer strafbaren Betrugshandlung auf bereits determinierte Art ein ganz konkretes Lebensbedürfnis befriedigen soll (ZVR 1986/99 aE). Es ist im Gegenteil unerheblich, zu welchem Zweck der Täter betrügerisch herausgelockte Sachen zu verwenden beabsichtigt und ob diese Sachen mittelbar oder unmittelbar einem Lebensbedürfnis dienen sollen, weil allein schon die jeweilige Vermehrung des Tätervermögens im wirtschaftlichen Sinn eine Einnahme in der Bedeutung der §§ 70 und 148 StGB begründet (EvBl 1985/7). Die vom Angeklagten herausgelockten Gegenstände bildeten daher auch dann erzielte Einnahmen, wenn er ihre Weiterveräußerung nicht in Betracht zog und den Personenkraftwagen Talbot Solara SX bloß als Ersatz für ein nicht mehr verkehrssicheres anderes Fahrzeug an sich brachte. Daß der Angeklagte bei betrügerischer Erlangung einer Sonnenbrille und eines Autoradios verlockende Gelegenheiten ausnützte, ist durch die Verfahrensergebnisse nicht indiziert, wäre aber ohnehin für die rechtliche Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit der Tatverübung ohne Belang (siehe Mayerhofer-Rieder StGB 2 ENr. 15 zu § 70). Das restliche Beschwerdevorbringen enthält keine prozeßordnungsmäßige Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, weil bloß die für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit des Betruges maßgeblichen Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite in Zweifel gezogen oder die dazu angegebenen Gründe übergangen werden. Diese Ausführungen sind als unzulässige und daher unbeachtliche Kritik an der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes einer weiteren sachlichen Behandlung entrückt. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte Albert S*** für die eingangs bezeichnete Tat unter Einbeziehung der im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldsprüche wegen Betruges (§§ 146, 147 Abs 2 StGB) nach dem höheren Strafsatz des § 148 StGB unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 26.November 1985, AZ 28 U 411/85 (sechs Wochen Freiheitsstrafe - bedingt - wegen § 198 Abs 1 StGB) zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten und zwei Wochen. Bei der Strafzumessung wurden das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die zweifache Qualifikation des Betruges als erschwerend gewertet, während der Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung und die teilweise Schadensgutmachung als Milderungsumstände Berücksichtigung fanden. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die "Milderung" und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe an.

Dem Berufungswerber ist zuzugeben, daß die Strafzumessungsgründe insofern einer Korrektur bedürfen, als nur ein Schuldspruch wegen des Verbrechens des Betruges gefällt, die Verfolgung wegen des Vergehens der Urkundenfälschung aber dem Ankläger vorbehalten wurde, dieses Vergehen somit nicht Gegenstand des Schuldspruchs ist. Es trifft auch zu, daß die Wertqualifikation (§ 147 Abs 2 StGB) neben der gewerbsmäßigen Begehung (§ 148 StGB) kaum ins Gewicht fällt. Jedoch unterließen es die Tatrichter, die in anderem Zusammenhang auf eine einschlägige Vorstrafe hinwiesen (S 375), im Rahmen der Strafzumessung die schwere Vorstrafenbelastung zu erörtern. Wurde doch Albert S***, der schon vorher über acht Jahre seines Lebens vorwiegend wegen Vermögensdelikten in Haftanstalten verbracht hatte, mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 24. September 1979, GZ 15 Vr 707/79-276, wegen zahlreicher strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen, darunter auch wegen spezifisch einschlägiger Betrügereien im Zusammenhang mit Autokäufen, zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis 22. März 1984 verbüßte. Schon in den Monaten Juni und Juli 1984 wurde er wieder rückfällig, sodaß sich ein grundlegender Sinneswandel, wie in der Berufung unter Hinweis auf familiäre Bindungen behauptet, nicht feststellen läßt. Wenngleich die nunmehr abgeurteilten Betrugsfakten im Vergleich zu den dem zitierten Urteil zugrundeliegenden (schweren) Straftaten eher gerinfügig sind und eine weitgehende Schadensgutmachung vorliegt, läßt die durch das Vorleben dokumentierte ablehnende Einstellung gegen rechtlich geschützte Werte auch diese Taten schwerer wiegen (§ 32 Abs 2 StGB) als vergleichbare Verfehlungen unbescholtener oder weniger belasteter Delinquenten. Die vom Schöffengericht ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens (ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe ohne Berücksichtigung der Strafschärfungsmöglichkeit nach dem § 39 StGB) ausgemessene Strafe erscheint daher nicht reduzierungsfähig. Bei einer derartig vorbelasteten Persönlichkeit ist eine bedingte Strafnachsicht nach dem § 43 Abs 2 StGB ausgeschlossen.

Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E09463

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00136.86.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19861021_OGH0002_0110OS00136_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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