TE OGH 1986/10/21 14Ob171/86

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Veröffentlicht am 21.10.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Gamerith sowie die Beisitzer Hon.Prof.Dr.Gottfried Winkler und Hon.Prof.Dr.Hanns Waas als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred R***, Arbeitnehmer, Wettmannstätten, Schönaich 24, vertreten durch Dr.Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Annemarie R***, Gastwirtin, Wettmannstätten, Schönaich 24, vertreten durch Dr.Guido Held, Rechtsanwalt in Graz, wegen 90.679,17 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 3.Juni 1986, GZ 2 Cg 29/86-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Deutschlandsberg vom 20.März 1986, GZ Cr 1/86-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind 385,80 S an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt mit der Behauptung, von der Beklagten, seiner Ehefrau, am 10.November 1985 ungerechtfertigt entlassen worden zu sein, die Zahlung eines Betrages von 90.679,17 S brutto sA an Kündigungsentschädigung einschließlich anteiliger Sonderzahlungen. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Entlassung sei gerechtfertigt, weil der Kläger im Gasthausbetrieb der Beklagten, in welchem er als Kellner beschäftigt gewesen sei, eigenmächtig Inkassi vorgenommen und sich geweigert habe, die eingenommenen Geldbeträge an die Beklagte abzuführen. Er habe trotz wiederholter Ermahnungen seine Arbeitskollegen beschimpft und bedroht, sei unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben, habe alle Buchhaltungsunterlagen an sich genommen und sich geweigert, sie der Beklagten auszufolgen.

Das Erstgericht hielt die Entlassung für gerechtfertigt und wies daher das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger weigerte sich bereits im Sommer 1985 wiederholt, die von ihm kassierten Tageslosungen mit der Beklagten abzurechnen und die eingenommenen Geldbeträge an die Beklagte abzuführen. Dies geschah auch dann, wenn die Beklagte die Aushilfskellner entlohnen wollte. Im Zuge der in diesem Zusammenhang entstandenen Auseinandersetzungen beschimpfte der Kläger die Beklagte vor den Gästen und dem Personal mit Ausdrücken wie "Arschloch" und "Sau". Als die Beklagte Kellnerinnen mit dem Inkasso beauftragte, versuchte dies der Kläger dadurch zu verhindern, daß er sie bedrohte. Am 10.November 1985 forderte die Beklagte den Kläger neuerlich auf, ihr die Geldtasche mit der eingenommenen Tageslosung zu übergeben. Als sich der Kläger weigerte, sprach die Beklagte seine Entlassung aus.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, die Entlassung sei schon aus dem Grunde des § 27 Z 4 AngG gerechtfertigt, weil sich der Kläger beharrlich geweigert habe, den gerechtfertigten Anordnungen der Beklagten betreffend die Herausgabe der kassierten Geldbeträge nachzukommen. Inwieweit eheliche Schwierigkeiten geeignet gewesen sein sollten, diese Weigerung als nicht pflichtwidrig erscheinen zu lassen, sei nicht vorstellbar und könne dem Vorbringen des Klägers auch nicht entnommen werden. Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die in der Revision im wesentlichen vertretene Auffassung, eheliche Schwierigkeiten seien der Grund für das zur Begründung der Entlassung herangezogene Verhalten des Klägers gewesen, so daß dieses eine Entlassung nicht zu rechtfertigen vermöge, ist nicht geeignet, der Revision zum Erfolg zu verhelfen. Soweit der Kläger seine Weigerung, die von ihm kassierten Geldbeträge der Beklagten herauszugeben, mit ehelichen Problemen sowie mit seinem möglichen Bestreben, sich dadurch unbegründeten Kontrollen zu entziehen, in Verbindung zu bringen versucht, weicht er sowohl vom festgestellten Sachverhalt als auch von seinem Prozeßvorbringen ab. Der Kläger hat weder in seinem Parteivorbringen noch bei seiner Vernehmung als Partei eine Erklärung für die Weigerung gegeben, die inkassierten Geldbeträge der Beklagten auszufolgen, sondern hat vielmehr behauptet, diese Geldbeträge ohnehin immer übergeben zu haben. Dies hat aber das Berufungsgericht nicht als erwiesen angenommen. Es mag sein, daß das Verhalten eines Ehegatten, das bei einem familienfremden Arbeitnehmer als Entlassungsgrund zu werten wäre, bei einem Zusammentreffen ehelicher Rechte und Pflichten mit Rechten und Pflichten aus einem zwischen Ehegatten begründeten Arbeitsverhältnis anders zu beurteilen ist und mit Rücksicht auf das Eheverhältnis den sofortigen Abbruch der dienstlichen Beziehungen nicht rechtfertigen muß (4 Ob 64/85). Für das Verhalten des Klägers trifft dies aber nicht zu, weil zwischen seiner Weigerung, die von ihm eingenommenen Geldbeträge der Beklagten auszufolgen, und dem Eheverhältnis mangels derartiger Prozeßbehauptungen ein Zusammenhang, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte, nicht besteht. Feststellungen über die ehelichen Probleme der Streitteile waren daher entbehrlich.

Da die Weigerung des Klägers, der Anordnung der Beklagten zur Herausgabe der Geldbeträge nachzukommen, wiederholt und somit beharrlich im Sinne des zweiten Tatbestandes des § 27 Z 4 AngG erfolgt ist, erweist sich die Entlassung des Klägers, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, schon aus diesem Grund als gerechtfertigt, so daß auf die weiters geltend gemachten Entlassungsgründe nicht mehr eingegangen werden muß. Damit fehlt aber dem auf einer ungerechtfertigten Entlassung beruhenden Klagebegehren die Grundlage.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E09176

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00171.86.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19861021_OGH0002_0140OB00171_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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