Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als Richter in der Handelsregistersache der Firma A. A*** Gesellschaft mbH, 4820 Bad Ischl, Götzstraße 10, infolge Revisionsrekurses der Gesellschafter 1.) Erich A***, Firmengesellschafter, D-8415 Mittenau, Thannerstraße 32 a, 2.) Erich Michael A***, D-8039 Puchheim, Dorfstraße 41, 3.) Klaus A***, Firmengesellschafter, D-8228 Freilassing, Surheimerstraße 19, sämtliche vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert und Dr. Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 20. August 1986, GZ 2 R 219/86-36, womit der Beschluß des Kreis- als Handelsgerichtes Wels vom 16. Juli 1986, GZ HRB 922-32, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Gesellschafter der Firma A. A*** Gesellschaft mbH sind Erich A*** mit 3/9, dessen Söhne Erich Michael A*** und Klaus A*** mit je 1/18, Walter A*** und sein Sohn Ing. Wolfgang A*** mit je 1/9 sowie Dipl.Ing. Gustav J*** mit 2/9 und dessen Sohn Fridolin J*** mit 1/9 des Stammkapitals von S 5,4 Mill. Als derzeit einziger Geschäftsführer ist Dipl.Ing. Gustav J*** im Handelsregister eingetragen. Dieser kündigte mit 31. März 1986 sein Dienstverhältnis auf und legte sein Amt als Geschäftsführer zurück. Aus diesem Grunde beantragten Walter, Erich und Ing. Wolfgang A*** die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 15 a GmbHG in der Person des Walter A***, wobei sie ausführten, die Bestellung eines neuen Geschäftsführers durch die Gesellschaft selbst sei nicht zustandegekommen, da laut Gesellschaftsvertrag dafür eine 3/4-Mehrheit notwendig sei und lediglich eine 2/3-Mehrheit für die Bestellung des Walter A*** habe erreicht werden können. Walter A*** sei als Notgeschäftsführer aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Unternehmen und seiner Funktion als Einzelprokurist bestens geeignet.
Gegen die Bestellung des Walter A*** als alleinigen Notgeschäftsführer sprachen sich die Gesellschafter Dipl.Ing. Gustav J*** und dessen Sohn Fridolin J*** aus und beantragten, neben Walter A*** auch Fridolin J*** als Notgeschäftsführer mit kollektiver Vertretungsbefugnis zu bestellen.
Das Erstgericht bestellte Walter A*** und Fridolin J*** zu kollektivvertretungsbefugten Notgeschäftsführern. Es vertrat die Auffassung, im Gesellschaftsvertrag sei die Möglichkeit, zwei kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer zu bestellen, vorgesehen. Auch seien anläßlich der Gründung der Gesellschaft zwei Geschäftsführer bestellt worden. Bedenken gegen die fachliche Eignung sowohl des Walter A*** als auch des Fridolin J*** lägen nicht vor.
Das Rekursgericht gab den Rekursen der Gesellschafter Erich, Erich Michael und Klaus A*** sowie Walter und Ing. Wolfgang A*** nicht Folge. Es ging davon aus, daß die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers unbestrittenermaßen vorlägen und nur die Person strittig sei. Die Bestellung von Walter A*** als Leiter des Rechnungswesens und von Fridolin J***, der in der Produktion, Neuplanung und im Verkauf tätig sei, sei im Interesse einer effizienten Zusammenarbeit und zielführenden Vertretung der Gesellschaft zweckmäßig. Darüber hinaus stehe eine solche kollektive Vertretungsbefugnis auch im Einklang mit dem Gesellschaftsvertrag, der in seinem Punkt 6 festlege, daß die Gesellschaft durch ein, zwei oder mehrere Geschäftsführer vertreten werden könne, wobei die Frage der kollektiven oder Einzelvertretungsbefugnis durch den Bestellungsbeschluß entschieden werde. Das Gericht sei keineswegs dazu berufen, gesellschaftsinterne Meinungsverschiedenheiten über den richtigen Kurs des Unternehmens zu entscheiden und dürfe auch nicht über den Umweg des § 15 a GmbHG dazu mißbraucht werden, in die allein den Gesellschaftsorganen vorbehaltene Willensbildung einzugreifen. Die kollektive Vertretungsbefugnis von Walter A*** und Fridolin J*** zwinge die Gesellschaft dazu, diese - ohnehin nur als Übergangslösung vorgesehene - Regelung so rasch wie möglich mit Hilfe eines neuen Gesellschafterbeschlusses abzuändern oder zu sanktionieren. Für die im Rekurs beantragte Bestellung eines dritten Geschäftsführers in der Person des Erich A*** bestehe keinerlei Notwendigkeit, weil die Gesellschaft bereits durch Walter A*** und Fridolin J*** als kollektivvertretungsbefugte Gesellschafter ausreichend vertreten und somit den Bestimmungen des § 15 a GmbHG entsprochen worden sei. Darüber hinaus käme Erich A*** schon deshalb nicht als Notgeschäftsführer in Frage, weil er im Ausland wohne. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Gesellschafter Erich A***, Erich Michael A*** und Klaus A*** mit den Anträgen, Walter A*** zum alleinigen Notgeschäftsführer zu bestellen, allenfalls neben den bestellten beiden Geschäftsführern auch Erich A*** zum Notgeschäftsführer zu bestellen, wobei je zwei Geschäftsführer gemeinsam vertretungsberechtigt sein sollen, oder den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG findet gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statt.
Eine Nichtigkeit wird im Revisionsrekurs nicht behauptet. Eine offenbare Aktenwidrigkeit wird zwar formal geltend gemacht, aber nicht ausgeführt, worin diese bestehen soll.
Aber auch die gerügte offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nicht vor. Eine solche wäre nur gegeben, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Es bildet daher auch nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung eine offenbare Gesetzwidrigkeit (SZ 39/103 uva.).
Gemäß § 15 a Abs 1 GmbHG hat das Gericht, soweit die zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen Geschäftsführer fehlen, sie in dringenden Fällen auf Antrag eines Beteiligten für die Zeit bis zur Behebung des Mangels zu bestellen. Das Gesetz enthält daher weder eine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob auch mehrere Personen zu Notgeschäftsführern bestellt werden können, noch, nach welchen Gesichtspunkten die Auswahl des oder der Notgeschäftsführer erfolgen soll und was unter dringenden Fällen zu verstehen ist. Die Ansicht der Vorinstanzen, es könnten auch zwei Personen kollektivzeichnungsberechtigt zu Notgeschäftsführern bestellt werden, kann daher nicht offenbar gesetzwidrig sein. Soweit sich die Rechtsmittelwerber aber dagegen wenden, daß überhaupt Notgeschäftsführer bestellt werden - was in ihren Rechtsmittelanträgen allerdings nicht zum Ausdruck kommt - war die Notwendigkeit der Bestellung im Verfahren erster und zweiter Instanz überhaupt nicht strittig. Der Antrag wurde auch unter anderem von Erich A*** gestellt und Erich Michael A*** hat sich dem Antrag ausdrücklich angeschlossen (ON 27 S. 111). Die nunmehrigen Rechtsmittelwerber haben in ihrem Rekurs gegen die Entscheidung erster Instanz diesen Beschluß auch ausdrücklich nur insoweit angefochten, als neben Walter A*** auch Fridolin J*** zum Notgeschäftsführer bestellt wurde, nicht aber, weil die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers nicht vorgelegen seien. Wenn die Vorinstanzen in Anbetracht der Größe des Unternehmens und der Anträge sämtlicher Gesellschafter, von denen keiner die Notwendigkeit der Bestellung an sich bezweifelte, davon ausgegangen sind, die Bestellung sei dringend notwendig, kann darin keine offenbare Gesetzwidrigkeit erblickt werden.
Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E09392European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00011.86.1023.000Dokumentnummer
JJT_19861023_OGH0002_0060OB00011_8600000_000