Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Martin B***, geboren am 28. März 1969 und Johannes B***, geboren am 23. Juni 1971, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Herbert B***, Angestellter, 1020 Wien, Schüttelstraße 19 B/6/25, vertreten durch Dr. Johannes Zach, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 24. April 1986, GZ 43 R 140/86-134, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Februar 1986, GZ 1 P 313/80-130, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht erhöhte auf Antrag des Vaters die Unterhaltsverpflichtung der Mutter Elisabeth B***, welche zuletzt aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 31.3.1982, ON 117, monatlich S 1.200,-- je Kind betragen hatte, auf monatlich S 2.500,-- je Kind. Es ging in seiner Begründung im wesentlichen davon aus, daß die beiden Kinder in Pflege und Erziehung ihres Vaters seien, welcher nach eigenen Angaben ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von S 30.000,-- zuzüglich Familienbeihilfe beziehe; die Mutter Elisabeth B*** beziehe ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von S 13.353,-- zuzüglich Mieteinkünften von monatlich S 2.297,--, sodaß sich eine Bemessungsgrundlage von S 15.650,-- ergebe. Die der Mutter auferlegten Unterhaltszahlungen schöpften die Prozentkomponente nicht voll aus und lägen auch unter den durchschnittlichen Bedarfssätzen gleichaltriger Jugendlicher. Die von der Mutter geltend gemachten Kreditverbindlichkeiten für die Anschaffung eines PKWs, die Reisespesen sowie die Auslagen für die Verpflegung im Dienstort seien nicht zu berücksichtigen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Mutter teilweise Folge und bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes hinsichtlich der Erhöhung der Unterhaltsleistung auf S 1.500,-- monatlich je Kind, während das Mehrbegehren von weiteren S 1.000,-- monatlich je Kind abgewiesen wurde. Das Rekursgericht führte aus, gemäß § 140 ABGB hätten die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes nach ihren Kräften anteilig beizutragen; gemäß § 140 Abs2 ABGB leiste der Elternteil, der den Haushalt führe, in dem er das Kind betreue, dadurch seinen Beitrag und habe darüber hinaus zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande sei oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Im Ergebnis richtig hätte sich daher bereits das Erstgericht veranlaßt gesehen, die in vergleichbaren Fällen üblichen Prozentsätze nicht auszuschöpfen. Nach Auffassung des Rekursgerichtes habe dieser Gedanke hier stärker in den Vordergrund zu treten. Würden die Einkommens- und sonstigen Lebensverhältnisse der Eltern verglichen, so müßte die Mutter sicher mehr leisten, als ihren eigenen Lebensverhältnissen entspreche. Es verblieben ihr etwa S 11.000,-- zum Leben, während der Vater von einem Einkommen von monatlich S 30.000,-- ausgehen könnte. Dem gegebenen Ermessensspielraum werde nach Ansicht des Rekursgerichtes durch die abändernde Entscheidung besser entsprochen. Gegen die Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Rechtsmittelwerber führt aus, das Rekursgericht habe die nach dem Gesetz maßgebenden Umstände verkannt und daher die erforderlichen Feststellungen über die Grundlagen der Unterhaltsbemessung unterlassen. Es liege somit keine Frage der Unterhaltsbemessung vor und komme daher die Rekursbeschränkung des § 14 Abs2 AußStrG nicht zur Anwendung. So habe das Rekursgericht etwa keine Feststellungen über die Höhe der Bedürfnisse der Kinder getroffen. Es würden vom Vater, um den beiden Minderjährigen eine entsprechende Ausbildung und auch eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu ermöglichen, erhebliche Aufwendungen getätigt und es sei unverständlich, warum diese dem Wohle der Kinder dienenden Ausgaben allein dem Vater angelastet werden sollten; denn es könne über den Durchschnittsbetrag hinaus ein Kind Einzel- oder Sonderbedarf haben, sei es infolge seiner Anlagenfähigkeiten, Neigungen, Entwicklungsmöglichkeiten, sei es wegen der gehobenen Lebensverhältnisse der Eltern. Dies treffe bei den beiden Minderjährigen zu.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Gemäß § 14 Abs2 AußStrG sind u.a. Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Zur Bemessung gehören die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Judikat 60 neu uva.). Um Unterhaltsbemessungsfragen handelt es sich immer dann, wenn der Streit nur das Ausmaß, also das Mehr oder Weniger einer Unterhaltsverpflichtung betrifft, wenn die Entscheidung abwägt, wie hoch der Unterhalt innerhalb eines gegebenen Spielraumes zu sein hat, wenn also lediglich aus den festgestellten Verhältnissen nach dem Ermessen des Gerichtes auf die Höhe des Anspruches geschlossen wird (EFSlg. 44.578 uva.). Auch die Frage, inwieweit sich die Unterhaltspflicht des einen Elternteils auf die Höhe der Unterhaltspflicht des anderen Elternteils auswirkt, falls ein Streit darüber besteht, inwieweit der eine Elternteil (hier der Vater) seinen Unterhaltsbeitrag schon dadurch leistet, daß er im Sinne des § 140 Abs2 ABGB den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, gehört, wie der Oberste Gerichtshof immer wieder ausgesprochen hat, zum Komplex der Unterhaltsbemessung, in welchem gemäß § 14 Abs2 AußStrG ein Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig ist (siehe die bei EFSlg. 32.550, 34.992, 34.995, 35.002, 37.309, 39.733, 42.277 und 44.591 zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes). Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht unter Bedachtnahme auf die festgestellten Einkommens- und sonstigen Lebensverhältnisse beider Eltern und die durchschnittlichen Bedarfssätze gleichaltriger Jugendicher die Auffassung vertreten, daß die Mutter nach den vom Erstgericht festgesetzten Unterhaltsbeiträgen mehr leisten müßte, als ihren eigenen Lebensverhältnissen entspreche und demgemäß die monatlichen Unterhaltsbeiträge von S 2.500,-- auf S 1.500,-- je Kind herabgesetzt. Hiebei handelt es sich aber entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses ausschließlich um Fragen der Unterhaltsbemessung; dies gilt auch für die Auffassung des Rekursgerichtes, daß durch die Bedachtnahme auf den Regelbedarf den Umständen des vorliegenden Falles hinreichend Rechnung getragen wurde. Es kann somit auch keine Rede davon sein, daß das Rekursgericht etwa gesetzliche Grundsätze für die Unterhaltsbemessung infolge Verkennung der Rechtslage nicht beachtet und daher aus einem Rechtsirrtum die aufgezeigten Fragen in seine Ermessenserwägungen nicht einbezogen hätte (vgl. SZ 45/87; SZ 54/52 uva.).
Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
E09232European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00643.86.1023.000Dokumentnummer
JJT_19861023_OGH0002_0080OB00643_8600000_000