Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann (Berichterstatter) und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Albert M*** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 (§ 169 Abs 1) StGB über die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Kreisgerichts Wels als Schöffengerichts vom 16. Juli 1986, GZ 11 Vr 116/86-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Hasibeder, jedoch in Abwesenheit des Betroffenen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen Albert M*** gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wurde, weil er am 21. Jänner 1986 im zurechnungsunfähigen Zustand (§ 11 StGB) das landwirtschaftliche Anwesen seiner Mutter in Brand steckte (§ 169 Abs 1 StGB), wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 9. Oktober 1986, GZ 13 Os 143/86-6, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen.
Gegenstand des Gerichtstags war nur mehr die Berufung des Betroffenen, mit der er unter Behauptung eines zwischenzeitig durch die vorläufige Anhaltung bewirkten Behandlungserfolgs die Aufhebung der Maßnahme begehrt.
Auf der Basis der im Berufungsverfahren nicht mehr bekämpfbaren Feststellungen (SSt 47/32), daß Albert M*** den Brand gelegt hat und diese Tathandlung in seiner geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad wurzelt, ist nur mehr die Ermessensentscheidung des Schöffengerichts zu überprüfen, ob nach der Person des Rechtsbrechers, seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, daß er unter dem Einfluß seiner Krankheit neuerlich eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde (§ 21 Abs 1, letzter Satz, StGB).
Hiezu führte der in erster Instanz sowohl im Vorverfahren beigezogene (ON 20) als auch in der Hauptverhandlung vernommene (S. 335-340) psychiatrische Sachverständige aus, daß der Berufungswerber seit dem Jahr 1969 zunächst an katatoner, später vorwiegend an paranoider Schizophrenie leidet, einer schweren Erkrankung, die in Schüben und Remissionen verläuft, und sich - wie die nunmehr begangene Brandstiftung zeigt - beim Betroffenen gefährlich entwickelt und demnach auch für die Zukunft befürchten läßt, daß Albert M*** weiterhin ähnlich schwere Straftaten begeht wie die gegenständliche. Wenngleich der Sachverständige eine Besserung der Krankheit durch entsprechende Behandlung - die in der Anstalt Göllersdorf gewährleistet ist - durchaus für möglich hält, betonte er in der Hauptverhandlung unter Hinweis auf das für die Tatrichter augenscheinliche Erscheinugsbild des Betroffenen, daß jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt (16. Juli 1986) ein durchgreifender Behandlungserfolg noch nicht eingetreten war. Damit zeigt sich, daß dem Gericht bei Vornahme der Gefährlichkeitsprognose unter Zugrundelegung dieses als unbedenklich beurteilten Sachverständigengutachtens kein Ermessensfehler unterlaufen ist. Aus dem folgt für den Obersten Gerichtshof als Berufungsgericht, daß unter Beachtung des spezifischen Krankheitsverlaufs der Schizophrenie (in Schüben und Remissionen) nur auf die unbescheinigte Berufungsbehauptung hin, die Heilung sei jetzt schon so weit fortgeschritten, daß es der Maßnahme nicht mehr bedarf, eine neuerliche Begutachtung nicht anzuordnen ist. Vielmehr war auf der Basis der erstrichterlichen Konstatierungen die Prognose der Gefährlichkeit des Betroffenen zu bestätigen, wobei der Gesetzgeber vorgesorgt hat (§ 25 Abs 3 StGB), daß zumindest alljährlich von Amts wegen geprüft wird, ob die Unterbringung noch weiter erforderlich ist, oder die Gefährlichkeit schon so weit abgebaut wurde, daß eine bedingte Entlassung (§ 47 StGB) in Frage kommt (Pallin im WK. Rz. 5 zu § 25 StGB).
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E09491European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00143.86.1030.000Dokumentnummer
JJT_19861030_OGH0002_0130OS00143_8600000_000