TE OGH 1986/10/30 12Os141/86

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Veröffentlicht am 30.10.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Oktober 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinhauer als Schriftführer in der Strafsache gegen Markus K*** wegen des Vergehens der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Jugendschöffengericht vom 18.August 1986, GZ 15 Vr 977/86-10, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann und des Verteidigers Dr. Gittler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß dem Angeklagten gemäß § 12 Abs 2 JGG eine Ermahnung erteilt wird.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.März 1969 geborene (sohin jugendliche) Tischlerlehrling Markus K*** schuldig erkannt, am 24.April 1986 in Scharten durch Anbringen des ihm für ein anderes Moped erteilten Kennzeichens O 41.156 an einem nicht zum Verkehr zugelassenen, nicht verkehrssicheren und auch nicht haftpflichtversicherten Moped der Marke Kreidler sowie durch anschließendes Fahren mit letzterem Moped auf der Eferdinger-Bundesstraße und anderen öffentlichen Straßen versucht zu haben, dem Staat in seinem Recht, behördlich nicht zugelassene, nicht verkehrssichere und nicht haftpflichtversicherte Karftfahrzeuge vom Straßenverkehr auszuschließen, dadurch absichtlich einen Schaden zuzufügen, daß er Organe der Straßenaufsicht durch Täuschung über Tatsachen zur Unterlassung des Ausschlusses des betreffenden Motorfahrrades vom Straßenverkehr zu verleiten suchte (wobei die Tat durch Täuschung eines Beamten in Beziehung auf ein Amtsgeschäft begangen werden sollte), und hiedurch das Vergehen der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs 1 (und Abs 2) StGB begangen zu haben.

Den Urteilsfeststellungen (S 43 f) zufolge vermochte der Angeklagte in den Morgenstunden des 24.April 1986 wegen eines Zündkerzenschadens sein zum Verkehr zugelassenes Moped der Marke Puch X 30 M mit dem Kennzeichen O 41.156 nicht in Gang zu setzen, um damit (vom elterlichen Wohnsitz in Scharten) zur Berufsschule nach Linz zu fahren, wo er an diesem Tag eine Schularbeit in einem Fach abzulegen hatte, in welchem er schlechte Noten aufwies. Da er die Zündkerze nicht auswechseln konnte, weil sein Vater den Zündkerzenschlüssel eingesperrt hatte, montierte er von diesem Moped das Kennzeichen ab und befestigte es an einem nicht zum Verkehr zugelassenen, nicht verkehrssicheren und nicht haftpflichtversicherten Moped der Marke Kreidler, das er vier oder fünf Wochen vorher von einem Schulkollegen gekauft hatte. Mit diesem Fahrzeug fuhr er sodann auf öffentlichen Straßen, wobei er in der Absicht handelte, den Staat in seinem Recht auf Ausschluß nicht zugelassener, nicht verkehrssicherer und nicht haftpflichtversicherter Kraftfahrzeuge vom Straßenverkehr einen Schaden zuzufügen. Auf der Rückfahrt von Linz im Raume Wilhering-Alkoven wurde jedoch der Kennzeichenmißbrauch anläßlich einer Verkehrskontrolle (der Behörde) bekannt.

Rechtliche Beurteilung

In seiner gegen dieses Urteil ergriffenen, ausschließlich auf den Grund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde macht der Angeklagte geltend, der Jugendschöffensenat habe das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 (Abs 1) StGB rechtsirrtümlich verneint.

Nach der letztgenannten Gesetzesstelle mangelt einer von Amts wegen zu verfolgenden, nur mit Geldstrafe, mit nicht mehr als einjähriger Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedrohten Tat dann die Strafwürdigkeit, wenn 1./ die Schuld des Täters gering ist,

2./ die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies

3./ eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Bereits an der ersten dieser Voraussetzungen gebricht es:

Geringe Schuld verlangt ein erhebliches Zurückbleiben des tatbildmäßigen konkreten Verhaltens hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt; die Schuld muß sowohl absolut gesehen, als auch im Vergleich zu typischen Deliktsfällen gering sein (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 , RN 9, ENr. 9 und 10 in Mayerhofer-Rieder, StGB 2 , je zu § 42). Vorliegend kann jedoch schon angesichts der räumlichen Ausdehnung der vom Angeklagten mit dem nicht verkehrssicheren und nicht haftpflichtversicherten Motorfahrrad unternommenen Fahrten (vgl. hiezu die in der Rechtsmittelausführung aufscheinende Angabe der Entfernung vom Wohnsitz zur Schule mit 30 Kilometern !) von einem Zurückbleiben des Schuldgrades seines Verhaltens hinter dem für derartige (häufige) Täuschungsfälle typischen Durchschnittswert nicht gesprochen werden (vgl. ZVR 1984/343 aE;

Mayerhofer-Rieder,aaO, ENr. 16; 12 Os 69/86). Hieran vermag der in der Beschwerde hervorgehobene - vom Erstgericht (S 47) nicht ausgeschlossene - Umstand, daß der Angeklagte bestrebt war, einen wichtigen Schularbeitstermin einzuhalten (was offenbar bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht mehr möglich gewesen wäre), deshalb nichts zu ändern, weil dies höchstens die Fahrt mit dem gegenständlichen Moped zur Berufsschule, nicht aber auch den Antritt der Rückfahrt mit demselben Fahrzeug unter neuerlicher mißbräuchlicher Verwendung der Vormerknummerntafeln in milderem Licht erscheinen läßt. Daß der Angeklagte aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen auch vor Antritt dieser Rückfahrt unter Zeitdruck gestanden sein und keine andere Möglichkeit zur Heimfahrt gesehen haben könnte, wird nicht einmal von ihm selbst behauptet; hiefür hat das Verfahren auch keinerlei Anhaltspunkte gebracht.

Da nach dem Vorhergesagten von geringer Schuld des Angeklagten nicht gesprochen werden kann, ist der Strafaufhebungsgrund des § 42 Abs 1 StGB vom Erstgericht zu Recht als nicht gegeben erachtet worden; ein Eingehen auf die weiteren Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit - insbesondere in spezial- und generalpräventiver Hinsicht (§ 42 Abs 1 Z 3 StGB) - erübrigt sich daher. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Jugendschöffengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend nichts, mildernd hingegen das reumütige Geständnis, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist und schob gemäß § 13 Abs 1 JGG den Ausspruch und die Vollstreckung der wegen der Jugendstraftat zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von einem Jahr vorläufig auf. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte, ihm lediglich eine Ermahnung iS des § 12 Abs 2 JGG zu erteilen.

Die Berufung ist berechtigt. Die Erteilung einer Ermahnung anstelle der Verhängung einer (geringen) Geld- oder Freiheitsstrafe (oder auch einer bedingten Verurteilung nach § 13 Abs 1 JGG) kommt nur dann in Betracht, wenn sie spezialpräventiv hinreicht, um den (jugendlichen) Rechtsbrecher von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Mag auch vorliegend der Grad der Schuld des Täters nicht als gering angesehen worden sein, so läßt doch die Schuldeinsicht des zur Tatzeit erst 17 Jahre alten Angeklagten und die gewiß auch abschreckende Wirkung des gegen ihn abgeführten Strafverfahrens die Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß auch die Erteilung einer Ermahnung ihn von der Begehung weiterer Straftaten abhalten wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E09738

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00141.86.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19861030_OGH0002_0120OS00141_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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