TE OGH 1986/11/4 5Ob151/86

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Veröffentlicht am 04.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Ing. Kurt S***, Hauseigentümer und Baumeister, Leoben, Münzenbergstraße 40, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wider die Antragsgegner 1.) Annemarie W***, 2.) Maria U***, vertreten durch Dr. Helmut Thomich, Rechtsanwalt in Graz, 3.) Charlotte L***, 4.) Ermelinde B***, 5.) Armand K***, die Dritt- bis Fünftantragsgegner vertreten durch Franz S*** und Mag. Max K***, Sekretäre der Mietervereinigung Österreichs, Landesorganisation Steiermark, Graz, Südtirolerplatz 13, und

6.) Adrienne P***, vertreten durch Lydia S***, Sekretärin des Mieterschutzverbandes Österreichs, Bezirksorganisation Graz, Graz, Sparbersbachgasse 61, sämtliche Antragsgegner Mieter im Hause Graz, Rechbauerstraße 35, wegen Erhöhung der Hauptmietzinse (§§ 18, 19 MRG), infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 18. Juni 1986, GZ. 3 R 123/86-18, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 11. September 1985, GZ. 24 Msch 19/85-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist aufgrund des Kaufvertrages vom 26. Februar 1982 Eigentümer des Hauses Graz, Rechbauerstraße 35, dessen Dachboden im Zeitpunkt des Hauserwerbes nicht ausgebaut war. Er erwarb das Haus laut seiner Aussage in der Tagsatzung vom 7. August 1985 (AS 29 f.) in der Absicht, durch den Ausbau des Dachbodens einerseits eine Betriebsstätte für seine Bauunternehmung und andererseits eine Dienstwohnung für seine Beschäftigten zu gewinnen. Durch den Ende 1982 abgeschlossenen Dachbodenausbau - die Benützungsbewilligung wurde mit Bescheid des Magistrates Graz (Baupolizeiamt) vom 3. Juni 1983 ab 26. Mai 1983 erteilt - wurden Räumlichkeiten mit einer Gesamtnutzfläche von 198 m 2 geschaffen, die mit Bad, WC und Zentralheizung ausgestattet sind und seit Ende 1982 zu 6/7 als Büro und zu 1/7 als (Dienst-)Wohnung für den Sohn des Antragstellers verwendet werden; dieser leitet darin die Bauunternehmung des Antragstellers in Graz als dessen Angestellter. Am 18. April 1983 beantragte der Antragsteller beim Magistrat Graz (Schlichtungsamt) die Bewilligung der Einhebung erhöhter Hauptmietzinse nach §§ 18, 19 MRG. Er vertrat den Standpunkt, daß dabei die von ihm im Dachgeschoß benützten Räume der Ausstattungskategorie D zuzuordnen seien. Die Mieter als Antragsgegner begehrten die Einstufung dieser Räume in die Ausstattungskategorie A.

Nachdem die von der Einordnung der Dachgeschoßräume in die Ausstattungskategorie A ausgehende, eine Hauptmietzinserhöhung nach § 18 Abs 2 MRG bewilligende Entscheidung der Schlichtungsstelle durch die rechtzeitige Anrufung des Erstgerichtes seitens des Antragstellers außer Kraft getreten war, entschied das Erstgericht auf Erhöhung der Hauptmietzinse nach § 18 Abs 2 MRG unter Zuordnung der Dachgeschoßräume zur Ausstattungskategorie D. Nach § 16 Abs 3 Satz 1 MRG richte sich die Ausstattungskategorie des § 16 Abs 2 MRG nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages. Da bei vom Vermieter benützten Wohnungen die gleichen Grundsätze anzuwenden seien, sei dem Mietvertragsabschluß der Eigentumserwerb gleichzusetzen. Bei einem Mietgegenstand, der teils als Wohnung, teils als Geschäftsräumlichkeit verwendet werde, dürfe grundsätzlich nur der für Wohnungen zulässige Hauptmietzins angerechnet werden, es sei denn, daß die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu Wohnzwecken bedeutend überwiege. Da im gegenständlichen Fall das ausgebaute Dachgeschoß zur Befriedigung des regelmäßigen Wohnbedürfnisses des Sohnes des Antragstellers diene, sei der Wohnzweck nicht so weit in den Hintergrund getreten, daß er nicht mehr ins Gewicht falle (MietSlg 20.242 ua.). Es sei daher bei der Berechnung des anrechenbaren Hauptmietzinses betreffend das Objekt im Dachgeschoß, dessen Benützer der Antragsteller und Eigentümer des Hauses selbst sei, von der Ausstattungskategorie D auszugehen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Sechstantragsgegnerin Folge und bewilligte die Einhebung erhöhter Hauptmietzinse unter Einordnung der Dachgeschoßräume in die Ausstattungskategorie A. Der Ansicht des Erstgerichtes, daß bei der Ermittlung der anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse im Sinne des § 18 Abs 1 Z 6 MRG für Objekte, die der Vermieter benütze, dem Zeitpunkt des Eigentumserwerbes des Antragstellers maßgebende Bedeutung zukomme, könne grundsätzlich nicht gefolgt werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das Bestandobjekt zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hätte. Sei das Mietobjekt aber - wie hier - erst zu einem späteren Zeitpunkt geschaffen worden - der Eigentumserwerb des Antragstellers sei am 26. Februar 1982 erfolgt, die Bewilligung zur Benützung des ausgebauten Dachgeschoßes sei ab 26. Mai 1983 erteilt worden -, so richte sich die Kategorieeinstufung nach dem Ausstattungszustand im Zeitpunkt der Erteilung der Benützungsbewilligung. Im gegenständlichen Fall sei vom Antragsteller ein mit Bad und zentraler Wärmeversorgungsanlage ausgestattetes Objekt im Dachgeschoß geschaffen worden, das nach seinen eigenen Angaben bereits ab Ende 1982 zu Wohn- und Geschäftszwecken verwendet worden sei. Der Frage, ob die Verwendung des Mietgegenstandes im Dachgeschoß überwiegend zu Geschäftszwecken erfolge oder ob der Wohnzweck im Vordergrund stehe, komme keine entscheidende Bedeutung zu. Würde man letzteres bejahen, so wäre der anrechenbare Hauptmietzins nach § 18 Abs 1 Z 6 lit a MRG im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 MRG zu ermitteln, weil die Ausstattungsmerkmale der letztgenannten Gesetzesstelle verwirklicht seien.

Geschäftsräumlichkeiten seien aber im gegenständlichen Verfahren mangels eines Gegenbeweises nur nach Kategorie A zu beurteilen. Das vom Antragsteller schon im Zeitpunkt der Antragstellung benützte Dachgeschoß sei daher für die Ermittlung des erhöhten Hauptmietzinses im Sinne des § 18 MRG mit einer Nutzfläche von 198 m 2 in die Ausstattungskategorie A und nicht in die Ausstattungskategorie D einzuordnen.

Gegen die abändernde Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegner haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 18 Abs 1 Z 6 MRG ist die Gesamtsumme der für die Mietgegenstände des Hauses anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse zur Vereinheitlichung der Berechnung wie folgt zu ermitteln:

a) für die vermieteten Wohnungen je der nach § 16 Abs 2 bis 4 MRG berechnete monatliche Hauptmietzins;

b) für die vermieteten Geschäftsräumlichkeiten je der monatliche Betrag, der sich für eine gleich große Wohnung der Ausstattungskategorie A nach § 16 Abs 2 Z 1 und Abs 4 MRG errechnet, oder, sofern erwiesen wird, daß dieser Betrag den für den Mietgegenstand nach § 16 Abs 1 MRG angemessenen monatlichen Hauptmietzins übersteigt, der nach § 16 Abs 1 MRG angemessene Hauptmietzins;

c) für die Objekte des Hauses, die der Vermieter benützt oder die er trotz ihrer Vermietbarkeit leer stehen läßt, je der nach den Grundsätzen der lit a oder lit b auszumittelnde monatliche Betrag. Was unter einer Wohnung oder unter einer Geschäftsräumlichkeit zu verstehen ist, ist den §§ 1 Abs 1 und 16 Abs 1 Z 1 MRG zu entnehmen, wobei in Ansehung der Begriffsbestimmung - wenn man sich vor Augen hält, daß § 1 Abs 1 MRG den Anwendungsbereich dieses Gesetzes auf die Raummiete beschränkt hat - auf die Rechtsprechung zum Mietengesetz zurückgegriffen werden kann. Ob ein Hauptmietvertrag über Geschäftsräumlichkeiten oder ein solcher über eine Wohnung vorliegt, hängt davon ab, ob der Mietgegenstand nach der Parteienabsicht bei Abschluß des Mietvertrages zu Geschäfts- oder zu Wohnzwecken in Bestand gegeben bzw. genommen oder welcher Zweck von den Parteien später einvernehmlich zum Vertragszweck gemacht worden ist. Ob der Hauptmieter den Mietgegenstand zur Befriedigung des eigenen Wohnbedürfnisses (des Wohnbedürfnisses eintrittsberechtigter Personen) oder zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses anderer Personen, etwa der Angestellten seines Unternehmens, mietet, spielt für die Qualifikation des Mietgegenstandes als Wohnung keine entscheidende Rolle. Die Frage, ob ein Mietgegenstand als Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit anzusehen ist, wenn er teils als Wohnung, teils als Geschäftsräumlichkeit verwendet wird, d.h. nach den vorstehenden Darlegungen in Bestand gegeben bzw. genommen worden ist, beantwortet § 16 Abs 1 Z 1 MRG dahin, daß ersteres der Fall

ist, es sei denn, daß die Verwendung (= vertragliche Widmung) zu

Geschäftszwecken die Verwendung (= vertragliche Widmung) zu

Wohnzwecken bedeutend überwiegt. Ein bedeutendes Überwiegen des Geschäftszweckes bei Bestandobjekten, die zum Teil als Wohnung, zum anderen Teil als Geschäftsräume in Bestand gegeben bzw. genommen und so verwendet worden sind, hat die Rechtsprechung zu § 2 Abs 1 lit a MG nur dann nicht angenommen, wenn diese Bestandobjekte auch zur Befriedigung des regelmäßigen Wohnbedürfnisses des Mieters oder seiner Angehörigen dienten und der Wohnzweck nicht so weit in den Hintergrund trat, daß er nicht mehr ins Gewicht fiel (vgl. JBl 1986, 315 mwN).

Nach diesen Grundsätzen ist der vorliegende Fall zu lösen. Da der Antragsteller das gegenständliche Haus in der Absicht erworben hat, durch den Ausbau des Dachbodens einerseits eine Betriebsstätte für seine Bauunternehmung und andererseits eine Dienstwohnung für seine Beschäftigten zu gewinnen, und da das ausgebaute Dachgeschoß tatsächlich seit Ende 1982 zu 6/7 als Büro und zu 1/7 als Dienstwohnung für den Sohn des Antragstellers verwendet wird, der darin die Bauunternehmung des Antragstellers in Graz als dessen Angestellter leitet, ist davon auszugehen, daß die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu Wohnzwecken bedeutend überwiegt (vgl. JBl 1986, 315), für das ausgebaute Dachgeschoß somit mangels des im § 18 Abs 1 Z 6 lit b MRG vorgesehenen Beweises der für Geschäftsräumlichkeiten anrechenbare Hauptmietzins, also der sich für eine gleich große Wohnung der Ausstattungskategorie A nach § 16 Abs 2 Z 1 und Abs 4 MRG errechnende Hauptmietzins, anzusetzen ist, ohne daß es darauf ankäme, auf welchen Zeitpunkt die Beurteilung der Ausstattungskategorie bei Vorliegen einer Wohnung abzustellen wäre (Würth-Zingher, MRG 2 90, Anm. 15 Satz 1 zu § 18). Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auch noch auf dessen weitere Ausführungen einzugehen.

Anmerkung

E09610

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00151.86.1104.000

Dokumentnummer

JJT_19861104_OGH0002_0050OB00151_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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