TE OGH 1986/11/4 5Ob152/86

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Veröffentlicht am 04.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Horst T***, Angestellter, Klagenfurt, Feldmarschall-Conrad-Platz 11, wider den Antragsgegner Hermann D***, Immobilienverwalter, Klagenfurt, Henselstraße 4, wegen Herausgabe des Überschusses einer Rücklage (§ 16 Abs 3 WEG) infolge der Revisionsrekurse des Antragstellers und des DDr.Georg K***, Rechtspraktikant, Klagenfurt, Feldmarschall-Conrad-Platz 11, gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 6.Juni 1986, GZ.1 R 237/86-27, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 10.März 1986, GZ. Msch 17/84-21, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Barauslagen der Revisionsrekurswerber gleich Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist Eigentümer von 1142/100.000-Anteilen an der Liegenschaft EZ 104 KG Klagenfurt, mit welchen das Wohnungseigentum an einer Wohnung im Haus Klagenfurt, Feldmarschall-Conrad-Platz 11, untrennbar verbunden ist. DDr.Georg K*** ist ebenfalls Miteigentümer der Liegenschaft EZ 104 KG Klagenfurt. Auch mit seinem Miteigentumsanteil ist das Wohnungseigentum an einer Wohnung im genannten Haus untrennbar verbunden. Der Antragsgegner war bis Ende 1983 Verwalter dieses Hauses. Seither wird das Haus von Erwin F*** verwaltet. Zum 31.12.1983 hat die gemäß § 14 Abs 1 Z 2 bzw. § 15 Abs 1 Z 2 WEG zu bildende (und ab 1976 auch tatsächlich gebildete), künftigen Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten dienende

(§ 16 Abs 1 Satz 1 WEG) Rücklage aufgrund der vom Antragsgegner über diese gelegten Rechnung 98.839,16 S betragen, wovon 87.670,59 S auf den für allgemeine Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten gewidmeten und 11.168,57 S auf den für die Reparatur bzw. Neuanschaffung der im Haus installierten und allen Miteigentümern dienenden Waschmaschinen gewidmeten Teil entfielen. Der Antragsgegner hat gemäß § 16 Abs 3 WEG an den neuen Verwalter Wertpapiere im Nominalwert von 40.000 S und einen Barbetrag von 4.590 S herausgegeben. Der Antragsteller, der die Ordentlichkeit der Rücklagenabrechnung durch den Antragsgegner bestreitet, begehrt von diesem (vorläufig nur) die Aushändigung des aus der Abrechnung und der bereits erfolgten Herausgabe des Rücklagenteiles sich ergebenden restlichen Rücklagenüberschusses von 54.249,16 S (= 98.839,16 S - 44.590 S) samt 9 % Verzugszinsen seit 1.1.1984 an den neuen Verwalter Erwin F***. Die Fragen der ordentlichen Abrechnung und rechtmäßigen Verwendung der Rücklage seien noch in anderen Verfahren zu klären. Dem Antragsgegner sei es jedenfalls verwehrt, gegen die Forderung auf Herausgabe des restlichen Rücklagenüberschusses an den neuen Verwalter mit gegen die Miteigentümer bestehenden Forderungen (insbesondere betreffend die Abdeckung von Betriebskosten) aufzurechnen. Die Beiträge zur Rücklage seien von den Miteigentümern vollständig entrichtet worden. Der Antragsgegner wendet ein, daß der von ihm rein rechnerisch ermittelte Rücklagenüberschuß tatsächlich nicht vorhanden sei. Der Grund hiefür liege ausschließlich darin, daß zum Stichtag 31.12.1983 Zahlungsrückstände der Miteigentümer der Wohnhausanlage (unter anderem auch auf die von ihnen zu leistenden Rücklagenbeiträge) in der Höhe von 138.985,50 S bestanden hätten. Seine Verpflichtung zur Herausgabe der tatsächlich vorhandenen Rücklage (sowie der sonst aus der Verwaltung in seinen Händen verbliebenen Beträge) habe er erfüllt.

Das Erstgericht, das auch den übrigen Miteigentümern der Liegenschaft die Möglichkeit zur Teilnahme am Verfahren gab, wies das Begehren des Antragstellers ab. Über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus traf es noch folgende Feststellungen:

Der Differenzbetrag von 54.249,16 S stand dem Antragsgegner bei Beendigung seiner Verwaltertätigkeit nicht zur Verfügung, weil von einzelnen Wohnungseigentümern insgesamt Zahlungen von 138.985,50 S ausständig waren und deswegen der Rücklage tatsächlich nur 44.706 S zugeflossen sind (von welchem Betrag noch Spesen von 116 S in Abzug zu kommen haben). Allein darauf läßt es sich zurückführen, daß kein höherer Rücklagenbetrag vorhanden war. Daß der Antragsgegner die Rücklage zweckwidrig verwendet oder Aufrechnungen vorgenommen hätte, konnte nicht nachgewiesen werden.

Daraus zog das Erstgericht den rechtlichen Schluß, daß der Antrag abzuweisen sei, weil der rein rechnerisch vorhandene Differenzbetrag dem Antragsgegner nicht zugekommen sei und er den tatsächlich vorhanden gewesenen Rücklagenüberschuß an den neuen Verwalter übergeben habe.

Das Rekursgericht gab den Rekursen des Antragstellers und des Miteigentümers DDr.Georg K*** nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es übernahm die erstgerichtliche Feststellung, daß (beim Antragsgegner) keine weiteren Rücklagenbeträge mehr vorhanden sind, und führte im übrigen aus, daß der Antragsgegner den Beweis, das Manko sei (ausschließlich) darauf zurückzuführen, daß einzelne Wohnungseigentümer Akontierungen nicht geleistet hätten, schuldig geblieben ist, weshalb es auch unmöglich ist zu beurteilen, ob der Antragsgegner die Rücklage zweckwidrig verwendet hat und ihm dabei (bejahendenfalls) ein schuldhaftes Verhalten anzulasten ist. Rechtlich vertrat das Rekursgericht die Auffassung, der vorliegende Antrag könnte nur dann Erfolg haben, wenn der Antragsgegner tatsächlich noch einen Teil der Rücklage in Händen haben sollte. Dies sei nun nicht der Fall, sodaß sich die Entscheidung des Erstgerichtes als richtig erweise. Es bleibe den Rekurswerbern unbenommen, wider den Antragsgegner im ordentlichen Rechtsweg einen Schadenersatzanspruch wegen zweckwidriger Verwendung oder Verwahrung der Rücklage durchzusetzen (Faistenberger-Barta-Call, Rdz 26 zu § 16 WEG). Der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes sei gemäß § 26 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 18 MRG für zulässig zu erklären gewesen, weil es denkbar sei, daß der Standpunkt eingenommen werde, bereits im gegenständlichen Verfahren müsse geklärt werden, welche Handlungen und Unterlassungen der Verwalter begangen habe, die dazu geführt hätten, daß die Rücklage nicht in der vollen rechnerischen Höhe vorhanden sei, und in diesem Umfang die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richten sich die Revisionsrekurse des Antragstellers und des Miteigentümers DDr.Georg K*** mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß (allenfalls auch den Sachbeschluß des Erstgerichtes) aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Rekursgericht (allenfalls an das Erstgericht) zurückzuverweisen. Der Antragsgegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind zulässig und auch berechtigt. Wird eine Verwaltung beendet, so hat der Verwalter gemäß § 16 Abs 3 Satz 1 WEG ohne Verzug über die Rücklage Rechnung zu legen und den Überschuß an den neuen Verwalter herauszugeben. Über Streitigkeiten mit dem Verwalter über die Abrechnung der Rücklage oder die Herausgabe des Überschusses ist gemäß § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG im besonderen Außerstreitverfahren nach § 26 Abs 2 WEG in Verbindung mit § 37 Abs 3 Z 6, 8 bis 21 sowie Abs 4 MRG zu entscheiden. Gegen die Auffassung, daß auch ein einzelner Miteigentümer (die Abrechnung der Rücklage oder) die Herausgabe des Rücklagenüberschusses an den neuen Verwalter begehren kann, bestehen keine Bedenken (Faistenberger-Barta-Call 425; Würth in ImmZ 1980,150 FN 32).

Ist in einem Verfahren nach § 16 Abs 3, § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG wegen Herausgabe des Rücklagenüberschusses auch strittig, ob vom bisherigen Verwalter über die Rücklage ordentlich Rechnung gelegt wurde, dann ist diese Streitfrage - wenn sie für die Entscheidung über das Herausgabebegehren von Bedeutung ist und nicht (in diesem Verfahren) zum Gegenstand eines eigenen Rechnungslegungsbegehrens nach § 16 Abs 3, § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG gemacht wird oder Gegenstand eines bereits anhängigen weiteren außerstreitigen Verfahrens über ein derartiges Rechnungslegungsbegehren ist, das gemäß § 26 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 14 MRG mit dem Verfahren nach § 16 Abs 3, § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG wegen Herausgabe des Rücklagenüberschusses verbunden werden kann oder die Unterbrechung des letzteren Verfahrens bis zur Erledigung des ersteren ermöglicht - im Verfahren wegen Herausgabe des Rücklagenüberschusses als Vorfrage zu beantworten.

Steht - wie hier - lediglich fest, daß der in der Rücklagenabrechnung des bisherigen Verwalters, deren Ordentlichkeit vom Antragsteller überdies bestritten wird, rein rechnerisch ausgewiesene Rücklagenüberschuß beim bisherigen Verwalter tatsächlich nicht mehr (zur Gänze) vorhanden ist, dann darf das Begehren auf Herausgabe des sich aus dieser Abrechnung rein rechnerisch ergebenden Rücklagenüberschusses deshalb allein noch nicht abgewiesen werden. Dazu bedürfte es vielmehr der weiteren Feststellung, daß das tatsächliche Fehlen des aus der Rücklagenabrechnung sich ergebenden Rücklagenüberschusses - wie der bisherige Verwalter behauptet - ausschließlich darauf zurückzuführen ist, daß Miteigentümer die von ihnen zu leistenden Rücklagenbeiträge nicht (zur Gänze) eingezahlt haben. Sollte das tatsächliche Fehlen des aus der Rücklagenabrechnung sich ergebenden Rücklagenüberschusses (zum Teil) darauf beruhen, daß der Verwalter die Rücklage der zwingenden Vorschrift des § 16 Abs 2 WEG zuwider nicht nur zur Deckung der Kosten von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten und zur Abstattung eines zu ihrer Deckung aufgenommenen Darlehens verwendet hat, dann könnte dies den Antragsgegner von seiner im Verfahren nach § 26 Abs 2 WEG geltend zu machenden Herausgabepflicht nicht befreien. Soweit sich aus den vom Rekursgericht zitierten Ausführungen von Faistenberger-Barta-Call (Rdz 26 zu § 16 WEG) etwas anderes ergeben sollte, kann diesen nicht gefolgt werden. Eine derartige Beschränkung der durch § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG in das besondere Außerstreitverfahren des § 26 Abs 2 WEG verwiesenen Streitigkeiten läßt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn des Gesetzes entnehmen.

Es war daher den Revisionsrekursen Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die Richtigkeit der eingangs wiedergegebenen Parteienbehauptungen auch noch durch Aufnahme der in Betracht kommenden weiteren Beweise zu prüfen haben. Dabei werden überdies die Ergebnisse des Exekutionsverfahrens zu 8 E 528/86 des Erstgerichtes herangezogen werden können, in dem inzwischen auf Antrag des DDr.Georg K*** und eines weiteren Miteigentümers der verfahrensgegenständlichen Wohnhausanlage (Peter D***) der zu Msch 16/84 des Erstgerichtes gegen den Antragsgegner geschaffene Exekutionstitel auf Rechnungslegung über die Verwaltung dieser Wohnhausanlage in den Jahren 1981 bis 1983 (einschließlich der Rücklagenabrechnung) zwangsweise durchgesetzt werden soll. Bei Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die Miteigentümer mit der Zahlung der Rücklagenbeiträge oder der Beiträge zur Deckung der sonstigen Aufwendungen für die Liegenschaft in Rückstand geraten sind, sind die Bestimmungen der §§ 1415, 1416 ABGB zugrunde zu legen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 26 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 19 MRG und § 52 ZPO.

Anmerkung

E09619

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00152.86.1104.000

Dokumentnummer

JJT_19861104_OGH0002_0050OB00152_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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