TE OGH 1986/11/4 4Ob151/85 (4Ob152/85)

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Veröffentlicht am 04.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revsionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Dr. Viktor Schlägelbauer und Dr. Walter Geppert als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Robert F***, Angestellter, Innsbruck, Pontlatzerstraße 72, vertreten durch Dr. Albert Tachezy, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte und widerklagende Partei Heinrich M***, Installateurmeistir, Telfs, Anton Auer-Straße 19, vertreten durch Dr. Manfred Opperer, Rechtsanwalt in Telfs, wegen restl. S 310.785,78 und S 82.182,- je sA, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 23. April 1985, GZ. 3 a Cg 4,5/85-34, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 1. Oktober 1984, GZ. 2 Cr 330/82-25, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Keiner der beiden Revisionen wird Folge gegeben.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, dem Kläger und Widerbeklagten an Kosten des Revisionsverfahrens S 5.922,45 (darin S 592,95 Umsatztsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und Widerbeklagte (im folgenden: Kläger) war vom 2.11.1976 bis 3.9.1982 im Installationsunternehmen der beklagten und wiverklagenden Partei (im folgenden: beklagte Partei) als Außendienstmitarbeiter angestellt. Er hat dieses Arbeitsverhältnis durch vorzeitigen Austritt beendet.

Mit der Behauptung, daß seine Austrittserklärung deshalb gerechtfertigt gewesen sei, weil die beklagte Partei wesentliche Punkte des schriftlichen Arbeitsvertrages nicht zugehalten habe, begehrte der Kläger in seiner am 20.10.1982 zu 2 Cr 330/82 des Erstgerichtes überreichten Klage (ua) die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 407.911,77 sA an restlichem Gehalt, Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung, Weihnachtsremuneration, Abfertigung sowie Spesen- und Mietwagenersatz.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei zu Unrecht ausgetreten; er habe seinen Arbeitsplatz nur deshalb verlassen, weil er von der beklagten Partei wegen verschiedener Kundenbeschwerden sowie wegen starken Auftragsrückganges zur Rede gestellt worden sei. Der neklagten Partei stehe wegen mangelnder Abwicklung und Beaufsichtigung von Baustellen durch den Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes eine Gegenforderung von mindestens S 150.000,- zu, welche zur Aufrechnung eingewendet werde. Das Gehalt des Kläger habe 18 % des alljährlich errechneten Rohaufschlages - also des Erlöses der durchgeführten und abgerechneten Aufträge (ohne Umsatzsteuer) abzüglich der der beklagten Partei entstandenen Kosten - betragen; damit sollten alle Leistungen des Klägers im Betrieb der beklagten Partei abgedeckt sein. Danach habe der Kläger von der beklagten Partei nichts mehr zu fordern; er schulde ihr vielmehr aus diesem Titel noch S 67.213,28.

In ihrer am 18.11.1982 zu 2 Cr 363/82 überreichten und vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren 2 Cr 330/82 verbundenen Widerklage nahm die beklagte Partei den Kläger auf Zahlung von S 96.685,66 sA in Anspruch. Der Kläger habe von ihr verschiedenes Installationsmaterial bezogen, welches ihm am 21.9.1982 mit dem eingeklagten Betrag in Rechnung gestellt worden sei.

Der Kläger hat dieses Begehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Der ihm von der beklagten Partei in Rechnung gestellte Preis sei weder angemessen, noch entspreche er den getroffenen Vereinbarungen. Das Personal der beklagten Partei habe solches Material auch schon früher immer zum Selbstkostenpreis erhalten.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 287.895,90 sA und wies das Mehrbegehren des Klägers sowie das Begehren der Widerklage ab. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens sei der Kläger wegen ungerechtfertigter Schmälerung seines Entgelts (§ 26 Z 2 AngG) zu Recht ausgetreten; er habe daher gemäß den §§ 23, 29 AngG und § 9 UrlG Anspruch auf restliches Gehalt, Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung, Abfertigung, Weihnachtsremuneration und Spesenersatz in der Höhe des zugesprochenen Betrages. Das Begehren der Widerklage sei abzuweisen gewesen, weil mangels einer Einigung der Parteien über einen bestimmten oder doch bestimmbaren Preis kein rechtswirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sei.

Das Urteil des Erstgerichtes wurde von beiden Parteien mit Berufung angefochten. In der mündlichen Berufungsverhandlung stellten die Parteien die einzelnen Ansprüche des Klägers - ausgenommen die Abfertigung - der Höhe nach außer Streit, ebenso die der Berechnung der Abfertigung zugrunde zu legende monatliche Durchschnittsprovision.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Forderung des Klägers mit S 310.785,78 brutto sA zu Recht und die Gegenforderung der beklagten Partei nicht zu Recht bestehe; es erkannte daher die beklagte Partei schuldig, dem Kläger S 310.785,78 brutto sA zu zahlen, und wies das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 97.125,99 sA ab. Auch die Widerklage hatte teilweise Erfolg: Das Berufungsgericht verurteilte den Kläger zur Zahlung von S 82.182,- sA und wies das Mehrbegehren von S 14.503,66 sA ab. Nach Neudurchführung der Verhandlung (§ 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG) nahm das Berufungsgericht folgenden wesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 19.10.1976 enthielt ua nachstehende Bestimmungen:

".....

2. Das Entgelt besteht aus einem Gehalt und einer Provision. Das Gehalt wurde mit S 8.000,- brutto 14mal jährlich vereinbart. Die Provision beträgt 10 % vom Bruttogewinn von den von Hr. Robert F*** zum Abschluß gebrachten bzw. zu bearbeitenden Objekten, zumindest jedoch S 10.000,- monatlich (Garantieprämie) unabhängig von der effektiv errechneten Provision und zwar ab Beginn des Arbeitsverhältnisses. Die Abrechnung der Provision erfolgt im Zuge der Nachkalkulation des Objektes. Diese Nachkalkulation muß von Hr. F*** kontrolliert und mit seiner Unterschrift als richtig abgerechnet bestätigt werden. Der Skontoabzug und die Mehrwertsteuer unterliegen nicht der Provision.

.....

4. Gebietsschutz: Seitens der F*** M*** wird Hr. F*** ein Gebietsschutz eingeräumt. Falls durch eine etwaige günstige Auftragslage eine ausreichende Bearbeitung durch Hr. F*** allein nicht mehr möglich ist, wird eine einvernehmliche neue Vereinbarung getroffen.

.....

6. Für alle in diesem Vertrag nicht besonders erwähnten Punkte gelten die gesetzlichen Grundlagen bzw. der gültige Kollektivvertrag. Bei Streitigkeiten ist immer das Angestelltengesetz maßgebend. Die Gültigkeit dieses Vertrages wird durch etwaige Ungültigkeiten einzelner Absprachen nicht berührt. Nebenabreden sind nicht getroffen, Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform."

In einem Gespräch am 19.8.1982 informierte die beklagte Partei den Kläger davon, daß zur Überwindung eines Auftragsrückganges ab 1.9.1982 ein zweiter Außendienstmitarbeiter eingestellt werde. Der Kläger erklärte sich damit nicht einverstanden und verwies auf den ihm in Punkt 4. des Arbeitsvertrages eingeräumten Gebietsschutz; er betonte, daß eine Teilung des Gebietes für ihn mit wesentlichen finanziellen Einbußen verbunden wäre. Trotzdem versuchte der Kläger noch, eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen, und erklärte sich bereit, noch einen Monat im Betrieb der beklagten Partei zu arbeiten und alle seine Geschäfte dem Nachfolger zu übergeben, dies aber nur unter der Voraussetzung, daß ihm das Gehalt für August und September 1982 weitergezahlt und auch die Frage seiner noch offenen Provisionen geregelt werde. Mit Schreiben vom 31.8.1982 erklärte der Kläger seinen Austritt, wobei er den oben angeführten Vorschlag zur einvernehmlichen Lösung des Arbeitsverhältnisses wiederholte. Als die beklagte Partei eine solche einvernehmliche Beendigung ablehnte, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 3.9.1982 endgültig seinen vorzeitigen Austritt. Die klagende Partei nahm mit Manfred B***, welchen sie neben dem Kläger als zweiten Außendienstmitarbeiter einstellen wollte, Kontakt auf; sie informierte ihn, daß er sich seinen Tätigkeitsbereich mit dem Kläger teilen müsse, und zwar so, daß er selbst das Gebiet westlich von Telfs und der Kläger das Gebiet östlich von Telfs zu betreuen hätte. Manfred B*** sah sich den Betrieb der beklagten Partei zwei Tage lang an, schied dann aber wieder aus, ohne den ihm von der beklagten Partei vorgelegten Dienstvertrag - mit dessen Inhalt er nicht einverstanden war - unterfertigt zu haben. Der Kläger lernte Manfred B*** persönlich nicht mehr kennen.

Daß der Kläger nach dem 3.9.1982 deshalb nicht mehr zur Arbeit erschienen sei, weil er den auf ihn ausgeübten Druck der beklagten Partei wegen angeblicher Kundenbeschwerden und wegen des Auftragsrückganges nicht mehr ausgehalten hätte, konnte nicht festgestellt werden.

Im Jahr 1982 gingen die Aufträge für das Unternehmen der beklagten Partei und damit auch dessen Umsatz zurück. Die Ursache hiefür ist nicht feststellbar; insbesondere konnte nicht festgestellt werden, daß dieser Auftragsrückgang auf mangelnde Einsatzfreude des Klägers zurückzuführen gewesen wäre. Es konnte auch nicht festgestellt werden, daß die Parteien in Abänderung des Punktes 2. des Arbeitsvertrages eine mündliche Vereinbarung des Inhalts abgeschlossen hätten, daß dem Kläger pro Jahr 18 % des Rohaufschlages der von ihm eingebrachten Aufträge als Entgelt zu zahlen seien, wobei in diesem Betrag der Grundlohn samt den Lohnnebenkosten, Überstunden, Überstundenzuschlägen samt Lohnnebenkosten und allfälligen Zulagen enthalten sein sollte. Der Kläger kümmerte sich "nicht besonders" um die Abrechnung seiner Bezüge; er war der Meinung, daß die ihm ausgezahlten Beträge der getroffenen Gehaltsvereinbarung entsprächen.

Für den Bau seines Eigenheimes in Telfs bezog der Kläger Installationsmaterial aus dem Betrieb des Beklagten, was von diesem nachträglich gebilligt wurde. Über den Preis dieses Materials wurde zwischen den Parteien nicht gesprochen; dem Kläger war jedoch klar, daß er dafür etwas zu zahlen habe. Es wurde auch keine Vereinbarung über eine Rückgabe allenfalls noch an der Baustelle des Klägers vorhandenen Materials getroffen.

Am 21.9.1982 stellte die beklagte Partei dem Kläger das an ihn gelieferte Installationsmaterial mit S 96.685,66 in Rechnung; dabei war das vom Kläger wieder zurückgestellte Material bereits berücksichtigt. Nicht feststellbar ist, daß "die im Jahr 1978 getroffene Vereinbarung" über die Lieferung von Material zum Selbstkostenpreis auch für die gegenständliche Lieferung gelten sollte. Im Betrieb der beklagten Partei werden von Fall zu Fall mit Mitarbeitern Vereinbarungen getroffen, wenn diese von der beklagten Partei Material beziehen.

Der Bruttopreis für das dem Kläger gelieferte Installationsmaterial beläuft sich unter Zugrundelegung der Listenpreise auf insgesamt S 81.937,-. Nach Abzug des für Betriebsangehörige üblichen Rabattes von 15 % (= S 12.290,55) ergibt sich daraus ein Nettopreis von S 69.646,45. Zuzüglich 18 % Umsatzsteuer beträgt daher der angemessene Preis für das von der beklagten Partei dem Kläger gelieferte Material rund S 82.182,-. Daß der beklagten Partei infolge nicht ordnungsgemäßer Abwicklung und Beaufsichtigung von Baustellen durch den Kläger ein Schaden entstanden wäre, konnte nicht festgestellt werden.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß die beklagte Partei durch die von ihr beabsichtigte Einstellung eines zusätzlichen Außendienstmitarbeiters gegen die in Punkt 4. des Arbeitsvertrages festgehaltene Regelung des Gebietsschutzes für den Kläger verstoßen habe, weil eine solche Teilung des zu bearbeitenden Gebietes notwendigerweise zu einer Verringerung des vom Kläger eingebrachten Auftragsvolumens und damit zu einer Schmälerung seiner Provisionsbezüge geführt hätte. Der Kläger sei nicht verhalten gewesen, mit seiner Austrittserklärung bis zum tatsächlichen Eintritt einer solchen Verschlechterung seiner finanziellen Situation zuzuwarten; er habe vielmehr schon die Ankündigung der beklagten Partei zum Anlaß einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nach § 26 Z 2 AngG nehmen können. Die daraus resultierenden, der Höhe nach unbestrittenen Ansprüche des Klägers nach §§ 23 und 29 AngG sowie § 9 Abs. 1 Z 2 UrlG beliefen sich - einschließlich der Vergütung für Fahrzeugspesen - auf insgesamt S 310.785,78. Auch die mit Widerklage geltend gemachte Kaufpreisforderung der beklagten Partei sei zum überwiegenden Teil berechtigt: Die Parteien hätten sich zwar im vorliegenden Fall nicht auf einen bestimmten Kaufpreis geeinigt, doch könne ihrem Verhalten gemäß § 863 ABGB nur der Sinn entnommen werden, daß sie von der Verpflichtung des Klägers zur Zahlung eines angemessenen Entgelts ausgegangen seien. Damit sei aber der Kaufpreis als bestimmbar anzsuehen und das Zustandekommen eines gültigen Kaufvertrages zu bejahen, welcher den Kläger zur Zahlung des vom Sachverständigen als angemessen ermittelten Kaufpreises von S 82.182,- verpflichte.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von beiden Parteien mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung - von der beklagten Partei auch wegen Aktenwidrigkeit - angefochten. Die beklagte Partei wendet sich gegen den Zuspruch von S 310.785,78 sA an den Kläger und beantragt, das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen, hilfsweise (die angefochtene Entscheidung aufzuheben und) die Rechtssache "dem Untergericht" zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Kläger bekämpft seine Verurteilung zur Zahlung von S 82.182,- sA und beantragt die Abweisung des Begehrens der Widerklage.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien, dem Rechtsmittel des jeweiligen Prozeßgegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Keine der beiden Revisionen ist berechtigt.

I. Zur Revision der beklagten Partei:

Als aktenwidrig rügt die Rechtsmittelwerberin vor allem die "Negativfeststellung" des Berufungsgerichtes, es habe nicht festgestellt werden können, daß zwischen den Parteien in Abänderung des Punktes 2 des Arbeitsvertrages eine mündliche Vereinbarung abgeschlossen wurde, nach der dem Kläger pro Jahr 18 % des Rohaufschlages der von ihm eingebrachten Aufträge als Entgelt zu zahlen war und in diesem Betrag der Grundlohn samt Lohnnebenkosten, Überstunden, Überstundenzuschläge samt Lohnnebenkosten und allfällige Zulagen enthalten sein sollten; das Beweisverfahren habe vielmehr ergeben, daß die Abrechnung der Lohnansprüche des Klägers jahrelang immer in der von der beklagten Partei behaupteten Art und Weise durchgeführt, vom Kläger ausdrücklich akzeptiert und nie beanstandet wurde. Der damit der Sache nach geltend gemachte, auf (vermeintlich) unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Feststellungsmangel (§ 503 Abs 1 Z 4 ZPO) liegt aber nicht vor: Das bloße Stillschweigen des Klägers zu den vom Zeugen Gerhard B*** auf der Grundlage von 18 % des Roh- aufschlages erstellten Abrechnungen seiner Gehaltsan- sprüche könnte die Annahme einer schlüssig (§ 863 ABGB) vereinbarten Vertragsänderung nur dann rechtfertigen, wenn nach der Übung des redlichen Verkehrs eine Verpflichtung des Klägers zum Widerspruch gegen diese Art der Berechnung seines Arbeitsentgeltes bestanden hätte (SZ 37/119; SZ 55/168 uva). Besondere Umstände dieser Art sind aber im vorliegenden Fall ebensowenig hervorgekommen wie ein sonstiges Verhalten des Klägers, das mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln ließe, daß er mit einer Änderung des Punktes 2. seines Arbeitsvertrages, wie sie die beklagte Partei behauptet, einverstanden gewesen wäre. Das Berufungsgericht hat viel- mehr auf Grund der Parteiaussage des Klägers als erwiesen angenommen, daß er sich um die Abrechnung seiner Bezüge "nicht besonders kümmerte" und der Meinung war, daß die ihm ausgezahlten Beträge der getroffenen Gehaltsverein- barung entsprächen.

Die weiteren von der beklagten Partei gerügten Aktenwidrigkeiten liegen gleichfalls nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Auch die Rechtsrüge der Revision ist nicht begründet: Mit ihrer Behauptung, daß die Ursache für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bei ihr, sondern beim Kläger selbst gelegen sei, welcher es offenbar bewußt darauf angelegt habe, einen Austrittsgrund zu provozieren, entfernt sich die beklagte Partei von dem im angefochtenen Urteil - für den Obersten Gerichtshof bindend - als er- wiesen angenommenen Sachverhalt. Danach konnte nämlich eine Feststellung, daß der Kläger nicht mehr zur Arbeit erschienen sei, weil er den auf ihn ausgeübten Druck der beklagten Partei wegen angeblicher Kundenbeschwerden und wegen des Auftragsrückganges nicht mehr ausgehalten hätte, ebensowenig getroffen werden wie eine Feststellung, daß der im Jahr 1982 eingetretene Auftragsrückgang auf man- gelnde Einsatzfreude des Klägers zurückzuführen war. Alleiniger Anlaß der Austrittserklärung des Klägers war vielmehr die Ankündigung der beklagten Partei, entgegen Punkt 4. des Arbeitsvertrages auch ohne sein Einverständnis einen zusätzlichen Außendienstmitarbeiter ein- zustellen. Daß eine Verwirklichung dieser Absicht not- wendigerweise zu einer Verringerung der Verdienstmöglich- keiten und damit zu finanziellen Einbußen des Klägers geführt hätte, liegt auf der Hand; damit war aber der Kläger, ohne die Ausführung dieser Maßnahme und damit die tatsächliche Schmälerung seines Entgelts abwarten zu müssen, schon auf Grund dieser - wiederholten und trotz Widerspruches des Klägers nicht zurückgenommenen - An- kündigung seiner Arbeitgeberin berechtigt, gemäß § 26 Z 2 AngG seinen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis zu erklären (ebenso Arb 6193). Soweit aber die beklagte Par- tei die Berechtigung der Ansprüche des Klägers auch in diesem Zusammenhang wieder mit der Behauptung bestreitet, daß alle seine Lohnansprüche vereinbarungsgemäß durch Zahlung von 18 % des Rohaufschlages abgegolten sein sollten, bekämpft sie wiederum in unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die Beweiswürdigung der Tatsachen- instanzen.

II. Zur Revision des Klägers:

Der Kläger hält auch in dritter Instanz daran fest, daß mangels Einigung der Parteien über einen bestimmten oder doch bestimmbaren Kaufpreis ein rechtswirksamer Kauf- vertrag über das von ihm bei der beklagten Partei bezogene Installationsmaterial nicht zustande gekommen sei. Die beklagte Partei sei nicht in der Lage, einen gültigen Rechtstitel für ihre Forderung nachzuweisen; es werde allein ihre Sache sein, "wie sie zu den gelieferten Materialien kommt oder allenfalls Ersatz hiefür erhält". Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden: Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war sich auch der Kläger darüber klar, daß er für das aus dem Betrieb der beklagten Partei - mit deren nachträglicher Billigung - bezogene Installationsmaterial "etwas zu bezahlen haben werde"; auch sein Wille war also von Anfang an auf den Abschluß eines Kaufvertrages mit seiner Arbeitgerberin gerichtet. Daß dabei über den zu entrichtenden Kaufpreis nichts gesprochen wurde, ja vielleicht sogar beide Teile voneinander abweichende Vorstellungen über dessen Höhe hatten, schadet nicht. Sofern man nicht überhaupt bei einem Handelskauf, wie er hier vorliegt, kraft Handels- brauches in jedem Fall einen angemessenen Kaufpreis als geschuldet ansieht (so etwa SZ 26/284; SZ 39/35 uva), ist nach der neueren Rechtsprechung des Oberstne Gerichtshofes die vom Gesetz geforderte objektive Bestimmbarkeit des Kaufpreises (SZ 47/128; SZ 49/46;

SZ 54/112; JBl. 1979, 94; GesRZ 1980, 42 ua; ebenso Mayer-Maly in Klang 2 IV/2, 228 ff; Aicher in Rummel, ABGB I Rz 10 zu § 1054;

Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadener- satz 18;

Ehrenzweig 2 II/1, 406) auch dann gegeben, wenn - sei es auch nur schlüssig (§ 863 ABGB) - der Laden- preis oder der kundenübliche Preis zum Vertragsinhalt gemacht wurde. Eine solche Vereinbarung ist aber nicht nur dann anzunehmen, wenn ein Kunde im Geschäftsbetrieb eines Gewerbetreibenden eine Ware erwirbt, ohne nach dem Kauf- preis zu fragen (Mayer-Maly aaO 229; Aicher aaO Rdz 12), sondern auch dann, wenn - wie hier - der Arbeitnehmer eines Gewerbetreibenden aus dem Betrieb seines Arbeit- gebers Ware für den eigenen Bedarf bezieht; auch hier bietet ja der Vergleich mit dem in der betreffenden Branche in gleichartigen Fällen üblicherweise verrechneten Kaufpreis die Möglichkeit einer Objektivierung, welche es erlaubt, diesen "kundenüblichen" Preis als ausreichend bestimmt anzusehen (Mayer-Maly aaO 230; Aicher aaO Rdz 13). Im vorliegenden Fall hat der vom Erstgericht beigezogene technische Sachverständige diesen "kunden- üblichen" Preis auf Grund seiner persönlichen Erfahrung und seiner Erkundigungen bei befreundeten Firmen durch Abzug eines "angemessenen und üblichen" Rabattes von 15 % von den Brutto-Listenpreisen (zuzüglich 18 % Umsatzsteuer) mit S 82.182,81 errechnet. Gegen den Zuspruch (ohnehin nur) dieses (abgerundeten) Betrages an die beklagte Partei bestehen umso weniger Bedenken, als sich der Kläger mit diesem vom Sachverständigen vorgeschlagenen Rabatt aus- drücklich einverstanden erklärt hat (ON 20 S 116). Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E09349

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00151.85.1104.000

Dokumentnummer

JJT_19861104_OGH0002_0040OB00151_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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