TE OGH 1986/11/5 9Os144/86

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Veröffentlicht am 05.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Schrott als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alfred F*** wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 13.August 1986, GZ 7 Vr 18/86-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten Alfred F*** und des Verteidigers Dr. Denkmayr zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred F*** gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er (im zweiten Rechtsgang abermals) des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt worden war, wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 15.Oktober 1986, GZ 9 Os 144/86-6, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, zurückgewiesen.

Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung war daher - nach der dabei erfolgten Zurückziehung der Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche durch den Verteidiger - nur noch über die (Straf-)Berufung des Angeklagten zu entscheiden, mit der er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht anstrebt.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 201 Abs 1 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete es die von Brigitte H*** bei der Tat erlittene Verletzung sowie die besonders brutale und entwürdigende Vorgangsweise des Angeklagten, der mit H*** gegen deren Willen (auch) einen Mundverkehr durchgeführt und einen Eisschaberstiel in ihren Geschlechtsteil eingeführt hat, als erschwerend, hingegen die Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis - welches das Erstgericht darin erblickte, daß der Angeklagte vor der Gendarmerie angab, Brigitte H*** habe sich "nicht sonderlich gewehrt" - als mildernd.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Eine besonders entwürdigende Vorgangsweise des Angeklagten wurde entgegen dem Berufungsvorbringen angesichts der Intensität und Dauer der Notzuchtshandlungen und der diese begleitenden Unzuchtsmanipulationen - mögen diese nach Lage des Falles auch mit der Notzucht eine unitas actus bilden - zu Recht als Erschwerungsgrund herangezogen. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang das Fehlen einer "Bedrohung mit dem Umbringen" wie auch "sonst irgendeiner konkreten Drohung" ins Treffen führt, übergeht er zum einen das (weitere) Tatmittel der Gewalt und ignoriert zum anderen den rechtskräftigen - die Herbeiführung der Widerstandsunfähigkeit des Opfers auch durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben bejahenden - Schuldspruch. Von einer Tatbegehung nur aus Unbesonnenheit hinwieder kann vorliegend keine Rede sein. Den weiters reklamierten Milderungsgrund eines bisher ordentlichen Lebenswandels aber hat das Schöffengericht unter der - wenngleich unpräsizen - Bezeichnung "Unbescholtenheit" ohnedies berücksichtigt. Es kann aber auch vom Verstreichen "längerer Zeit", wie sie für die Annahme des Milderungsgrundes nach § 34 Z 18 StGB erforderlich wäre, angesichts der (am 24. Dezember 1985 erfolgten und damit) erst rund zehneinhalb Monate zurückliegenden Tatbegehung (noch) nicht gesprochen werden. Eine gewisse Enthemmung des Angeklagten durch den vor der Tat genossenen Alkohol schließlich wird durch den Vorwurf aufgewogen (§ 35 StGB), daß er während des der Tat vorangegangenen gemeinsamen Aufenthaltes im Würstelstand des Josef K*** Alkohol konsumierte, obwohl ihm die Heimfahrt mit seinem PKW bevorstand.

Auf der Basis der vom Erstgericht sohin im wesentlichen vollständig festgestellten und auch zutreffend gewürdigten Strafzumessungsgründe erweist sich die vom Schöffengericht mit einem Jahr - an der gesetzlichen Strafuntergrenze des § 201 Abs 1 StGB - ausgemessene Freiheitsstrafe als der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten durchaus entsprechend. Im übrigen würde die begehrte Strafreduktion die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB erfordern. Bei der Gewichtung der persönlichen Schuld des Angeklagten ergeben sich indes keine Aspekte für die Annahme eines jener atypischen leichten Fälle (vgl Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 41 RN 4), in denen (ua) die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, sodaß für eine außerordentliche Strafmilderung schon deshalb kein Raum ist. Es mußte aber auch dem weiteren Begehren des Angeklagten, die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe bedingt nachzusehen, ein Erfolg versagt bleiben. Sowohl spezial- als auch generalpräventive Gründe erfordern in Fällen wie dem vorliegenden zur Erreichung der Strafzwecke den Vollzug der verhängten Strafe. Daran vermag der bislang ordentliche Lebenswandel des Angeklagten nichts zu ändern; denn bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 43 StGB spielt zwar das Vorleben des Rechtsbrechers eine bedeutende, nicht aber die ausschlaggebende Rolle. Ebenso bedeutend ist nämlich neben der Art der strafbaren Handlung vor allem der Grad der Schuld des Täters. Gerade der - im Vergleich mit sogenannten "typischen Durchschnittsfällen" des in Rede stehenden Verbrechens doch - hohe Schuld- und Unrechtsgehalt spricht aber vorliegend gegen die Annahme, daß die bloße Androhung der Strafvollstreckung genügen werde.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E09669

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00144.86.1105.000

Dokumentnummer

JJT_19861105_OGH0002_0090OS00144_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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