TE OGH 1986/11/6 6Ob663/86

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Veröffentlicht am 06.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Klinger sowie Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Christof N***, St. Veiter Straße, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei F*** & G*** Aktiengesellschaft, Fabrik elektrischer Apparate, Eugenia 1, 3943 Schrems, vertreten durch Dr. Klaus Braunegg, Dr. Klaus Hoffmann, Dr. Karl Preslmayr und Dr. Horst Auer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 67.040,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 11. Juli 1986, GZ 1 R 302/86-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26. März 1986, GZ 7 C 789/85-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsbeantwortung der F*** & G*** Vertrieb elektrischer Apparate Gesellschaft mbH wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hatte der beklagten Partei Teile ihres Hauses in Klagenfurt, St. Veiter Straße 4, um einen monatlichen Zins von S 33.520,-- vermietet. Vereinbart war eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Die beklagte Partei war nach dem Vertrag verpflichtet, das Bestandobjekt mit neuem Innenanstrich versehen zurückzustellen. Sie hat das Bestandverhältnis fristgerecht zum 31. August 1985 aufgekündigt. Im Zuge noch im Juni 1985 zwischen den Streitteilen geführter Gespräche teilte die klagende Partei mit, sie lege auf die Aufwendungen der beklagten Partei auf den Bestandgegenstand keinen Wert, die beklagte Partei könne diese Investitionen deshalb ohne Entschädigung im Bestandobjekt belassen oder aber auf ihre Kosten entfernen; schließlich legten die Parteien den Zurückstellungstermin auf den 4. September 1985 fest. Noch vor diesem Termin entfernte die beklagte Partei ihre Einbauten aus dem Bestandobjekt; dabei kam es zu Schäden am Mauerwerk. Deshalb und weil das Bestandobjekt nicht mit einem neuen Anstrich versehen war, lehnte die klagende Partei die Übernahme des Bestandobjektes ab. Die Streitteile kamen überein, jeweils gesondert Kostenvoranschläge für die notwendigen Malerarbeiten einzuholen. Erst danach wollten die Streitteile festlegen, ob die beklagte Partei der klagenden Partei den erforderlichen Kostenbetrag bar zu bezahlen oder die notwendigen Arbeiten selbst durchzuführen haben werde. In der Folge ließ die beklagte Partei das Bestandobjekt, das von der klagenden Partei erst am 30. Oktober 1985 übernommen wurde, ausmalen.

Die klagende Partei begehrte Zahlung von S 67.040,-- als Benützungsentgelt für die Monate September und Oktober 1985, weil die beklagte Partei das Bestandobjekt erst am 30. Oktober 1985 zurückgestellt habe.

Die beklagte Partei wendete ein, die klagende Partei habe durch ihr Verhalten das Ausmalen des Bestandobjektes verzögert; überdies sei dieser kein Schaden erwachsen, weil sie für den fraglichen Zeitraum keine Mieter gefunden hätte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. In rechtlicher Beurteilung des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes meinte es, da die beklagte Partei das Bestandobjekt zum vereinbarten Übergabetermin am 4. September 1985 nicht wie vereinbart neu ausgemalt zurückgestellt, sondern erst am 30. Oktober 1985 übergeben habe, schulde sie der klagenden Partei ein Benützungsentgelt für die beiden Monate in Höhe des vereinbarten Mietzinses. Für diesen Anspruch genüge objektiver Verzug.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und ließ die Revision zu. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, es sei zwar richtig, daß der Bestandnehmer für die Dauer der verzögerten Zurückstellung der Bestandsache ein Benützungsentgelt in Höhe des Bestandzinses auch schon bei objektivem Verzug zu leisten habe, doch habe das Erstgericht die Bestimmungen der §§ 1109 und 1111 ABGB nicht genügend auseinandergehalten. Während § 1109 ABGB Zeitpunkt und Inhalt der Zurückstellungspflicht zum Gegenstand habe, regle § 1111 ABGB die Haftung des Bestandnehmers für Beschädigung bzw. Abnützung der Bestandsache. Die Tatsache, daß der Bestandnehmer seine vertraglichen oder durch § 1111 ABGB bestimmten Pflichten nicht oder nur teilweise erfüllt habe, berechtige den Bestandgeber nicht zur Verweigerung der Übernahme der geräumten Bestandsache. Werde diese nicht in einem Zustand übergeben, in dem sie der Bestandnehmer übernommen habe, so begründe dies zwar Ersatzansprüche des Bestandgebers, für den Zeitpunkt der Zurückstellung sei dieser Umstand indessen nicht maßgeblich. Daß die beklagte Partei beim vereinbarten Termin zur Übergabe nicht bereit gewesen wäre, habe die klagende Partei nicht einmal behauptet. Von da an sei diese somit in Annahmeverzug geraten, für dessen Dauer sie kein Benützungsentgelt fordern könne. Sie habe allerdings von der beklagten Partei die Wiederherstellung des seinerzeitigen Zustandes - und zwar in Form des Naturalersatzes - verlangen dürfen; nur bei Bestreiten dem Grunde nach bzw. bei entsprechender Vereinbarung sei Geldersatz zu leisten. Gerade deshalb hätten sich die Streitteile auf die Einholung getrennter Offerte geeinigt. Ob die beklagte Partei säumig geworden oder von der klagenden Partei vertröstet worden sei, sei ohne Bedeutung, weil sich diese Umstände allein auf die Art des Ersatzanspruches bezögen.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobene Revision ist zwar, weil zur Frage, ob der Bestandgeber zur Verweigerung der Übernahme berechtigt sei, wenn der Bestandnehmer das Bestandobjekt nicht im vertraglich festgelegten Zustand zurückstelle, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist aber nicht berechtigt.

Die klagende Partei fordert den Klagsbetrag ausdrücklich als Benützungsentgelt in Höhe des vereinbarten Bestandzinses für den Zeitraum zwischen vereinbarter und tatsächlich erfolgter Zurückstellung der Bestandsache. Sie beruft sich demnach auf eine der beklagten Partei zuzurechnende Überschreitung der Bestanddauer als Fälligkeitszeitpunkt für die Zurückstellung des Bestandobjektes gemäß § 1109 ABGB (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rdz. 5 und 9 zu § 1109). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war die beklagte Partei auch bereit, den Bestandgegenstand zum vereinbarten Termin der klagenden Partei zu übergeben. Diese hat sich jedoch geweigert, die Bestandsache zu übernehmen, weil sie sich nicht im vertraglich vereinbarten Zustand (Mauerschäden bzw. Unterlassung der Ausmalung der Bestandräume) befand. Zu Recht hat das Berufungsgericht zwischen den Bestimmungen der §§ 1109 und 1111 ABGB differenziert. § 1109 ABGB regelt den Zeitpunkt der Zurückstellungspflicht nach Beendigung des Bestandverhältnisses, wogegen § 1111 ABGB die Haftung für die Beschädigung (bzw. übermäßige Abnutzung) der Bestandsache zum Gegenstand hat (MietSlg. 29.170; SZ 37/165; Würth aaO Rdz 1). Dementsprechend hat der Oberste Gerichtshof bereits (MietSlg. 29.170) ausgesprochen, daß der Bestandnehmer seiner Verpflichtung zur Rückstellung des Bestandgegenstandes nur nachkommt, wenn er dem Bestandgeber den Besitz an der Bestandsache wieder verschafft, seine Fahrnisse aus dem Bestandgegenstand zur Gänze entfernt und - sofern erforderlich - auch die Schlüssel übergibt (so auch MietSlg. 34.234 und Würth aaO Rdz 4). Wird das Bestandobjekt indessen entgegen § 1109 ABGB nicht in jenem Zustand zurückgestellt, in dem es der Bestandnehmer übernommen hat, so ist der Bestandgeber zwar berechtigt, gemäß § 1111 ABGB vom Bestandnehmer Ersatz zu fordern, für den Zeitpunkt der Zurückstellung der Bestandsache ist diese Tatsache hingegen ohne Bedeutung. Nichts anderes gilt, wenn der Bestandnehmer über die (dispositive - vgl. Würth aaO Rdz 6 mwN) Bestimmung des § 1109 ABGB hinaus zur Herstellung eines besonderen Zustandes (hier: neue Ausmalung) verpflichtet ist. Damit wird lediglich der Inhalt der Zurückstellungsverpflichtung modifiziert, so daß der Bestandgeber bei vertragswidriger Zurückstellung im Sinne des § 1111 ABGB Schadenersatz verlangen kann. Zur Verweigerung der Übernahme wäre er hingegen nur dann berechtigt, wenn ihm dieses Recht im Vertrag eingeräumt worden wäre. Derartiges hat die klagende Partei aber nicht einmal behauptet.

Damit hat das Gericht zweiter Instanz zu Recht den Annahmeverzug der klagenden Partei angenommen; in diesen gerät der Bestandgeber nämlich, wenn er den Bestandgegenstand nicht zum vereinbarten Zurückstellungstermin (hier: 4. September 1985) übernimmt (6 Ob 562/85). Zur Zahlung eines Benützungsentgeltes ist der Bestandnehmer jedoch nur dann verpflichtet, wenn sich die Zurückstellung aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen und daher von ihm zu vertreten sind, über den Fälligkeitszeitpunkt hinaus verzögert (vgl. auch Würth aaO Rdz 9). Andernfalls hätte es der Bestandgeber in der Hand, die Übernahme einfach zu verweigern, weil ihm der Bestandnehmer den vereinbarten Zins als Benützungsentgelt sogar dann weiterzahlen müßte, wenn der Bestandgeber keinen neuen Bestandnehmer an der Hand hätte. Entspricht der vom Bestandgeber bei der Zurückstellung vorgefundene Zustand der Bestandsache nicht dem vertraglich festgelegten bzw. gesetzlich geforderten Zustand (§ 1109 ABGB), so bleibt es dem Bestandgeber unbenommen, den Bestandnehmer auf Ersatz (zB die Kosten der Herstellung des vereinbarten Zustandes oder auch des Zinsentganges aus einem versäumten oder erst später zustande gekommenen Bestandverhältnis) im Sinne des § 1111 ABGB in Anspruch zu nehmen.

Solche Ansprüche hat die klagende Partei jedoch nicht geltend gemacht und selbst nicht einmal behauptet, daß ihr Kosten erwachsen oder Zinserträgnisse entgangen seien.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Revisionsbeantwortung wurde nicht von der beklagten Partei (Felten & Guilleaume Fabrik elektrischer Apparate Aktiengesellschaft), sondern von der Felten & Guilleaume Vertrieb elektrischer Apparate Gesellschaft mbH, mithin von einer nicht am Verfahren beteiligten Person erstattet. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine fehlerhafte Bezeichnung der beklagten Partei, sondern um eine im Handelsregister des Kreisgerichtes Krems an der Donau (HRB 769) eingetragene Gesellschaft mit dem gleichen Sitz wie die beklagte Partei (HRB 185 desselben Handelsregisters). Damit wurde die Rechtsmittelbeantwortung von einem realen, am Verfahren nicht beteiligten Rechtssubjekt erhoben, sodaß auch eine Berichtigung der Parteibezeichnung nicht zulässig wäre (GesRZ 1981, 178 uva; Fasching Komm III 111 f und Zivilprozeßrecht Rz 323); an dieser Rechtslage hat der durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 dem § 235 ZPO angefügte fünfte Absatz nichts geändert, weil diese Bestimmung nur die bisherige Lehre und Rechtsprechung festschreiben wollte (7 Ob 591/85). Die Revisionsbeantwortung war deshalb zurückzuweisen.

Anmerkung

E09381

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00663.86.1106.000

Dokumentnummer

JJT_19861106_OGH0002_0060OB00663_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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