Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann R*** wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 9.April 1986, GZ 29 Vr 1416/84-28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Rzeszut, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Eisl zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem der Angeklagte des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB schuldig gesprochen wurde, wurde mit dem bei einer nichtöffentlichen Beratung gefaßten Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 21.Oktober 1986, GZ 10 Os 140/86-6, zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages war daher nur noch die Berufung des Angeklagten.
Das Schöffengericht verurteilte ihn nach § 202 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es den Umstand, daß das Tatopfer noch immer unter den Folgen der Tat, die in Gegenwart eines Dritten verübt wurde, leidet, als erschwerend, dagegen den - nach Tilgung einer Vorverurteilung - nunmehr wieder gegebenen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten als mildernd.
Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe und deren bedingte Strafnachsicht anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.
Ein "ordentlicher Leumund" des Angeklagten und der Umstand, daß er nicht vorbestraft ist, wurde vom Erstgericht ohnedies als Milderungsgrund eines ordentlichen Lebenswandels (§ 34 Z 2 StGB) gewertet. Daß der Dienstgeber mit der Arbeitsleistung zufrieden war, stellt keinen zusätzlichen, nicht ohnedies bereits davon umfaßten Milderungsgrund dar.
Von einer wahrheitsgetreuen Verantwortung kann angesichts des Umstandes, daß der Angeklagte stets behauptete, die Initiative zu Sexualkontakten sei vom Opfer ausgegangen und er im zweiten Verfahrensgang sogar die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs leugnete, keine Rede sein.
Das Berufungsvorbringen, Annäherungsversuche seien vom Tatopfer ausgegangen, widerstreitet den Feststellungen des Erstgerichtes zur Schuld des Angeklagten. Es ist daher unbeachtlich (§ 295 Abs 1 StPO).
Von einem krassen Widerspruch der Tat zum sonstigen Verhalten des Angeklagten kann ebenfalls nicht die Rede sein. Dem stehen die (aktengetreuen) Feststellungen des erstgerichtlichen Urteils entgegen, daß er wiederholt auch andere Frauen unsittlich belästigte. Sorgepflichten hinwieder, auf die mit Nachdruck verwiesen wird, sind kein bei der Ausmessung einer Freiheitsstrafe zu beachtender Milderungsgrund (Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 29 zu § 34; Kunst im WK, Rz 57 zu § 34 StGB).
Das Erstgericht erhob demnach die Strafzumessungsgründe durchaus zutreffend, wobei nur der Deutlichkeit halber anzumerken bleibt, daß die psychische Beeinträchtigung des Opfers einem besonderen Akzent durch den unternommenen ernstlichen Selbstmordversuch erfährt, einen Umstand, der eine Nötigung nach § 105 StGB zur schweren Nötigung qualifiziert (§ 106 Abs 2 StGB), was naturgemäß auch beim Sonderfall der Nötigung zur Unzucht im Rahmen der allgemeinen Grundsätze zur Strafbemessung (§ 32 Abs 3 StGB) entsprechend zu beachten ist.
Die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe ist angesichts der tat- und täterbezogenen Schuld keineswegs überhöht, sodaß eine Herabsetzung nicht in Betracht gezogen werden konnte. Angesichts der Intensität der Tatausführung durch den auch sonst mit sexuellen Übergriffen in Erscheinung getretenen Angeklagten sprechen schon spezialpräventive Erwägungen gegen die Gewährung bedingter Strafnachsicht, abgesehen davon, daß bei dieser Persönlichkeitsartung die Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB, wonach aus besonderen Gründen Gewähr dafür gegeben sein müßte, daß er keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, in keiner Weise erfüllt sind. Letztlich stehen auch bei der augenscheinlich wieder zu verzeichnenden Häufung brutaler Sexualdelikte generalpräventive Erwägungen der Gewährung einer bedingten Strafnachsicht entgegen.
Der Berufung war somit insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E09704European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00140.86.1111.000Dokumentnummer
JJT_19861111_OGH0002_0100OS00140_8600000_000