TE OGH 1986/11/12 3Ob629/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Huber, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 31. Jänner 1986 verstorbenen in 4040 Linz, Linke Brückengasse 10, wohnhaft gewesenen Pensionisten Rudolf E*** infolge Revisionsrekurses der Vermächtnisnehmerin Hildegard S***, im Haushalt, 4040 Linz, Linke Brückengasse 10, vertreten durch Dr.Erich Sieder, Rechtsanwalt in Enns, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 26.August 1986, GZ.13 R 457/86-37, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 10. April 1986, GZ.1 A 167/86-17, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Rudolf E*** starb am 31.1.1986 im 87.Lebensjahr. Am 19.2.1986 wurde das Testament vom 17.2.1982 kundgemacht. Darin hatte er seinen Sohn Dipl.Ing.Rudolf E*** zum Erben eingesetzt und seinem Enkel Thomas E*** seine Liegenschaft in Walding, Höhenstraße 30, und seiner Lebensgefährtin Hildegard S*** das Fruchtgenußrecht an dieser Liegenschaft und die Wohnungseinrichtung samt Hausrat in seiner Wohnung in Linz, Linke Brückenstraße 10, vermacht. Im Testamentsnachtrag vom 11.2.1983 hatte der Erblasser der Hildegard S*** alle in der Linzer Wohnung befindlichen Fahrnisse, besonders die Teppiche, mit Ausnahme eines Ölbildes, sowie das in der Wohnung vorhandene Bargeld und die dort vorhandenen Sparbücher sowie das lebenslange Fruchtgenußrecht an sämtlichen Fahrnissen auf der Liegenschaft in Walding und das Nutzungsrecht an dem Ölbild, sowie alle Ansprüche auf die Linzer Wohnung vermacht. Der eheliche Sohn Dipl.Ing.Rudolf E*** erklärte sich auf Grund des Gesetzes, weil die letztwilligen Anordnungen wegen Mangel an Besonnenheit ungültig seien (§ 566 ABGB), mit dem Vorbehalt der rechtlichen Wohltat das Inventariums zum Erben des ganzen Nachlasses. Das Erstgericht nahm diese Erbserklärung an. Es sah den Erbrechtsausweis als erbracht an und überließ dem Erben die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft (§ 812 ABGB). Gegen die Einräumung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses, soweit davon nicht die ihr vermachten Vermögenswerte ausgenommen wurden, erhob die Vermächtnisnehmerin Hildegard S*** Rekurs. Ihr stehe der ausschließliche Besitz an den Sachen und ein nach § 685 ABGB fälliger Übereignungsanspruch zu. Da sie ihr Vermächtnis angetreten habe, sei die uneingeschränkte Überlassung von Besorgung und Benützung der Verlassenschaft rechtswidrig. Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel der Vermächtnisnehmerin zurück. Der Legatar sei nur dann Partei des Abhandlungsverfahrens und zur Erhebung von Rechtsmitteln legitimiert, wenn durch die Verfügung des Gerichtes unmittelbar in seine Vermögensrechte eingegriffen werde. Dies sei nicht der Fall. Dem Erben, dessen Erbserklärung angenommen wurde, stehe die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu. Das Vermächtnis begründe nicht Eigentum sondern nur einen Verschaffungsanspruch, der durch die von der Legatarin angefochtene Überlassung von Besorgung und Verwaltung des Nachlasses nicht berührt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Zurückweisungsbeschluß erhobene Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist zulässig aber unberechtigt. Es entspricht der herrschenden Ansicht und ständigen Rechtsprechung, daß das Rekursrecht in den Gegenständen des Außerstreitverfahrens nur dem zusteht, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den Beschluß beeinträchtigt werden und in dessen Rechtssphäre eingegriffen wird (SZ 50/41; SZ 49/90; SZ 39/137 uva.). Im Abhandlungsverfahren ist der Legatar nur insoweit Beteiligter, als die Verfügung des Abhandlungsgerichtes das Legat betrifft (SZ 27/283 ua.). Der Legatar ist nur rekursberechtigt, wenn durch den Beschluß unmittelbar in seine Vermögensrechte eingegriffen wird (SZ 47/87; EFSlg.42.177 ua.). Die Rechtsmittelwerberin erblickt eine widersprüchliche Begründung der Zurückweisung ihres Rekurses in den Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz, daß trotz Annahme ihrer Gläubigerstellung mit einem Anspruch auf Verschaffung der vermachten Sachen in der Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses ein Eingriff in ihre Vermögensrechte fehle. Damit verkennt sie jedoch das Wesen ihrer Stellung als Legatarin. Der Vermächtnisanspruch ist als obligatorisches Forderungsrecht auf eine Erfüllungshandlung des Vermächtnisschuldners gerichtet. Der Legatar erwirbt nicht unmittelbar vom Erblasser, auch wenn ein Nachlaßstück Gegenstand des Vermächtnisses ist. Er erwirbt zwar das Recht auf das Vermächtnis, das Eigentum kann er aber nach § 684 Satz 2 ABGB nur durch das zwischen ihm und dem Nachlaß (nach der Einantwortung mit dem Erben) zustande gekommene Verfügungsgeschäft erwerben (Welser in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 647; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 3 ,205; SZ 42/187). Bis zum Zustandekommen des Verfügungsgeschäftes gehört das vermachte Nachlaßstück der Verlassenschaft und nach der Einantwortung dem Erben, der die vermachte Sache erst durch die Erfüllungshandlung auf den Vermächtnisnehmer übertragen muß. Die eigenmächtige Besitzergreifung durch den Legatar ist unzulässig, selbst wenn sie der Erblasser gestattet hätte (Weiß in Klang 2 III,482; Ehrenzweig, Familien- und Erbrecht 2 II/2,557; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 3 ,237; Welser in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 647; GlUNF 4705). Wenn kein Verlassenschaftskurator zu bestellen ist, ist daher die Überlassung der Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft (§ 145 Abs.1 AußStrG; § 810 ABGB) an den einzigen Erben, der die Erbschaft angetreten und sein Erbrecht hinreichend ausgewiesen hat, geradezu eine Voraussetzung dafür, daß die Verlassenschaft in die Lage versetzt wird, berechtigte Ansprüche der Vermächtnisnehmer zu erfüllen. Ist diese nicht bereit, die erforderliche Erfüllungshandlung zu setzen, etwa wegen Bestreitung der Gültigkeit der letztwilligen Vermächtnisanordnung, wird der Legatar, der sich auf ein gültiges Vermächtnis beruft, seine Erfüllungsansprüche im Rechtswege gegen den Nachlaß und nach der Einantwortung gegen den Erben durchsetzen müssen. In diese allein rechtlich geschützte Rechtsposition greift der von der Vermächtnisnehmerin angefochtene erstrichterliche Beschluß nicht ein. Einen Antrag auf Absonderung der Verlassenschaft nach § 812 ABGB hat die Rekurswerberin, worauf das Gericht zweiter Instanz zutreffend hinweist, nicht gestellt, sodaß auch der vom Legatsanspruch betroffene Teil des Nachlasses nicht unter eine selbständige, also diejenige des dazu gemäß § 810 ABGB primär berufenen Erben ausschließende Verwaltung zu stellen war (Weiß in Klang 2 III,1017).

Es ist nicht Sache des Verlassenschaftsgerichtes, den Streit zwischen dem Vermächtnisnehmer und dem Vermächtnisschuldner über die Gültigkeit der letztwilligen Anordnung zu entscheiden. Dies ist dem Rechtsstreit vorbehalten (SZ 51/138; SZ 42/69 ua.). Es liegt daher kein Widerspruch in der Annahme, daß die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses die rechtlich geschützten Interessen der Vermächtnisnehmerin, die nur ein obligatorisches Forderungsrecht auf die ausstehende Erfüllungshandlung hat, das sie bei Ablehnung gegen die Verlassenschaft und nach der Einantwortung gegen den Erben mit der Vermächtnisklage durchsetzen muß, nicht berührt. Ihr stand daher ein Rekursrecht gegen die Verfügung des Abhandlungsgerichtes nicht zu. Die Zurückweisung ihres dennoch erhobenen Rekurses erfolgte ohne Rechtsirrtum.

Der dagegen ergriffene Rekurs an den Obersten Gerichtshof kann daher keinen Erfolg haben.

Anmerkung

E09567

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00629.86.1112.000

Dokumentnummer

JJT_19861112_OGH0002_0030OB00629_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten