TE OGH 1986/11/13 6Ob675/86

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Veröffentlicht am 13.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Schobel sowie Dr.Schlosser als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 6.Oktober 1985 gestorbenen Adolf Z***, Pensionist, zuletzt wohnhaft in Wien 13, Hietzinger Hauptstraße 118/6, infolge Revisionsrekurses des Miterben Johann Z***, Pensionist, Lüneburg, Soltauerstraße 91, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 21. August 1986, GZ.47 R 556, 557/86-14, womit der Beschluß und die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Hietzing vom 22. April 1986, GZ.3 A 901/85-9 und 10 bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Erblasser ist am 6.Oktober 1985 im 95.Lebensjahr als Witwer gestorben. Eine letztwillige Verfügung ist nicht aktenkundig. Er wurde von zwei Söhnen und einer Tochter überlebt. Alle drei Kinder gaben auf Grund des Gesetzes zu einem Drittel des Nachlasses eine unbedingte Erbserklärung ab. Die Tochter erstattete ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, in dem sie - bei Berichtigung eines Additionsfehlers - Aktiven im Gesamtwert von 706.139,68 S, Passiven im Gesamtbetrag von 24.125,60 S und daher einen reinen Nachlaß von 682.014,08 S auswies. Ihre beiden Brüder behaupteten dagegen, daß weitere Vermögenswerte, die ihre Schwester als lebzeitiges Geschenk des Erblassers an sie in Anspruch nehme, nämlich ein weiteres Sparguthaben mit einem Einlagestand von 41.000 S sowie Gold- und Silbermünzen im Höchstwert von 50.000 S, in die Verlassenschaft gefallen seien. Demgemäß erstatteten die beiden Söhne des Erblassers ihrerseits ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, in dem die Aktiven und der reine Nachlaß in einem um 91.000 S höheren Wert ausgewiesen sind als im Vermögensbekenntnis ihrer Schwester.

Nach dem Inhalt der vom Gerichtskommissär am 21.Februar 1986 aufgenommenen Niederschrift erklärten die drei Geschwister noch vor der Kundgabe ihrer Meinungsverschiedenheit über das weitere Sparguthaben und die Münzen, die Erbteilung außergerichtlich, einverständlich und erbquotenmäßig durchzuführen, und stellten einen formellen Antrag auf gerichtliche Kenntnisnahme dieser Erklärung. Anläßlich der Vorlage ihres von dem ihrer Schwester in Ansehung der strittigen Vermögensteile abweichenden Vermögensbekenntnisses erklärte der im Ausland wohnhafte Bruder im eigenen Namen und offenbar auch namens seines im Inland wohnhaften Bruders, daß die Zustimmung zu einer außergerichtlichen einvernehmlichen erbquotenmäßigen Erbteilung von der Voraussetzung abhinge, daß sich ihre Schwester dem Standpunkt ihrer beiden Miterben über das strittige Sparguthaben und die strittigen Münzen anschließe. Eine derartige Erklärung der Tochter des Erblassers ist nicht aktenkundig. Dessenungeachtet nahm das Abhandlungsgericht beschlußmäßig die Erklärung der Miterben, die Erbteilung außergerichtlich einverständlich und erbquotenmäßig durchzuführen, zur Kenntnis. Es räumte - antragsgemäß - das Verfügungsrecht über zwei unstrittig in den Nachlaß gefallene Sparguthaben, ein Girokontoguthaben und ein Pensionsguthaben der Tochter des Erblassers und dem im Inland wohnhaften Sohn des Erblassers gemeinsam ein, erklärte die Abhandlung für beendet und erließ die Einantwortungsurkunde. Die beiden Söhne des Erblassers erhoben gegen die beschlußmäßige Kenntnisnahme der Erklärung über eine außergerichtliche Erbteilung, gegen die Beendigung des Abhandlungsverfahren und dagegen, daß das zwischen der Tochter des Erblassers und ihren beiden Brüdern strittige Sparguthaben sowie die in gleicher Weise umstrittenen Münzen von einer besonderen Anordnung über das Verfügungsrecht ausgenommen blieben, Rekurs.

Das Rekursgericht bestätigte die angefochtenen Anordnungen des Abhandlungsgerichtes und die damit als mitangefochten angesehene Einantwortungsurkunde.

Der im Ausland wohnhafte Sohn des Erblassers ficht die bestätigende Rekursentscheidung mit einem Abänderungsantrag im Sinne der Rechtsmittelanträge des gegen den erstinstanzlichen Beschluß erhobenen Rekurses an.

Der Verfasser der Rechtsmittelschrift unterließ - im Gegensatz zu dem von ihm verfaßten Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung - eine eindeutige Erklärung, daß er das Rechtsmittel auch im Namen seines im Inland wohnhaften Bruders erhebe. Der Gebrauch der Mehrzahl im zweiten Punkt der Rechtsmittelausführungen, es sei "seitens der Rekursführer" nicht einfach gewesen, ein näher bezeichnetes Bankschließfach ausfindig zu machen, reicht nicht hin, die Anfechtung der zweitinstanzlichen Entscheidung mittels Schriftsatzes, in dem ausschließlich der im Ausland wohnhafte Sohn des Erblassers als Einschreiter bezeichnet wird, auch seinem Bruder zuzurechnen, zumal die erwähnte Rekursausführung, in der von einer Mehrzahl der Rekurswerber die Rede ist, nach der Aktenlage zwanglos auf die Anfechtung des Beschlusses erster Instanz bezogen werden könnte.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist mangels schlüssiger Ausführung eines beachtlichen Anfechtungsgrundes unzulässig:

Im Verfahren außer Streitsachen findet gemäß § 16 Abs 1 AußStrG "nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt".

Mit den Rechtsmittelausführungen wird keiner dieser Anfechtungsgründe dargestellt:

Eine Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn eine schriftliche oder niederschriftlich bekundete Verfahrenserklärung eines Beteiligten, der Inhalt einer zu Beweiszwecken eingesehenen Urkunde oder der Inhalt eines niederschriftlich festgehaltenen sonstigen Beweismittels in einer wesentlichen Abweichung von ihrem aktenkundigen Inhalt zur Begründung der angefochtenen Entscheidung herangezogen wird.

Eine Nullität ist nur bei einem Verfahrensverstoß anzunehmen, der ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht ist, an Gewicht einem solchen Verstoß gleichkommt oder dessen unmittelbare Auswirkung eine Rechtsverweigerung bedeutete.

Als offenbar gesetzwidrig kann aber eine rechtliche Beurteilung nur dann erkannt werden, wenn sie einer klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebrachten Regelung des Gesetzgebers zuwiderliefe. Die Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung ist in der Regel nicht bis zur Erbteilung aufzuschieben (§ 165 AußStrG). Wenn bei einer Verlassenschaft nur volljährige Erben einschreiten, welche sich selbst zu vertreten fähig sind, so hängt es von ihrer Willkür ab, ob sie die Erbschaft gerichtlich oder außergerichtlich, vor oder nach der Einantwortung vornehmen wollen (§ 170 AußStrG). Eine Auslegung des Gesetzes, daß die ausdrücklich in das Belieben eigenberechtigter Miterben gestellte Entscheidung, ihre gemeinschaftliche Berechtigung an den einzelnen Teilen der Verlassenschaft bereits vor der Einantwortung gerichtlich, daß heißt im Abhandlungsverfahren, auseinanderzusetzen, vom übereinstimmenden Willen sämtlicher Miterben getragen sein müsse, könnte schon im Hinblick auf die im § 171 AußStrG behandelte Antragstellung nicht als offenbar gesetzwidrig erkannt werden. Ein solcher übereinstimmender Antrag aller drei Geschwister zur gerichtlichen Erbteilung vor der Einantwortung ist nicht aktenkundig. Der Revisionsrekurswerber bemängelt, daß der Gerichtskommissär die vor ihm erschienenen Miterben nicht über die Möglichkeit einer bereits im Abhandlungsverfahren vor der Einantwortung vorzunehmenden Erbteilung belehrt habe. Der Rechtsmittelwerber erblickt darin sowohl einen Verstoß gegen materielles Recht als auch einen Verfahrensmangel. Da den drei eigenberechtigten Geschwistern die Auseinandersetzung ihrer Erbengemeinschaft auch nach der Einantwortung freisteht, ist nicht nachvollziehbar, inwieweit ihre materiellrechtliche Stellung dadurch beeinträchtigt worden sein könnte, daß eine gerichtliche Erbteilung im Abhandlungsverfahren vor Erlassung der Einantwortungsurkunde unterblieb.

Ein Verfahrensverstoß vom Gewicht einer Nichtigkeit kann aber schon deshalb nicht angenommen werden, weil für die anhängige Verlassenschaftsabhandlung kein gesetzlicher Zwang zur Vornahme der gerichtlichen Erbteilung vor Erlassung der Einantwortungsurkunde besteht und die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auch außerhalb des Verlassenschaftsverfahrens möglich ist, also keinesfalls eine Verweigerung der Rechtsdurchsetzung vorliegen könnte.

Im angefochtenen Beschluß wurde die Behauptung der Tochter des Erblassers über eine lebzeitige Schenkung der Münzen und des strittigen Sparguthabens durch den Erblasser an sie nicht als Feststellung der behaupteten Tatsache, sondern lediglich als Feststellung eines von der Meinung der übrigen Miterben abweichenden Standpunktes der einen Miterbin dargestellt, um die zwischen den Miterben herrschenden Meinungsunterschiede darzulegen. Der Standpunkt der Tochter des Erblassers wurde in voller Übereinstimmung mit der Aktenlage wiedergegeben. Damit wurde lediglich der auch nach Ansicht des Revisionsrekurswerbers bestehende Streitpunkt zwischen den Miterben aufgezeigt, aber keineswegs eine aktenwidrige Begründung für die angefochtene Entscheidung gegeben.

Bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Geschwister ihren Streit über die von der Tochter des Erblassers behauptete Schenkung mangels außergerichtlicher Einigung im Rechtsstreit auszutragen haben werden.

Ebenso trifft es zu, daß der wesentliche Inhalt der Entscheidung über die Kenntnisnahme der Erklärung der Miterben zur Erbteilung in der negativen Feststellung liegt, daß eine vor Erlassung der Einantwortungsurkunde im Abhandlungsverfahren vorzunehmende Erbteilung nicht von allen Miterben übereinstimmend beantragt wurde (und daher auch nicht zu versuchen war).

Aus diesen Erwägungen war der Revisionsrekurs mangels schlüssiger Ausführung eines gemäß § 16 Abs 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes zurückzuweisen.

Anmerkung

E09628

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00675.86.1113.000

Dokumentnummer

JJT_19861113_OGH0002_0060OB00675_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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