Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Arthur U*** wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Arthur U*** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 27. August 1986, GZ 8 Vr 485/86-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Der am 9.Oktober 1946 geborene Heilmasseur Arthur U*** wurde des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er im Sommer 1980 in Klagenfurt mit der am 5. Februar 1968 geborenen Andrea R*** den außerehelichen Beischlaf unternommen hat.
Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte aus dem § 281 Abs. 1 Z. 4 und 5 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde an.
Rechtliche Beurteilung
Schon die Mängelrüge schlägt durch.
Das Schöffengericht hat den entscheidungswesentlichen Sachverhalt "aufgrund der Aussage der Zeugin Andrea R*** sowie des Berichtes der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 28.7.1986 festgestellt und als erwiesen angenommen" (S. 165). Es hat sich zwar mit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten auseinandergesetzt und sie als "durch die Aussage der Zeugin Andrea R*** voll und ganz widerlegt" angesehen (S. 165). Die Zeugin R*** hat unter anderem bekundet, daß die Mitangeklagte Andrea K*** den inkriminierten Geschlechtsverkehr (trotz Möglichkeit) nicht gemerkt haben müsse (S. 145), während Andrea K*** (deren Angaben über den Zeitpunkt ihres Kontakts mit Arthur U*** immerhin zu ihrem eigenen Freispruch beigetragen haben; S. 143, 156 in Verbindung mit S. 158; 162, 167) in ihrer Verantwortung das Gegenteil behauptete (S. 143 in Verbindung mit S. 156). Dieses den festgestellten Tatsachen widerstreitende Beweisergebnis hat das Schöffengericht - wie der Nichtigkeitswerber zu Recht releviert - mit Stillschweigen übergangen.
Ohne daß ein weiteres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen erforderlich wäre, war, weil sich zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285 e StPO) aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen. Im erneuerten Verfahrensgang wird es sich - sollte das Gericht weiterhin von einer (wie hinzugefügt werden muß: tatbestandsirrelevanten: Leukauf-Steininger 2 § 206 StGB RN. 3) Vereinigung der Geschlechtsteile von Täter und Opfer trotz der Überflüssigkeit der coniunctio membrorum überzeugt sein - im Hinblick auf das vom Gericht entgegengenommene Privatgutachten des Prim.Dr.Karl R*** (Beilage I zu ON. 25 S. 146, 148, 159), das auch im Urteil erörtert wurde (S. 165, 166), empfehlen, darüber einen gerichtlich bestellten Sachverständigen beizuziehen.
Mit ihren Berufungen waren die beiden Prozeßparteien hierauf zu verweisen.
Anmerkung
E09753European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00157.86.1113.000Dokumentnummer
JJT_19861113_OGH0002_0130OS00157_8600000_000