TE OGH 1986/11/13 13Os138/86 (13Os139/86)

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Veröffentlicht am 13.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Dragan P*** und Dragan S*** wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff. und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dragan P*** sowie über die Berufung des Angeklagten Dragan S*** gegen die Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 18.Feber 1985 und vom 29. Jänner 1986, GZ 1 d Vr 12.921/84-269 und 324, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Bassler, sowie der Verteidiger Dr. Zach und Dr. Mühl, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dragan P*** wird verworfen.

Seiner Berufung sowie der Berufung des Angeklagten Dragan S*** wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Dragan P*** und Dragan S*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des am 31.Mai 1962 geborenen Angeklagten Dragan S***, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29.Jänner 1986, ON 324, mit dem er des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 2, 129 Z. 1 und 2, 130, zweiter Fall, und 15 StGB schuldig erkannt worden war, wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 30.Oktober 1986, GZ 13 Os 138,139/86-6, dem der maßgebende Sachverhalt der dem Angeklagten S*** zur Last liegenden Straftaten zu entnehmen ist, bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen.

Der am 1.Jänner 1951 geborene jugoslawische Staatsangehörige Dragan P*** wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 18.Februar 1985, ON 269, des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z. 1 und 2, 130, erster und zweiter Fall, und 15 StGB (A) sowie des Vergehens der Bandenbildung nach § 278 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt. Darnach hat er vom 24.Jänner bis einschließlich Anfang Oktober 1983 in Wien und Groß-Enzersdorf (zu Unrecht und überflüssig, weil als Bandendiebstahl erfaßt, in der gesetzlichen Bezifferung - § 260 Abs 1 Z. 4 StPO - ohnedies nicht ausgewiesen:

"in Gesellschaft von Beteiligten") teils durch Einbruch, gewerbsmäßig als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung anderer Bandenmitglieder in 54 Angriffen Sachen in einem (soweit festgestellt) Gesamtwert von 1,249.534,50 S gestohlen und in 20 weiteren Angriffen Sachen zu stehlen getrachtet (A). P*** hat sich ferner im Frühjahr 1982 (richtig: 1983) mit mehreren anderen mit dem Vorsatz verbunden, daß von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Verbindung fortgesetzt nicht nur geringfügige Diebstähle ausgeführt werden (B).

Gegenstand des Gerichtstags waren die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dragan P*** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 18.Februar 1985, ON 269, und die Berufung des Angeklagten Dragan S*** gegen den Strafausspruch im Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. Jänner 1986, ON 324.

Rechtliche Beurteilung

Zur Beschwerde des Angeklagten P***:

Der Angeklagte P*** bekämpft die gegen ihn ergangenen Schuldsprüche aus § 281 Abs 1 Z. 5 und 10 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde.

Mit der Mängeleinrede, das Erstgericht habe "nicht berücksichtigt", daß er sich nur deshalb zu den Diebstählen überreden ließ, weil er sich seinem Landsmann P***, bei dem er und seine Gattin in Österreich unentgeltlich Aufnahme gefunden hatten, "verpflichtet fühlte", reklamiert der Angeklagte die Aufnahme des Motivs seiner Handlungen in die Entscheidungsgründe. Dieses betrifft indes keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache (Z. 5) und kann daher unerörtert auf sich beruhen.

Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer gerügte und ersichtlich nur auf einen "jederzeit" (§ 270 Abs 3 StPO), d.h. auch nach Rechtskraft des Urteils zu berichtigenden Schreibfehler des Gerichts zurückzuführende (Bd. VII S. 406) Angabe der Tatzeit zum Schuldspruch B ("Frühjahr 1982", richtig: Frühjahr 1983). Die Begehungszeit gehört nicht zu den wesentlichen, die Eindeutigkeit bestimmenden Merkmalen einer Tat, sofern sie, wie hier, durch sonstige Umstände unverwechselbar (Anklage: Bd. VII S. 102) individualisiert ist.

Mit dem weiteren Vorbringen, er habe beabsichtigt, "in der allernächsten Zeit" nach Mexiko auszuwandern, weshalb seine Beteiligung an den Diebstählen "keineswegs mit dem Vorsatz erfolgt(e), fortgesetzt Delikte zu verüben" (Bd. VIII S. 442), bekämpft der Angeklagte bloß in unzulässiger Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung (Bd. VII S. 463 ff.). Es versagt aber auch die Rechtsrüge, die sich in der Behauptung erschöpft, die Feststellungen "hinsichtlich der Bandenbildung reichen keineswegs aus, diese Qualifikation anzunehmen" (Bd. VIII S. 442).

Gemäß § 278 Abs 1 StGB ist zu bestrafen, wer sich mit zwei oder mehreren anderen mit dem Vorsatz verbindet, daß von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Verbindung fortgesetzt unter anderem nicht nur geringfügige Diebstähle ausgeführt werden. Die Qualifikation des Bandendiebstahls nach § 130, erster Satz, zweiter Fall, StGB verwirklicht, wer einen Diebstahl als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Bandenmitglieds begeht. Insoweit stellte das Erstgericht - gestützt auch auf die Angaben des geständigen Angeklagten, die organisierte Durchführung der Diebstähle und ihre zeitliche und örtliche Häufung (Bd. VII S. 465) - fest:

Spätestens 1983 kam der Beschwerdeführer in Österreich mit einer größeren Anzahl jugoslawischer Staatsangehöriger in Kontakt, die es darauf angelegt hatten, Diebstähle in großem Ausmaß zu begehen, um sich solcherart ihren Lebensunterhalt und darüber hinausgehende Einkünfte zu verschaffen. Er entschloß sich, "von der ihm gebotenen Möglichkeit, sich jenen Jugoslawen zum Zweck der organisierten Durchführung von Diebstählen, insbesondere auch Einbruchsdiebstählen, anzuschließen" (Bd. VII S. 463, 465), Gebrauch zu machen, wohnte und lebte zumindest zum Teil mit ihnen und partizipierte auch an den Beuteerträgen. Die Übereinkunft der Täter ging dahin, "rasch und wohlorganisiert, somit professionell, möglichst viele Diebstähle, insbesondere Einbruchsdiebstähle, durchzuführen", was in Verbindung mit einem schnellen Verbringen der Beute ins Ausland die Chance realistisch machte, unentdeckt zu bleiben oder doch sich einer allfälligen Ergreifung durch Flucht zu entziehen (Bd. VII S. 465). Im Sinn dieser Verbindung führte der Angeklagte die im Spruch beschriebenen diebischen Angriffe aus. Demnach ergibt sich - mit Rücksicht auf das Geständnis des Angeklagten (Bd. VII S. 405) mit hinlänglicher Deutlichkeit - aus den Urteilskonstatierungen in Verbindung mit dem Urteilsspruch, daß sich der Beschwerdeführer im Frühjahr 1983 dem bandenmäßig organisierten, aus mehreren Personen bestehenden Kreis um die abgesondert verfolgten Elmaz E***, Dusko S*** und Dragisa T*** (Bd. VII S. 408) anschloß und in der Folge zum Teil mit den Genannten, zum Teil mit anderen Bandenmitgliedern (Dragan P*** - bei dem er "wohnte und lebte"; Bd. VII S. 406) Einbruchsdiebstähle beging, die sich als Verwirklichung des Bandenziels, nämlich der fortgesetzten Begehung bloß ihrer Art nach bestimmter und keineswegs nur geringfügiger Diebstähle, darstellen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen der beiden Angeklagten:

Über die Angeklagten wurden folgende Strafen verhängt:

Über P*** (mit dem Urteil ON 269) nach den §§ 28 Abs 1, 130, zweiter Strafsatz, StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren; über S*** (mit dem Urteil ON 324) nach dem § 130, zweiter Strafsatz, StGB eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Dabei waren

bei P*** erschwerend die enorm große Schadenshöhe, die binnen kürzester Zeit bewirkt wurde, die zweifache Qualifikation zur anzuwendenden Strafdrohung sowie das Zusammentreffen des Verbrechens mit dem Vergehen, mildernd hingegen die umfassend geständige Verantwortung, daß es zum Teil beim Versuch blieb und die der Polizei gelungene teilweise Sicherstellung der Beute; bei S*** waren

mildernd dessen bisher unbescholtener Wandel im Inland, daß ein wenn auch nur geringer Teil der Beute, dies ohne Zutun des Angeklagten, vielmehr während der polizeilichen Erhebungen sichergestellt werden konnte und daß es teilweise beim Versuch blieb; erschwerend hingegen die zweifache Qualifikation der Straftaten zu der herangezogenen Strafdrohung.

Beide Angeklagten streben mit ihren Berufungen eine Herabsetzung des Strafmaßes an. Auch diesen Rechtsmitteln bleibt ein Erfolg versagt.

Der Hinweis des Angeklagten P*** auf eine angebliche "Not- und Zwangslage" und ein Abhängigkeitsverhältnis zu P*** sowie auf eine angeblich mildere Bestrafung eines anderen Täters ist nicht geeignet, die ohnedies nur im Mittelfeld des anzuwendenden Strafsatzes geschöpfte Strafe als überhöht erscheinen zu lassen. Gleiches gilt von der über S*** verhängten Strafe, zumal dessen Vorbringen, bei einem Teil der Taten noch nicht 21 Jahre alt gewesen zu sein, nur auf vier diebische Angriffe (A V 2, A VI 6, A IX und B III 1) zutrifft und daher von ganz untergeordneter Bedeutung ist.

Anmerkung

E09493

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00138.86.1113.000

Dokumentnummer

JJT_19861113_OGH0002_0130OS00138_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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