Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Josef W***, Landwirt, 2.) Theresia W***, Landwirtin, beide Wolfsegg, Vogelhuberstraße 20, beide vertreten durch Dr. Harald Fahrner, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Ing. Johannes L***, Angestellter, Wolfsegg, Vogelhuberstraße 12, vertreten durch Dr. Josef Weixelbaum, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 168.370,66 und Feststellung infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 5. Juni 1986, GZ. 6 R 35/86-78, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 8. Jänner 1986, GZ. 2 Cg 50/85-72, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.802,8 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.076,62 Umsatzsteuer und S 960,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft Wolfsegg, Vogelhuberstraße 20, mit dem Grundstück 2597 (Keller). Der Beklagte ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 739 KG Wolfsegg mit den Grundstücken 2603/22 und 2603/23. Beide Liegenschaften liegen auf einem relativ steil abfallenden Südhang. Die Liegenschaft des Beklagten ist über der Liegenschaft der Kläger gelegen. Das Grundstück 2597 der Kläger besteht aus einem in den Hang hineingebauten Keller, auf dessen Decke ein Preßhaus steht. Der Keller wurde im Jahr 1935 errichtet. Die Betonqualität ist schon schlecht, eine Feuchtigkeitsisolierung ist nicht vorhanden. Die Dachabwässer des Preßhauses tropfen an den Dachtraufen ab und versickern zwischen den Kellerlängswänden und dem Erdreich. Der Beklagte errichtete im Jahre 1977 ein Haus. Die Abwässer wurden zuerst in eine Kläranlage und dann in eine Senkgrube geleitet. Die zur Errichtung der Abwasseranlagen erforderliche verwaltungsbehördliche Bewilligung hat der Beklagte nicht eingeholt. Es kam zu Flüssigkeitsaustritten aus den Abwässeranlagen. Die Kläger begehren den Betrag von S 168.370,66 s.A. und die Feststellung, der Beklagte habe ihnen für alle Schäden und Nachteile zu haften, die ihnen durch die Ableitung von Abwässern von der Liegenschaft EZ 739 KG Wolfsegg auf ihr Grundstück 2597 an dem dort errichteten Keller und Preßhaus entstanden sind bzw. in Zukunft entstehen. Die Kläger brachten vor, aus der ohne die erforderliche behördliche Bewilligung errichteten Abwässeranlage seien Abwässer ausgetreten und hätten ihren Keller und das Preßhaus so durchfeuchtet, daß die eisernen Deckenträger verrostet seien. Im Keller herrsche zufolge des Eindringens von Abwässern ein Fäkalgeruch. Durch die Zuleitung der Abwässer sei ihnen ein Schaden im Klagsbetrag entstanden. Da weitere Schäden nicht auszuschließen seien, sei auch das Feststellungsbegehren gerechtfertigt. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Aus seiner Kläranlage oder Senkgrube seien keine Flüssigkeiten ausgetreten. Die Baufälligkeit des Kellers und des Preßhauses der Kläger sei auf andere Ursachen zurückzuführen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte fest:
Die Wasserableitungen von der Liegenschaft des Beklagten seien nicht geeignet, Schäden am Keller der Kläger hervorzurufen. Solche Schäden seien auch bisher nicht aufgetreten. Die Feuchtigkeit im Keller der Kläger sei teilweise auf die Grundfeuchtigkeit, teilweise darauf zurückzuführen, daß vom Dach des über dem Keller liegenden Preßhauses das Wasser heruntertropfe und das Erdreich durchfeuchte. Das Eindringen der Feuchtigkeit könnte durch Verwendung von Dachrinnen verringert werden. Die Kellerdecke sei äußerst schwach konstruiert. Ihre Tragkraft liege etwa im Bereich der tatsächlichen Belastung. Dies sei ein Konstruktionsfehler; die geringe Tragkraft sei nicht auf Wasserableitungen von der Liegenschaft des Beklagten zurückzuführen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dem Beklagten sei der Beweis gelungen, daß seine Wasserableitungen für Schäden an den Baulichkeiten der Kläger nicht kausal seien. Einen ersatzfähigen Schaden hätten die Kläger nicht erlitten. Da ausgeschlossen werden könne, daß die Wasserableitungen in Zukunft Schäden am Keller der Kläger verursachen könnten, sei auch das Feststellungsbegehren nicht gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Kläger nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-
übersteigt. Das Berufungsgericht verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und billigte die Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Kläger kommt Berechtigung nicht zu.
Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).
Die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gehen daran vorbei, daß eine Ersatzpflicht des Beklagten auch nach nachbarrechtlichen Grundsätzen nur bejaht werden könnte, wenn die natürliche Kausalität zwischen Mängeln der Kläranlage (Überfließen von Wasser) und dem eingetretenen Schaden zu bejahen wäre. Die Bejahung oder Verneinung des natürlichen Ursachenzusammenhanges gehört in das Gebiet der Beweiswürdigung und kann daher im Revisionsverfahren (abgesehen von Denkgesetzwidrigkeiten) nicht mehr überprüft werden (SZ 52/136; RZ 1979/24; EvBl. 1977/246; JBl. 1972, 426). Beide Vorinstanzen gelangten zum Ergebnis, daß die Feuchtigkeitsschäden am Keller und Preßhaus der Kläger nicht auf Immissionen (Abwässer der Kläranlage bzw. Senkgrube) zurückzuführen seien, die vom Grundstück des Beklagten ausgehen. Wenn die Revisionswerber ausführen, daß dem Beklagten die Übertretung eines Schutzgesetzes (§ 1311 ABGB) zur Last falle, weil er die Abwasserbeseitigungsanlagen ohne behördlichen Konsens errichtet habe, so daß Beweislastumkehr eintrete, wird verkannt, daß die Vorinstanzen den Beweis als erbracht angesehen haben, daß aus den Abwasserbeseitigungsanlagen des Beklagten austretende Wässer die Feuchtigkeitsschäden an den Gebäuden der Kläger nicht verursacht haben. Im Hinblick auf die Verneinung des natürlichen Ursachenzusammenhanges ist der Anspruch der Kläger nicht gerechtfertigt.
Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E09530European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00038.86.1117.000Dokumentnummer
JJT_19861117_OGH0002_0010OB00038_8600000_000