Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Otto R***, Kaufmann, PO Box 244, Manuka, ACT 2603 Australien, 2. Emma G***, Pensionistin, 8020 Graz, Reiherstadlgasse 39, beide vertreten durch Dr. Heinrich Hofrichter und Dr. Erwin Bajc, Rechtsanwälte in Bruck/Mur, wider die beklagten Parteien 1. Margarethe H***, Angestellte, 2. Paul H***, Student, 3. Mag.pharm.Gudrun K***, Angestellte, sämtliche 9360 Friesach, Hauptplatz 7, sämtliche vertreten durch Dr. Heinrich Orator, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwilligung in die Ausfolgung eines gerichtlichen Erlages (Streitwert S 409.900,--) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 30. Juni 1986, GZ. 3 R 97/86-19, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. März 1986, GZ. 21 Cg 352/85-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien die mit 16.325,10 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.484,10 USt.) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Liegenschaft EZ 11 KG Friesach, mit der ein radiziertes Apothekenrecht verbunden ist, stand zu je zwei Neunteln im Eigentum der Beklagten und zu je einem Sechstel im Eigentum der Kläger. Die Miteigentümer stellten zu 2 Nc 16/85 des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan den Antrag auf freiwillige Feilbietung der Liegenschaft. Das Bezirksgericht St.Veit an der Glan ordnete mit Beschluß vom 25.4.1985 die freiwillige Feilbietung für den 10.7.1985 an und bestellte den öffentlichen Notar Dr. Oskar R*** zum Gerichtskommissär. Die Beklagten erwarben die Liegenschaft um das Meistbot von S 14,000.001,--; von diesem Betrag hatte laut Versteigerungsbedingungen ein Betrag von S 900.000,-- für das Warenlager in Abzug zu kommen, so daß das Meistbot der Liegenschaft S 13,100.001,-- betrug. Der auf die Kläger entfallende Betrag von S 4,366.667,-- wurde von den Erstehern fristgerecht erlegt. Der Vertreter der Kläger ersuchte den öffentlichen Notar Dr. Oskar R*** um Ausfolgung des auf sie entfallenden Anteils am Versteigerungserlös. Rechtsanwalt Dr. Heinrich O*** ersuchte namens der Beklagten den Gerichtskommissär, von dem den Klägern gebührenden Anteil des Erlöses den Betrag von S 1 Mio. zur Sicherstellung allfälliger Gegenforderungen zurückzubehalten und nicht auszubezahlen. Dieser Betrag wurde vom öffentlichen Notar Dr. Oskar R*** zunächst auf ein Sparbuch erlegt. In der Folge erteilte Rechtsanwalt Dr. Heinrich O*** namens der Beklagten die Zustimmung zur Ausfolgung eines weiteren Teilbetrages von S 600.000,-- an die Kläger. Der Restbetrag (einschließlich Zinsen) von S 409.900,-- wurde vom öffentlichen Notar Dr. Oskar R*** gemäß § 1425 ABGB zu Gericht erlegt. Das Bezirksgericht St.Veit an der Glan nahm mit Beschluß vom 16.12.1985, 2 Nc 41/85-8, den Erlag an und sprach aus, daß jede Verfügung über den Erlagsgegenstand dem Verwahrschaftsgericht vorbehalten bleibe.
Die Kläger begehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, in die Ausfolgung des Betrages von S 409.900,-- einzuwilligen. Der Betrag stelle den auf sie entfallenden Anteil am Versteigerungserlös der Liegenschaft EZ 11 KG Friesach dar.
Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens und brachten vor, ihr Vertreter habe den Klägern am 21.10.1985 "eine detaillierte Abrechnung des Feilbietungserlöses unterbreitet, wonach sich ein Guthaben der beklagten Parteien in Höhe von S 335.157,44 ergibt". Beim Bezirksgericht St.Veit an der Glan sei zu 1 C 1/86 ein präjudizieller Rechtsstreit anhängig, so daß die Unterbrechung dieses Verfahrens beantragt werde.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sprach weiters aus, daß eine Aufrechnung der Klagsforderung mit der Gegenforderung nicht stattfinde. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, daß der Erlagsbetrag einen Teil des den Klägern zustehenden Anteils am Versteigerungserlös darstelle, eine Aufrechnung mit Gegenforderungen der Beklagten sei unzulässig.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhoienen Revision der Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.
Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung SZ 52/61 klargestellt, daß das Verhältnis zwischen den Parteien und dem Gericht, bei dem ein Betrag erlegt wurde, sowohl beim Gerichtserlag nach § 1425 ABGB als auch beim Erlag eines Meistbots im Zwangsversteigerungsverfahren oder im Verfahren über die freiwillige Versteigerung immer dem öffentlichen Recht angehört. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht das Meistbot fruchtbringend anlegte und sich die Verfügung über den Erlag vorbehielt. Besteht Streit darüber, inwieweit die ehemaligen Miteigentümer Anspruch auf das Meistbot haben, ist eine ähnliche Rechtslage gegeben wie dann, wenn sonst mehrere Personen Anspruch auf eine bestimmte bei Gericht erlegte Summe erheben. Stimmen einige Miteigentümer der Ausfolgung des Erlages nicht zu, muß ein Gerichtsurteil gegen die anderen Erlagsbegünstigten erwirkt werden (EvBl. 1970/3; JBl. 1969, 36; SZ 39/123). Das Urteil hat die Klärung, daß der Kläger nur den ihm gebührenden Anteil am Meistbot beansprucht, herbeizuführen und die mangelnde Zustimmung der Antragsgegner zur Ausfolgung zu ersetzen. Der Anspruch jedes Miteigentümers besteht gegen das Gericht, den ihm zustehenden Anteil am Meistbot ausgefolgt zu erhalten. Wer den Erlag getätigt hat, ob der Ersteher oder der mit der Versteigerung beauftragte Gerichtskommissär, ist entgegen der Meinung der Revisionswerber belanglos. Daß die Kläger nicht mehr als den ihnen nach Maßgabe ihres Miteigentumsanteils gebührenden Betrag beanspruchen, wurde von den Beklagten nicht bestritten. Das pauschale Vorbringen, eine vom Vertreter der Beklagten erstellte Abrechnung habe ein Guthaben zugunsten der Beklagten ergeben, konnte em ehesten noch als Erklärung der Aufrechnung mit einer Gegenforderung verstanden werden. Mit einer Gegenforderung könnten die Beklagten, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, schon de halb nicht aufrechnen, weil nicht Forderungen gegenseitig zusammentreffen (§ 1438 ABGB), sondern nur durch gerichtliche Entscheidung zu trennende Ansprüche auf Ausfolgung des Gerichtserlages an den jeweils Berechtigten bestehen (SZ 52/61). Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E09524European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00676.86.1117.000Dokumentnummer
JJT_19861117_OGH0002_0010OB00676_8600000_000