Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Gamerith sowie die Beisitzer Mag.Karl Dirschmied und Dr.Anton Haschka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Reinhart P***, Geologe, Salzburg, Höglwörthweg 39, vertreten durch Dr.Ernst Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr.Werner U***, Rechtsanwalt in Mattighofen, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R*** Fels- und Grundbau Gesellschaft mbH in Schneegattern (S 7/84 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis), wegen Feststellung (restl.Streitwert S 110.723,20), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 28. Juli 1986, GZ.31 Cg 31/85-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Salzburg vom 24. April 1984, GZ. Cr 816/83-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 514,35 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht sprach dem Kläger einen Bruttobetrag von S 393.682,20 sA und einen Nettobetrag von S 24.885,60 sA an verschiedenen Ansprüchen aus der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu und wies ein Mehrbegehren von S 10.500 brutto sA sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. In dem ersterwähnten Bruttobetrag ist ein Teilbetrag von zuletzt S 96.225,40 enthalten, den der Kläger als vereinbarte Abgeltung der Einhaltung einer Konkurrenzklausel in den Monaten Jänner bis April 1984 begehrt. Zu dieser Teilforderung traf das Erstgericht folgende Feststellungen:
Der mit dem Kläger vereinbarte Jahresgehalt von S 700.000 war vierzehnmal jährlich in Teilbeträgen von je S 50.000 zu zahlen. Ein solcher Teilbetrag sollte sich aus S 28.500 monatlichem Grundgehalt sowie aus Zulagen in der Höhe von S 21.500 zusammensetzen. Im Punkt 9. des Arbeitsvertrages war eine Konkurrenzklausel enthalten, in der sich der Kläger verpflichtete, nach einem eventuellen Ausscheiden aus dem Unternehmen seiner Arbeitgeberin zwei Jahre lang nicht für andere Firmen tätig zu sein oder eine solche selbst zu gründen, zu betreiben oder zu leiten, welche Injektionsarbeiten nach dem System R*** durchführt. Für die Zeit dieser Verpflichtung sollte der Kläger die vorerwähnten Zulagen wertgesichert erhalten. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 11.4.1983 zum 31.12.1983 gekündigt. Etwa am 5.12.1983 wurde dem Kläger von der Geschäftsführung seiner Arbeitgeberin mitgeteilt, daß auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel verzichtet werde. Der Kläger fühlte sich weiterhin an die Konkurrenzklausel gebunden. Er ist seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in Konkurrenzunternehmen tätig. Unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherung betrage der Abgeltungsbetrag für die Einhaltung der Konkurrenzklausel im betreffenden Zeitraum monatlich S 24.056,35.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, der Kläger habe aus der über die Zahlung eines Entgelts für die Zeit der Einhaltung der Konkurrenzklausel getroffenen Vereinbarung einen Rechtsanspruch auf diese Zahlung erworben, von der keiner der Vertragspartner einseitig abgehen könne.
Im Berufungsverfahren änderte der Kläger infolge des über das Vermögen der beklagten Partei inzwischen eröffneten Konkursverfahrens das Klagebegehren auf die Feststellung ab, seine Forderung bestehe mit dem Betrag von S 145.949,32 sA in der allgemeinen Klasse der Konkursforderungen zu Recht. Der Kläger anerkannte ferner eine vom Beklagten in der Höhe von S 25.000 eingewendete Gegenforderung. Der Beklagte brachte ergänzend vor, der Kläger habe ab 1.1.1984 mehr verdient als bei der Gemeinschuldnerin oder hätte zumindest mehr verdienen können. Er müsse sich daher diesen tatsächlichen oder präsumtiven Verdienst auf einen Abgeltungsanspruch - allenfalls in analoger Anwendung des § 1155 ABGB - anrechnen lassen.
Der Kläger bestritt dieses Vorbringen.
Das Berufungsgericht änderte das im Zuspruch eines Betrages von S 200.019,20 sA und der Abweisung des Mehrbegehrens unbekämpft gebliebene Urteil des Erstgerichts dahin ab, daß es feststellte, die (weitere) Forderung des Klägers bestehe mit S 110.723,20, bestehend aus S 86.000 brutto und S 24.723,20 netto sA, in der allgemeinen Klasse der Konkursforderungen zu Recht; es wies das auf Feststellung des Zurechtbestehens einer weiteren Forderung von S 35.226,12 sA gerichtete Mehrbegehren ab.
Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Ergänzend stellte es fest, der damalige Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, Reinhard R***, erklärte dem Kläger gegenüber am 9.12.1983, daß auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel kein Wert gelegt und darauf verzichtet werde. Der Kläger erwiderte, er werde dies mit seinem Rechtsanwalt besprechen. Er war nicht bereit, von der Konkurrenzklausel abzugehen. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts und verneinte die Zulässigkeit einer Anrechnung eines allfälligen tatsächlichen oder präsumtiven Verdienstes des Klägers auf den Abgeltungsanspruch. Die sich aus der Konkurrenzklausel ergebende Verpflichtung des Klägers bedeute keine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses. Hingegen greife die Vereinbarung über die Wertsicherung nicht Platz, weil der Verbraucherpreisindex während der Zeit von Jänner bis April 1984 im Vergleich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31.12.1983) gleich geblieben sei. Dem Kläger stehe daher nur ein Betrag von S 86.000 (vier mal 21.500) zu, sodaß das Mehrbegehren von S 10.000 nicht zu Recht bestehe.
Der Beklagte habe von den anerkannten Klagsforderungen S 49.723,20 als Gegenforderung aus einer Lohnsteuernachforderung abgezogen. Da diese Gegenforderung im Berufungsverfahren mit einem Betrag von S 25.000 außer Streit gestellt worden sei, verbleibe noch ein dem Kläger zustehender und vom Beklagten anerkannter Teilbetrag von S 24.723,20 als Differenz auf den oben erwähnten Betrag von S 49.723,20 offen.
Gegen den "dem Klagebegehren stattgebenden Teil" dieser Entscheidung richtet sich die nur aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn der Abweisung dieses Klagebegehrens abzuändern.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gegenstand der Revisionsausführungen ist nur mehr die Frage, ob dem Kläger der als Abgeltung für die vereinbarte Konkurrenzklausel für vier Monate geltend gemachte Betrag zusteht und ob ein allenfalls bestehender Anspruch einer Anrechnungspflicht unterliegt. Da der Beklagte auf die weitere Teilforderung von S 24.723,20 in den Rechtsmittelausführungen nicht eingeht, ist die Revision insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Gemäß dem § 37 Abs 2 AngG kann der Arbeitgeber die durch eine Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Angestellten nicht geltend machen, wenn er selbst das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat, es sei denn, der Angestellte hat durch schuldhaftes Verhalten hiezu begründeten Anlaß gegeben oder der Arbeitgeber hat bei der Auflösung erklärt, während der Dauer der Beschränkung dem Angestellten das diesem zuletzt zugekommene Entgelt zu leisten. Durch eine solche einseitige Erklärung des Arbeitgebers wird die zwischen den Vertragsparteien bestehende Rechtslage insoweit gestaltet, als die Konkurrenzklausel nunmehr auch für den vom Gesetzgeber sonst ausgenommenen Fall der arbeitgeberseitigen Kündigung gilt und der Arbeitgeber verpflichtet ist, während der Dauer der (vertraglichen oder gesetzlichen) Beschränkung des Arbeitnehmers an diesen das Engelt weiter zu leisten. Der Arbeitnehmer hat seinerseits einen Rechtsanspruch auf diese Entgeltfortzahlung erworben und ist zur Einhaltung der Konkurrenzklausel verpflichtet. Diese Rechtslage verpflichtet und berechtigt beide Parteien und kann nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes einseitig abgeändert werden. Eine solche Änderung der Rechtslage kann, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgeführt hat (Arb 10.132), auch nicht etwa dadurch einseitig herbeigeführt werden, daß der Arbeitgeber erklärt, auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel zu verzichten.
Der der erwähnten Entscheidung zugrundeliegende Fall unterscheidet sich von dem vorliegenden nur dadurch, daß die Vertragsparteien damals in der Konkurrenzklausel die Möglichkeit eines Verzichtes des Arbeitgebers auf die Einhaltung der Klausel während der Sperrzeit und den Entfall der Fortzahlung des Entgelts für diesen Fall schon im Arbeitsvertrag vereinbart hatten, wogegen hier die Arbeitgeberin eine einseitige Verzichtserklärung abgegeben hat. Die Vertragsparteien sind aber jedenfalls an die Vereinbarung über die Zahlung einer Entschädigung gebunden. Der Gemeinschuldner war daher nicht berechtigt, einseitig von der Vereinbarung abzugehen, und zwar gleichgültig, ob der Kläger in der Folge bei einem Konkurrenzunternehmen gearbeitet hat oder nicht. Diese Vereinbarung mag zwar, wie der Revisionswerber ausführt, keine Verpflichtung des Arbeitgebers enthalten, auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel zu bestehen. Daß ein wichtiger Grund die vorzeitige Beendigung dieser Verpflichtung erfordert hätte, wurde aber nicht behauptet. Der Verzicht auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel allein bildet einen solchen wichtigen, die Einhaltung der Konkurrenzklausel während des bedungenen Zeitraumes unzumutbar erscheinen lassenden Grund nicht.
Da der Kläger die vereinbarte Entschädigung nur für die Zeit von vier Monaten ab Beendigung des Arbeitsvertrages und nur in der vereinbarten Höhe begehrt, braucht auf die Frage einer teilweisen Rechtsunwirksamkeit der für die Dauer von zwei Jahren vereinbarten Klausel aus dem Grunde des § 36 Abs 2 Z 1 AngG sowie darauf nicht eingegangen zu werden, daß der Gemeinschuldner dem Kläger auch für den Fall, daß er selbst das Arbeitsverhältnis auflöst, nicht das ganz, dem Kläger zuletzt zukommende Entgelt weiterzahlen sollte (§ 37 Abs 2 AngG).
Zu prüfen bleibt die Frage der Anrechenbarkeit eines allfälligen tatsächlichen oder präsumtiven Verdienstes des Klägers auf den Klagsanspruch. Eine solche Anrechnung wurde von den Parteien nicht vereinbart und sie ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. In Betracht käme nur eine analoge Anwendung des § 1155 ABGB. Für eine solche Anwendung liegen aber die Voraussetzungen deshalb nicht vor, weil diese Anrechnung das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und die Geltendmachung eines daraus abgeleiteten Erfüllungsanspruchs voraussetzt. Ein Arbeitnehmer, der zur Erbringung von Dienstleistungen durch Umstände, die auf Seiten des Arbeitgebers liegen, verhindert worden ist, muß sich nach dieser Vorschrift auf das ihm gebührende Arbeitsentgelt anrechnen lassen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben versäumt hat.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist aber kein derartiger Erfüllungsanspruch. Er ist vielmehr ein Anspruch auf Entschädigung für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Entschädigung soll ihm dafür gewährt werden, daß er an die Konkurrenzklausel gebunden ist und daher seine Arbeitskraft nur beschränkt verwerten kann. Dieser unterschiedliche Zweck schließt eine analoge Anwendung der Anrechnungsbestimmung des § 1155 ABGB aus (so auch Martinek-Schwarz, AngG 6 704 f). Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E09587European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00187.86.1118.000Dokumentnummer
JJT_19861118_OGH0002_0140OB00187_8600000_000