TE OGH 1986/11/19 9Os143/86

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Veröffentlicht am 19.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Udo K*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung als Beteiligter nach den §§ 12 dritter Fall, 169 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17.Juni 1986, GZ 3 b Vr 11582/83-177, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten Udo K*** und des Verteidigers Dr. Hesz zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem im Spruch näher bezeichneten Urteil wurde der nunmehr 50-jährige Udo K*** (im zweiten Rechtsgang abermals) des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB (in Gestalt der Beihilfe nach dem dritten Fall des § 12 StGB) schuldig erkannt, weil er um den 11.Oktober 1979 zur Verursachung einer Feuersbrunst an der damals in seinem Eigentum stehenden Villa in Wien 17., Hochweg 12 durch den (abgesondert verfolgten) Anastasios M*** am 13. Oktober 1979, wodurch eine Gefahr für Leib und Leben Dritter sowie für das Eigentum Dritter in großem Ausmaß herbeigeführt wurde, dadurch beigetragen hatte, daß er (im Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Stefan S*** sen.) die Verteilung von insgesamt etwa 53 Kanistern brennbarer Flüssigkeit der Gefahrenklasse A I in den Räumlichkeiten seiner Villa veranlaßt und dem Anastasios M*** Anweisungen zur Durchführung der Tat erteilt sowie ihm den Zutritt zur Villa ermöglicht hatte. Die vom Angeklagten dagegen aus den Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Vorwegzunehmen ist, daß - der vom Angeklagten vertretenen Rechtsmeinung zuwider - zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 169 Abs. 2 StGB die Herbeiführung einer Gemeingefahr (im Sinne des § 176 StGB) für Leib und Leben von Menschen nicht erforderlich ist sondern daß es genügt, daß diese Gefahr den anderen (der in die Tat eingewilligt hat) oder (auch nur) einen (unbeteiligten) Dritten betrifft (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. 2 RN 13 und Mayerhofer-Rieder StGB 2 Anm. 7 je zu § 169).

Damit erledigen sich alle Beschwerdeeinwände, welche ihren Ausgangspunkt in der Ansicht haben, es sei zur Tatbestandserfüllung die Gefährdung von Personen in größerem Ausmaß vonnöten und braucht auf all dies in der Folge nicht eingegangen zu werden. Da eine Personsgefährdung in diesem Umfang vom Angeklagten vorliegend gar nicht bestritten wird müßte, weil dies zur Herstellung des inkriminierten Verbrechens genügte, die Frage der Sachgefährdung an sich nicht weiter erörtert werden. Der Vollständigkeit halber sei dazu aber bemerkt, daß auch die Gefährdung fremden Eigentums in großem Ausmaß vorliegend aus den beim Akt befindlichen Lichtbildern und Lageplänen (vgl. insbes. Bd. V ON 174) im Zusammenhalt mit den Ergebnissen der Befundaufnahme des Sachverständigen (vgl. Bd. V ON 176) mit einer an Evidenz grenzenden Gewißheit hergeleitet werden konnte. Da es zudem des tatsächlichen Eintrittes des durch die Feuersbrunst drohenden Schadens nicht bedarf (LSK 1980/21), verfielen sonach sämtliche vom Angeklagten in der Hauptverhandlung gestellten, das Ausmaß der Gefahr und die Höhe des tatsächlich eingetretenen Schadens betreffenden Beweisanträge (Bd V ON 176) mit Recht der Ablehnung und erweist sich mithin die Verfahrensrüge (Z 4) insgesamt als nicht stichhältig.

Der Mängelrüge (Z 5) des Beschwerdeführers zuwider konnten die Tatrichter aber auch aus seiner Interessenlage (US 10 ff), seiner Vertrautheit mit explosions- und brandgefährlichen Stoffen (US 12) und der großen Menge der ins Haus gebrachten Flüssigkeiten dieser Art (vgl. US 7) durchaus denkfolgerichtig ableiten, daß er die zur Tatbestandserfüllung erforderliche Gefährdung sowohl von Menschen als auch in großem Ausmaß des Eigentums seiner Nachbarn für sehr wahrscheinlich hielt, sich aber, um seine kriminellen Versicherungsbetrugsvorstellungen zu verwirklichen, damit abfand (US 10). So besehen, erweisen sich alle, den dolus des Angeklagten bestreitenden Beschwerdeausführungen letztlich als unzulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung und muß darauf nicht weiter eingegangen werden.

Soweit sich die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) mit dem Mangel an Gemeingefahr für Leib und Leben von Menschen befaßt, wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf das oben hiezu grundsätzlich Gesagte verwiesen.

Wenn in der Beschwerde aber in Ansehung der Deliktsvoraussetzung der Eigentumsgefährdung großen Ausmaßes die mögliche Schadenshöhe von ca. 100.000 S als zu gering und angesichts gestiegener Baukosten als nicht mehr zeitgemäß angesehen wird, ist dem Rechtsmittelwerber zu entgegnen, daß die Judikatur ein derartiges Ausmaß drohenden Schadens nach wie vor als Eigentumsgefährdung in großem Ausmaß ansieht (vgl. zuletzt 13 Os 61/86), zumal die insoweit als Orientierung dienende Bestimmung des § 126 Abs. 2 StGB (vgl. EvBl. 1976/150) unverändert ist. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang zudem darauf zu verweisen, daß die Tat bereits vor rund sieben Jahren verübt wurde und demnach nicht das heutige Baukostenniveau bei der Beurteilung des (schadenbezogenen) Ausmaßes der Eigentumsgefährdung maßgeblich sein kann.

Die im Ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die einschlägigen Vorstrafen sowie die lange Dauer des unberechtigten Bezuges von Energie. Als mildernd wurde hingegen das Teilgeständnis gewertet und der Angeklagte gemäß §§ 28, 169 Abs. 2 StGB (auch für die bereits in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche wegen §§ 151 Abs. 1 Z 1, 132 Abs. 1 und Abs. 2, 1. Fall sowie 15, 223 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 3/4 Jahren verurteilt.

Die vom Angeklagten dagegen erhobene Berufung, mit der er Strafherabsetzung anstrebt, ist nicht begründet. Den einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten (wegen §§ 411 und 431 StG) wurde vom Erstgericht ohnehin keine "praktische Bedeutung" beigemessen (US 15). Andererseits kann dem Umstand, daß sich der Angeklagte (der zwischen 1980 und 1983 flüchtig war) in Kenntnis des gegen ihn geführten Straverfahrens seit der Tat wohlverhalten hatte, strafmildernde Wirkung in nennenswertem Ausmaße nicht zugebilligt werden (vgl. Kunst in WK, § 34 RZ 51). Schließlich mildert es das Verschulden des Angeklagten auch nicht, daß Stefan S*** sen. an der Tat wesentlich beteiligt war, weil ja auch die Aktivitäten des Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen keineswegs als gering bezeichnet werden können und er den Plan, die Villa aus Versicherungsgründen zu vernichten, gemeinsam mit S*** sen. gefaßt hatte (US 7).

Die tatrichterlichen Strafzumessungstatsachen bedürfen mithin keiner nennenswerten Korrektur. Geht man aber davon aus, dann erweist sich bei einem bis zu zehn Jahren reichenden Strafsatz die geschöpfte Unrechtsfolge als keineswegs überhöht und mithin einer Reduktion unzugänglich.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E09678

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00143.86.1119.000

Dokumentnummer

JJT_19861119_OGH0002_0090OS00143_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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