TE OGH 1986/11/19 8Ob595/86

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Veröffentlicht am 19.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria S***, Hausfrau, Dorf 5, 4644 Scharnstein, vertreten durch DDr. Siegfried Mitterhammer, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Hermann S***, Bautechniker, Höf 5, 4073 Wilhering, vertreten durch Dr. Hans-Peter Just, Rechtsanwalt in Eferding, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. März 1986, GZ. 5 R 315/85-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 10. Oktober 1985, GZ. 6 Cg 459/84-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 308,85, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 9. April 1946 geborene Klägerin und der am 27. Juli 1940 geborene Beklagte haben am 23. November 1965 vor dem Standesamt Viechtwang die Ehe geschlossen. Es handelte sich beiderseits um die erste Ehe. Der Ehe der Streitteile entstammen vier Kinder, und zwar der am 11. September 1965 geborene Sohn Franz, der am 17. Jänner 1968 geborene Sohn Stefan, der am 18. Juni 1969 geborene Sohn Gerhard und die am 14. Juli 1970 geborene Tochter Marietta. Beide Streitteile sind österreichische Staatsangehörige; ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten sie in Viechtwang.

Im vorliegenden Rechtsstreit - die Klage wurde am 25. Juli 1978 eingebracht - begehrte die Klägerin die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten. Sie lastete dem Beklagten an, daß er schwere Eheverfehlungen im Sinne des § 49 EheG begangen habe. Der Beklagte sei dem Trunk verfallen und habe die Klägerin und die Kinder wiederholt mißhandelt und bedroht; er habe in betrunkenem Zustand randaliert und Sachen beschädigt. Er sei seinen Unterhaltspflichten gegenüber der Klägerin nicht nachgekommen und habe auch ehewidrige Beziehungen unterhalten. Durch dieses ehewidrige Verhalten des Beklagten sei die Ehe der Streitteile unheilbar zerrüttet worden.

Der Beklagte bestritt die ihm zur Last gelegten Eheverfehlungen und begehrte in erster Linie die Abweisung des Klagebegehrens. Für den Fall der Scheidung der Ehe beantragte er den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der Klägerin. Sie habe die Haushaltsführung vernachlässigt, habe die Eltern des Beklagten tätlich angegriffen und schließlich aus dem Haus vertrieben, sei herrschsüchtig, egozentrisch, boshaft und aggressiv gewesen, habe mit Selbstmord gedroht, eine Postvollmacht des Beklagten mißbraucht und Gelder veruntreut, den Beklagten wiederholt grundlos in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus einliefern lassen, das Haus bzw. das Büro nicht ordentlich betreut, Türen und Schlösser aufgebrochen, den Beklagten ausgesperrt, die Kinder gegen ihn aufgehetzt und schließlich den Beklagten mißhandelt und verletzt.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Verschulden des Beklagten.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Nach der Eheschließung zog die Klägerin zum Beklagten in das Anwesen der Eltern des Beklagten (Scharnstein, Dorf Nr. 5). Die Klägerin hatte zu ihrer Schwiegermutter von Anfang an kein gutes Verhältnis; Spannungen mit dem Schwiegervater sind erst später entstanden. In diesem Zusammenhang kam es wiederholt zu Streitigkeiten, Beschimpfungen und auch Tätlichkeiten zwischen der Klägerin und ihren Schwiegereltern. So wurden die Klägerin und ihr inzwischen verstorbener Schwiegervater Johann S*** mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Gmunden vom 18. März 1972, 1 U 346/72, wegen Übertretung nach § 411 StG verurteilt.

Auch das Zusammenleben der Streitteile selbst gestaltete sich nicht besonders glücklich, wozu auch Streitigkeiten über den Umstand beitrugen, daß der Beklagte die Klägerin nicht ausreichend mit Wirtschaftsgeld versorgte. Der Beklagte schlug im Jahr 1968 seine Frau erstmals; damals war die Klägerin zum zweiten Kind schwanger. Etwa um diese Zeit herum begann der Beklagte auch, verstärkt Alkohol zu trinken. Er war immer häufiger stark alkoholisiert und verhielt sich in dieser Verfassung auf verschiedene Weise aggressiv gegenüber seiner Frau und (in späterer Folge) gegenüber seinen Kindern. So hat er seine Frau bei der Geburt des vierten Kindes (im Jahr 1970) nicht umsorgt, sondern sie alleine gelassen und sich in besonders rüder Weise über sie geäußert. Im Laufe der folgenden Jahre hat der Beklagte noch einige Male seine Frau geschlagen oder getreten; so zum Beispiel am 18. Juli 1978, an welchem Tag die Klägerin im Zuge einer Auseinandersetzung eine heftige Ohrfeige vom Beklagten bekam. Auch die Kinder wurden wiederholt grob mißhandelt (so zum Beispiel der älteste Sohn der Streitteile ebenfalls am 18. Juli 1978). Der Beklagte zerstörte auch Einrichtungsgegenstände. Um seinen Baubetrieb kümmerte er sich immer weniger, sodaß es schließlich zum wirtschaftlichen Niedergang dieses Unternehmens kam. Im Zuge dieser immer häufiger werdenden und durch übermäßigen Alkoholkonsum ausgelösten Aggressionshandlungen stieß der Beklagte auch mehrfach Morddrohungen gegen seine Familie aus, sodaß wiederholt die Gendarmerie einschreiten mußte. Die Klägerin hat jedoch nie eine Ermächtigung zur Strafverfolgung (wegen gefährlicher Drohung) erteilt (bzw. eine gegebene Ermächtigung zurückgezogen). Die häufige Alkoholisierung des Beklagten hatte auch zur Folge, daß ihm mehrmals der Führerschein abgenommen wurde. Im Februar 1979 wurde der Beklagte wegen eines im Rauschzustand begangenen Aggressionsdeliktes in das Gefangenenhaus des Kreisgerichtes Wels eingeliefert. Er wurde aber rasch wieder enthaftet (weil die Klägerin eine Ermächtigung zur Strafverfolgung entweder nicht gegeben oder zurückgezogen hat) und trat unmittelbar danach eine bis Mitte März 1979 andauernde Entwöhnungskur in der Entwöhnungsanstalt Traun an. Am 11. Juli 1979 wurde der Beklagte, der es nicht schaffte, sich vom Alkohol fernzuhalten, vom praktischen Arzt Dr. E*** in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus eingewiesen; dort wurde eine reaktive Depression bei Ehekrise, eine psychoneurotische Störung sowie Alkoholabusus konstatiert. Die Entlassung erfolgte am 17. Juli 1979. In den Jahren 1980 bis 1981 setzte der Beklagte in alkoholisiertem Zustand wiederum Aggressionshandlungen gegen seine Familie. Die Klägerin verständigte - wie auch in mehreren anderen Fällen - die Gendarmerie. Die Gendarmeriebeamten brachten über ausdrücklichen Wunsch der Klägerin den Beklagten drei weitere Male ins Wagner-Jauregg-Krankenhaus; in zwei Fällen erfolgte die Einweisung allerdings über den zuständigen Amtsarzt. Diese drei weiteren stationären Aufenthalte erfolgten vom 21. April 1980 bis 9. Mai 1980, vom 2. Juni 1980 bis 22. August 1980 und vom 1. Dezember 1981 bis 30. Jänner 1982. Die Diagnose lautete jeweils:

Psychische Störung bzw. Aggressivität im Zusammenhang mit chronischem Alkoholismus. Während des letzten stationären Spitalsaufenthaltes kamen die Streitteile überein, daß der Beklagte nicht mehr in die Ehewohnung zurückkehrt und daß sie - zumindest vorderhand - getrennt leben sollten. Seit dieser letzten Entlassung aus dem Wagner-Jauregg-Krankenhaus lebt der Beklagte in Wilhering. Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 1. Dezember 1981, F 11/81-3, wurde dem Beklagten verboten, die eheliche Wohnung zu betreten. In den folgenden Jahren gab es aber dennoch wiederholt Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen, weil sich der Beklagte teilweise an dieses Verbot nicht hielt und sich darüber erregte, daß er im Haushalt der Klägerin nicht mehr betreut wurde. Eine Feststellung, daß die Klägerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Versorgung und Betreuung des Beklagten oder überhaupt die Haushaltsführung bewußt und absichtlich vernachlässigt habe, kann nicht getroffen werden. Wenn es tatsächlich zu Vorfällen in der Richtung gekommen ist, daß nicht aufgeräumt oder nicht abgewaschen war, so waren diese Umstände vor allem auf das Engagement der Klägerin im Betrieb des Beklagten, aber auch auf die Führung ihrer eigenen kleinen Landwirtschaft zurückzuführen, allenfalls auch darauf, daß sie - um den ständigen Aggressivitäten des Beklagten zu entgehen - zu ihren Eltern fuhr. Im übrigen haben die wiederholten Aggressionshandlungen des Beklagten auch dazu geführt, daß sich die Klägerin wiederholt gezwungen sah, mit den Kindern das Haus zu verlassen und bei Verwandten oder Bekannten zu übernachten. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin - zumindest ohne vom Beklagten zu einer solchen Vorgangsweise provoziert worden zu sein (Wegsperren von Sachen der Klägerin) - irgendwelche Türen oder Behältnisse aufgebrochen hätte. Weiters kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin den Beklagten jemals tätlich angegriffen und dabei verletzt hätte. Auch bezüglich der weiteren behaupteten Eheverfehlungen der Klägerin können keine Feststellungen getroffen werden, insbesondere nicht in der Richtung, daß die Klägerin unnötige und teure Telefonate geführt oder zugelassen hätte, daß sie - unbegründet - abgesperrt hätte, daß sie die Schwiegereltern aus dem Haus geworfen hätte, daß sie eine Postvollmacht mißbraucht und Gelder veruntreut hätte, daß sie mit Selbstmord gedroht hätte bzw. daß sie herrschsüchtig, egozentrisch, boshaft und aggressiv gewesen wäre. Es kann aber auch nicht festgestellt werden, daß der Beklagte, der allerdings Kontakte zu einem Ehevermittlungsbüro hergestellt hat, ehewidrige Beziehungen unterhält.

Fest steht, daß die Ehe der Streitteile unheilbar zerrüttet ist, wozu auch beiträgt, daß die Klägerin, welche sehr an ihren Kindern hängt, nichts an der unabänderlich negativen Einstellung der Kinder zum Beklagten (also zu ihrem Vater) ändern kann.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß das Verhalten des Beklagten in vielfacher Weise als schwere Eheverfehlung zu werten sei. Die Klägerin habe sich zwar nicht in allen Punkten makellos verhalten; in Anbetracht des gravierenden und schon als pathologisch zu bezeichnenden Fehlverhaltens des Beklagten sei ihr aber eine Eheverfehlung nicht vorzuwerfen.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Beklagten gab das Berufungsgericht dem angefochtenen Urteil keine Folge. Das Berufungsgericht übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, daß der festgestellte tätliche Angriff der Klägerin gegen ihren Schwiegervater nicht den Ausspruch ihres Mitverschuldens rechtfertige. Straftaten gegen Dritte stellten unter Umständen Eheverfehlungen dar. Scheidungsgrund im Sinne des § 49 EheG sei nicht die Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung an sich, sondern das der Verurteilung zugrundeliegende ehrlose oder unsittliche Verhalten. Der Streit zwischen der Klägerin und ihrem Schwiegervater habe im Jänner 1972 stattgefunden. Wenn dies der Billigkeit entspreche, seien auch verfristete oder verziehene Eheverfehlungen bei der Verschuldensabwägung zu berücksichtigen. Aus dem Strafakt folge, daß der Vater des Beklagten der Klägerin bei diesem Vorfall eine Ohrfeige gegeben, sie bei den Haaren gerissen, an der rechten Wange gekratzt und an das Treppengeländer gestoßen habe, während sie ihm mit einem Holzscheit auf den Kopf geschlagen habe. Allein darin könne ein ein Mitverschulden an der Zerrüttung der Ehe begründendes Fehlverhalten der Klägerin nicht erblickt werden. Dem festgestellten Sachverhalt seien aber auch sonst keine Eheverfehlungen der Klägerin zu entnehmen. Die Anzeigen gegen den Beklagten seien berechtigterweise als Reaktion auf seine Drohungen gegen die Klägerin und die Familie erfolgt. Wenn die Klägerin in einem Fall selbst die Einweisung des Beklagten in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus veranlaßt habe - in den übrigen Fällen sei der Beklagte jeweils von einem Arzt eingewiesen worden -, könne ihr das ebenfalls nicht als Eheverfehlung angelastet werden. Abgesehen davon, daß sich aus der Krankengeschichte ergebe, daß der Beklagte mit der Aufnahme einverstanden gewesen sei, seien derartige Reaktionen auf die gefährlichen Drohungen des Beklagten nicht als Eheverfehlungen anzusehen. Ein Mitverschulden der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe sei daher zu verneinen.

Daß den Beklagten ein Verschulden treffe, bestreite er in seiner Berufung nicht. Der Akteninhalt gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, daß dem Beklagten sein Verhalten auf Grund einer krankhaften, willensmäßig nicht mehr beeinflußbaren Trunksucht nicht vorwerfbar wäre.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten. Er bekämpft es aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin, allenfalls aus gleichteiligem Verschulden, geschieden werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte bestreitet in seinem Rechtsmittel weder die unheilbare Zerrüttung seiner Ehe mit der Klägerin noch sein Verschulden daran; er versucht nur darzutun, daß im Sinne des § 60 Abs 3 EheG das überwiegende, zumindest aber das gleichteilige Verschulden der Klägerin auszusprechen sei.

Dabei geht der Beklagte in seinen Revisionsausführungen weitgehend nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen aus;

insoweit ist sein Rechtsmittel nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt und kann dazu nicht Stellung genommen werden.

Geht man von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, dann ergibt sich, daß diese mit Recht vom Ausspruch einer Mitschuld der Klägerin Abstand genommen haben.

Wenn der Beklagte mehrmals über Wunsch bzw. Anzeige der Klägerin in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus eingewiesen wurde, ist in diesem Zusammenhang eine Eheverfehlung der Klägerin im Sinne des § 49 EheG überhaupt nicht zu erkennen, weil es sich dabei nach den Feststellungen der Vorinstanzen nur um berechtigte Reaktionen der Klägerin auf in alkoholisiertem Zustand begangene Aggressionshandlungen des Beklagten gegen sie und die Familie handelte. Daß die Klägerin die Einweisungen des Beklagten in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus veranlaßt hätte, ohne dazu durch in alkoholisiertem Zustand begangene Übergriffe des Beklagten gegen seine Familie genötigt gewesen zu sein, ist den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu entnehmen.

Es trifft zu, daß im Sinne der Vorschrift des § 60 Abs 3 zweiter Satz EheG bei der Beurteilung einer Mitschuld der Klägerin auch verziehene oder verfristete Eheverfehlungen zu berücksichtigen sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn es unter Bedachtnahme auf alle Umstände, auf die gesamten Beziehungen der Ehegatten zueinander, namentlich die Schwere und Tragweite der verfristeten Eheverfehlungen der Klägerin, nach der allgemeinen Auffassung gerecht ist, die Schuld nicht allein dem Beklagten aufzuerlegen (EFSlg 29.622; EFSlg 34.054; 6 Ob 568/85 ua.).

Unter diesen Gesichtspunkten ist der Klägerin aber auch wegen der festgestellten Verletzung ihres Schwiegervaters im Jahr 1972 keine Mitschuld an der Zerrüttung der Ehe anzulasten. Es kann zwar auch das unleidliche Betragen des einen Ehegatten gegen die nächsten Angehörigen des anderen dann eine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG bilden, wenn hiefür kein zureichender Grund vorliegt (6 Ob 602/84), doch ist im vorliegenden Fall nicht zu übersehen, daß die Klägerin ihren Schwiegervater offensichtlich im Zuge eines Raufhandels verletzte (sie wurde von ihm gleichfalls verletzt und auch ihr Schwiegervater wurde deswegen strafgerichtlich verurteilt), von dem durchaus nicht feststeht, daß er von der Klägerin provoziert worden wäre. Im übrigen kommt, im gesamten gesehen, dem festgestellten Betragen der Klägerin gegen ihre Schwiegereltern im Vergleich zu dem festgestellten jahrelangen grob ehewidrigen Verhalten des Beklagten nur so geringes Gewicht und so geringe Bedeutung für die eingetretene Zerrüttung der Ehe zu, daß die dargestellten Voraussetzungen dafür, dieses Betragen zur Grundlage des Ausspruches einer Mitschuld der Klägerin zu machen, nicht vorliegen.

Anhaltspunkte für ein in anderer Richtung gesetztes ehewidriges Verhalten der Klägerin im Sinne des § 49 EheG ergeben sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht. Mit Recht haben diese daher den Ausspruch einer Mitschuld der Klägerin abgelehnt. Der Revision des Beklagten mußte unter diesen Umständen ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E09869

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00595.86.1119.000

Dokumentnummer

JJT_19861119_OGH0002_0080OB00595_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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