TE OGH 1986/11/25 10Os137/86

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Veröffentlicht am 25.11.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert H*** und Karin W*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG nF und anderer strafbarer Handlungen über die Berufung der Angeklagten Karin W*** sowie über die die Angeklagten Karin W*** und Robert H*** betreffenden Berufungen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 26.Juni 1986, GZ 20 Vr 1491/85-104, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators,des Generalanwaltes Dr. Hauptmann, des Angeklagten Robert H***, und der Verteidiger Dr. Mühl (für H***) und Dr. Prokopp (für W***), jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Karin W*** zu Recht erkannt:

Spruch

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten Karin W*** auch die Kosten des sie betreffenden Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch andere Entscheidungen enthält, wurden Robert H*** und Karin W*** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG nF (A) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG nF (B), Robert H*** überdies des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 1 StGB (c) schuldig erkannt. Darnach haben beide Angeklagten

A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer

großen Menge, nämlich 300 Gramm Kokain mit dem bereits rechtskräftig verurteilten Fritz S*** in der Zeit vom 12. bis 16.November 1984 aus Kolumbien über die Schweiz nach Österreich eingeführt,

B) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SuchtgiftG den

bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte eingeführt, erworben oder besessen, anderen überlassen oder verschafft, und zwar

I) 1) Robert H*** und Karin W*** im Spätherbst 1984 3

bis 4 Gramm Kokain aus "Holland" (richtig: den Niederlanden) nach Österreich eingeführt und besessen,

2) Robert H*** und der abgesondert verfolgte James C*** am 15. Juli 1985 1 Gramm Kokain aus der Schweiz nach Österreich eingeführt;

II) anderen Personen überlassen, und zwar

a) 1) bis 9) Robert H*** allein in neun Fällen in der Zeit zwischen Mai 1984 und Juni 1985 in Bregenz Kokain, Cannabisharz und Cannabiskraut,

b) 1) bis 3) Karin W*** allein in drei Fällen in den Jahren 1984 und 1985 in Hard und Bregenz Kokain, Captagontabletten und Cannabisharz;

III) erworben und besessen, und zwar

a) 1) bis 7) Robert H*** in sieben Fällen von 1983 bis Juli 1985 in Bregenz von anderen Personen Cannabisharz und Cannabiskraut,

b) 1) bis 7) Karin W*** in sieben Fällen von 1983 bis Juli 1985 in Bregenz und Lustenau von anderen Personen Cannabisharz und Captagontabletten sowie

C) Robert H*** in der Zeit von Ende 1983 bis 16.Juli 1985 mit

dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Karin W*** eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen, diese ausgenützt. Das Schöffengericht verhängte über beide Angeklagte nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG nF unter Anwendung des § 28 StGB je eine Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei Robert H*** die einschlägige und gravierende Vorstrafe sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, bei Karin W*** das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, mildernd hingegen bei beiden Angeklagten ein Teilgeständnis im Faktum B), bei Karin W*** überdies die bisherige Unbescholtenheit.

Von der Verhängung einer Wertersatzstrafe sah das Schöffengericht ab, weil einerseits die "Verteilung des eingeführten Kokains" auf den bereits verurteilten Fritz S*** erfolgte und andererseits den beiden dem Suchtgift ergebenen Angeklagten nach Verbüßung der längeren Haftstrafe die Wiedereingliederung in ein bürgerliches Leben äußerst erschwert würde.

Gegen dieses Urteil richten sich die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten W*** sowie Berufungen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 11.November 1986, GZ 10 Os 137/86-10, bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages sind daher lediglich die Berufungen, mit denen die Angeklagte Karin W*** eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, die Staatsanwaltschaft in Ansehung beider Angeklagten eine Erhöhung der Freiheitsstrafen und die Verhängung einer Wertersatzstrafe nach § 13 Abs 2 SuchtgiftG begehrt.

Keine der Berufungen ist berechtigt.

Entgegen der Annahme der Berufungswerber hat das Schöffengericht die Strafbemessungsgründe im wesentlichen nicht nur vollständig angeführt, sondern diese auch einer zutreffenden Würdigung unterzogen. Der gravierenden einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten H*** steht seine doch eher untergeordnete Tatbeteiligung im Faktum A) gegenüber; bei der Angeklagten W***, welche die überwiegenden strafbaren Handlungen noch vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres begangen hat, wird dieser Milderungsgrund und die Tatsache ihrer Unbescholtenheit durch den überaus intensiven Tatbeitrag aufgewogen, hat die Genannte doch nicht nur am Suchtgiftimport unmittelbar mitgewirkt, sondern auch noch zusätzlich die Geldmittel zur Beschaffung des Kokains bereitgestellt. Entgegen ihrer Ansicht hat die Angeklagte W*** die Tat nicht infolge einer "besonders günstigen Gelegenheit" begangen; der Milderungsgrund nach § 34 Z 9 StGB läge nämlich nur dann vor, wenn dieser Gelegenheit ein auch ansonsten rechtstreuer Mensch erlegen wäre; davon kann aber bei der verbotenen Einfuhr von 300 Gramm Kokain mit Fug nicht gesprochen werden.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft ist zwar zuzugeben, daß die Menge des importierten Kokains bereits als sehr groß bezeichnet werden muß, macht sie doch in Ansehung von Kokain das 20-fache der in § 12 Abs 1 SuchtgiftG nF angeführten Menge aus (siehe hiezu das Gutachten des Beirates zur Bekämpfung des Mißbrauches von Alkohol und anderen Suchtmitteln, veröffentlicht mit JABl 1985/28). Daß die Angeklagte W*** aus Gewinnsucht gehandelt hat, wurde vom Erstgericht ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen zur Strafbemessung ausdrücklich einbezogen; daß der Angeklagte H*** aus Gewinnsucht gehandelt hat, ist urteilsfremd.

Sohin erweisen sich die über beide Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen weder als überhöht, noch als zu gering bemessen. Sie stehen auch im Einklang mit der über den (abgesondert verfolgten) Mittäter Fritz S*** im Verfahren 23 a Vr 2860/84 des Landesgerichtes Feldkirch verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren, der neben verschiedenen Verstößen nach dem Suchtgiftgesetz auch des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt worden war.

Was die von der Staatsanwaltschaft gerügte Nichtverhängung einer Wertersatzstrafe anlangt, so ist das Argument des Erstgerichtes, die "Verteilung des eingeführten Kokains" sei auf den bereits verurteilten Fritz S*** erfolgt, nicht zutreffend, wurde über den Genannten doch lediglich hinsichtlich einer Menge von 103 Gramm Kokain eine Wertersatzstrafe ausgesprochen (47 Gramm dieses Suchtgifts waren sichergestellt worden); es verbliebe daher in Ansehung der restlichen 150 Gramm Kokain sehr wohl Raum für die Verhängung einer Wertersatzstrafe im Sinne des § 13 Abs 2 SuchtgiftG nF. Allerdings hat das Erstgericht überdies festgestellt, daß beide Angeklagten dem Suchtgift ergeben sind und die Bezahlung einer Wertersatzstrafe deren Wiedereingliederung äußerst erschweren würde. Über diese Urteilsfeststellung setzt sich die Anklagebehörde mit dem unsubstantiierten Berufungsvorbringen, die Angeklagten seien weder süchtig, noch dem Suchtgift ergeben, hinweg, sodaß sich die Bekämpfung der Anwendung der "Härteklausel" (§ 13 Abs 2, dritter Satz, SuchtgiftG nF) als nicht zutreffend erweist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E09703

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00137.86.1125.000

Dokumentnummer

JJT_19861125_OGH0002_0100OS00137_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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