TE Vwgh Erkenntnis 2005/8/11 2005/02/0057

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Veröffentlicht am 11.08.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §99 Abs2 lite;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde der LW in I, vertreten durch Dr. Walter Sarg, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. Dezember 2004, Zl. uvs-2004/17/199-1, betreffend Übertretungen der StVO, des KFG und des Tiroler Landespolizeigesetzes (TLPG), zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Spruchpunktes I.) (Übertretung des § 31 Abs. 1 StVO) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Im Übrigen - sohin hinsichtlich der Spruchpunkte 5), 6) und 7) (Übertretungen des KFG, der StVO und des TLPG) - wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Dezember 2004 wurde die Beschwerdeführerin

u. a. Übertretungen des § 31 Abs. 1 StVO (Spruchpunkt 1), des § 102 Abs. 5 lit. b KFG (Spruchpunkt 5), des § 5 Abs. 2 StVO (Spruchpunkt 6) und des § 11 TLPG (Spruchpunkt 7) für schuldig befunden und hiefür bestraft.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Zu Spruchpunkt 1):

Damit wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, am 8. Juni 2004 in der Zeit von ca. 22.30 Uhr bis 22.40 Uhr als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws einen örtlich umschriebenen Fahrbahnteiler umgefahren und beschädigt zu haben, wodurch sie eine Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 2 lit. e StVO begangen habe.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich dazu zusammenfassen, dass die Beschwerdeführerin die Rechtswohltat des zweiten Halbsatzes des § 99 Abs. 2 lit. e StVO für sich ins Treffen führt; sie ist damit im Recht:

Gemäß § 99 Abs. 2 lit. e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 36,-- bis EUR 2180,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu im Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 99/02/0373, ausgesprochen, im Gegensatz zu § 4 Abs. 5 StVO (Verständigungspflicht nach Verkehrsunfällen) sei es bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 lit. e leg. cit.

- wie sich auch aus den Materialien zu dieser Gesetzesstelle ergebe - nicht erforderlich, dass der Beschädiger selbst oder sein Bote die Verständigung der in dieser Gesetzesstelle angeführten Stellen vornehme, vielmehr stehe aus Gründen der Verkehrssicherheit die Raschheit der Verständigung, die auch durch am Geschehen Unbeteiligte und ohne Initiative des Beschädigers erfolgen könne, im Vordergrund.

Im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, die Beschwerdeführerin habe den in Rede stehenden Fahrbahnteiler umgefahren und beschädigt; sie habe es unterlassen, in der Folge unverzüglich die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, sondern habe es vorgezogen, mit ihrem Pkw weiter zu fahren. Die Beschwerdeführerin habe nicht die Absicht gehabt, stehen zu bleiben und die nächste Polizeidienststelle zu verständigen; vielmehr sei auf Grund der Aktenlage erwiesen, dass die Beschwerdeführerin, hätte sie es vermocht, ihre Fahrt fortgesetzt hätte. Sie sei allerdings gezwungen gewesen, die Fahrt zu beenden, weil das Fahrzeug den weiteren Dienst versagt habe.

Dazu ergibt sich zunächst aus dem Spruch des Straferkenntnisses im Einklang mit dem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift, dass das Fahrzeug maximal 150 m nach der Unfallstelle (auf Grund eines technischen Gebrechens) zum Stillstand gekommen sei. Was aber den zeitlichen Ablauf betrifft, so wurde der Beschwerdeführerin spruchgemäß vorgeworfen, den Verkehrsunfall in der Zeit von ca. 22.30 Uhr bis 22.40 Uhr verursacht zu haben, wobei sie um 22.45 Uhr zur Ablegung der Atemluftprobe aufgefordert worden sei. Aus der im angefochtenen Bescheid zitierten Anzeige ergibt sich insoweit, die einschreitenden Polizeibeamten seien um 22.40 Uhr wegen eines Verkehrsunfalles an jenen Ort beordert worden, wo der von der Beschwerdeführerin vorher gelenkte, stark beschädigte Pkw gestanden sei. Der Anrufer bei der Polizei, Clemens P., habe an diesem Ort den Polizeibeamten mitgeteilt, dass er beim Vorbeifahren das Unfallfahrzeug gesehen und in der Folge angehalten habe. Schließlich ergibt sich aus dieser Anzeige auch, "in der Zwischenzeit" (also während der Amtshandlung am Ort des abgestellten Fahrzeuges) habe eine andere Funkstreife den "eigentlichen Unfallort" festgestellt und fotografiert.

Aus der Zusammenschau dieser Umstände geht der Gerichtshof davon aus, dass der Beschwerdeführerin die zitierte Rechtswohltat des § 99 Abs. 2 lit. e zweiter Halbsatz StVO sehr wohl zuzubilligen gewesen wäre, zumal es nur zu einer geringen zeitlichen Verzögerung der Kenntnis der Polizeiorgane von der Beschädigung des Fahrbahnteilers gekommen ist und - was die belangte Behörde verkannt hat - dies somit einer Initiative des Beschädigers gar nicht bedurfte (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. April 2000).

Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Spruchpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Zu den Spruchpunkten 5), 6) und 7):

Dazu bringt die Beschwerdeführerin vor, diese Spruchpunkte seien mit der Berufung nicht bekämpft worden; der Beschwerdeführerin hätten daher nicht weitere Verfahrenskosten auferlegt werden dürfen. Dem vermag der Gerichtshof nicht beizupflichten, hat doch die Beschwerdeführerin - worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend verweist - in der Berufung den Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis "insbesonders" in den von ihr näher ausgeführten Punkten (1, 3 und 4) zu beheben, wobei sie u.a. auch ausführte, "insgesamt" seien die "verhängten Strafen" als überhöht zu bezeichnen.

Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Umfang als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 1997, Zl. 97/03/0105).

Wien, am 11. August 2005

Schlagworte

Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005020057.X00

Im RIS seit

09.09.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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