Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25.November 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred M*** wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 30.September 1986, GZ 20 Vr 1.256/86-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.März 1958 geborene Kunstmaler Manfred M*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 und 15 StGB (1) und des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 lit. a WaffG (2) schuldig erkannt. Darnach nahm er mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung am 4. April 1986 in Kundl dem Johann H*** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich durch die Äußerung "Überfall, Geld" und die Aufforderung, die Kassen aufzusperren, wobei er mit einer geladenen Pistole gegen dessen Körper zielte, 680 S Bargeld weg (1 a) und versuchte, ihm anschließend weitere 13.000 S wegzunehmen oder abzunötigen (1 b). Weiters besaß und führte er in der Zeit vom 30. März bis 4.April 1986 in Innsbruck und Kundl unbefugt eine Faustfeuerwaffe (2).
Die Geschwornen bejahten einstimmig die anklagekonform gestellten Hauptfragen und verneinten ebenso einstimmig die (zu den Hauptfragen 1 und 2 und zur Hauptfrage 4 gesondert gestellten) beiden Zusatzfragen nach Begehung der Tat im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB), nachdem der sowohl im Vorverfahren beigezogene (ON 16) als auch in der Hauptverhandlung vernommene (S 246 bis 248) psychiatrische Sachverständige zwar beim Angeklagten eine tiefgreifende Wesensveränderung festgestellt, diesen Zustand aber nicht im Grenzbereich zur Zurechnungsunfähigkeit liegend beurteilt hatte.
Nur die der Verneinung der Zusatzfragen zugrundeliegende Beweiswürdigung bekämpft der Angeklagte mit seiner auf den " 281 Zi.9 d StGB " (gemeint wohl: § 345 Abs. 1 Z 11 lit. b StPO) gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, wenn er meint, "das Geschwornengericht hätte bei richtiger Beurteilung sämtlicher Umstände zum Ergebnis gelangen müssen, daß Manfred M*** zum Tatzeitpunkt infolge Unzurechnungsfähigkeit nicht schuldhaft gehandelt hat ....".
Rechtliche Beurteilung
Damit verkennt die Beschwerde aber, daß im geschwornengerichtlichen Rechtsmittelverfahren der offensichtlich angezogene Schuldausschließungsgrund des § 11 StGB (anders im schöffengerichtlichen Verfahren gemäß dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO) nicht unmittelbar mit einem materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund releviert werden kann (Mayerhofer-Rieder 2 , E 4 zu § 345 Z 11 b StPO). Voraussetzung der gesetzmäßigen Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes ist es, daß sich die behauptete unrichtige Gesetzesanwendung aus dem Vergleich der im Wahrspruch der Geschwornen enthaltenen Tatsachenfeststellungen mit der zur Anwendung gebrachten Norm ergibt (§ 351 StPO); der behauptete Rechtsirrtum muß sich somit aus dem Wahrspruch selbst ableiten lassen, ein Zurückgreifen auf wirkliche oder vermeintliche Verfahrensergebnisse, die im Wahrspruch keine Berücksichtigung fanden, ist ausgeschlossen (SSt. 42/34 uva).
Mangels prozeßordnungsgemäßer Ausführung des inhaltlich angezogenen oder eines anderen Nichtigkeitsgrundes war die Beschwerde nach den §§ 344, 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Ist der Oberste Gerichtshof aber zur Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde nicht berufen, fällt die Entscheidung über die vom Angeklagten gegen den Strafausspruch erhobene Berufung in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E09725European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00160.86.1125.000Dokumentnummer
JJT_19861125_OGH0002_0110OS00160_8600000_000