Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Johann D***, Diplomkrankenpfleger, Sandgasse 15, 4020 Linz, vertreten durch den Sekretär des Mieterschutzverbandes Österreichs, Landesleitung Oberösterreich, Wolfgang W***, Museumstraße 5, 4020 Linz, wider die Antragsgegner 1. Dr. Paul E***, Facharzt, 2. Lukas E***, Student,
3.
Matthias E***, geboren am 11. September 1967, Schüler, und
4.
mj. Maximilian E***, geboren am 10. Jänner 1972, Schüler, dieser vertreten durch den Vater Dr. Paul E***, alle Herrenstraße 52, 4020 Linz, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung der Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses und der zulässigen Auslagen für die Verwaltung nach § 37 Abs. 1 Z 8 und 12 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 24. Juli 1986, GZ. 13 R 281/86-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 27. September 1985, GZ. 26 Msch 42/85-12, und das erstgerichtliche Verfahren als nichtig aufgehoben wurden und unter Rechtskraftvorbehalt die Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung angeordnet wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Nach dem schriftlichen Mietvertrag vom 27.10.1982 vermietete Dr. Paul E*** dem Johann D*** ab dem 1.12.1982 die im 1. Stock links vom Stiegenaufgang des Hauses Sandgasse 15 in 4020 Linz gelegene Wohnung auf unbestimmte Zeit zum wertgesicherten Hauptmietzins von S 900,-. Eigentümer dieser Liegenschaft sind zu je 2/6 Anteilen die Söhne des Dr. Paul E*** Lukas E***, geboren am 27.11.1964, Matthias E***, geboren am 11.9.1967, und Maximilian E***, geboren am 10.1.1972. Auf je 1/6 Anteil der drei Miteigentümer ist für ihren Vater Dr. Paul E*** die Dienstbarkeit des Fruchtgenusses einverleibt.
Gegen den Vermieter Dr. Paul E*** richtete der Mieter seinen am 28.2.1983 beim Magistrat Linz überreichten Antrag auf Entscheidung, daß es sich beim Mietgegenstand um eine Wohnung der Ausstattungskategorie D nach § 16 Abs. 2 Z 4 MRG handelt, das gesetzlich zulässige Ausmaß durch Einhebung des Hauptmietzinses von monatlich S 972,- und der Verwaltungskosten von monatlich S 97,20 seit dem 1.12.1982 um S 746,26 und S 40,96 überschritten wird und daß der Vermieter zur Einhebung von Verhandlungskosten nicht berechtigt ist.
In dem Verfahren vor der Gemeinde schritt die Hausverwalterin Martha S*** ein, die vorbrachte, sie führe seit dem 1.1.1983 die Hausverwaltung für die Miteigentümer des Hauses Lukas E***, mj. Matthias E*** und mj. Maximilian E***. Die beiden minderjährigen Dritteleigentümer würden durch den Vater Dr. Paul E*** vertreten. Der Bestandgegenstand sei in die Ausstattungskategorie A einzureihen. Eine Anzeige der Unbrauchbarkeit nach § 16 Abs. 2 Z 4 MRG sei nicht erfolgt. Bei der Verhandlung vor der Gemeinde am 15.12.1983 dehnte der Mieter seinen Antrag aus und richtete ihn auch gegen die Vermieter Lukas E***, mj. Matthias E*** und mj. Maximilian E***.
Die Entscheidung der Gemeinde vom 7.5.1984, daß der angemessene (höchstzulässige) Hauptmietzins für die 37 m 2 große Wohnung der Ausstattungskategorie C ab 1.12.1982 monatlich S 407,- zuzüglich Umsatzsteuer betrage, dieser Hauptmietzins durch die Forderung von S 900,- ohne Umsatzsteuer um monatlich S 532,44 überschritten wurde, die Verwaltungskosten monatlich S 50,87 betragen und durch Forderung von S 90,- ohne Umsatzsteuer um monatlich S 42,26 überschritten wurden und schließlich der Antrag auf Feststellung zurückgewiesen werde, daß Verhandlungskosten nicht zu entrichten seien, trat außer Kraft, als die Mitvermieter Lukas E***, mj. Matthias E*** und mj. Maximilian E*** die Sache bei Gericht anhängig machten (§ 40 Abs. 1 MRG).
Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß, daß der angemessene Hauptmietzins für die vom Antragsteller im Haus der Antragsgegner gemietete 37 m 2 große Wohnung der Ausstattungskategorie C ab dem 1.12.1982 S 407,- zuzüglich Umsatzsteuer beträgt, das gesetzlich zulässige Zinsausmaß vom 1.12.1982 bis 1.12.1983 monatlich um S 532,- einschließlich Umsatzsteuer überschritten wurde, daß die Antragsgegner dem Antragsteller den Überschreitungsbetrag von S 6.921,72 zu bezahlen haben, daß durch die Einhebung von monatlich S 97,20 für Verwaltungskosten das gesetzliche Pauschale um monatlich S 46,32 überschritten wurde und daß die Antragsgegner dem Antragsteller den das gesetzliche Verwaltungskostenpauschale übersteigenden Betrag von S 602,22 zurückzuerstatten haben (§ 37 Abs. 4 MRG).
Diesen Sachbeschluß fochten der Mieter und die Vermieter Lukas E***, mj. Matthias E*** und mj. Maximilian E*** mit Rekurs an. Der Mieter wandte sich gegen die auf Unterlassung der Unbrauchbarkeitsanzeige gegründete Einordnung des Bestandobjektes in die Ausstattungskategorie C. Er strebte die Abänderung dahin an, daß unter Zugrundelegung der Ausstattungskategorie D der gesetzlich höchstzulässige Hauptmietzins berechnet werde. Der Rekurs seiner Gegner zielte darauf ab, daß der Antrag des Mieters abgewiesen werde. Das Erstgericht habe zu Unrecht nicht angenommen, daß nach § 16 Abs. 1 Z 2 MRG wegen der Neuschaffung des Bestandgegenstandes nach einem Kriegsschaden die Mietzinsbildungsschranke des § 16 Abs. 2 MRG gar nicht gelte, daß aber auch sonst der Mietgegenstand in die Ausstattungskategorie A falle, weil bei Beginn des Mietverhältnisses die schon vorher vom Mieter vorgenommenen alle nach § 16 Abs. 2 Z 1 MRG geforderten Ausstattungsmerkmale geschaffenen Adaptierungen beendet waren. Es komme nur auf den Beginn des Bestandverhältnisses mit 1.12.1982 an.
Das Rekursgericht hob aus Anlaß dieser zulässigen und rechtzeitigen Rechtsmittel den Sachbeschluß des Erstgerichtes und das ihm vorangegangene Verfahren "ab der Antragszustellung" als nichtig auf, verwies die Rechtssache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß dieses das Verfahren erst nach eingetretener Rechtskraft des rekursgerichtlichen Beschlusses aufzunehmen habe. Das Gesetz verlange zwar nur die Beiziehung anderer Hauptmieter des Hauses, deren Interesse durch die Stattgebung des Antrags unmittelbar berührt werden könnte. Der Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs müsse aber auch auf der Vermieterseite beachtet werden. Handle es sich um mehrere Vermieter, müsse allen Mitvermietern die Gelegenheit zur Beteiligung am Verfahren gegeben werden. Der Mieter habe zunächst den Antrag nur gegen den Fruchtnießer gerichtet, dann aber auf die Miteigentümer der Liegenschaft seinen Antrag ausgedehnt. Dr. Paul E***, dessen Fruchtgenußrecht nur an 3/6 Anteilen der Liegenschaft einverleibt sei, verdränge nur insoweit die Eigentümer in der Ausübung der ideellen Eigentümern zukommenden Nutzungs- und Verwaltungsrechte, als ihre Anteile mit dem Fruchtgenußrecht belastet seien. Er habe zwar, weil er gesetzlicher Vertreter der beiden minderjährigen Miteigentümer war und daher deren Zustimmung erteilen konnte, auch für die Minderheit wirksam den Mietvertrag mit dem Antragsteller schließen können. Er sei aber neben den Miteigentümern als Fruchtnießer Vertragsteil des Hauptmietvertrages (§ 2 Abs. 1 MRG) und sei daher als Partei dem Verfahren beizuziehen. Zur Wahrung seines verfahrensrechtlichen Anspruchs auf das rechtliche Gehör habe es nicht genügt, daß er als gesetzlicher Vertreter seiner zwei noch minderjährigen Kinder eingeschritten sei. Das Erstgericht habe den Fruchtnießer an 3/6 Anteilen der Liegenschaft nur in dieser Eigenschaft verständigt, ohne daß ihm erkennbar wurde, daß er auch "in eigener Sache" als Partei am Verfahren teilnehmen könne. Der an die Gemeinde gerichtete und daher auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bildende Antrag sei ausdrücklich gegen ihn gerichtet und nur auf die Eigentümer der Liegenschaft ausgedehnt worden. Die in der Nichtbeiziehung des Fruchtnießers liegende Verletzung des rechtlichen Gehörs bilde eine Nichtigkeit und sei von Amts wegen wahrzunehmen. Die Beisetzung des Rechtskraftvorbehaltes sei erfolgt, weil der Oberste Gerichtshof zur Parteistellung auf Vermieterseite noch nicht Stellung bezogen habe.
Gegen den Aufhebungsbeschluß haben die Miteigentümer der Liegenschaft und der Fruchtnießer an Anteilen Rekurs an den Obersten Gerichtshof erhoben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel der Antragsgegner gegen den rekursgerichtlichen Beschluß ist wegen der Beifügung des Rechtskraftvorbehaltes zulässig, aber nicht berechtigt.
Da dem Fruchtnießer, dessen Dienstbarkeit auf 3/6 Anteilen der Liegenschaft mit dem Bestandobjekt einverleibt ist, nach dem § 2 Abs. 1 Satz 1 MRG neben den Eigentümern, die auch je 1/6 Anteil der Liegenschaft ohne die Belastung mit einem Fruchtgenußrecht halten, die Stellung des Mitvermieters zukommt und sich der Antrag des Mieters auch gegen ihn richtet, kam dem Fruchtnießer Parteistellung zu. Das Erstgericht hat ihn nicht als Partei dem Verfahren beigezogen sondern nur als gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Miteigentümer angesehen. Der Fruchtnießer ist auch im Verfahren vor dem Erstgericht nicht in eigener Sache aufgetreten, sondern hat erstmals in seinem Rekurs an den Obersten Gerichtshof behauptet, der Rechtsanwalt habe auch von ihm Vollmacht besessen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist aber nur gewahrt, wenn alle Mitvermieter dem Verfahren beigezogen werden und nicht bloß als Vertreter anderer Parteien auftreten. Das Rekursgericht hat daher zutreffend von Amts wegen die Nichtigkeit aufgegriffen. Die erst nach der Entscheidung im Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte Genehmigung der bisherigen Verfahrensführung durch den Fruchtnießer kann daran nichts mehr ändern, weil eine Heilung im Sinne des § 477 Abs. 1 Z 5 ZPO zur Zeit der Beschlußfassung zweiter Instanz noch nicht eingetreten war. Im zu erneuernden Verfahren wird das Erstgericht zu erheben haben, ob in dem Haus andere Bestandobjekte vermietet sind. Nach § 37 Abs. 3 Z 2 MRG hat das Gericht von einem Verfahren, das von einem Hauptmieter eingeleitet wurde, auch die anderen Hauptmieter der Liegenschaft zu verständigen, deren Interessen durch die Stattgebung des Antrags berührt werden könnten, und ihnen Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren und zu einem Sachvorbringen zu geben, das wegen des Neuerungsverbotes nur im erstinstanzlichen Verfahren erstattet werden kann. Die Interessen der anderen Hauptmieter können berührt werden, wenn bei Prüfung der Zulässigkeit des Hauptmietzinses die Ausstattungskategorie der Wohnung nicht bloß als Vorfrage sondern wegen eines darauf gerichteten Feststellungsantrages mit Rechtskraftwirkung festgestellt werden soll. Denn diese Feststellung wäre in einem allfälligen Verfahren nach den §§ 18 und 19 MRG zugrundezulegen und würde damit gegenüber allen Hauptmietern bindend abgesprochen sein. Die Nichtbeachtung der den übrigen Hauptmietern zukommenden Parteistellung hätte, falls solche vorhanden sind, für sich die Nichtigkeit des erstinstanzlichen Sachbeschlusses zur Folge, wenn ihnen die Gelegenheit zu einem Sachvorbringen entzogen war (Würth-Zingher, MRG 2 Anm. 30 und 31 zu § 37 MRG; Würth in Korinek-Krejci, HBzMRG, 519; MietSlg. 35.429/29; MietSlg. 35.430/33;
MietSlg. 36.504/43 ua.). Solange der Antrag des Mieters auch auf Feststellung der Ausstattungskategorie gerichtet ist, ist über diese nach Beiziehung der übrigen Hauptmieter mit feststellendem Sachbeschluß zu entscheiden.
Dem Rekurs der Antragsgegner ist nicht Folge zu geben, weil die rekursgerichtliche Entscheidung wegen der Nichtbeiziehung eines Mitvermieters zutreffend ist.
Anmerkung
E09829European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00167.86.1125.000Dokumentnummer
JJT_19861125_OGH0002_0050OB00167_8600000_000