Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dorothea P***, Gutsbesitzerin, Graz, Laimburggasse 19, vertreten durch DDr. Harold Seidler und Dr. Ernst Pammer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V*** M*** Aktiengesellschaft, Wien 1., Schubertring 10-12, vertreten durch Dr. Alexander Deskovic, Rechtsanwalt in Wien, wegen 243.823,69 S s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. September 1985, GZ 3 R 125/85-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13. September 1984, GZ 15 Cg 44/83-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Es wird der außerordentlichen Revision Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte von der beklagten Partei nach der Einschränkung des Klagebegehrens (AS 46) die Zahlung eines Betrages von 243.823,69 S samt 4 % Zinsen seit 21.3.1983. Sie brachte vor, die beklagte Partei verwende vertraglich der Klägerin gehörende Liegenschaften zum Abbau von Magnesit. Der dafür zu zahlende Bruchzins bestehe aus einer "fixen Rente", die quartalsmäßig abgerechnet werde, und einer "Tonnenabgabe", deren Abrechnung monatlich erfolge. Die Berechnung geschehe nach der Menge des Abbaues, der die "Versandziffern" der beklagten Partei zugrunde gelegt würden, und nach dem Inlandsverkaufspreis für Sintermagnesit (Normalkörnung). Bei der Berechnung des Bruchzinses für das dritte Quartal 1982 habe die beklagte Partei nicht berücksichtigt, daß die Paritätische Kommission für Preis- und Lohnfragen (in der Folge PK) mit Wirksamkeit 1.7.1982 eine Erhöhung des Inlandsverkaufspreises für Sintermagnesit von 5 % genehmigt habe, obwohl die beklagte Partei seit dem Jahre 1970 die Bruchzinserhöhungen unter Ablehnung an die von der PK genehmigten Preise gestaltet habe. Unter Bedachtnahme auf die von der PK genehmigte Preiserhöhung stehe der Klägerin für das dritte Quartal 1982 ein zusätzlicher Bruchzins in der Höhe von 243.823,69 S zu.
Die beklagte Partei bestritt dieses Vorbringen, beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, die Bruchzinsverrechnung werde seit vielen Jahren so durchgeführt, daß die von der beklagten Partei auf der Grundlage ihrer Preislisten für Österreich tatsächlich für Sintermagnesit-Normalkörnung (0-2 mm) erzielten Preise zugrunde gelegt würden. Die beklagte Partei habe für ihre Preiserhöhungen immer die Zustimmung der PK eingeholt. Die Bruchzinsverrechnung sei aber nicht ab dem Tag erfolgt, ab dem die PK eine Preiserhöhung genehmigt habe, sondern ab jenem Tag, ab dem die beklagte Partei ihren Kunden gegenüber die erhöhten Preise tatsächlich habe verrechnen können. Seit vielen Jahren habe ein Unterschied zwischen dem Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginnes einer Preiserhöhung gegenüber Unternehmungen der verstaatlichten Industrie und gegenüber den übrigen Kunden bestanden. Für die Zeit, in welcher die beklagte Partei anderen Kunden, nicht aber der verstaatlichten Industrie Preiserhöhungen verrechnen habe können, sei die Bruchzinsverrechnung auf der Basis eines Mischpreises erstellt worden. Die beklagte Partei habe die Klägerin jeweils von dieser Berechnungsmethode in Kenntnis gesetzt. Die Klägerin habe diese Vorgangsweise immer akzeptiert. Zwischen den Parteien sei vereinbart, daß Abrechnungen als genehmigt gälten, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Erhalt beanstandet würden. Die PK habe am 3.5.1982 auf Antrag der beklagten Partei eine Erhöhung der Inlandsverkaufspreise für Magnesitprodukte um durchschnittlich 5 % mit Wirkung ab 1.7.1982 genehmigt. Da die beklagte Partei aber bereits im Jahre 1981 Sintermagnesit (Normalkörnung) wegen des hohen Preises in Österreich nicht mehr verkaufen habe können, habe sie die genehmigte Preiserhöhung für dieses Produkt nicht durchführen können und den ab 1.7.1981 geltenden Verkaufspreis nicht geändert. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Berechnung des Bruchzinses auf Grund fiktiver, tatsächlich nicht erzielbarer Preise. Da vertraglich vereinbart sei, daß der Bruchzins auf den tatsächlich in Geltung gestandenen Inlandsverkaufspreis abzustellen sei, stehe der Klägerin auch das Kontrollrecht zu, in die Versandjournale, Fakturenkopien und Preisveränderungsanzeigen Einsicht zu nehmen. Aus allen diesen Unterlagen ergebe sich lediglich der tatsächlich erzielte Inlandspreis. Die Klägerin habe der auf dieser Grundlage ermittelten Verrechnung lange Jahre hindurch nicht widersprochen. Die Klägerin erwiderte, die beklagte Partei habe die von der PK mit Wirksamkeit ab 1.7.1982 genehmigten Durchschnittssätze für Sinterprodukte auf das Produkt Sintermagnesit (Normalkörnung) nicht aufgrund sachlicher Notwendigkeit nicht angewendet, sondern in der Absicht, auf diese Weise den an die Klägerin zu zahlenden Bruchzins geringer zu halten. Im übrigen scheine in den Preislisten für 1981 bis 1983 sehrwohl Sintermagnesit mit einer anderen Körnung als 0-2 mm, z.B. mit 0-15 mm auf, und zwar zu einem höheren Preis als zuletzt Sintermagnesit, Normalkörnung (AS 71).
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Als unbestritten und aufgrund unbedenklicher Urkunden feststehend bezeichnete das Erstgericht folgenden Sachverhalt:
Die Klägerin ist Alleineigentümerin des aus den Liegenschaften EZ 10, 11 und 45 je KG Lantsch bestehenden "Schafferbruches" und des aus der Liegenschaft EZ 57 KG Lantsch bestehenden "Ebnerbruches". Die beklagte Partei und die Rechtsvorgänger der Klägerin, in deren Rechtsstellung diese eingetreten ist, haben Verträge über den Abbau von Rohmagnesit aus den vorgenannten Liegenschaften (Brüchen) geschlossen. Die beklagte Partei hat einen aus einer fixen Rente und einer Tonnenabgabe bestehenden Bruchzins zu leisten. Für die Liegenschaften EZ 10 und 11 je KG Lantsch (also Teile des "Schafferbruches") ist vierteljährlich im Nachhinein (31.3., 30.6., 30.9., 31.12.) eine fixe Rente in der Höhe des für das abgelaufene Vierteljahr durchschnittlich ab der Ladestation in Geltung gestandenen Inlandsverkaufspreises für je 37,5 Tonnen Sintermagnesit zu zahlen, wobei sich diese fixe Rente bei Versand größerer Mengen erhöht (mündliche Vereinbarung vom 8.6.1922, schriftlich bestätigt in Beilage 3). Von der gesamten zum Versand gebrachten Magnesitmenge ist eine Tonnenabgabe von je 0,78125 % des ab Verladestation für österreichische Kunden in Geltung stehenden Sintermagnesitverkaufspreises zu entrichten (Beilage 2). Im Zusammenhang mit dem Erwerb des "Ebnerbruches" durch die Klägerin wurden diese beiden Bruchzinsdeterminanten auch auf den Abbau aus dem "Ebnerbruch" ausgedehnt (Beilage 6). Unbestritten ist ihre Anwendbarkeit auf den gesamten Abbau aus dem "Schafferbruch", also auch auf die Liegenschaft EZ 45 KG Lantsch.
Mit Schreiben vom 9.10.1963 (Beilage 7), gerichtet an Dr. Friedrich P***, den Gatten der Klägerin, der für diese zumindest seit 1963 immer allein auftrat, nahm die beklagte Partei zu dessen Ansicht, der Bruchzinsverrechnung werde seitens der beklagten Partei der Inlandsverkaufspreis für Sintermagnesit, Normalkörnung zugrundegelegt, hiebei handle es sich um die niedrigsten Inlandsverkaufspreise, für die Verrechnung seien auch bestehende höhere Inlandssinterpreise heranzuziehen, wie folgt Stellung:
"Gemäß den vertraglichen Bestimmungen ist der Berechnung des Bruchzinses der Verkaufspreis für Sintermagnesit im Inland zugrundezulegen. Dieser beträgt, von der PK am 20.10.1959 genehmigt, derzeit 850 S je Tonne, welcher Betrag die Basis der gesamten Bruchzinsverrechnung darstellt. Wenn daneben auch ein Preis für Spezialkörnung besteht, handelt es sich hierbei um ein Produkt, das über besonderen Kundenwunsch einem Sortierungsvorgang unterworfen wird, um eine bestimmte einheitliche Körnung zu erreichen. Der Preis für diese Spezialkörnung setzt sich de facto aus dem Sintermagnesitpreis von 850 S je Tonne und einem Zuschlag für die Kosten der Sortierung bzw. Siebung zusammen, was einen Gesamtpreis von 937 S je Tonne ergibt.
Ist man jedoch der unseres Erachtens unrichtigen Auffassung, daß auch der Preis von 937 S je Tonne für die Bruchzinsberechnung heranzuziehen ist, müßte logischerweise neben dem Preis für Sintermagnesit, Normalkörnung nicht nur jener für Spezialkörnung, sondern es müßten auch Preise für Sintermagnesite mit höherem Kalkgehalt berücksichtigt werden, die im Inland 543 S bzw. 596 S je Tonne betragen. Wir haben überschlägig berechnet, welcher Betrag sich als das gewogene Mittel zwischen den genannten vier Inlandsverkaufspreisen ergeben würde. Dabei hat sich herausgestellt, daß dieser Betrag niedriger als 850 S je Tonne läge."
In der Folge wurden Dr. P*** für die Bruchzinsberechnung relevante Preiserhöhungen jeweils - so in den Jahren 1970, 1972, 1976, 1978-1981 - etwa mit folgendem Begleittext bekanntgegeben (die Preise selbst sind über viele Jahre deshalb bedeutungslos, weil Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nur eine nach Meinung der Klägerin zu geringe Bruchzinserhöhung für das dritte Quartal 1982 ist):
"Die PK hat einer Erhöhung der Preise unserer Produkte um.....%
mit Wirkung vom.........zugestimmt. Der Preis für Sintermagnesit,
Normalkörnung beträgt daher ab.....S ......." (Beilagen B, C,
H - O). Dabei wurde ab 1976 regelmäßig auf ein verspätetes
Inkrafttreten des Preises gegenüber der verstaatlichten Industrie
und einen daraus resultierenden Mischpreis für die
Bruchzinsabrechnung hingewiesen.
Eine ähnliche Mitteilung, aber ohne Bezugnahme auf die PK, erging seitens der beklagten Partei an Dr. P*** am 11.10.1974 (Beilage D). Am 20.12.1974 teilte die beklagte Partei Dr. P*** aber mit (Beilage E): Da die seinerzeitige Erhöhung (laut Beilage D) ohne Bewilligung durch die PK durchgeführt worden sei, hätten Arbeiterkammer und ÖGB gemäß § 3 a PreisregelungsG einen Antrag auf Regulierung der Magnesitpreise beim zuständigen Bundesministerium eingebracht. Die beklagte Partei habe sich wegen der wahrscheinlich unvermeidbar mit einer derartigen Angelegenheit verbundenen unangenehmen Diskussion in der Öffentlichkeit entschlossen, mit den zuständigen Stellen einen Kompromiß in folgender Richtung zu schließen:
"a) Die von uns ohne Bewilligung durch die PK durchgeführte Preiserhöhung wird zurückgenommen.
b) Mit Wirkung vom 1.1.1975 wird die von uns zum 1.10.1974 ursprünglich vorgesehene Preiserhöhung durch die PK genehmigt. Wir können Ihnen nunmehr mitteilen, daß die PK am 18.12.1974 im Sinne der obigen Regelung die Preiserhöhung mit Wirkung vom 1.1.1975 genehmigt hat.
Wir bitten Sie daher, zur Kenntnis zu nehmen, daß die mit unserem Schreiben vom 11.10.1974 avisierte Erhöhung der Tonnenabgabe und der fixen Rente erst mit Wirkung vom 1.1.1975 in Kraft tritt."
Am 17.10.1975 gab es folgende Mitteilung der beklagten Partei an die Klägerin (Beilage F):
"Wir erlauben uns, Ihnen mitzuteilen, daß die PK mit Beschluß vom 10.9. eine Erhöhung unserer Österreichpreise um 15 % grundsätzlich genehmigt hat.
Wir stehen derzeit mit unseren österreichischen Kunden wegen dieser Preiserhöhung in Verhandlung und hoffen, dieselbe de facto auch realisieren zu können.
Nach Abschluß der Verhandlungen mit unseren österreichischen Kunden werden wir auf diese Angelegenheit zurückkommen."
Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben teilte die beklagte Partei der Klägerin am 21.11.1975 mit (Beilage G), daß aufgrund ihrer Verhandlungen mit der verstaatlichten Österreichischen Stahlindustrie die geplante und genehmigte Preiserhöhung mit 15.1.1976 wirksam und der neue Preis (2.033 S je Tonne) in den Abrechnungen für die Periode ab Jänner 1976 bzw. 15.1.1976 entsprechend berücksichtigt werde.
Nachstehenden Sachverhalt stellte das Erstgericht aufgrund der unbedenklichen Urkunden und der Aussagen der einvernommenen Zeugen und Parteien fest:
Bei dem Vertragsabschluß im Jahre 1922 (zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der beklagten Partei zunächst nur über die Liegenschaften EZ 10 und 11 je KG Lantsch, also Teile des "Schafferbruches") gab es nur ein Sinterprodukt. Mit Hilfe besserer Sortierungsverfahren konnte die beklagte Partei im Laufe der Zeit verschiedene Spezialkörnungen mit unterschiedlichen Preisen herstellen. Die erste Erwähnung der PK in der Korrespondenz der Streitteile erfolgte im Schreiben Beilage 7 vom 9.10.1963, bezogen auf eine Genehmigung durch die PK vom 20.10.1959.
Der oben wiedergegebenen Vorgangsweise der beklagten Partei laut diesem Schreiben Beilage 7 hat die Klägerin weder selbst noch durch ihren Vertreter Dr. Friedrich P*** widersprochen, ebensowenig der Verzögerung laut Schreiben der beklagten Partei Beilage E vom 20.12.1974 oder Mischpreisen laut den oben genannten Schreiben der beklagten Partei im Zusammenhang damit, daß diese von der durch die PK eingeräumten Preiserhöhungsmöglichkeit gegenüber privaten Abnehmern (zum Teil ausgenommen Felten und Guilleaume) zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt Gebrauch machte, gegenüber Unternehmungen der verstaatlichten Industrie aber jeweils später.
Da sich die beklagte Partei mit Sintermagnesit, Normalkörnung schon 1981 praktisch "aus dem Markt gepreist hatte", beließ sie den Preis 1981 dafür auch 1982. Von der auch für dieses Produkt durch die PK eingeräumten Preiserhöhung von 5 % mit Wirkung ab 1.7.1982 machte sie nicht Gebrauch.
Der Preis von etwa vergleichbaren Produkten im Inland lag 1981 und 1982 ganz wesentlich unter dem letzten Preis für Sintermagnesit, Normalkörnung.
Mit diesem Sachverhalt konfrontierte die beklagte Partei Dr. P*** mit Schreiben vom 13.7.1982 (Beilage 13) mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß sie zwar in den letzten Jahren immer wieder die Sinterverkaufspreise im Inland in ihren Preislisten entsprechend den Genehmigungen durch die PK angehoben habe, daß dies jedoch auf völlig freiwilliger Basis und ohne Rechtsanspruch der Klägerin geschehen sei. Die Bruchzinsabrechnung werde bis auf weiteres auf der bisherigen Basis vorgenommen werden. Die beklagte Partei werde hinsichtlich der definitiven Abrechnungen der Jahre 1981 und 1982 den Ausgang der weiteren Gespräche mit Dr. P*** abwarten.
Schließlich führte das Erstgericht aus:
Eine ergänzende zeugenschaftliche Vernehmung des Dr. P*** sowie die Vernehmung eines Sachverständigen für Bergbau zum Nachweis dafür, daß die beklagte Partei die von der PK genehmigten Durchschnittssätze für Sinterprodukte auf das Produkt Sintermagnesit, Normalkörnung nicht aufgrund sachlicher Notwendigkeit nicht angewendet habe, sondern in der Absicht, auf diese Weise den an die Klägerin zu bezahlenden Bruchzins geringer zu halten, aber auch die Einsichtnahme in die von der beklagten Partei vorzulegenden Preislisten 1981 bis 1983 zum Nachweis dafür, daß dort sehrwohl Sintermagnesit mit einer anderen Körnung als 0-2 mm aufscheine, und zwar zu einem höheren Preis als zuletzt Sintermagnesit, Normalkörnung, seien entbehrlich: Zum einen stehe dem schon der Sachausgang entgegen. Zum andern sei weder durch die ergänzende Vernehmung des Zeugen Dr. P*** noch auch durch einen Bergbausachverständigen ein ernsthafter Aufschluß über die von der Klägerin behauptete Vereitelung wesentlicher Vertragsgrundlagen durch die beklagte Partei zu erwarten. Primär hätten deren Mitarbeiter überzeugend dargetan, daß eben Sintermagnesit, Normalkörnung im Inland kein marktgerechtes Produkt mehr gewesen sei und sei. Da die Mitarbeiter der beklagten Partei auch den Begriff Sintermagnesit, Normalkörnung mit der Größe 0-2 mm schlüssig dargestellt hätten, seien Preise anderer Sintermagnesitkörnungen für dieses Verfahren ohne Bedeutung.
Tatsächlich ließe sich die Frage, ob die Klägerin ihr Bruchzinsmehrbegehren für das dritte Vierteljahr 1982 mit Recht gestellt habe, nahezu allein aufgrund
der - unbestrittenen - Urkunden klären:
Ausgangspunkt dafür seien das Schreiben der beklagten Partei Beilage 7 vom 9.10.1963, seit welchem der Inlandsverkaufspreis für Sintermagnesit, Normalkörnung die bruchzinsbestimmende Berechnungsgrundlage darstelle, weiters die nachfolgenden Schreiben der beklagten Partei (nahezu ausschließlich mit Bezugnahme auf Genehmigungen durch die PK) und die faktische Zugrundelegung der von der PK genehmigten Preise. Auch der Vorgang im Zusammenhang mit einer Preiserhöhung durch die beklagte Partei vor Genehmigung durch die PK (Beilage D) und die nachfolgende Preisberichtigung (Beilage E) stünden dem nicht entgegen. Dasselbe gelte auch für die einmalige Äußerung der beklagten Partei, sie hoffe, eine bestimmte Preiserhöhung "de facto auch realisieren zu können (Beilage F). Aus dem Zusammenhalt aller dieser Umstände ergebe sich der Parteiwille, daß die Preiserhöhungen nach den Genehmigungen durch die PK erfolgen sollten. Die Verrechnung von Mischpreisen im Hinblick auf ein späteres Inkraftsetzen solcher Preiserhöhungen gegenüber der verstaatlichten Industrie (zum Teil auch gegenüber Felten und Guilleaume) beeinträchtige diesen Parteiwillen nicht. Die Parteien hätten damit aber auch schlüssig für jenen Fall, daß Sintermagnesit, Normalkörnung als preisbestimmendes Produkt tatsächlich (durch Fehlen einer weiteren Preissteigerung, wie sie der allgemeinen Preisentwicklung in Österreich entspreche) wegfiele, in dem Sinn vorgesorgt, daß eben die durchschnittlichen Erhöhungen laut Genehmigung durch die PK der Bruchzinsermittlung zugrunde gelegt werden sollten. Der daraus resultierende Betrag sei rechnungsmäßig unbestritten und entspreche dem eingeschränkten Klagebetrag.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Es führte aus:
Die Feststellung, die Preiserhöhungen sollten jeweils nach den Genehmigungen der Preisanträge durch die PK erfolgen, rüge die beklagte Partei als unrichtig. Die Beweisergebnisse hätten keine Anhaltspunkte für eine derartige Feststellung erbracht. Aber auch aus den Umständen sei ein solcher Parteiwille nicht abzuleiten. Aus denselben Gründen sei die weitere Feststellung unrichtig, die Parteien hätten für den Fall, daß Sintermagnesit, Normalkörnung als preisbestimmendes Produkt tatsächlich wegfalle, in dem Sinne vorgesorgt, daß die durchschnittlichen Erhöhungen laut Genehmigung durch die PK der Bruchzinsermittlung zugrunde gelegt werden sollten. Ebenso verhalte es sich bei der Feststellung, daß die von der PK genehmigten Preise faktisch der Bruchzinsberechnung zugrunde gelegt worden seien.
Die beklagte Partei weise mit diesen Ausführungen zu Recht darauf hin, daß keine ausdrücklichen Parteienerklärungen im Sinne der genannten "Feststellungen" vorlägen. Das Erstgericht habe jedoch nicht die als gerügt bezeichneten Feststellungen getroffen, sondern diese Schlüsse aus den festgestellten Umständen abgeleitet. In Wahrheit bekämpfe die beklagte Partei daher mit diesen Berufungsausführungen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, sodaß auf diese Fragen erst bei der Erledigung der Rechtsrüge eingegangen werde.
Unvollständig sollten die Tatsachenfeststellungen nach Ansicht der beklagten Partei deshalb sein, weil das Erstgericht die Feststellung unterlassen habe, daß die Bruchzinsverrechnung zwischen den Parteien seit vielen Jahren auf der Grundlage der tatsächlich von der beklagten Partei erzielten Preise durchgeführt worden sei. Das Erstgericht habe jedoch die als fehlend gerügte Feststellung ohnehin getroffen, weil sich dieser Sachverhalt aus der Wiedergabe des Inhaltes der Schreiben Beilagen B, C, H-0 ergebe. Das Berufungsgericht übernehme daher die Feststellungen des Erstgerichtes.
In ihrer Rechtsrüge vertrete die beklagte Partei die Auffassung, sowohl aus dem Text des Abbauvertrages und seiner Nachträge als auch aus der nachfolgenden Korrespondenz ergebe sich, daß der Bruchzins nach dem tatsächlich von der beklagten Partei erzielten Preis zu berechnen sei. Auch aus der tatsächlichen Übung bis zum Jahr 1981 ergebe sich keine Änderung dieses Parteiwillens. Diesen Ausführungen müsse im wesentlichen beigepflichtet werden.
Für die rechtliche Beurteilung sei nachstehender Sachverhalt maßgebend:
In den Abbauverträgen und deren Ergänzungen ist für die Berechnung des Bruchzinses der durchschnittlich ab Verladestation in Geltung gestandene Inlandsverkaufspreis für Sintermagnesit als maßgebend bezeichnet. Im Nachtragsübereinkommen vom 24.6.1959 (Beilage 6) ist der Inlandsverkaufspreis als jener definiert, der im jeweils abgelaufenen Quartal durchschnittlich ab Verladestation gegolten hat. Als die beklagte Partei, die früher nur ein Magnesitprodukt erzeugt hatte, auch teurere Produkte mit Sonderkörnungen auf den Markt brachte und die Klägerin den höheren Preis dieser Produkte als Berechnungsgrundlage verlangt hatte, verständigte die beklagte Partei die Klägerin unwidersprochen davon, daß der Bruchzinsberechnung der Inlandspreis für Sintermagnesit, Normalkörnung zugrunde gelegt werde. Die beklagte Partei teilte der Klägerin in der Folge jeweils mit, wann die PK einer Preiserhöhung für dieses Produkt zugestimmt hatte, wobei sie jeweils auch erklärte, daß der Preis für Sintermagnesit, Normalkörnung in Österreich ab dem von der PK bezeichneten Stichtag tatsächlich erhöht werde. Wegen der jeweils späteren Durchsetzung von Preiserhöhungen gegenüber der verstaatlichten Industrie, die zu den Hauptabnehmern der beklagten Partei im Inland gehört, wurde jedoch bei der Bruchzinsberechnung so lange ein Mischpreis zugrunde gelegt, bis die genehmigte Preiserhöhung auch diesem Kunden gegenüber durchgesetzt werden konnte. Die beklagte Partei teilte der Klägerin einmal auch eine Preiserhöhung mit, die sie ohne Genehmigung der PK verfügt hatte, klärte die Klägerin dann aber dahin auf, daß keine Zustimmung der PK vorgelegen sei, und bat, zur Kenntnis zu nehmen, daß die ursprünglich angekündigte Erhöhung des Bruchzinses erst mit dem späteren Termin, der der nachfolgenden Genehmigung durch die PK entspreche, in Kraft trete. Im Jahr 1975 kam es erstmals vor, daß die PK einen Preiserhöhungsantrag der beklagten Partei genehmigte, ohne daß die beklagte Partei mit dem genehmigten Stichtag ihre Preise erhöhte. Sie teilte der Klägerin damals mit, sie hoffe, diese Preiserhöhung bei ihren Kunden auch realisieren zu können. Als ihr dies gelungen war, richtete sie an die Klägerin ein Schreiben, in dem sie auf die tatsächliche Durchsetzung des höheren Preises gegenüber den Kunden per 15.1.1976 hinwies und erklärte, daß nunmehr dieser neue Preis ab 15.1.1976 in der Bruchzinsabrechnung berücksichtigt werde (Beilagen F und G). Die im Jahr 1982 von der PK genehmigte Preiserhöhung setzte die beklagte Partei betreffend das Produkt Sintermagnesit, Normalkörnung gegenüber ihren Kunden nicht in Kraft.
Schon aus dem Wortlaut des Vertrages gehe hervor, daß der Berechnung des Bruchzinses die tatsächlich in Geltung gestandenen Preise zugrunde zu legen seien. Welchen Einfluß die Entscheidung der PK auf die Preisgestaltung der beklagten Partei haben solle, hätten die vertragschließenden Teile im Jahr 1922 allerdings noch nicht bestimmen können. Da die Parteien nach der Installierung der PK durch die Sozialpartner nicht ausdrücklich vereinbart hätten, daß der Berechnung des Bruchzinses ohne Rücksicht auf den tatsächlich von der beklagten Partei geforderten Preis der von dieser genehmigte Preis zugrunde zu legen sei, der geltend gemachte Anspruch aber nur im Falle einer derartigen vertraglichen Regelung zu Recht bestünde, sei zu prüfen, ob sich aus dem Verhalten der Streitteile im Zuge der Abwicklung des vorliegenden Dauerschuldverhältnisses nach der Installierung der PK eine schlüssige Änderung des ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Vertragsinhaltes ergebe. Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf rechtsgeschäftliche Willenserklärungen lege § 863 ABGB einen strengen Maßstab an. Es dürfe mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund übrig bleiben, an der Schlüssigkeit eines Verhaltens zu zweifeln. Solange die beklagte Partei ihre Preise tatsächlich mit dem Stichtag der von der PK bewilligten Preiserhöhung angehoben und der Klägerin bekanntgegeben habe und solange sie die tatsächlich erhöhten Preise der Bruchzinsberechnung zugrunde gelegt habe, habe dieses Verhalten überhaupt keinen Anhaltspunkt für ein gewolltes Abgehen von der durch den schriftlichen Vertrag geschaffenen Lage geboten. Die Klägerin habe auch dann, als der Zeitpunkt einer von der PK genehmigten Preiserhöhung nicht mit der tatsächlichen Erhöhung der Preise durch die beklagte Partei zusammengefallen sei, nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Willen der beklagten Partei schließen dürfen, die schriftlich fixierte Vereinbarung zu ändern. Schon die spätere Durchsetzung genehmigter Preiserhöhungen gegenüber dem Hauptabnehmer der beklagten Partei habe nämlich nicht zur sofortigen Erhöhung des Bruchzinses, sondern zur Anwendung eines Mischpreises geführt, der aus den tatsächlich erzielten Preisen errechnet worden sei. Einmal sei die Genehmigung einer Preiserhöhung nicht sofort den Kunden gegenüber durchgesetzt und die Erhöhung des Bruchzinses von der tatsächlichen Preiserhöhung abhängig gemacht worden. Daraus aber, daß die beklagte Partei eine ohne Genehmigung durch die PK vorgenommene Preiserhöhung wieder zurückgenommen und die Preise dann erst wieder nach der Genehmigung durch die PK angehoben habe, habe die Klägerin keinen Schluß auf die Änderung der Vertragslage ziehen können, weil die beklagte Partei auch in diesem Fall die Preiserhöhung nach der späteren Genehmigung tatsächlich wieder vorgenommen habe.
Da die durch die Sozialpartner geschaffene PK weder gesetzlich verankert sei noch über direkte Sanktionen verfüge, setze sie mit der Genehmigung von Preisanträgen die Preise nicht fest. Somit liege keine Preisregelung vor. Es liege vielmehr am Antragsteller, die genehmigten Preise auf dem Markt durchzusetzen. Die Genehmigung eines Preiserhöhungsantrages gebe damit keinen Aufschluß darüber, welcher Preis tatsächlich auf dem Markt in Geltung stehe. Da die Bestimmungen des Abbauvertrages auf die Preisgestaltung der beklagten Partei keinen Einfluß hätten, habe die Klägerin auch kein Recht darauf, daß auf dem Markt nicht realisierbare Preiserhöhungen tatsächlich durchgeführt würden.
Im vorliegenden Fall sei nicht strittig, daß der Inlandsverkaufspreis für Sintermagnesit, Normalkörnung bei der Bruchzinsberechnung maßgebend sei. Daher bestehe kein Anlaß zur Beurteilung der Frage, welches Produkt der beklagten Partei der Bruchzinsberechnung zugrunde gelegt werden solle, sollte Sintermagnesit, Normalkörnung von der beklagten Partei auf dem österreichischen Markt nicht mehr angeboten und verkauft werden. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben. Die außerordentliche Revision ist zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin macht zunächst zutreffend geltend, daß das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (MGA ZPO 13 Entscheidungen Nr.A 1 und B b 30 zu § 498; JBl.1985, 97), wonach im Berufungsverfahren von der Feststellung des Parteiwillens, die das Erstgericht nicht nur aufgrund von Urkunden, sondern auch aufgrund anderer unmittelbar aufgenommener Beweise getroffen hat, ohne Beweiswiederholung nicht abgegangen werden darf, abgewichen ist und damit die angefochtene Entscheidung auf der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes beruht, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zukommt. Das Erstgericht hat nämlich, wie den Entscheidungsgründen des Ersturteils im Zusammenhalt mit den vor dem Erstgericht abgelegten Zeugen- und Parteienaussagen (siehe insbes. AS 24, 26, 42, 45 f und 70) zu entnehmen ist, die Tatsachenfeststellung, der Parteiwille sei darauf gerichtet gewesen, daß die Preiserhöhungen (gemeint offenbar:
die Berechnung des Bruchzinses unter Zugrundelegung der Preiserhöhungen) nach den Genehmigungen durch die PK erfolgen sollten, nicht nur aufgrund unbestrittener Urkunden, sondern auch aufgrund anderer unmittelbar aufgenommener Beweise getroffen (arg.:
"tatsächlich ließe sich die Frage, ob die Klägerin ihr Bruchzinsmehrbegehren für das dritte Vierteljahr 1982 mit Recht gestellt hat, nahezu allein aufgrund der - unbestrittenen - Urkunden klären"; "aus dem Zusammenhalt aller dieser Umstände ergibt sich der Parteiwille, daß......"). Der Auffassung des Berufungsgerichtes, die Annahme des Parteiwillens durch das Erstgericht sei als eine aus den festgestellten Umständen abgeleitete rechtliche Schlußfolgerung zu beurteilen, kann nicht beigetreten werden. Sollte das Berufungsgericht gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung Bedenken haben, dann wird es erst nach Durchführung einer Beweiswiederholung von der erstrichterlichen Tatsachenfeststellung betreffend den Parteiwillen abgehen können.
Es war daher der außerordentlichen Revision Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Sollte das Berufungsgericht zu einer von der erstgerichtlichen Feststellung abweichenden Feststellung des Parteiwillens gelangen, dann wird es auch - wie die Klägerin ferner mit Recht ausführt - auf das infolge dessen Bedeutung gewinnende, durch Beweisanbote unterstützte Vorbringen der Klägerin einzugehen haben, die Beklagte habe die von der PK mit Wirksamkeit 1.7.1982 genehmigten Durchschnittssätze für Sinterprodukte auf das Produkt Sintermagnesit, Normalkörnung nicht aufgrund sachlicher Notwendigkeit nicht angewendet, sondern in der Absicht, auf diese Weise den an die Klägerin zu zahlenden Bruchzins geringer zu halten (vgl MGA ZPO 13 E Nr.18 zu § 503 Z 2).
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E09605European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00553.86.1125.000Dokumentnummer
JJT_19861125_OGH0002_0050OB00553_8600000_000