TE OGH 1986/11/26 7Ob679/86

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Veröffentlicht am 26.11.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Martha G***-L***, Hausfrau, St. Radegund, Willersdorferstraße 48, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Antragsgegner Dr. Ernesto L***, Arzt, St. Radegund, Willersdorferstraße 48, vertreten durch Dr. Harold Schmid und Dr. Kurt Klein, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 20. August 1986, GZ. 1 R 149/86-63, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. März 1986, GZ. 33 F 42/84-59, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag beider Parteien auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die zwischen dem 1924 geborenen Antragsgegner und der 1904 geborenen Antragstellerin am 29.5.1956 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 15.9.1983, 26 Cg 143/83, aus dem Verschulden des Antragsgegners geschieden. Der Antragsgegner ist verpflichtet, der Antragstellerin seit Jänner 1983 monatlich S 6.500,- an Unterhalt zu zahlen und überdies für die Kosten ihrer freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung aufzukommen. Auf Grund des Kaufvertrages vom 17.8.1966 sind beide Parteien je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 306 KG St. Radegund, bestehend aus dem 1.986 m 2 großen Grundstück 595/5, auf dem in den Jahren 1971 bis 1974 das Einfamilienhaus Willersdorferstraße 48 errichtet worden ist. Im November 1981 hat die Antragstellerin einen Betrag von US-Dollar 40.000,- von einem gemeinsamen Konto der Parteien bei der I*** T*** C*** in New York behoben.

Mit ihrem am 20.8.1984 eingelangten Antrag begehrte die Antragstellerin, ihr die Liegenschaftshälfte des Antragsgegners sowie den Hausrat ins Eigentum zu übertragen und dem Antragsgegner im Hinblick auf die vorhandenen Ersparnisse von etwa S 15 Mio. eine angemessene Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Sie brachte vor, daß der Antragsgegner als Arzt und sie als seine Helferin seit der Eheschließung bis zum Jahre 1974 in Venezuela gearbeitet, seit 1960 eine Klinik betrieben und dadurch beträchtliche Ersparnisse erzielt hätten, die auf verschiedene ausländische Konten überwiesen worden seien, in die die Antragstellerin nunmehr auf Grund einer Anordnung des Antragsgegners keinen Einblick mehr habe. Die Klinik und ein Appartement in Barcelona seien schließlich verkauft worden. Der Erlös sei auf ein Konto bei der Z***-K*** überwiesen worden.

Der Antragsgegner forderte seinerseits, ihm die Liegenschaftshälfte der Antragstellerin, sowie zwei Drittel des Hausrats gegen Einräumung eines lebenslänglichen Nutzungsrechtes für die Antragstellerin an den bisher von ihr bewohnten Räumen zu übertragen und erklärte sich bereit, dafür einen angemessenen Ausgleich zu leisten. Er behauptete, daß die Antragstellerin nur Hilfsdienste erbracht habe, daß ihr ein Dienstmädchen zur Verfügung gestanden sei, daß beide Parteien in den Jahren 1974 bis 1981 von den Ersparnissen hätten leben müssen und daß sich diese Ersparnisse bei der Scheidung nur auf etwa S 1,7 Mio. belaufen hätten. Eine Aufteilung im Verhältnis 2 : 1 zu seinen Gunsten sei gerechtfertigt. Das Erstgericht beließ die Liegenschaft EZ 306 KG St. Radegund im jeweiligen Hälfteeigentum der beiden Parteien, räumte jedoch der Antragstellerin auf der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners ein lebenslängliches unentgeltliches und im Grundbuch einzuverleibendes Wohnrecht ein und trug dem Antragsgegner auf, die Liegenschaft binnen 3 Monaten zu räumen (Punkt 1). Es wies den Hausrat zum überwiegenden Teil der Antragstellerin zu (Punkt 2); ordnete an, daß der Antragsgegner der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 2,3 Mio. Schilling in zwei gleichen Raten binnen 3 Monaten bzw. einem Jahr nach Rechtskraft des Beschlusses bei gleichzeitiger Sicherstellung durch ein Pfandrecht auf der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners zu leisten habe (Punkt 3) und erkannte den Antragsgegner schuldig, der Antragstellerin einen Teil der Verfahrenskosten zu ersetzen (Punkt 4). Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Die Parteien zogen im Mai 1953 nach Venezuela, wo sie im Mai 1956 die Ehe schlossen. Der Antragsgegner war bis März 1957 als Chefarzt in Sucre tätig, anschließend wurde er beurlaubt, um sein Doktorat in Venezuela neuerlich zu erwerben, da er sonst keine Aussicht gehabt hätte, als Arzt weiterzuarbeiten. Zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte der Antragsgegner Ersparnisse von etwa 50.000,-

bis 60.000 Bolivar (S 250.000,-), mit denen er sein Studium in Venezuela finanzierte und den Lebensunterhalt der Parteien bestritt. Während dieser Zeit führte die Antragstellerin den Haushalt, tätigte Behördenwege und fungierte als Dolmetsch für den Antragsgegner. Am 1.1.1958 eröffnete der Antragsgegner in Caracas eine Privatordination, die er bis 30.6.1958 betrieb. Gleichzeitig war er erster Assistent an der Poly-Klinik in Andreas Bello. Im Juli 1958 übersiedelten die Streitteile nach Maracay, wo der Antragsgegner wiederum eine Privatordination eröffnete, in der die Antragstellerin am Vormittag tätig war. Sie führte die Patientenkartei. Am Nachmittag war der Antragsgegner in der Poly-Klinik Zentral beschäftigt und machte auch Nachtdienste. Ab Oktober 1960 war der Antragsgegner in dem zwischenzeitig errichteten und den Parteien je zur Hälfte gehörigen diagnostischen Institut beschäftigt. Von 1965 bis Ende Juni 1974 war der Antragsgegner überdies chirurgischer Assistent in Gutierez. Die Antragstellerin arbeitete ganztägig im diagnostischen Institut, führte die Pateienkartei, übte Verwaltungstätigkeiten aus, kassierte Gelder, vereinbarte Termine mit den Patienten und führte auch medizinische Hilfsarbeiten wie Sterilisierungen, Assistenz bei kleineren Operationen und Verabreichung von Spritzen durch, wofür sie nach einigen Monaten nach der Eröffnung des Institutes mit monatlich 1.000 bis

1.200 Bolivar (etwa S 5.000,-) entlohnt wurde. Die Antragstellerin hat keine medizinische Ausbildung, erwarb diese jedoch im Laufe der Zeit im Hinblick auf ihre Tätigkeit. Sie führte auch den Haushalt, in dem ihr allerdings ganztägig ein Dienstmädchen, das die Wäsche wusch, putzte und auch teilweise kochte, zur Verfügung stand. Die Tätigkeit der Antragstellerin erstreckte sich vorwiegend auf das Einkaufen. Sämtliche mit dem Haushalt und der Wohnung anfallenden Kosten trug der Antragsgegner, der auch die Kleidungskosten der Antragstellerin bestritt, so daß ihr der monatlich verdiente Betrag zur freien Verfügung verblieb, zumal sie auch zu diversen Anlässen Bargeld vom Antragsgegner erhielt. Der Schwerpunkt der Lebensführung der Parteien lag in Venezuela bei der Arbeit, das Sparen stand im Vordergrund. Die Parteien führten außer einigen Reisen nach Europa und in die USA ein eher bescheidenes Leben. 1974 wurde das diagnostische Institut um 800.000 Bolivar (S 4 bis 5 Mio.) verkauft, da die Streitteile beschlossen, nach Österreich zu übersiedeln. Ein 1965 oder 1966 in Barcelona erworbenes Appartement wurde im Juni 1977 um 1 Mio. Peseten (etwa S 350.000,-) verkauft. Der Erlös floß auf ein Schweizer Konto. Der Bau des Hauses in St. Radegund kostete etwa S 4 Mio., wovon S 1.5 Mio. aus dem Erlös des Klinikverkaufes und der Rest aus den Einnahmen der Klinik stammten. Mit dem Verkaufserlös wurden auch ein PKW Mercedes um etwa S 300.000,- angeschafft und die Übersiedlung nach Österreich, die etwa S 250.000,- kostete, bezahlt. Die Ersparnisse aus dem Betrieb der Klinik in Venezuela wurden bei verschiedenen Banken in der USA, der Schweiz, Spanien und Österreich angelegt. Die Antragstellerin, die auch die Überweisungen durchführte, war bei diesen Konten zeichnungsberechtigt. Die eigenen Ersparnisse der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Übersiedlung nach Österreich betrugen etwa S 376.000,-. Die Antragstellerin erhielt diesen Betrag im Jahre 1976 vom Antragsteller ausbezahlt.

In der Zeit von 1974 bis März 1981 war der Antragsgegner nicht berufstätig, weshalb die Parteien ausschließlich von den Ersparnissen lebten. Der Antragsgegner beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Haus, das noch nicht ganz fertig war und ließ sein Doktorat nostrifizieren, um wieder als Arzt arbeiten zu können, während die Antragstellerin den Haushalt führte. In dieser Zeit wurde auch das Haus in St. Radegund eingerichtet.

Seit Oktober 1981 ist der Antragsgegner als Arzt im Landes-Sonderkrankenhaus in Graz beschäftigt, wo er etwa S 20.000,-

monatlich verdient. Bis zur Scheidung kam der Antragsgegner für den gesamten Lebensunterhalt der Streitteile auf, die Antragstellerin mußte jedoch ein Wirtschaftsbuch führen und erhielt Acontierungen, die am Monatsende abgerechnet wurden. Neben der Unterhaltsleistung seit Jänner 1983 einschließlich der Beiträge für die Krankenversicherung der Antragstellerin kommt der Antragsgegner für die Kosten des Hauses allein auf. Nach 1981 leistete der Antragsgegner eine Pensionsnachzahlung an die Ärztekammer von etwa S 400.000,-, weiters wurden Teppiche im Betrag von etwa S 250.000,-, die sich im Haus befinden, angeschafft. 1984 ließ der Antragsgegner beim Haus Sanierungsarbeiten um etwa S 224.000,- durchführen und tätigte Neuanschaffungen um etwa S 87.000,-.

Der Antragsgegner hatte die Gewohnheit, jährlich eine Vermögensaufstellung zu verfassen. Die Antragstellerin fand im Haus in St. Radegung eine mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Antragsgegner verfaßte Aufstellung zum 15.1.1981, die sie kopierte. Nach dieser Aufstellung betrugen die Ersparnisse in diversen Währungen zu diesem Zeitpunkt etwa S 12 Mio. Laut Depotverzeichnis der

Z***-K***, Filiale Winterthur, vom 21.10.1981 waren zu diesem Zeitpunkt Aktien im Nominalwert von DM 157.000,-, US-Dollar 14.000,-, Schweizer Franken 405.000,-, ÖS 655.000,-, hfl 34.000,- und kanadische Dollar 9.000,- vorhanden. Diese Beträge finden sich nahezu ident auf der erwähnten Vermögensaufstellung. Der Betrag von US-Dollar 40.000,-, den die Antragstellerin behoben hat, scheint auch dort auf.

Der Verkehrswert der Liegenschaft EZ 306 KG St. Radegund beträgt S 4,050.000,-, eine der Antragstellerin auf Lebenszeit einzuräumende Dienstbarkeit der Wohnung auf der Gesamtliegenschaft bewertet sich mit S 436.800,-. Der Verkehrswert der auf der Liegenschaft befindlichen Fahrnisse, die der Aufteilung unterliegen, beträgt S 494.200,-. Die Antragstellerin hat keine andere Wohnmöglichkeit und ist daher auf das Haus in St. Radegund angewiesen. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Beiträge der Ehegatten zur Anschaffung des Gebrauchsvermögens und Ansammlung der Ersparnisse seien im Verhältnis 2 : 1 zugunsten des Antragsgegners festzusetzen, weil die Antragstellerin in Venezuela nur sporadisch den Haushalt geführt habe und für ihre Mithilfe in der Klinik entlohnt worden sei. Außer dem Wert der gemeinsamen Liegenschaft und des Hausrates (S 4.050.000,- und S 494.000,-) seien Ersparnisse von S 12 Mio. und weitere S 926.000,-, die der Antragstellerin bereits zugekommen seien, in die Aufteilung einzubeziehen, so daß sich ein Gesamtvermögen von S 17,470.000,- ergebe. Hievon müßten die vom Antragsgegner seit 1981 getätigten Zahlungen von ca. 961.000,- in Abzug gebracht werden, weshalb der Antragstellerin ein Drittel von rund S 16,500.000-, das seien ca. 5,500.000,-, zustünde. Da die Antragstellerin zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses auf den Verbleib im vorerwähnten Haus angewiesen sei, was auch der Antragsgegner in einem allerdings eingeschränkten Umfang einräume, und die Lebensbereiche der Parteien sich möglichst wenig berühren sollen, habe es zwar beim jeweiligen Hälfteeigentum zu verbleiben, doch sei der bereits 81 Jahre alten, schuldlos geschiedenen Antragstellerin die gesamte Liegenschaft zur alleinigen Benützung zur Verfügung zu stellen, was durch Einräumung eines dinglichen Wohnrechtes erfolgen könne. Dadurch komme der Antragstellerin neben ihrem Hälfteeigentum im Wert von S 2,025.000,- aber auch noch der halbe Wert des Wohnrechtes (S 218.000,-) zugute. Die Aufteilung der Fahrnisse entspreche dem Einvernehmen der Parteien; die der Antragstellerin zugewiesenen Gegenstände hätten einen Wert von S 465.000,-. Unter Bedachtnahme auf die der Antragstellerin schon zugeflossenen Ersparnisse von S 926.000,- ergebe sich somit ein vom Antragsgegner noch zu leistender Ausgleich von S 1,800.000,-. Bei weiterer Berücksichtigung einer üblichen Verzinsung der Ersparnisse mit 6 % in den letzten drei Jahren vor der Scheidung komme ein Betrag von rund S 500.000,- hinzu, so daß der Antragsgegner insgesamt S 2,3 Mio. in sowohl für ihn als auch für die Antragstellerin zumutbaren zwei gleichen Raten und gegen pfandrechtliche Sicherstellung zu bezahlen habe.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes in ihren Punkten 1, 2 und 4 und änderte sie in ihrem Punkt 3 dahin ab, daß der Antragsgegner schuldig erkannt wurde, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von S 1,7 Mio. samt 4 % Zinsen seit 1.4.1986 binnen 3 Monaten zu bezahlen. Der Antragsgegner wurde verpflichtet, zur Sicherstellung der Ausgleichsforderung seine Liegenschaftshälfte zu verpfänden und aus diesem Grund in die Vormerkung eines entsprechenden Pfandrechtes einzuwilligen; der Rekurs an den Oberten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und kam insbesondere auch zu dem Ergebnis, es sei die zum 15.1.1981 verfaßte Aufstellung als Grundlage für die Aufteilung heranzuziehen, doch sei zu beachten, daß der der Antragstellerin unbestritten im November 1981 zugekommene Betrag von US-Dollar 40.000,- bereits in der vorerwähnten Aufstellung enthalten sei und daher nicht zweimal in Anschlag gebracht werden dürfe. Die vom Erstgericht ermittelte Vermögenssumme verringere sich deshalb um rund S 550.000,- auf rund S 15,960.000,-. Das Rekursgericht teilte im wesentlichen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Es erachtete lediglich eine Bedachtnahme auf die wahrscheinlichen Zinserträge in der Zeit von Jänner 1981 bis zur Scheidung der Ehe als unbillig, da der Antragsgegner nach wie vor für sämtliche Kosten des Hauses aufgekommen sei. Das Rekursgericht ermittelte so eine vom Antragsgegner zu leistende Ausgleichszahlung von S 1,700.000,-. Zu dem vom Antragsgegner in seinem Rekurs ON 60 gestellten Antrag, seine Liegenschaftshälfte der Antragstellerin zuzuweisen, von der Auferlegung einer Ausgleichszahlung jedoch abzusehen - die Antragstellerin hat in der von ihr erstatteten Rekursbeantwortung beantragt, dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge zu geben -, führte das Rekursgericht aus, bei Zuweisung der ganzen Liegenschaft an die Antragstellerin bleibe für eine Ausgleichszahlung an die Antragstellerin kein Raum. Es sei zu bedenken, daß in diesem Fall die Antragstellerin mit dem ihr geleisteten Unterhalt schwerlich die Kosten des Betriebes und der Erhaltung des Hauses tragen könnte und dies letztlich zu einem für das Alter der Antragstellerin und ihrem Anspruch, möglichst in der bisherigen Umgebung bleiben zu können, nicht vertretbaren Verkauf des Hauses führen müßte. Das Erstgericht habe daher zu Recht an den bisherigen Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft festgehalten.

Den Beschluß des Rekursgerichtes bekämpfen beide Parteien. Die Antragstellerin beantragt, dem Antragsgegner die Leistung einer Ausgleichszahlung von S 2,3 Mio. s.A. aufzuerlegen und die grundbücherliche Sicherstellung der Ausgleichsforderung in diesem Ausmaß durchzuführen. Der Antragsgegner beantragt, die ihm gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ 306 KG St. Radegund der Antragstellerin zuzusprechen, von einer Ausgleichszahlung jedoch abzusehen. In den von ihnen erstatteten Rekursbeantwortung stellen beide Parteien den Antrag, dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Keines der beiden Rechtsmittel ist berechtigt.

1.) Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ansicht des Rekursgerichtes, die wahrscheinlichen Zinserträgnisse der festgestellten Ersparnisse seien nicht zu berücksichtigen, weil der Antragsgegner nach wie vor für sämtliche Kosten des Hauses aufgekommen sei. Denn dies sei zweifellos Ausdruck der Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin gewesen und dürfe ihm im Fall der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht zugutegehalten werden. Auch sei der Betrag von S 376.000,- nicht als Ersparnisse zu werten. Er stelle eine Entlohnung für die Mitwirkung im Betrieb dar und wäre bei der Aufteilung zu vernachlässigen gewesen.

Weshalb der von der Antragstellerin ersparte Betrag von S 376.000,- (vgl. hiezu auch AS 127 und 141) nicht den ehelichen Ersparnissen zugerechnet werden sollte, ist jedoch nicht einzusehen. Es besteht kein Zweifel, daß es sich auch bei diesem Betrag um eine Wertanlage handelt, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Gemeinschaft angesammelt haben (§ 81 Abs. 3 EheG). Es liegt kein Grund iS des § 82 Abs. 1 EheG vor, diesen Betrag von der Aufteilung auszunehmen. Der Umstand, daß die Antragstellerin den Betrag von ihren persönlichen Einkünften erspart hat, vermag am Charakter "ehelicher" Ersparnisse nichts zu ändern.

Nicht verständlich erscheint es, daß nach Ansicht der Antragstellerin der Aufwand des Antragsgegners für das Haus - der nach der Darstellung des Rekursgerichtes (auch) in den Jahren 1981 bis 1984 aus den Zinserträgen der festgestellten Ersparnisse bestritten wurde - dem Antragsgegner im Aufteilungsverfahren deshalb nicht zugute gehalten werden dürfe, weil "dies zweifellos Ausdruck seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin war". Hat der Antragsgegner, wie von der Antragstellerin demnach offensichtlich nicht bezweifelt wird, die Zinserträge für den Unterhalt (auch) der Antragstellerin verwendet, können sie nicht mehr den Ersparnissen zugezählt werden. Daß der Tatbestand des § 91 Abs. 1 EheG vorliege und der Wert fehlender Ersparnisse aus diesem Grund in die Aufteilung einzubeziehen sei, hat die Antragstellerin nicht behauptet.

Da sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin damit als unbegründet erweist, mußte ihm ein Erfolg versagt bleiben.

2.) Soweit der Antragsgegner bestrebt ist, neuerlich das Gutachten des Sachverständigen Dr. G*** in Zweifel zu ziehen, nimmt er nicht darauf Bedacht, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof im Verfahren über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG gemäß § 232 Abs. 2 AußStrG nur darauf gegründet werden kann, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht, nicht aber auch darauf, daß die Untergerichte die Beweise unrichtig gewürdigt haben. Der Antragsgegner macht im übrigen allein geltend, es liege zufolge seines Antrages im Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes, die ihm gehörige Liegenschaftshälfte der Antragstellerin zuzusprechen, ein übereinstimmendes Begehren der Streitteile vor, über das sich das Gericht nicht hinwegsetzen könne. Zwar räumt der Gesetzgeber der Einigung der Ehegatten über die Aufteilung den Vorrang gegenüber einer gerichtlichen Aufteilung ein. Eine gerichtliche Aufteilung soll erst dann und nur insoweit Platz greifen, als eine Einigung ausbleibt (§ 85 EheG; EvBl. 1982/160). Eine Einigung der Parteien über eine Zuweisung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners an die Antragstellerin liegt jedoch nicht vor. Die Antragstellerin hat die Entscheidung des Erstgerichtes, in der ihr Antrag auf Zuweisung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners abgewiesen wurde, unbekämpft gelassen und in ihrer Rekursbeantwortung beantragt, dem Rekurs des Antragsgegners, in dem dieser unter anderem nun seinerseits den Antrag stellte, seine Liegenschaftshälfte der Antragstellerin zuzuweisen, nicht Folge zu geben. Es bestand deshalb hinsichtlich des Liegenschaftseigentums nicht nur keine Einigung der Parteien, sondern es lagen auch zu keinem Zeitpunkt übereinstimmende Anträge hiezu vor.

Eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache durch das Rekursgericht ist daher nicht gegeben, so daß auch dem Revisionsrekurs des Antragsgegners kein Erfolg zu bescheiden war. Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 234 AußStrG.

Anmerkung

E09849

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00679.86.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19861126_OGH0002_0070OB00679_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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