TE OGH 1986/12/2 14Ob194/86

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Veröffentlicht am 02.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith, sowie die Beisitzer Dr. Anton Haschka und Johann Herzog als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich R***, Angestellter, Wien 20., Wallensteinstraße 66/11, vertreten durch Hermann Peter, Leitender Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten in Wien 1., Deutschmeisterplatz 2, wider die beklagte Partei Peter F***, Alleininhaber der prot. Fa. Rudolf S*** in Wien 3., St. Marx, Parteiengebäude III/25, vertreten durch Dr. Anton Pokorny, Dr. Franz Withoff und Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 305.552,70 brutto und S 74.627,70 netto je sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil, richtig Teilurteil, des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. Juni 1985, GZ. 44 Cg 79/85-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 26. November 1984, GZ. 7 Cr 81/84-6, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem ehemaligen Arbeitgeber, die Zahlung eines Betrages von S 305.552,70 brutto sA an Gehalt für die Zeit vom 1.1. bis 12.1.1984, Kündigungsentschädigung, Abfertigung und anteiligen Sounerzahlungen sowie von S 74.627,70 netto sA an nicht bezahltem Entgelt für die Zeit bis 31.12.1983. In dem vorgenannten Bruttobetrag ist ein Teilbetrag von S 85.892,70 sA enthalten, den der Kläger als Urlaubsentschädigung für 122 Werktage verlangt. Er behauptet, er sei mit Schreiben vom 12.1.1984 nach vorangegangener Nachfristsetzung vorzeitig ausgetreten, weil der Beklagte ihm Entgelt vorenthalten habe. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er brachte vor, das Arbeitsverhältnis sei von den Parteien einvernehmlich aufgelöst worden. Der Kläger habe das ihm zustehende Entgelt zur Gänze ausgezahlt erhalten. Ein Zahlungsverzug habe nicht bestanden. Zum Beweis für dieses Vorbringen bot der Beklagte nur Parteienvernehmung an.

Der Beklagte wurde vom Erstgericht mit ZPO-Form. 44 unter Bekanntgabe des Beweisthemas zu der für den 24.7.1984 angeordneten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung geladen. Da der Beklagte zu dieser Tagsatzung ohne Entschuldigung nicht erschien und die Zustellung durch Hinterlegung ausgewiesen war, schloß das Erstgericht nach Vernehmung des Klägers als Partei die Verhandlung und gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger war im Unternehmen des Beklagten seit 1.2.1967 als Buchhalter angestellt. Im Jahr 1983 betrug sein Monatsgehalt S 15.200,- brutto, im Jahr 1984 S 15.690,- brutto. Infolge schleppender und zu niedriger Gehaltszahlungen schuldete der Beklagte dem Kläger zum 31.12.1983 an rückständigem Entgelt S 74.627,70 netto. Nachdem ein Mahnschreiben des Klägers erfolglos geblieben war, setzte der Kläger dem Beklagten am 2.1.1984 eine Nachfrist bis zum 5.1.1984 und drohte für den Fall der Nichtzahlung den vorzeitigen Austritt an. Am 12.1.1984 erklärte der Kläger nach neuerlicher ergebnisloser Zahlungsaufforderung schriftlich den vorzeitigen Austritt. Der Kläger hatte ein Urlaubsguthaben von 122 Werktagen; die während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses nicht konsumierten Urlaubstage waren jeweils auf das Folgejahr übertragen worden.

Das Erstgericht traf in der Folge Feststellungen zur Höhe der einzelnen Teilansprüche. Eine Vernehmung des Beklagten als Partei sei infolge seines unentschuldigten Fernbleibens von der Verhandlung nicht möglich gewesen. Abgesehen davon, daß bereits aus diesem Grund der Beweis für die vom Beklagten behauptete einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht erbracht sei, sei eine derartige Auflösung unwahrscheinlich, weil der Beklagte in einem an den Vertreter des Klägers gerichteten Schreiben ausdrücklich ein vorzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes behauptet habe. Er habe auch den Beweis für die von ihm behaupteten Zahlungen an den Kläger nicht erbracht.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, der vorzeitige Austritt sei aus dem Grunde des § 26 Z 2 AngG gerechtfertigt. Der Urlaubsanspruch sei infolge der Übertragung der Urlaubsreste nicht verjährt.

Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil den Zuspruch eines Bruttobetrages von S 219.700,- und des Nettobetrages von S 74.627,70 jeweils sA. Im Umfang eines den Anspruch auf Urlaubsentschädigung betreffenden Bruttoteilbetrages von S 85.892,70 sA und der Kostenentscheidung hob es das angefochtene Urteil (ohne Rechtskraftvorbehalt) auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurück. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Es verneinte das Vorliegen eines Verfahrensmangels. Der zur Parteienvernehmung geladene Beklagte sei unentschuldigt zur Verhandlung nicht erschienen. Das Nichterscheinen einer ordnungsgemäß zur Parteienvernehmung geladenen Partei ziehe die Rechtsfolgen des § 381 ZPO nach sich; die in erster Instanz eingetretene Säumnis könne im Berufungsverfahren nicht beseitigt werden; das Berufungsgericht sei nicht verpflichtet, in der von ihm neu durchgeführten Verhandlung eine Partei zu vernehmen, die in erster Instanz der Ladung zur Parteienvernehmung (unentschuldigt) nicht Folge geleistet habe. Über den Urlaubsentschädigungsanspruch könne das Berufungsgericht jedoch noch nicht entscheiden, weil Feststellungen über die näheren Umstände der Übertragung des Urlaubsanspruchs auf die Folgejahre nicht getroffen worden seien. Gegen das (bestätigende) Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, diesen Teil der Berufungsentscheidung aufzuheben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Gericht erster oder zweiter Instanz zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren (in diesem Umfang) abgewiesen werde.

Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Einen Verfahrensmangel erblickt der Revisionswerber in der Unterlassung seiner Vernehmung als Partei durch das Berufungsgericht. Wenn schon sein Rechtsvertreter es unterlassen habe, ihn vor dem Erstgericht im Hinblick auf eine unvorhergesehene, unaufschiebbare Geschäftsreise zu entschuldigen, so hätte doch das Berufungsgericht die Vernehmung durchführen müssen. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Der Beklagte ist ungeachtet der an ihn ordnungsgemäß ergangenen Ladung zur Parteienvernehmung der Tagsatzung vom 24.7.1984 ohne jede Entschuldigung - auch der für ihn erschienene Rechtsvertreter hat eine Entschuldigung nicht vorgebracht - fern geblieben. Dieses Fernbleiben hatte gemäß dem § 381 ZPO zur Folge, daß das Erstgericht diesen Umstand im Rahmen seiner Beweiswürdigung berücksichtigen mußte. Das Erstgericht hat auch diese Rechtsfolge beachtet und aus dem unentschuldigten Fernbleiben in Verbindung mit dem in den Feststellungen erwähnten Schreiben des Beklagten den Schluß gezogen, der Beklagte habe den Beweis für die von ihm behauptete einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses und für die behaupteten Zahlungen nicht erbracht.

Diese Rechtsfolge des § 381 ZPO wirkt im Berufungsverfahren ungeachtet des sich aus dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG ergebenden Neuverhandlungsgrundsatzes - ebenso wie eine Präklusion von Beweisen (§§ 279, 309, 335 ZPO) - fort, weil der Charakter des Rechtsmittelverfahrens trotz des erwähnten Grundsatzes auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht völlig fehlt. Die Rechtsfolgen des § 381 ZPO können somit, falls die Anwendung dieser Bestimmung berechtigt war, durch eine Berufung nicht beseitigt werden; das Berufungsgericht hat seinerseits nach dieser Bestimmung die Würdigung der Beweise vorzunehmen. Es ist aber nicht verpflichtet, die Vernehmung einer vor dem Erstgericht auf die erwähnte Weise nicht erschienenen Partei seinerseits durchzuführen (JBl 1955, 282; Arb. 7588, 8817). Da das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des § 381 ZPO mit Recht bejaht und die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebilligt hat, liegt ein Mangel des Berufungsverfahrens nicht vor. Die Rechtsrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Kläger gegen die Annahme der Rechtfertigung des vorzeitigen Austritts des Klägers lediglich vorbringt, das Berufungsgericht hätte das erstgerichtliche Urteil auch in diesem Punkt aufheben müssen; würde im fortgesetzten Verfahren Verjährung des Anspruchs auf Urlaubsentschädigung angenommen werden, wären "auch die anderen Angaben des Klägers ... in einem anderen Licht zu sehen". Mit diesen Ausführungen wendet sich der Beklagte ausschließlich gegen die im Revisionsverfahren unangreifbare Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, ohne aber dessen rechtliche Beurteilung zu bekämpfen.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40, 50 und 52 ZPO begründet.

Anmerkung

E09823

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00194.86.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19861202_OGH0002_0140OB00194_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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