TE OGH 1986/12/2 2Ob651/86

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Veröffentlicht am 02.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Doris M***, Hausfrau, Fischlstraße 17, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr.Anton Gradischnig, Dr.Peter Gradischnig, Dr.Gerhard Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, wider den Antragsgegner Bernhard M***, Gendarmeriebeamter, p.A. Landesgendarmeriekommando Klagenfurt, Völkermarkterring, 9020 Klagenfurt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der Beteiligten B***, Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft für Bundesbedienstete Gesellschaft mbH, Hietzinger Kai 131, 1130 Wien, vertreten durch Dr.Arthur Brüller, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 11.Juli 1986, GZ 1 R 294/86-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 17.April 1986, GZ 18 F 11/86-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Parteien vereinbarten anläßlich ihrer auf Grund der Bestimmung des § 55 a EheG am 13.Juli 1984 erfolgten Ehescheidung, daß die Ehewohnung der Antragstellerin verbleibt. Bei dieser 77 m 2 großen Wohnung handelt es sich um eine von der B***, Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft für Bundesbedienstete Gesellschaft mbH, dem Antragsgegner am 27.Juli 1977 vermietete Wohnung.

Die Antragstellerin stellte am 4. Juli 1985 den Antrag, ihr die Ehewohnung zuzuweisen. Der Antragsgegner erklärte sich damit einverstanden.

Die B*** sprach sich als Beteiligte im Sinne des § 229 AußStrG mit der Begründung gegen eine Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin aus, die Wohnung sei mit einem besonders günstigen Kredit finanziert worden. Der Kredit sei mit der Auflage erteilt worden, die Wohnung nur aktiven Bundesbediensteten zuzuweisen. Bei dieser Wohnung ergebe sich ein Quadratmeterpreis von derzeit nur 11,78 S. Bei normaler Finanzierung, wie dies durch alle übrigen Wohnungsgesellschaften geschehe, würde sich ein Mietzins von 16,10 S pro Quadratmeter ergeben.

Im ersten Rechtsgang hatte das Rekursgericht die abweisende Entscheidung des Erstgerichtes dahin abgeändert, daß die Wohnung der Antragstellerin zugewiesen wurde. Der Oberste Gerichtshof hob mit Beschluß vom 18.Februar 1986, 2 Ob 516/86, die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Sache an das Gericht erster Instanz mit der Begründung zurück, es bedürfe einer Feststellung der Höhe des ortsüblichen Mietzinses.

Nach Verfahrensergänzung sprach das Erstgericht aus, daß die Wohnung der Antragstellerin, die an Stelle des Antragsgegners in das der Benützung der Ehewohnung zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintrete, zur alleinigen Benützung zugewiesen werde.

Es ging hiebei von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Im Mietvertrag wird pro Quadratmeter Wohnfläche ein Mietzins von 15,14 S angeführt, an anderer Stelle aber festgehalten, daß die B*** zur Erzielung tragbarer Wohnungslasten bereit sei, vorerst auf 3 % der im Hauptmietzins enthaltenen 4 % Verzinsung der aufgewendeten Eigenmittel zu verzichten, sodaß der Hauptmietzins monatlich 10,29 S pro Quadratmeter betrage. Derzeit ist pro Quadratmeter ein Mietzins von 11,78 S zu entrichten. Im Jahr 1977 entrichtete der Antragsgegner monatlich einschließlich anteiliger Betriebskosten, Zentralheizung und Zentralwarmwasserkosten samt Umsatzsteuer 1.794,30 S und derzeit 3.100 S. Die Republik Österreich gewährt der B*** für die Errichtung von Wohnanlagen für Bundesbedienstete ein Darlehen zu einer Verzinsung von 1,02 %, nach den Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen dürfen B***-Wohnungen - abgesehen von Ausnahmefällen - nur an aktive Bundesbedienstete vergeben werden. In dem mit dem Antragsgegner abgeschlossenen Mietvertrag wurde sein Ausscheiden aus dem Bundesdienst als Kündigungsgrund vereinbart. Bei Finanzierung der Wohnung ohne Inanspruchnahme des besonders günstigen Bundesdarlehens würde sich derzeit ein Mietzins von monatlich 16,10 S je Quadratmeter Wohnfläche ergeben. Im Jahr 1977 lag der ortsübliche Mietzins für wohnbaugeförderte Wohnungen im Rahmen Gemeinnütziger Wohnbauten zwischen 18 und 20 S je Quadratmeter, er bewegt sich für damals errichtete derartige Wohnungen auch heute noch in dieser Höhe. Die günstigeren Mieten bei B***-Bauten sind durch die teilweise Finanzierung durch den Bund und durch die Zuführung von Eigenmitteln durch die B*** begründet. Bei geförderten Neubauwohnungen, die teurer und besser ausgestattet sind, beträgt der Mietzins pro Quadratmeter 24 S. Frei finanzierte Wohnungen erreichen bei freier Mietzinsvereinbarung derzeit im Raum Klagenfurt einen Quadratmeterpreis von rund 35 S. Bei Bauten von Wohnungsgenossenschaften ist die Leistung von Baukostenzuschüssen üblich. Durch diese verringert sich der Mietzins, auch wenn diese Zuschüsse nicht unmittelbar auf diesen angerechnet werden. Der Antragsgegner hatte bei Abschluß des Mietvertrages einen Baukostenzuschuß von 53.746 S zu leisten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, der zu leistende Mietzins von 11,78 S pro Quadratmeter sei weder geringfügig noch liege er wesentlich unter dem ortsüblichen Preis von 18 bis 20 S pro Quadratmeter. Als Vergleichsbasis seien die Mietzinse für die in den Jahren 1976/77 von Wohnungsgenossenschaften vermieteten Wohnungen heranzuziehen und nicht die Mietzinse jetzt errichteter frei finanzierter Bauten. Die Zustimmung der B*** für die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin sei daher nicht notwendig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es teilte die Ansicht des Erstgerichtes, daß als Vergleichsbasis geförderte Wohnungen, die in den Jahren 1976/77 vermietet wurden, heranzuziehen seien und im Verhältnis dazu der Mietzins von 11,78 S pro Quadratmeter nicht als geringfügig, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegend angesehen werden könne. Dazu komme, daß die B*** den Nachlaß von 15,40 S auf 10,29 S pro Quadratmeter jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen könnte, was zu einer Annäherung an den ortsüblichen Mietzins von Genossenschaftswohnungen führen würde. Gegenüber einem Mietzins für frei finanzierte Neubauwohnungen sei der geleistete Baukostenzuschuß zu berücksichtigen, der unverzinslich in 50 gleichen Jahresraten amortisiert werde, wobei anteilsmäßige Rückzahlung bei vorzeitiger Auflösung des Mietverhältnisses erfolge. Durch die Heranziehung der Jahresraten ergebe sich eine zusätzliche monatliche Mietzinsleistung von 1,16 S pro Quadratmeter. Hinzu komme noch der Zinsenzufluß aus dem derzeitigen Kapital von rund 44.000 S, bei einem Zinssatz von nur 4 % pa errechne sich für das Jahr 1986 ein Betrag von 1.760 S bzw. ein monatlicher Betrag von 1,90 S pro Quadratmeter. Die B*** bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs und beantragt Abänderung dahin, daß der Antrag der Antragstellerin abgewiesen werde.

Eine Beantwortung des Revisionsrekurses wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die B*** vertritt in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, Vergleichsbasis sei der allgemeine Wohnungsmarkt, also der Mietzins für frei finanzierte Wohnungen, somit 35 S pro Quadratmeter. Selbst wenn Genossenschaftswohnungen zum Wohnungsmarkt gehörten, wäre ein Durchschnitt zwischen dem Preis für Genossenschaftswohnungen und frei finanzierten Wohnungen zu bilden, was 27 S pro Quadratmeter ergäbe und dazu führte, daß der Betrag von 11,78 S wesentlich unter dem ortsüblichen Preis läge. Der Mietzins von 11,78 S liege aber auch wesentlich unter dem Mietzins für Genossenschaftswohnungen von 18 bis 20 S pro Quadratmeter.

Hiezu ist folgendes zu erwägen:

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen, daß bei Beurteilung der Frage, ob eine Wohnung im Sinne des § 88 Abs 1 Z 2 EheG gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt wird, dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geleisteten Entgelt jenes gegenüberzustellen ist, das für gleichartige Wohnungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Höchstmietzinse auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt üblicherweise bezahlt wird (so abgesehen von der in dieser Sache bereits ergangenen Entscheidung 2 Ob 516/86 auch 1 Ob 527/84 und 2 Ob 507/86). Zu 2 Ob 507/86 wurde ausgeführt, der Gesetzeswortlaut biete keinen Anhaltspunkt dafür, daß nur das an Gemeinnützige Wohnbaugesellschaften für besonders geförderte Wohnungen zu bezahlende Entgelt zu berücksichtigen sei. Das bedeutet aber nicht, daß geförderte Wohnungen von Wohnungsgenossenschaften bei der gemäß § 88 Abs 1 Z 2 EheG vorzunehmenden Gegenüberstellung überhaupt unberücksichtigt bleiben müssen, sondern diese Wohnungen sind nur nicht der alleinige Maßstab. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch, daß auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt Wohnungen in Altbauten gemietet werden können, für die der Kategoriezins des § 16 Abs 2 MRG nicht überschritten werden darf. Dieser beträgt für eine Wohnung der Ausstattungskategorie A, zu der die hier strittige Wohnung gehört, derzeit 24,40 S je Quadratmeter (Kundmachung des Bundesministeriums für Justiz vom 24.April 1984, BGBl.1984/167). Da Ablösen gemäß § 27 Abs 1 MRG ungültig und verboten sind, muß, vergleicht man den Kategoriezins mit dem für die strittige Wohnung geleisteten Entgelt, diesem Entgelt wegen des geleisteten Baukostenzuschusses noch ein Betrag hinzugerechnet werden, und zwar entsprechend der Berechnung des Rekursgerichtes, die nicht zu beanstanden ist, 1,90 S pro Quadratmeter, sodaß man zu einem Entgelt von 13,68 S gelangen würde. Bei Bedachtnahme auf das auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt übliche Entgelt ist zwar auch auf keiner gesetzlichen Beschränkung unterliegende Mietzinse für neu errichtete frei finanzierte Wohnungen Rücksicht zu nehmen, doch ist zu bedenken, daß die Miete frei finanzierter neu errichteter Wohnungen gewiß nicht als Regel bei der Wohnungsbeschaffung durchschnittlicher Bevölkerungskreise angesehen werden kann. Dem mit 35 S pro Quadratmeter festgestellten Mietzins kann daher bei Beurteilung des Entgeltes, das für die Benützung von Wohnungen ortsüblicherweise bezahlt wird, keine große Bedeutung beigemessen werden. Ein Vergleich mit anderen geförderten Wohnungen führt dazu, daß für die strittige Wohnung deutlich mehr als die Hälfte des sonst üblichen Betrages zu bezahlen ist und daß das Entgelt (unter Berücksichtigung des Baukostenzuschusses) auch mehr als die Hälfte des Kategoriezinses beträgt. Da dem bei frei finanzierten Neubauwohnungen zu bezahlenden Mietzins keine große Rolle beigemessen werden kann, scheint es gerechtfertigt, von der Annahme auszugehen, daß das Entgelt für die Wohnung, deren Zuteilung die Antragstellerin anstrebt, mehr als die Hälfte des ortsüblichen Entgeltes ausmacht. Bei Beurteilung der Frage, welches Entgelt gemäß § 88 Abs 1 Z 2 EheG derart gering ist, daß eine Zuweisung der Wohnung an den anderen Ehegatten ohne Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe zuständigen Rechtsträgers nicht zulässig ist, müssen die Worte "ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt" berücksichtigt werden. Der Ausdruck "geringfügig" bedeutet zwar nicht, daß das Entgelt absolut geringfügig ist, also nahezu keine echte Gegenleistung darstellt (vgl. 7 Ob 651/86), läßt aber klar erkennen, daß die Diskrepanz zwischen dem bezahlten und dem ortsüblichen Entgelt besonders groß sein muß. Dies rechtfertigt es, im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß das Entgelt doch so hoch ist, daß § 88 Abs 1 Z 2 EheG einer Übertragung der Rechte an der Wohnung an die Antragstellerin nicht entgegensteht.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Ein Zuspruch von Kosten für das erfolglose Rechtsmittel würde nicht der Billigkeit entsprechen (§ 234 AußStrG).

Anmerkung

E09535

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00651.86.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19861202_OGH0002_0020OB00651_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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