TE OGH 1986/12/3 9Os160/86

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Veröffentlicht am 03.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wilhelm VAN DER F*** und einen anderen wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Wilhelm VAN DER F*** und Rupert L*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 27.Mai 1986, GZ 14 Vr 1656/84-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten sowie die Berufung des Angeklagten Wilhelm VAN DER F*** werden zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Rupert L*** werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 45-jährige Kaufmann Wilhelm VAN DER F*** und der 27-jährige Schlosser Rupert L*** des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB, L*** als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.

Darnach haben sie im März 1984 in Graz und Bad Goisern "in Gesellschaft als Beteiligte" mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der B***-V*** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich des zufälligen Verbrennens von antiquierten Möbelstücken im Wert von 400.300 S, zu einer Handlung, nämlich des Zuzählens der Versicherungssumme von 400.300 S, zu verleiten versucht, indem Rupert L*** nach vorheriger Absprache mit Wilhelm VAN DER F*** den LKW des Peter S***, Marke VW 793 D, Kennzeichen G 17.734, auf der Talfahrt vom Pötschenpaß in Bad Goisern vorsätzlich in Brand setzte und Wilhelm VAN DER F*** am 3.Mai 1984 in Graz durch seine Rechtsanwälte Dr. Guido H*** und Dr. Heimo H*** die Liquidierung des durch die Vernichtung des Ladegutes entstandenen Schadens in der Höhe von 400.300 S von der B***-V*** begehrte, wobei durch diese Tat ein 100.000 S übersteigender Schaden herbeigeführt werden sollte. Beide Angeklagten bekämpfen diesen Schuldspruch mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden; gegen den Strafausspruch - das Erstgericht verurteilte die Angeklagten zu einer (jeweils bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe von je 14 (vierzehn) Monaten - haben die Angeklagten Berufung ergriffen, wobei dieses Rechtsmittel jedoch nur vom Angeklagten L***

ausgeführt worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten VAN DER F***:

Dieser Angeklagte stützt seine Beschwerde auf die Z 3 und 4 des § 281 Abs 1 StPO

Aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund macht er geltend, er habe nach der Urteilsverkündung erfahren, daß der Vorsitzende des Schöffengerichtes während einer Unterbrechung der am 27.Mai 1986 an Ort und Stelle durchgeführten Hauptverhandlung zum Schöffen Gerhard K*** die Bemerkung gemacht habe, "die Sache sei klar, wir brauche nicht mehr lange dazu"; diese Äußerung sei geeignet gewesen, den Schöffen in seiner Meinungsbildung zu beeinflussen, und habe bewirkt, daß der Schöffe bereits mit einer vorgefaßten Meinung dem weiteren Beweisverfahren beigewohnt hat.

Mit diesem Vorbringen wird jedoch der relevierte Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht. Denn die Beschwerde vermag nicht darzutun, daß in der Hauptverhandlung eine der (in der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO erschöpfend aufgezählten; vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr. 2 ff zu § 281 Z 3) Vorschriften verletzt oder vernachlässigt worden sei, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt; stellt doch die reklamierte Mitwirkung eines befangenen Laienrichters an der Urteilsfällung keine ex lege mit Nichtigkeit bedrohte Gesetzesverletzung dar (vgl. § 74 a StPO). Es kann aber darin auch nicht eine Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z 1 des § 281 Abs 1 StPO erblickt werden, weil diese Bestimmung auf die Mitwirkung eines ausgeschlossenen (nicht aber eines - bloß - befangenen) Richters abstellt (vgl. EvBl 1963/121) und ein Ausschließungsgrund (§§ 67, 68 StPO) nicht behauptet wird. Daß ein befangener Laienrichter an der Fällung des Urteils mitgewirkt hat, könnte vielmehr nur aus der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gerügt werden (SSt. 25/81), wofür es aber vorliegend (schon) an den formellen Voraussetzungen (rechtzeitige Stellung eines Ablehnungsantrages in der Hauptverhandlung; vgl. abermals § 74 a StPO) fehlt. Im übrigen kann aus der in Rede stehenden Äußerung des Vorsitzenden gewiß nicht auf eine Befangenheit des Schöffen geschlossen werden.

Einen Verfahrensmangel im Sinn der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seiner in der Hauptverhandlung am 27.Mai 1986 gestellten Beweisanträge 1, 2 und 3, weil er dadurch in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden sei; dies allerdings ebenfalls zu Unrecht.

Der Beschwerdeführer hatte in der Hauptverhandlung am 27.Mai 1986 (durch seinen Verteidiger) folgende Beweisanträge gestellt:

1. Beiziehung eines Kunstsachverständigen zum Beweis dafür, daß die in der dem Gericht vorliegenden Ladeliste aufscheinenden Möbeln auf dem LKW Platz gehabt haben, da das vorliegende Gutachten rechnerisch hinsichtlich des erforderlichen Laderaumes von 26 m 3 nicht nachvollziehbar ist, zumal der Sachverständige weder die Breite noch die Höhe der Möbel angegeben hat bzw. diese teilweise nicht eruieren konnte, sowie zum Beweis dafür, daß es sich bei den vom Kunstsachverständigen gefundenen und von ihm als Fensterscharniere bezeichneten Schanieren um Zubehör zu einem bäuerlichen Sekretär (Bauernschrank) aus der Jahrhundertwende handelt;

2. Untersuchung der dem Gericht vorliegenden Brandreste zum Beweis dafür, daß es sich jeweils um Möbelstücke, die in der Ladeliste aufscheinen und antik sind, gehandelt hat;

3. photogrammatische Auswertung des Lichtbildes Nr. 3 zum Beweis dafür, daß die Ladefläche mehr als die Hälfte verbrannt ist und daher die Ausführungen des Sachverständigen dahin, daß dieser Teil der Ladefläche unbeladen gewesen sein muß, unrichtig ist, zumal sich allein aus den Brandresten und den sichergestellten Beschlägen ergibt, daß Ladegut vorhanden gewesen sein muß, das den Laderaum zur Gänze ausgefüllt hat (S 37, 38/Bd. II).

Das Schöffengericht hat diese Anträge mit der Begründung abgewiesen, daß es nach Lage des Falles aus sachlichen und rechtlichen Gründen unerheblich sei, ob sämtliche oder nur Teile der in der Ladeliste aufscheinenden Möbelstücke geladen bzw. welche Gegenstände überhaupt verfrachtet waren, weil es einzig und allein darauf ankomme, ob das Fahrzeug und somit auch das Ladegut vorsätzlich in Brand gesteckt wurde und somit der Eintritt eines Versicherungsfalles vorgetäuscht werden sollte (S 40/Bd. II); hiefür sei es aber ohne Relevanz, ob die in der Liste aufgezeigten Möbel geladen waren oder nicht (S 66/Bd. II).

Dem ist grundsätzlich beizupflichten. Denn wie das Schöffengericht zutreffend erkannte, kommt es für die Lösung der Schuldfrage allein darauf an, ob die Angeklagten (und damit insbesondere auch der Beschwerdeführer) einen Versicherungsfall vorgetäuscht haben und solcherart die Versicherungsanstalt betrügerisch schädigen wollten, wofür es aber nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist, ob alle in der Ladeliste verzeichneten Möbel geladen waren. Von Relevanz könnte höchstens sein, ob die geladenen Möbel wertmäßig der beanspruchten Versicherungssumme entsprochen haben. In diese Richtung zielten aber die in Rede stehenden Beweisanträge weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinngehalt nach (vgl. abermals S 37, 38/Bd. II). Soweit damit aber, wie die Beschwerde nunmehr ausführt, geklärt werden sollte, daß der Beschwerdeführer kein Motiv für einen Versicherungsbetrug gehabt habe, so betrifft (auch) dies keinen für die Schuldfrage (oder den anzuwendenden Strafsatz) entscheidenden Umstand (vgl. SSt. 48/74;

11 Os 104/78; 12 Os 9/84; 9 Os 43/86 ua); insbesondere ist der Beweggrund eines Verhaltens, das die objektiven und subjektiven Merkmale eines Tatbestandes erfüllt, für die Feststellung des Vorsatzes ohne Bedeutung (9 Os 69/85).

So gesehen wurde daher der Beschwerdeführer durch die Ablehnung der begehrten Beweisaufnahmen in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt, sodaß die Rüge schon aus diesem Grund versagt. Im übrigen hat das Gericht - im Hinblick auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen S*** - ohnedies angenommen, daß alle vom Beschwerdeführer aufgelisteten Möbelstücke verladen worden sind (S 67/Bd. II).

Soweit sich der Beschwerdeführer letztlich auch dadurch beschwert erachtet, daß "trotz entsprechendem Antrag" der Kunstsachverständige Johann S***, der im Vorverfahren ein Gutachten erstattet hatte, nicht zur Erörterung dieses Gutachtens in der Hauptverhandlung beigezogen wurde, so übersieht er, daß er in der Hauptverhandlung am 27. Mai 1986 einen derartigen Antrag nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles nicht gestellt hat, sodaß es insoweit schon an den formellen Voraussetzungen der Rüge fehlt. Nur der Vollständigkeit halber sei im gegebenen Zusammenhang darauf hingewiesen, daß sich Johann S*** seit längerem unbekannten Ortes im Ausland aufhält (vgl. S 335, 455 f/Bd. I), sodaß ihm die Ladung zur Hauptverhandlung nicht zugestellt werden konnte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten VAN DER F*** erweist sich daher teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO, teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L***:

Der Angeklagte L*** macht in seiner Beschwerde die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO geltend.

In der Mängelrüge (Z 5) wendet er ein, das Erstgericht habe die Annahme, daß er bewußt und gewollt sich am geplanten Versicherungsbetrug des Erstangeklagten beteiligt hat, in keiner Weise begründet, sondern sich insoweit mit bloßen Scheingründen und allgemeinen Floskeln begnügt, wobei dem Urteil nicht klar zu entnehmen sei, welche entscheidenden Tatsachen das Gericht in Ansehung seiner Person als erwiesen angenommen hat; angesichts dessen, daß nichts hervorgekommen sei, was die Feststellung rechtfertigen würde, er habe von den Absichten des Erstangeklagten gewußt "oder wissen müssen", gehe es nicht an, ungeklärt gebliebene Umstände ohne Begründung zum Nachteil des Angeklagten zu ergänzen, es müsse in einem solchen Fall vielmehr "in dubio pro reo" gelten. Wenngleich sich die Beschwerde dabei (eines Teiles) der verba legalia der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO bedient, unternimmt sie in Wahrheit aber gar nicht den Versuch, an Hand der Urteilsgründe (vgl. insbesondere S 48, 52, 55, 60 und 65/Bd. II) formale Begründungsmängel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen; sie beschränkt sich vielmehr insgesamt darauf, ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers in Abrede zu stellen, ohne dabei konkret auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils einzugehen, womit sie aber einer argumentationsbezogenen Erwiderung nicht zugänglich ist. Das bezügliche Beschwerdevorbringen stellt sich der Sache nach - wie sich auch aus der Bezugnahme auf den Zweifelsgrundsatz ergibt - bloß als eine (im übrigen unsubstantiierte) Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung dar, für welche im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile kein Raum ist.

Ebensowenig prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit welcher eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Frage reklamiert wird, ob der Beschwerdeführer das Verbrechen des versuchten schweren Betruges als Beteiligter zu verantworten habe und behauptet wird, das Gericht habe "aus irriger Rechtsmeinung jene tatsächlichen Umstände nicht festgestellt", die zur richtigen rechtlichen Beurteilung festzustellen gewesen wären. Denn die Beschwerde negiert auch in diesem Belange die Urteilskonstatierungen, wonach der Beschwerdeführer in Kenntnis des Tatplanes des Erstangeklagten diesen (vorsätzlich) dabei unterstützt hat, den Versicherungsbetrug zu verüben, indem er den LKW samt Ladegut (vorsätzlich) in Brand setzte, aber vorzutäuschen suchte, daß der Brand infolge eines technischen Gebrechens entstanden sei (vgl. abermals insbesondere S 52, 53, 55/Bd. II).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L*** entbehrt somit zur Gänze der gesetzmäßigen Ausführung (§ 285 d Abs 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO).

Zu den Berufungen:

Der Angeklagte VAN DER F*** hat zwar das Rechtsmittel der Berufung angemeldet (S 41/Bd. II), dieses aber in der Folge nicht ausgeführt (vgl. ON 67). Da er die Punkte des Straferkenntnisses, durch welche er sich beschwert erachtet, weder bei der Berufungsanmeldung noch in einer Berufungsausführung deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war seine Berufung a limine zurückzuweisen (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO).

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten L*** hingegen sind die Akten in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO dem hiefür an sich zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzumitteln.

Anmerkung

E09890

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00160.86.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19861203_OGH0002_0090OS00160_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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