TE OGH 1986/12/3 1Ob665/86

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Veröffentlicht am 03.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache des Dr. Franz Heribert P***, Innsbruck, Andreas Hoferstraße 31, wegen Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung infolge Rekurses des Dr. Franz Heribert P*** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 25.August 1986, GZ Jv 5255-9 C/86-4, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Dr. Franz Heribert P*** richtete am 22.7.1986 an das Präsidium des Oberlandesgerichtes Innsbruck das Gesuch um Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung zum nächsten Termin nach der bisherigen Rechtslage. Zum Nachweis der praktischen Verwendung berief er sich unter anderem auf eine anrechenbare, bei Rechtsanwälten abgelegte Praxis von 783 Tagen in der Zeit vom 1.9.1975 bis 25.11.1977. Das Oberlandesgericht Innsbruck wies in einem durch drei Richter gefaßten Beschluß den Antrag des Dr. Franz Heribert P*** auf Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung ab. Es stellte fest, Dr. Franz Heribert P*** habe seinerzeit die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer erschlichen. Mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 1.3.1978 sei Dr. Franz Heribert P*** die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter verweigert und die Bestätigung der Praxiszeiten versagt worden. Daraus ergebe sich, daß die Dr. Franz Heribert P*** vom Ausschuß der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer erteilten Bestätigungen über die praktische Verwendung bei den vier erwähnten oberösterreichischen Rechtsanwälten gegenstandslos geworden seien. Damit fehle es jedoch an einer gesetzlichen Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung im Sinne der §§ 1 bis 3 RAO, nämlich an der praktischen Verwendung durch mindestens zwei Jahre hindurch bei einem österreichischen Rechtsanwalt. Als Praxis könne nämlich nur eine Verwendung als eingetragener Rechtsanwaltsanwärter angesehen werden. Im vorliegenden Fall habe der Ausschluß der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 1.3.1978 die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter mangels Vertrauenswürdigkeit verweigert, sodaß die ohne diese Eintragung zugebrachten Beschäftigungen außer Betracht hätten bleiben müssen. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Dr. Franz Heribert P***. § 4 Abs.1 RAO verweist auf ein besonderes Gesetz, mit dem geregelt werden soll, wo und in welcher Weise und Art die Rechtsanwaltsprüfung abzulegen ist. Ein solches Gesetz wurde erst mit dem Art. I des Bundesgesetzes vom 12.12.1985, mit den Bestimmungen über die Rechtsanwaltsprüfung und über sonstige Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft getroffen werden (RAPG) erlassen. Art. I RAPG trat am 1.7.1986 in Kraft; gleichzeitig traten mit diesem Zeitpunkt nicht nur die durch § 4 Abs.2 RAO in Geltung gebliebenen gesetzlichen Bestimmungen (die Verordnung des Justizministeriums vom 11.10.1854, RGBl. Nr. 264, sondern auch die §§ 3 und 4 Abs.3 RAO, wonach unter anderem für die Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung eine praktische Verwendung in der Dauer von drei Jahren nachgewiesen werden muß und gegen die Nichtzulassung zur Prüfung durch das Oberlandesgericht der Rekurs an den Obersten Gerichtshof offen steht, außer Kraft. Art.VI Abs.4 RAPG bestimmt, daß Rechtsanwaltsanwärter, die am 1.7.1987 die Voraussetzungen für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung nach den bisherigen Bestimmungen erfüllt und sich zur Prüfung angemeldet haben, auf ihren Antrag die Prüfung nach den bisherigen Bestimmungen ablegen können. Einen solchen Antrag stellte Dr. Franz Heribert P***. Dies bedeutet aber nicht nur, daß die Prüfung selbst nach den Bestimmungen der Verordnung des Justizministers vom 11.10.1854, RGBl. Nr.264, abzulegen ist; auch die Zulassung zur Prüfung und das Rechtsmittel gegen den Beschluß auf Nichtzulassung richtet sich dann nicht nach den §§ 6, 8 RAPG, sondern nach den bisher in Geltung gestandenen Vorschriften. Die formelle Aufhebung der §§ 3 und 4 Abs.3 RAO durch Art.VI Abs.2 Z 3 RAPG steht damit ihrer weiteren Anwendung in den Fällen des Art.VI Abs.4 RAPG nicht entgegen. Der Rekurs des Dr. Franz Heribert P*** ist damit zwar zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 30 Abs.1 RAO ist, um die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter zu erwirken, beim Eintritt in die Praxis eines Rechtsanwaltes die Anzeige an den Ausschuß der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu erstatten. Nach § 30 Abs.3 RAO ist die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter durch den Ausschuß dann zu verweigern, wenn der Bewerber eine Handlung begangen hat, die ihn vertrauensunwürdig macht. Gegen die Verweigerung der Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter steht den Beteiligten das Recht der Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission zu (§ 30 Abs.4 RAO). Aus dem vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Akt des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, GZ 849/77, ergibt sich, daß mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses vom 23.1.1978, über Vorstellung des Rekurswerbers bestätigt mit Bescheid des Ausschusses vom 1.3.1978, das Verfahren zu seiner Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter gemäß § 69 Abs.1 lit. a AVG rechtskräftig wiederaufgenommen wurde. Mit Bescheid der Abteilung 2 des Ausschusses vom 1.3.1978, über Vorstellung des Rekurswerbers, bestätigt mit Bescheid des Ausschusses vom 8.6.1978, wurde die Eintragung des Dr. Franz Heribert P*** in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer verweigert und den tatsächlich abgeleisteten Praxiszeiten die Bestätigung versagt. Eine dagegen erhobene Beschwerde des Rekurswerbers an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom 12.6.1979, Zl.1767/79-9, zurückgewiesen. Eine praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt im Sinne der §§ 2 Abs.2 und 3 RAO liegt nur vor, wenn der Anwärter nach § 30 RAO in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen war (AnwBl.1951, 34). Dies ist hier nicht der Fall, wurde doch die Eintragung des Rekurswerbers, wenn auch nach rechtskräftiger Wiederaufnahme endgültig verweigert.

Der Rechtszug bei Versagung der Eintragung geht gemäß § 30 Abs.4 RAO an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission. Eine Beschwerde gegen den Bescheid des Ausschusses vom 8.6.1978 an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission hat der Rekurswerber nicht ergriffen, sodaß der Bescheid rechtskräftig wurde. Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E09766

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00665.86.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19861203_OGH0002_0010OB00665_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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