TE OGH 1986/12/9 11Os163/86-6

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Veröffentlicht am 09.12.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Dezember 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Erwin P*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 16. Oktober 1986, GZ 6 Vr 218/84-81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt bzw. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldspruchfakten I 1, 3, 6 und 16 und demgemäß auch im Strafausspruch einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Erwin P***, geboren am 25.Jänner 1952, der zeitweise als Fierant und Verkäufer beschäftigt war, wurde mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt (I) und von weiteren Anklagepunkten gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen (II). Dem Schuldspruch zufolge verleitete er in der Zeit vom 23.November 1981 bis 14.Juli 1983 in verschiedenen Orten Österreichs mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung in sechzehn Fällen Personen unter der Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde, Auftraggeber oder Darlehensnehmer zu sein, zum Verkauf von Waren, zur Vornahme von Arbeiten und zur Einräumung von Darlehen, wodurch Vermögensschaden von insgesamt über 5.000 S erlitten. So veranlaßte er u.a. am 23.November 1981 in Wien Angestellte der Fa. S*** GmbH zum Verkauf von Waren im Wert von 3.422 S (I 1), am 15.Dezember 1981 in Wien Marianne B*** zum Verkauf von Neujahrsartikeln im Wert von 4.211,30 S (I 3), am 12.Februar 1982 in Judenburg Angestellte der Fa. S*** und Co zur Anlieferung von Wein, wodurch ein Schaden von 3.046,76 S entstand (I 6) und am 14.Juli 1983 in Braunau Angestellte der Fa. D*** zum Verkauf von Schirmen im Wert von 6.785 S (I 16).

Mit der auf den § 281 Abs. 1 Z 4 und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde begehrt der Angeklagte die Aufhebung des Urteils, hilfsweise den Freispruch von sämtlichen Fakten mit der Begründung, das Gericht habe zu Unrecht die Einvernahme des Zeugen Gerd A*** verweigert.

Der Beschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.

Der zum Schuldspruchfaktum I 6 vernommene Zeuge Richard S*** gab an, daß der Name des Empfängers der von der Fa. S*** angelieferten Weinkisten auf "A***" ausgebessert wurde und der ebenfalls zu diesem Faktum vernommene Kaufmann Hannes K*** bestätigte, daß P*** damals mit Gerd A*** zusammenarbeitete. Nach Verlesung dieser beiden Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung äußerte der Angeklagte den Wunsch, daß der Zeuge A*** einvernommen werde (S 429 in Verbindung mit ON 47 und 63). Hierauf beantragte der Verteidiger am Schluß der Hauptverhandlung die Einvernahme des Zeugen Gerd A*** (unter Angabe der Adresse) zu

den Fakten 2, 5, 9, 19 der Anklage (= Schuldspruchfakten I 1, 3, 6,

16) und 3 (= Freispruchsfaktum II 3) zum Beweise dafür, daß der Angeklagte die (jeweilige) Bestellung in Gegenwart des Gerd A*** im eigenen Namen jedoch auf dessen Rechnung tätigte, weil dieser Zeuge bis Jänner 1982 noch keinen Gewerbeschein besaß, und zum Faktum I 16 deshalb, weil man A*** bei der Fa. D*** nicht kannte, während der Angeklagte auf Grund früherer Einkäufe bekannt war; zu all diesen Fakten weiters zum Beweis dafür, daß der Angeklagte auf Grund der Umstände mit einer Bezahlung der an A*** weitergegebenen Rechnungen durch diesen rechnen durfte (S 436). Dieses Beweisanbot lehnte das Gericht "wegen hinreichender Klärung der Sach- und Rechtslage" ab (S 437).

Im Urteil stellte das Schöffengericht generell fest, daß Erwin P*** nach Beendigung seines Dienstverhältnisses am 31. Oktober 1981, obwohl er - ausgenommen den Zeitraum vom 21.Oktober bis 20.Dezember 1982 - über kein geregeltes Einkommen mehr verfügte, weiter als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde auftrat. Ihm war klar, daß er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen konnte; er fand sich damit ab, daß seine Geschäftspartner Schaden erleiden werden (S 450, 451, 458). Zu den Feststellungen über die einzelnen Tathandlungen bezog sich das Gericht auf die jeweils (in Klammer) angeführten Beweismittel (S 459). Zu dem oben genannten, auf die Widerlegung des subjektiven Tatvorwurfs in einzelnen Anklagepunkten abzielenden Beweisantrag wurde im Urteil weder ausdrücklich Stellung bezogen noch läßt sich der Gesamtheit der Urteilsgründe entnehmen, weshalb die Tatrichter in der Vernehmung des Zeugen A*** kein zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes dienliches Beweismittel erblickten.

Daraus erhellt, daß dem Urteil in den ausdrücklich bekämpften und vom Beweisantrag erfaßten Schuldspruchfakten I 1, 3, 6 und 16 ein Verfahrensmangel anhaftet, von dem nicht auszuschließen ist, daß er sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkte (§ 281 Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 StPO). Mit dem Unterlassen der Aufnahme einer aussagekräftigen Begründung für das ablehnende Zwischenerkenntnis in das Hauptverhandlungsprotokoll (oder das Urteil) setzte sich das Gericht über die Vorschrift des § 238 Abs. 2 StPO hinweg. Damit ist aber auch dem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit genommen, das bekämpfte Zwischenerkenntnis auf seine sachliche Rechtfertigung zu überprüfen (Mayerhofer-Rieder, E 69 zu § 281 Z 4 StPO). Sollte das erkennende Gericht allerdings der Meinung gewesen sein, daß die vorhandenen Beweisergebnisse schon ausreichten, den Angeklagten zu überführen, wäre dies bei der gegebenen Konstellation jedenfalls als eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung zu werten (Mayerhofer-Rieder 2 , E 78 bis 87 zu § 281 Z 4 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Somit stand bereits bei der nichtöffentlichen Beratung fest, daß im angeführten Umfang eine Wiederholung der Hauptverhandlung unumgänglich ist, weshalb in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde insoweit die Verfahrenserneuerung angeordnet wurde (§ 285 e StPO).

Im übrigen mußte die Beschwerde aber erfolglos bleiben. Da der Angeklagte vom Anklagefaktum 3 rechtskräftig freigesprochen wurde, fehlt ihm zu einer Anfechtung dieses Entscheidungsteiles die Legitimation. Mit welchem Nichtigkeitsgrund das Urteil in den übrigen (von der Aufhebung nicht erfaßten) Fakten beschwert sein soll, läßt sich weder der Anmeldung noch der Ausführung der Beschwerde entnehmen, weshalb diese insoweit gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen war.

Mit seiner Berufung gegen den Strafausspruch war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E09713

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00163.86.1209.000

Dokumentnummer

JJT_19861209_OGH0002_0110OS00163_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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