Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Dezember 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Schneider, Dr.Felzmann und Dr.Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Sulzbacher als Schriftführer in der Strafsache gegen Leonhard P*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 8.September 1986, GZ 23 Vr 1035/86-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr.Stöger als Vertreter der Generalprokuratur und des Verteidigers Dr.Schuster, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8.September 1954 geborene, zuletzt beschäftigungslose Leonhard P*** des Verbrechens des Diebstahls (durch Einbruch) nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 11. Februar 1986 in Linz in Gesellschaft der (als Schwester des Bestohlenen gemäß dem § 166 StGB privilegierten) Leopoldine S*** als Beteiligte (§ 12 StGB) dem Josef S*** durch Einbruch in dessen Wohnung und Aufbrechen einer Handkasse einen Geldbetrag von 2.500 S mit Bereicherungsvorsatz weggenommen hatte. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher er die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO geltend macht.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.
Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte im Sinn des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer in der vom Erstgericht mit Zwischenerkenntnis ausgesprochenen Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Vernehmung des Zeugen Erwin A*** (S 130 und 131 dA). Durch diesen Antrag sollte der Nachweis erbracht werden, daß sich (vor dem Einbruch in die Wohnung des Josef S***) zuerst Leopoldine S*** aus der (unmittelbar neben dem Tatort gelegenen) Wohnung (in welcher sich damals auch der Beschwerdeführer aufhielt) entfernt hatte, und "der Angeklagte die Wohnung nur fünf Minuten anschließend verlassen hat, um die Zeugin S*** zu suchen" (S 130 dA).
Indes ist den - im angefochtenen Urteil nachgetragenen (vgl. S 140 dA) - Erwägungen des Erstgerichtes, die für die Abweisung dieses Beweisantrages maßgebend waren, beizutreten. Auch die durch Erwin A*** unter Beweis zu stellende relativ kurze Zeitspanne (von etwa fünf Minuten), die dem Beschwerdeführer damals zur Verfügung gestanden sein soll, konnte nach den räumlichen Verhältnissen (die Wohnung des Bestohlenen Josef S*** liegt unmittelbar neben jener Wohnung, in welcher sich der Beschwerdeführer und Leopoldine S*** vor der Tatbegehung aufgehalten hatten; vgl. Ersturteil, S 136 dA) eine Mitwirkung des Beschwerdeführers an dem in Gesellschaft der Leopoldine S*** verübten Einbruchsdiebstahl entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung keineswegs ausschließen; überdies überraschte Josef S*** den Beschwerdeführer und Leopoldine S*** in seiner Wohnung bei der Tatbegehung (vgl. S 137 und 139 dA). Durch die Ablehnung dieser Beweisaufnahme wurde der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten somit nicht verkürzt.
Soweit der Beweisantrag allenfalls dahin zu verstehen ist, Erwin A*** könne als Zeuge auch darüber Auskunft geben, daß der Angeklagte die Wohnung der Leopoldine S*** nur kurzfristig verlassen habe, um die Genannte (bloß) "zu suchen", wurden anläßlich der Antragstellung keinerlei Umstände dargetan, aus denen Rückschlüsse auf die nicht ohne weiters auf der Hand liegende Kenntnis des Erwin A*** über das innere Vorhaben des Beschwerdeführers beim Aufsuchen des Tatortes gezogen werden konnten. In diesem Umfang erweist sich Leonhard P*** daher zur Verfahrensrüge schon aus formellen Gründen nicht legitimiert. In seiner Rechtsrüge meint der Beschwerdeführer, das angefochtene Urteil sei mit einem den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO bewirkenden Feststellungsmangel behaftet, weil daraus nicht zu entnehmen sei, ob er oder Leopoldine S*** die einzelnen Tathandlungen (Aufbrechen der Wohnung des Josef S***, Durchsuchen derselben nach Diebsbeute, Aufbrechen einer Handkasse und Wegnahme des Geldes) vorgenommen hätten; diese Frage werde vom Erstgericht offen gelassen.
Damit übergeht der Beschwerdeführer die auf die Darstellung der Zeugin S*** in der Hauptverhandlung (vgl. S 123 bis 126 dA) gestützte Urteilsfeststellung, derzufolge der Einbruchsdiebstahl in die Wohnung des Josef S*** schon vorher zwischen dem Angeklagten und Leopoldine S*** besprochen worden war und sodann von ihnen einvernehmlich nach dem zuvor gemeinsam gefaßten Tatplan durchgeführt wurde (Ersturteil, S 136, 138, 139 und 140 dA). Demgemäß nahm das Erstgericht in rechtlicher Beziehung eine Tatbegehung durch den Beschwerdeführer in Gesellschaft der Leopoldine S*** als Beteiligte (§ 12 StGB) an. Bei der Unterstellung dieses Urteilssachverhaltes (auch) unter die Diebstahlsqualifikation des § 127 Abs 2 Z 1 StGB unterlief dem Erstgericht dem Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO zuwider kein Rechtsirrtum. Denn angesichts des als erwiesen angenommenen Einverständnisses zwischen dem Beschwerdeführer und Leopoldine S*** über die Tatbegehung und (zumindest) die Ortsanwesenheit auch des Angeklagten im Zuge der Tatausführung genügt zur Annahme der Qualifikation des Gesellschaftsdiebstahls (§ 127 Abs 2 Z 1 StGB) schon ein sonstiger Tatbeitrag im Sinn des § 12, dritter Fall, StGB. Dieser Beitrag kann allenfalls nur in einer Bestärkung des Tatentschlusses des anderen, also in einer sogenannten psychischen (intellektuellen) Unterstützung (hier: durch gemeinsame Verabredung zur Tatbegehung und in einer mit dem Verweilen am Tatort [oder auch nur in dessen Nähe] verbundenen Möglichkeit eines [hilfreichen] Eingreifens in das Tatgeschehen zugunsten des anderen Tatbeteiligten) bestehen, weil auch schon darin eine für die Tatausführung des anderen konkret wirksam gewordene fördernde Tätigkeit liegt. Handelten aber der Beschwerdeführer und Leopoldine S*** im einvernehmlichen Zusammenwirken als Diebsgenossen im Sinn des § 127 Abs 2 Z 1 StGB, so hat jeder von ihnen, worauf auch im angefochtenen Urteil zutreffend verwiesen wird (vgl. S 140 dA), jeweils auch den von dem anderen Tatbeteiligten herbeigeführten Erfolg strafrechtlich mitzuverantworten. Davon ausgehend bedurfte es aber für den Schuldspruch des Beschwerdeführers wegen Gesellschafts- und Einbruchsdiebstahls entgegen der von ihm in seiner Rechtsrüge vertretenen Meinung keiner näheren Feststellungen darüber, ob er oder Leopoldine S*** die Eingangstür zur Wohnung des Josef S*** sowie (in dieser Wohnung) die Handkasse aufbrachen und daraus das Geld entnahmen. Denn selbst wenn - so wie es der Beschwerdeführer behauptet - Leopoldine S*** allein diese Tathandlungen vorgenommen haben sollte, würde die Ortsanwesenheit des Beschwerdeführers zur Tatzeit und sein vom Erstgericht als erwiesen angenommenes Einverständnis mit Leopoldine S*** zur rechtlichen Annahme einer Diebsgenossenschaft im Sinn des § 127 Abs 2 Z 1 StGB und damit für seine strafrechtliche (Mit-)Haftung wegen des hier in Rede stehenden Gesellschafts- und Einbruchsdiebstahls ausreichen.
Soweit daher der Beschwerdeführer auch in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO einen dem Ersturteil anhaftenden Begründungsmangel darin erblickt, daß daraus nicht zu entnehmen sei, ob er und Leopoldine S***
gleichzeitig oder kurz hintereinander zur Wohnungstür des Josef S*** gekommen seien, und ferner auch offen gelassen werde, wer die Wohnungstür und sodann in der Wohnung die Handkasse aufgebrochen (und daraus das Geld genommen) habe, betrifft dieser Teil der Mängelrüge nach dem Vorgesagten keine für den Schuldspruch des Angeklagten entscheidungswichtige Tatsache. Die Feststellung eines Einverständnisses des Beschwerdeführers mit Leopoldine S*** über die Tatbegehung konnte das Erstgericht hingegen nicht nur auf die insoweit letztlich in der Hauptverhandlung weitgehend geständige Darstellung der Zeugin S***, sondern darüber hinaus auch noch auf die für glaubwürdig beurteilte Aussage des Zeugen Josef S*** stützen, der den Angeklagten und Leopoldine S*** damals in seiner Wohnung überraschte und u.a. bekundete, daß ihm der Angeklagte am Tag darauf volle Schadensgutmachung angeboten und damals seine Tatbeteiligung keineswegs in Abrede gestellt habe (vgl. S 21, 70 und 129 dA). Auch die im Ersturteil als erwiesen angenommene (vgl. S 137 dA) Äußerung des Angeklagten zu Leopoldine S*** am Tatort, die der Zeuge S*** hörte, als er die beiden am 11.Februar 1986 in seiner Wohnung überraschte ("es ist schon genug, gehen wir"; vgl. Zeuge S***, S 69 und 128 dA) sowie der im Ersturteil festgestellte (S 137 dA) Umstand, daß der Angeklagte mit Leopoldine S*** vom Tatort flüchtete, als Josef S*** erschien (Zeuge S***, S 70 und 128 dA), lassen denkmöglich den Schluß auf ein bewußtes und gewolltes Zusammenwirken des Angeklagten mit Leopoldine S*** bei der Tatbegehung zu. Aufgrund dieser Feststellungen kann aber keine Rede davon sein, daß der Schuldspruch des Angeklagten bloß auf Vermutungen und subjektive Annahmen gestützt werde, wie dies der Beschwerdeführer (im Rahmen seiner Rechtsrüge) behauptet. Auch insoweit vermag daher der Beschwerdeführer keinen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen.
Es ist aber entgegen dem weiteren Einwand in der Mängelrüge nach der Lage des Falles für den Schuldspruch des Beschwerdeführers auch bedeutungslos, ob die Tür zur Wohnung des Josef S*** mit dem (nach der Tat in der Wohnung vorgefundenen) Hammer oder mit einem anderen Werkzeug aufgebrochen wurde. Weiters klärte der Zeuge Josef S*** in der Hauptverhandlung den in der Polizeianzeige enthaltenen Hinweis, daß er die (bereits aufgebrochene) Handkasse in seiner Wohnung in der Küche vorgefunden habe (S 20 dA), als Mißverständnis auf (vgl. S 129 dA); er fand die aufgebrochene Handkasse vielmehr im Hof dieses Hauses (S 70 und 129 dA). Sohin kann auch in diesem Belang entgegen dem bezüglichen Beschwerdeeinwand von einem Begründungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO keine Rede sein, ganz abgesehen davon, daß es für den Schuldspruch des Angeklagten bedeutunglos ist, wo die aufgebrochene Handkasse schließlich gefunden wurde. Der zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war sohin ein Erfolg zu versagen.
Das Schöffengericht verhängte über Leonhard P*** nach dem § 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen sowie den raschen Rückfall als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber den Umstand, daß ein Teil der Beute am Tatort zurückgelassen wurde und die Idee zum Diebstahl von Leopoldine S*** ausging, als mildernd.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, allenfalls die Verhängung einer Geldstrafe, in jedem Fall aber die Gewährung bedingter Strafnachsicht.
Die Berufung ist teilweise begründet.
Zieht man neben dem an sich geringen Wert des Diebsgutes in Betracht, daß der Diebstahl zum Nachteil des Bruders der Leopoldine S*** begangen wurde, welche die Tat auch initiierte, dann erweist sich ungeachtet der Vorstrafenbelastung nach der besonderen Lage des Falles eine Reduzierung der Freiheitsstrafe auf ein Jahr als gerechtfertigt.
Die Anwendung des § 37 StGB kam schon im Hinblick auf das 6 Monate übersteigende Strafausmaß nicht in Betracht. Die überdies begehrte Gewährung einer bedingten Strafnachsicht wurde im Hinblick auf die durch Vorstrafen belastete Täterpersönlichkeit aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht gezogen.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E09717European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00151.86.1209.000Dokumentnummer
JJT_19861209_OGH0002_0110OS00151_8600000_000