Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Dezember 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wilhelm H*** und andere wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB über die Berufungen der Angeklagten Wilhelm H***, Raimund H*** und Anton S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.September 1986, GZ 5 b Vr 5338/86-70, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, sowie der Verteidiger Dr. Berta Mühl, Dr. Wolfgang Weber und Dr. Gerd Hartung, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil im Ausspruch nach § 38 Abs 1 Z 1 StGB dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Anton S*** auch die am 30.April 1986 in der Zeit von 6.45 Uhr bis 11.30 Uhr erlittene Vorhaft auf die verhängte Strafe angerechnet wird.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Wilhelm H***, Raimund H*** und Anton S*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wilhelm H*** gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er sowie die Angeklagten Raimund H*** und Anton S*** des (von Wilhelm H*** in zwei, von Raimund H*** in vier und von Anton S*** in drei Angriffen verübten) Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB (mit einem Gesamtwert des Diebsgutes bei Wilhelm H*** von 20.000 S, bei Raimund H*** von 24.760 S und bei S*** von 6.760 S), Raimund H*** und Anton S*** außerdem auch noch des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt worden waren, hat der Oberste Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß vom 19. November 1986, GZ 9 Os 163/86-6, zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages zur öffentlichen Verhandlung bildesen daher nur mehr die Berufungen der drei Angeklagten sowie eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO hinsichtlich des Angeklagten Anton S***.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wilhelm H*** hatte sich der Oberste Gerichtshof nämlich davon überzeugt, daß das Urteil hinsichtlich des Angeklagten S*** insofern mit dem von Amts wegen wahrzunehmenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist, als das Erstgericht bei der Vorhaftanrechnung den Beginn der Haft am 30. April 1986 mit 11.30 Uhr statt richtig mit 6.45 Uhr festgesetzt hat (S 5, 23, 67, 98).
Da sich dieses Versehen zum Nachteil des Angeklagten S*** auswirkt, war es gemäß § 290 Abs 1 StPO spruchgemäß zu sanieren. Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten nach § 128 Abs 1 StGB, Raimund H*** und Anton S*** unter Anwendung des § 28 StGB, zu Freiheitsstrafen, und zwar Wilhelm H*** und Anton S*** in der Dauer von je zwanzig Monaten und Raimund H*** in der Dauer von zwei Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es bei sämtlichen Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall, die Wiederholung der Diebstähle und die heimtückische Vorgangsweise gegenüber alten hilflosen Menschen, bei Raimund H*** und Anton S*** außerdem auch noch das Zusammentreffen von zwei Vergehen als erschwerend, hingegen das Geständnis und die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes als mildernd.
Mit ihren Berufungen streben alle drei Angeklagten eine Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen an. Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Die von dem - wegen Eigentumsdelikten gleichfalls mehrfach vorbestraften - Angeklagten S*** behauptete Verleitung zur Tatbegehung durch die Mitangeklagten Wilhelm und Raimund H*** findet in der Aktenlage keine Stütze. Entgegen dem weiteren Berufungsvorbringen hat dieser Angeklagte die letzte Diebstahlsvorstrafe bis 4.November 1983 verbüßt; die Entlassung aus der letzten - gleichfalls aus der Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen (§ 125 StGB) resultierenden - Strafhaft erfolgte erst am 27.Dezember 1985, sohin rund vier Monate vor Begehung der verfahrensgegenständlichen Straftaten. Von einem längeren Wohlverhalten kann mithin keine Rede sein. Ebensowenig kann nach Lage des Falles gesagt werden, daß die Angeklagten Raimund H*** und Anton S***, die nach ihrem Berufungsvorbringen ohnedies Notstandshilfe bezogen und aus ihrer Tätigkeit als "Hausierer" ein zusätzliches Einkommen erzielten, aus einer "gewissen finanziellen Notlage" zur Tat bestimmt wurden. Die wechselseitige Bezugnahme auf die von den Angeklagten jeweils zu verantwortende Schadenshöhe hinwieder läßt unberücksichtigt, daß diese keineswegs isoliert, sondern nur im Rahmen der jeweiligen (gesamten) Strafbemessungsschuld unter Berücksichtigung aller weiteren Komponenten, insbesondere auch der Anzahl der diebischen Angriffe, der Intensität der Vorstrafenbelastung usw., gesehen werden kann. Der Hinweis des Angeklagten Wilhelm H*** aber, daß in anderen Strafverfahren "bei einer viel höheren Schadenshöhe im Verhältnis keine viel höhere Strafe ausgesprochen wurde", kann von vornherein nicht zielführend sein.
Ausgehend von den sohin vom Erstgericht herangezogenen Strafzumessungsgründen und unter Bedachtnahme auf die im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erschienen dem Obersten Gerichtshof die über die drei Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen sowohl absolut als auch im Verhältnis zueinander keinesfalls überhöht, weshalb eine Ermäßigung nicht in Erwägung gezogen werden konnte.
Es mußte daher auch den Berufungen ein Erfolg versagt bleiben.
Anmerkung
E09670European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00163.86.1210.000Dokumentnummer
JJT_19861210_OGH0002_0090OS00163_8600000_000