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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des R L in K, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger, Dr. Helmut Atzl und Mag. Christian Dillersberger, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 7. März 2005, Zl. RV/0194-I/04, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die L AG (in der Folge: AG) und der Beschwerdeführer schlossen am 17./23. Juli 2003 folgenden Optionsvertrag:
I.
Die ... AG räumt hiemit (dem Beschwerdeführer) das alleinige
Recht ein, die Liegenschaft in ... im Gesamtausmaß laut Grundbuch
von 19.133 m2 samt allem rechtlichen und physischen Zubehör und
allen Bestandteilen, insbesondere Baulichkeiten, zu nachstehenden
Bedingungen zu erwerben und verpflichtet sich für den Fall der
Ausübung dieses Optionsrechtes durch ihn nach Wahl des
(Beschwerdeführers)
- mit ihm persönlich und
- mit der ... Gesellschaft m.b.H. (Alleingesellschafter (der
Beschwerdeführer))... und
- der Stadtgemeinde ...
- unverzüglich einen verbücherungsfähigen Kaufvertrag
abzuschließen.
(Der Beschwerdeführer) nimmt diese Option an.
...
III.
Für die Einräumung dieser Option bezahlt (der
Beschwerdeführer) der ... AG Zug um Zug gegen Unterfertigung
dieser Urkunde und Aushändigung des Beschlusses über die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ob der vertragsgegenständlichen Liegenschaft einen Barbetrag von EUR 75.000,-- ... . Dieser Betrag wird auf den Gesamtkaufpreis nicht angerechnet. Bei Nichtausübung dieses Optionsrechtes verfällt der Betrag von EUR 75.000,-- ersatzlos zugunsten der ... AG.
...
Das Optionsrecht erlischt, wenn der Optionsnehmer das Recht nicht bis längstens zum 31.7.2004 ausübt. ...
V.
Der vereinbarte Kaufpreis für die Liegenschaft beträgt EUR 550.000,-- ..., er wird allseits als angemessen erachtet.
...
Sofern der Vertragsabschluss nach dem 1.1.2004 erfolgt, ist der Kaufpreis ab einschließlich 1.8.2003 bis zum tatsächlichen Zahlungstag mit 5 % p.A. zu verzinsen, sofern der Vertragsabschluss bis zum 31.12.2003 erfolgt, findet eine Verzinsung des Kaufpreises nicht statt. ..."
Die Vertragsparteien schlossen am 6. Oktober/14. Oktober 2003 folgenden Kaufvertrag:
"II.
Die ... AG verkauft und übergibt hiemit die gesamte
Liegenschaft in ... im Gesamtausmaß laut Grundbuch von 19.133 m2 samt allem rechtlichen und physischen Zubehör und allen Bestandteilen, insbesondere Baulichkeiten an (den Beschwerdeführer), der diese Liegenschaft zu den Bedingungen dieses Vertrages in sein wahres und unwiderrufliches Eigentum kauft und übernimmt.
III.
Der vereinbarte Kaufpreis für die Liegenschaft beträgt EUR 550.000,-- ... Das vom Käufer bereits bezahlte Optionsentgelt wird auf den Kaufpreis nicht angerechnet. Der Kaufpreis wird allseits als angemessen erachtet. ..."
Mit Bescheid vom 26. November 2003 schrieb das Finanzamt Innsbruck für den Rechtsvorgang "Kaufvertrag vom 14. Oktober 2003" ausgehend von einer Gegenleistung in Höhe von EUR 1,051.560,-- die Grunderwerbsteuer mit EUR 36.804,60 vor.
Mit Berichtigungsbescheid vom 4. Dezember 2003 setzte das Finanzamt Innsbruck ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 625.000,-- die Grunderwerbsteuer mit EUR 21,875,-- fest.
In der Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die Einbeziehung des "Optionsentgeltes" von EUR 75.000,-- in die Bemessungsgrundlage der mit den genannten Bescheiden vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer. Dieser Betrag sei ausschließlich für die Einräumung der Option bezahlt worden und wäre bei Nichtausübung des Optionsrechtes verfallen. Es sei vereinbart worden, dass das Optionsentgelt nicht Teil des Kaufpreises sei.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält zunächst Ausführungen über den Optionsvertrag vom 23. Juli 2003 und über das Entstehen der Steuerschuld im Falle des Abschlusses eines Optionsvertrages. Aus den Ausführungen des Beschwerdeführers könne gefolgert werden, dass für ihn bereits zum Zeitpunkt des Optionsvertrages festgestanden sei, dass diese Liegenschaft jedenfalls gekauft werde. Zweifel hätten darüber bestanden, ob dies durch ihn selbst, durch eine Gesellschaft, bei der der Beschwerdeführer Alleingesellschafter sei oder durch die näher bezeichnete Stadtgemeinde erfolgen werde. Die feststehende Kaufabsicht erkläre auch, warum sich der Beschwerdeführer durch Abschluss des Optionsvertrages in eine vertragliche Bindung eingelassen habe, die ein Optionsentgelt in einer derart erheblichen Höhe festgelegt habe. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass durch die in Punkt V. des Optionsvertrages festgelegte Verzinsungsbestimmung überdies wirtschaftlicher Druck in der Richtung bestanden habe, das Optionsrecht möglichst zeitnah auszuüben. Dies decke sich mit dem tatsächlichen Geschehensablauf; sei doch der Optionsvertrag vom Beschwerdeführer am 17. Juli 2003 und der Kaufvertrag bereits am 6. Oktober 2003 unterzeichnet worden. Da laut Punkt III. des Optionsvertrages der für die Einräumung der Option zu bezahlende Barbetrag von EUR 75.000,-- auf den Gesamtkaufpreis nicht angerechnet werde, dürfe daraus schlüssig gefolgert werden, dass jedenfalls nach den Preisvorstellungen des Beschwerdeführers der vereinbarte Kaufpreis von EUR 550.000,-- zusammen mit dem Optionsentgelt von EUR 75.000,-
- noch in jenem Betrag Deckung gefunden habe, der für ihn den Wert des Grundstückes zum Ausdruck gebracht und den Ankauf wirtschaftlich akzeptabel gemacht habe. Ansonsten hätte er sich auf diesen Optionsvertrag wohl gar nicht eingelassen. Aus der Sicht der Verkäuferin sei die vereinbarte Nichtanrechnung ebenfalls verständlich, denn ohne diesen Anrechnungsausschluss wäre der Gesamtkaufpreis im Falle der Optionsausübung um diesen Betrag im Ergebnis entsprechend verringert worden. Habe der Beschwerdeführer einen derart erheblichen Barbetrag für die Einräumung des Optionsrechtes bezahlt, dann hätte er vollkommen unwirtschaftlich gehandelt, wenn er sein Optionsrecht in der Folge nicht ausgeübt hätte. Es sei ihm aus wirtschaftlicher Sicht tatsächlich unmöglich gewesen, vom Optionsrecht nicht Gebrauch zu machen, habe er doch bei Ausübung des Optionsrechtes das Grundstück um jenen Gesamtbetrag, der nach seinen Wertvorstellungen von der Kaufpreisliegenschaft darin jedenfalls noch Deckung gefunden habe, erworben. Allein bei Ausübung des Optionsrechtes sei für ihn das bereits bezahlte Optionsentgelt aus wirtschaftlicher Sicht überhaupt noch zu retten gewesen. Der Begriff der Gegenleistung sei im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Veräußerers erbringe, gehörten jedenfalls dann zur Gegenleistung, wenn die in Frage stehende Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen, oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes stünden. Der Barbetrag von EUR 75.000,--, der vom Beschwerdeführer für die Einräumung des Optionsrechtes an die AG zu bezahlen gewesen sei, sei in einem wirtschaftlichen ("inneren") Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes gestanden. Auf die Vereinbarung eines derart hohen Optionsentgeltes, das auf den Kaufpreis nicht angerechnet werde, habe sich der Beschwerdeführer als wirtschaftlich Handelnder augenscheinlich deshalb eingelassen, weil für ihn von Anfang festgestanden sei, dass er das ihm eingeräumte Optionsrecht auch ausübe und das Optionsentgelt zusammen mit dem Kaufpreis noch in seinen Kaufpreisvorstellungen Deckung fänden. Diese besonderen Tatumstände rechtfertigten, ohne dabei auf die Frage eines etwaigen Missbrauchsfalls eingehen zu brauchen, nach Ansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Streitfall durchaus die Annahme, dass diese vom Beschwerdeführer gegenüber der Verkäuferin erbrachte Bargeldleistung für die Einräumung des Optionsrechtes in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes stehe. Der Beschwerdeführer habe an wirtschaftlichen Werten diese Bargeldleistung und den vereinbarten Kaufpreis zu leisten versprochen, damit er das Grundstück erhalte. Darin liege seine gewährte Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG. Das Finanzamt habe demzufolge zu Recht neben dem Kaufpreis von EUR 550.000,-- auch den für die Einräumung des Optionsrechtes bezahlten Barbetrag von EUR 75.000,-- als Gegenleistung angesehen und mit dem streitgegenständlichen Bescheid von einer Bemessungsgrundlage von EUR 625.000,-- Grunderwerbsteuer vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, für das vereinbarte Optionsentgelt keine Grunderwerbsteuer entrichten zu müssen, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.
Das Finanzamt hat mit dem Bescheid vom 26. November 2003 (Berichtigungsbescheid vom 4. Dezember 2003) bezugnehmend auf den Kaufvertrag vom 14. Oktober 2003 die Grunderwerbsteuer festgesetzt. Die belangte Behörde hat mit der Abweisung der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung den Kaufvertrag als grunderwerbsteuerpflichtigen Rechtsvorgang übernommen und in der Begründung des angefochtenen Bescheides sich auch mit der Frage auseinander gesetzt, ob bereits mit dem Abschluss des Optionsvertrages die Grunderwerbsteuerpflicht entstanden war. Davon ist sie im Beschwerdefall jedoch nicht ausgegangen. Auch in der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, dass erst mit dem Kaufvertrag Grunderwerbsteuerpflicht gegeben war.
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Gegenleistung ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2003/16/0077).
Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuergesetz ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu zahlen ist (vgl. Fellner, Grunderwerbsteuer-Kommentar, Rz 5 zu § 5, samt angeführter Rechtsprechung).
Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Für die Frage nach der finalen Verknüpfung zwischen Erwerbsgegenstand und Gegenleistung ist es unerheblich, ob mehrere abgeschlossene Verträge nach dem Willen der jeweils vertragschließenden Parteien zivilrechtlich ihren Bestand nach voneinander abhängig sein sollen. Entscheidend für die Qualifikation einer Leistung als Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ist, dass die Verpflichtung zur Leistung auf den Erwerb des Grundstücks in dem Zustand, in dem es zum Erwerbsgegenstand gemacht wurde, bezogen ist (Fellner, aaO, Rz 9 zu § 5, samt angeführter Rechtsprechung).
Es ist nicht maßgebend, was die Vertragsschließenden als Kaufpreis bezeichnen, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages der Käufer als Wert der Gegenleistung im maßgebenden Zeitpunkt des Erwerbsvorganges zu erbringen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2004, Zl. 2003/16/0106).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Ansicht vertreten und nachvollziehbar und schlüssig begründet, dass die erbrachte Bargeldleistung für die Einräumung des Optionsrechtes in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks stehe. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang kann bei einem Rechtsvorgang nach der dargestellten Rechtsprechung zur Einbeziehung der bereits vorher mit der Einräumung des Optionsrechtes erbrachten Leistung in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer für den mit dem Kaufvertrag nachfolgend entstandenen Grunderwerbsteuerpflicht rechtfertigen.
Das Bestehen eines solchen wirtschaftlichen Zusammenhanges wird in der Beschwerde nicht mit konkreten Argumenten in Abrede gestellt. Das Optionsentgelt wurde nach dem Inhalt des Optionsvertrages zwar für die Einräumung des Gestaltungsrechtes bezahlt. Bei dem im Grunderwerbsteuerrecht gebotenen Verständnis der Gegenleistung als einer solchen im wirtschaftlichen Sinn, kam es aber nicht auf die äußere Form allein dieses Vertrages, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt sowohl des Options- als auch des Kaufvertrages an.
Jede geldwerte Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes zu bezahlen ist, ist Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes. Die belangte Behörde hat mit Recht bei diesem Erwerbsvorgang einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Optionsvertrages und dem Abschluss des Kaufvertrages gesehen und deswegen neben dem "Kaufpreis" auch die mit dem Erwerb des Grundstücks vereinbarte Optionsleistung als Gegenleistung in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen.
Bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer ist der Wert der vereinbarten Gegenleistung maßgebend. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages war die gesamte Gegenleistung bestehend aus dem im Kaufvertrag angeführten "Kaufpreis" und dem im Optionsvertrag genannten "Optionsentgelt" bereits vereinbart. Damit konnte die belangte Behörde diese Gesamtgegenleistung der Berechnung der Grunderwerbsteuer zu Grunde legen.
Aus diesen Erwägungen vermochte die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. August 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005160104.X00Im RIS seit
17.10.2005Zuletzt aktualisiert am
25.09.2013